Diözesanrat der Katholiken

Demokratisch gewählte Vertretung des Kirchenvolkes.
Der Diözesanrat repräsentiert mehr als 125.000 ehrenamtlich in Katholikenräten, Verbänden und Initiativen aktive katholische Frauen und Männer. Zu den Aufgaben des Diözesanrats gehört es, das wirtschaftliche, familiäre, gesellschaftliche und politische Umfeld so mitzugestalten, dass der Mensch gedeihen und sich entfalten kann.
Hans Tremmel
Prof. Dr. Hans Tremmel

Zeichen und Werkzeug

(Münchner Kirchenzeitung vom 30.03.2014

Kirche ist – man kann es nicht oft genug wiederholen – nicht Selbstzweck, sondern Zeichen und Werkzeug. Wahlen gehören auf allen Ebenen dazu. Und so mancher mag der Vorstellung der Einflussnahme des Heiligen Geistes wieder näher getreten sein, wenn er an die Papstwahl im letzten Frühjahr denkt. Demokratische Wahlen gehören selbstverständlich in die Pfarrgemeinden und in die Diözesen, mögen dies manche Bischöfe auch anders sehen. Natürlich ist das Laienapostolat aber nicht ausschließlich Aufgabe der Frauen und Männer, die in die Räte gewählt wurden. Das dürfen auch wir ehrenamtliche Funktionsträger nie vergessen. In der „Christokratie" sind zum unverzichtbaren Apostolat der Laien alle vom Herrn berufen, ob jung oder alt, ob Mann oder Frau, ob konservativ oder progressiv, ob strukturell verankert oder eigeninitiativ.

In Papst Franziskus selbst scheinen wir aber unseren stärksten Verbündeten zu haben. Ich zitiere aus dem apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium: „Doch die Bewusstwerdung der Verantwortung der Laien, die aus der Taufe und der Firmung hervorgeht, zeigt sich nicht überall in gleicher Weise. In einigen Fällen, weil sie nicht ausgebildet sind, um wichtige Verantwortungen zu übernehmen, in anderen Fällen, weil sie in ihren Teilkirchen aufgrund eines übertriebenen Klerikalismus, der sie nicht in die Entscheidungen einbezieht, keinen Raum gefunden haben, um sich ausdrücken und handeln zu können." Noch deutlicher hat er das als Erzbischof und Kardinal von Buenos Aires ausgedrückt: „Denn häufig klerikalisieren die Pfarrer die Laien, und diese verlangen auch noch danach. Und das ist eine sündhafte Komplizenschaft. Die Laien besitzen aber eine Kraft, die nicht immer in rechter Weise genutzt wird." Somit haben wir hier bei uns in Deutschland und vor allem auch in unserer Erzdiözese die besten Voraussetzungen und Chancen, aus denen wir etwas machen können und müssen. Wir haben hervorragend gebildete Laien und der Klerikalismus hält sich zumeist auch in engen Grenzen.

Eine subtile Form des Klerikalismus muss ich aber jetzt dennoch anprangern, nicht speziell bei uns in der Erzdiözese, sondern generell. Wie Sie wissen, bin ich durchaus ein selbstbewusster Bürger und Demokrat und eben auch ein selbstbewusster Laie. Und deshalb ärgert es mich, ja es tut mir richtig weh, wenn ich in vielen Berichten höre und lese, dass Papst Benedikt XVI. in den letzten Jahren fast 400 Priester insbesondere aufgrund von sexuellem Missbrauch von Kindern in den Laienstand versetzt hat. Er hat sie – zumindest im allgemeinen Sprachgebrauch – begrifflich mit dem bestraft, worauf ich stolz bin, nämlich mit der Zugehörigkeit zum Volk Gottes. Nichts anderes meint ja, wie wir alle wissen, der Begriff Laie.
Worum geht es? Es geht darum, dass Männer nicht mehr länger Pfarrer sein können, nicht länger ihre Aufgabe, ihren Dienst als Priester in der Kirche Jesu Christi ausüben können, weil sie schwerste Schuld auf sich geladen haben. Ich bin ganz beim emeritierten Papst und den Entscheidungsträgern, wenn sie dafür sorgen, dass diese Männer nicht mehr in Persona Christi am Altar stehen dürfen, dass sie keine Sakramente mehr spenden und das Wort Gottes nicht mehr verkünden können, weil sie jegliches Vertrauen und ihre gesamte priesterliche Reputation verspielt haben. Wenn sie das getan haben, was ihnen zur Last gelegt wird, dann sind sie zu Recht von ihren Ämtern enthoben, von ihrem Dienst suspendiert, ja sie sind zu Recht aus ihrem Anstellungsverhältnis entlassen, rausgeschmissen worden. Aber die Kirche muss sich dafür aktiv eine andere Begrifflichkeit einfallen lassen als die Strafversetzung in den Laienstand, sonst können wir unseren Ehrentitel „Laie" nur noch schwer vermitteln. Der Codex Juris Canonici, das kirchliche Rechtsbuch, spricht übrigens von Entlassung aus dem Klerikerstand und nicht von Laisierung. Dies tun aber sehr wohl die theologische Literatur und der allgemeine Sprachgebrauch. So gibt es die „Laisierung" auf Wunsch des Priesters, etwa weil er heiraten möchte oder eben die „Laisierung" als schwere Strafe. Ich möchte stattdessen die „Laisierung" aufgrund der Taufe mit Nachdruck betonen. Und ich beglückwünsche uns alle zum sakramentalen Beginn unserer Laisierung, unserer Volk-Gottes-Werdung.

Auszug aus dem Bericht von Hans Tremmel bei der Frühjahrsvollversammlung 2014