Nachhaltigkeit: Wald - Lebensraum für viele

Meindl
Forstdirektor Nikolaus Meindl
Holzmehl spritzt zur Seite, als Oskar Pinsberger die Motorsäge am Stamm ansetzt. Geschickt arbeitet der Forstwirt einen Spalt heraus. Er ist so breit, dass er einige Keile darin einklemmen kann. Dann nimmt er seine Axt und schlägt sie damit fester hinein. Dann kommt ein neuer Keil über den in der Mitte. Auch er wird fest eingeschlagen. Der Stamm ächzt, vibriert und neigt sich leicht nach vorne. Plötzlich geht alles ganz schnell. „Vorsicht, Baum kommt!“, ruft Pinsberger, dann fällt die 100-jährige Fichte mit einem dumpfen Schlag auf den Waldboden.
 
Der Baum war vom Borkenkäfer befallen und musste weg. Pinsberger und sein Kollege Josef Ambrugger arbeiten gerade im Wald bei Oberdill im Landkreis Starnberg. Das Waldstück gehört der Erzdiözese München und Freising. Es riecht intensiv nach Erde und leicht nach Sägemehl. Die Sonne durchdringt den Hochnebel und taucht den Wald in seine ganze Farbpalette. An so einem Tag macht es Freude, hier draußen zu sein. Nikolaus Meindl ist Forstdirektor im Kirchendienst und verantwortlich für den Waldbesitz der Erzdiözese. „Wir sind schon seit 15 Jahren dabei, den Laubbaumanteil zu erhöhen, denn gemischte Wälder sind einfach widerstandsfähiger“, erklärt Meindl. Da, wo heute Fichten gefällt werden, werden junge Buchen eingesetzt, denn die Fichte ist sehr anfällig bei Sturm. Gemischte Wälder sind stabiler und haben größere Chancen, dem Klimawandel zu trotzen. „Als Förster muss ich in großen Zeitabschnitten denken, weil unser Handeln Auswirkungen auf die Zukunft hat“, betont Meindl.
 
Was heute gepflanzt wird, liefert frühestens in 30 Jahren einen Ertrag. Doch der Forstdirektor denkt nicht nur in Zahlen, sondern ihm geht es darum, dass es auch in 100 Jahren einen möglichst gesunden und artenreichen Wald gibt. Die Erzdiözese betreibt eine nachhaltige und naturschonende Bewirtschaftung ihrer Wälder. So werden alle Flächen nach den Kriterien der PEFC-Zertifizierung* bewirtschaftet. Auch für die Tiere wird immer wieder bewusst Platz gelassen. Wenn etwa ein Baum vom Sturm geknickt wird, dann wird der Stamm oft erst in einigen Metern Höhe abgesägt. Daraus entwickelt sich innerhalb weniger Jahre Wohnraum für eine Reihe von Tieren. Irgendwann kommt der Specht und arbeitet. Dann ziehen allmählich auch Vögel ein, Wildbienen, Eichhörnchen, Fledermäuse, Siebenschläfer und viele mehr.


Woher stammt der Wald der Erzdiözese?

Die Erzdiözese bewirtschaftet rund 5.000 Hektar Wald, davon sind rund 1.300 Hektar im Eigentum der Erzdiözese. Der Rest befindet sich im Eigentum anderer kirchlicher Rechtsträger, insbesondere von vielen Pfründe- und Kirchenstiftungen. Dabei handelt es sich überwiegend um kleinere Waldstücke von einem halben Hektar bis zu zehn Hektar Größe. Nur ganz wenige Waldstücke sind bis zu 50 Hektar groß. Die Waldflächen der Kirche stammen vor allem aus früheren Pfarrpfründestiftungen, deren Aufgabe es vor der Einführung der zentralen Besoldung der Geistlichen war, den Lebensunterhalt des jeweiligen Pfarrers zu sichern.


* PEFC steht für „Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes“. Waldzertifizierung nach den Standards von PEFC basiert auf den strengen Richtlinien für die nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern.


Foto: Christin Englert