Seliger Otto

Bischof von Freising - 7. September

Bischof Otto gilt als die bedeutendste Gestalt unter den Nachfolgern des heiligen Korbinian auf dem Freisinger Bischofsstuhl. Als Spross des Geschlechts der Babenberger gehörte er dem europäischen Hochadel an: Markgraf Leopold III. (der Heilige) von Österreich war sein Vater, der deutsche König Konrad III. sein Halbbruder und Kaiser Friedrich Barbarossa sein Neffe. Um 1112 wurde Otto als fünfter Sohn des Markgrafen geboren, schon als Kind war er für eine hohe geistliche Laufbahn bestimmt.

Deshalb schickte sein Vater ihn an die damals führenden philosophisch-theologischen Ausbildungsstätten. Bei seinen Studien in Paris und Chartres lernte er durch die berühmtesten Gelehrten seiner Zeit die antike Philosophie und die neue scholastische Theologie kennen. Im Frühjahr 1132 trat er mit Studiengefährten die Heimreise an; bei einer Übernachtung im Kloster Morimond (nördlich von Dijon) war er von der dortigen Lebensform so fasziniert, dass er zusammen mit 15 Lebensgefährten in das Kloster eintrat und Mönch des jungen Zisterzienserordens wurde, der sich eine strenge Befolgung der Benediktregel zum Ziel gesetzt hatte. Sechs Jahre lebte er hier als Novize und Mönch; seinen Vater regte er zur Gründung des Zisterzienserklosters Heiligenkreuz bei Wien an. 1138 wählte ihn der Konvent von Morimond zum Abt, doch kurz darauf wurde er bereits Bischof von Freising. Er war damit der erste Zisterzienser auf einem deutschen Bischofsstuhl; auch in diesem Amt trug er weiter den grauen Habit seines Ordens.

Die Bestellung zum Bischof von Freising war wohl nicht ganz ohne Zutun König Konrads erfolgt. In einer Zeit großer politischer Spannungen galt Ottos erste Sorge der Sicherung von Rechten und Besitz seines Bischofsstuhles, die er sich durch Kaiser und Papst bestätigen ließ, um dann an die innere Erneuerung des Bistums gehen zu können.

Bei Reisen prüfte er den Stand der Seelsorge und weihte Kirchen (z.B. Kemoden und St. Peter auf dem Madron). Er bemühte sich um die Reform der Klöster und um eine bessere Bildung des Klerus. Zur Unterstützung der Seelsorge erneuerte bzw. gründete er die Chorherrenstifte Schliersee, Schlehdorf, Schäftlarn und Neustift bei Freising. Dem Freisinger Domkapitel gab er eine neue Lebensordnung.

Als Reichsbischof war er auch Teil der politischen Führungsschicht. So musste er immer wieder den König auf Reisen begleiten, an Reichstagen teilnehmen, Gesandtschaften übernehmen und Streitfälle schlichten. Auf dem zweiten Kreuzzug führte er 1147-1148 selbst einen Teil des Kreuzfahrerheeres; doch endete das ganze Unternehmen in einem schlimmen Misserfolg.

Eine Niederlage erlitt Otto
auch im Machtkampf mit den Vögten der Freisinger Kirche aus dem aufstrebenden Geschlecht der Wittelsbacher und durch die Gewalttat des bayerischen Herzogs Heinrich des Löwen, der 1158 die bischöfliche Zollbrücke bei Föhring zerstörte und nach München verlegte.

Als Geschichtsschreiber und theologischer Geschichtsdeuter dagegen erlangte Bischof Otto europäischen Rang. 1143-1146 verfasste er eine Weltchronik: Die »Chronik oder Geschichte der beiden Staaten« reicht von der Erschaffung der Welt bis in seine Gegenwart und schließt mit einem Ausblick auf das Ende der Welt. Nach dem Vorbild des hl. Augustinus wird die Weltgeschichte theologisch gedeutet als Auseinandersetzung zwischen dem »Gottesstaat« und dem Welt- oder Teufelsstaat. In der Aufeinanderfolge der Weltreiche zeigen sich »Wandel und Unbeständigkeit der irdischen Dinge«. Im Mittelpunkt der Darstellung stehen die Geschichte des Reiches und des Kaiserhauses. Bischof Ottos »Chronik« gilt bis heute als Meisterwerk mittelalterlicher Geschichtsschreibung. Als zweites Werk begann er 1157 eine Darstellung der Taten seines Neffen Friedrich Barbarossa, die wegen seines Todes unvollendet blieb.

Sein langjähriger Mitarbeiter Rahewin
setzte sie fort und widmete ihm darin einen ausführlichen Nachruf (Gesta Frederici IV.14-15): »Mit wissenschaftlichen Kenntnissen in mehr als mittelmäßiger oder gewöhnlicher Weise ausgerüstet, galt er unter den deutschen Bischöfen als der erste oder als einer der ersten; denn außer der Kenntnis der Heiligen Schrift, deren geheimnisvolle und tiefsinnige Aussprüche er besser verstand als andere, hat er fast als erster die Subtilitäten der philosophischen und der Aristotelischen Schriften über die Topik, die Analytik und die Beweisführung unserem Heimatland vermittelt.« Mit Gottes Hilfe hatte er seine Kirche, »als er aus dem Leben schied, wieder so weit in die Höhe gebracht, daß er dem Klerus Religion, den Eigenleuten die Freiheit, der Kirche ihren vollen Besitz und den Gebäuden ihr schmuckes Aussehen zurückgegeben hatte, und seine Sorge, seine Mühe und sein Verdienst um seinen Stuhl und seine Gemeinde waren so groß, als wäre er nicht der Wiederhersteller, sondern der Gründer des Bistums.«

Bischof Otto starb
im Alter von 46 Jahren am 22. September 1158 auf der Reise nach Citeaux, zum Generalkapitel seines Ordens, in seinem Professkloster. Nahe beim Hochaltar der Abteikirche von Morimond erhielt er sein Grab. Im Gefolge der Französischen Revolution wurde die Klosteranlage fast vollständig zerstört. Ottos Grab ist seitdem verschollen.
Roland Götz


Brauchtum, Verehrung , Wallfahrt
Im Vergleich mit der Hochachtung als Geschichtsschreiber tritt die Verehrung als Seliger zurück. Sie konzentriert sich auf den Zisterzienserorden und sein ehemaliges Bistum. Das österreichische Herrscherhaus zählte ihn zu seinen heiligen Vorfahren. Heute wird seine Bedeutung als länderübergreifende, europäische Gestalt betont. 1995 errichteten die Freunde Morimonds und die Erzdiözese München und Freising auf dem Gelände der ehemaligen Abtei eine Gedenkstelle, die an ihre Verbindung durch Otto erinnert.

Darstellung, Attribute, Patronate
Die Darstellung Ottos ist die für einen Bischof übliche: Messgewand, Stab, Mitra und das Buch der Heiligen Schrift. Eine Schreibfeder weist manchmal auf seine schriftstellerische Tätigkeit hin.

Aus der von Rahewin gedichteten Grabschrift:
Fragst du nach dem Stand: von Würde war er Bischof;
nach der Gestalt: anmutig, geschmeidig, im besten Mannesalter;
nach der Abstammung: ein Adeliger von hoher königlicher Majestät;
nach dem Charakter: empfohlen durch wunderbare Rechtschaffenheit;
nach dem religiösen Habitus: er führte sich als Mönch;
nach der Geisteshaltung: er verteidigte die Ideen.
Die Jungfrau, deren Fürbitte er verdient hat,
möge ihn bei dem, den sie empfangen hat, empfehlen.
Übersetzung: Hubert Glaser

Das Bild auf dieser Seite
zeigt ein Denkmal aus dem Jahr 1857 von Kaspar Zumbusch auf dem Freisinger Domberg.

Literatur
  • Christenleben im Wandel der Zeit l 56-79 (Hubert Glaser)
  • Zwischen Morimond und Freising. Die Zisterzienser bauen Europa (Ausstellungen im Archiv des Erzbistums München und Freising. Kataloge 5), München 2000
Seliger Otto von Freising, aus: Peter Pfister (Hg.), Ihr Freunde Gottes allzugleich, Seite 121.