Kirchliche Denkmalpflege: Wo sich Himmel und Erde berühren

Heilig-Kreuz-Kirche
Die Heilig-Kreuz-Kirche während der Restaurierung
Ende 2015 war es so weit: Nach fast 30 Jahren Restaurierungszeit erhielt der Münchner Stadtteil Giesing seine Pfarrkirche Heilig-Kreuz zurück. Doch warum haben die Baumaßnahmen so lange gedauert? Was wurde gemacht? Und nach welchen Kriterien? Wir sprachen mit Ordinariatsrat Dr. Norbert Jocher, Hauptabteilungsleiter des Ressorts Bauwesen und Kunst im erzbischöflichen Ordinariat.
 
Kirchliche Denkmalpflege im Erzbistum

Im Erzbistum München und Freising und insbesondere in der Landeshauptstadt gibt es viele Kirchen. Als alte, ehrwürdige und sehr präsente Gebäude prägen sie das Stadtbild. Als Gotteshäuser haben sie seelsorgliche Bedeutung und als Sinnbilder des Glaubens verbinden sie Himmel und Erde. Bei manchen der Kirchen ist jedoch derzeit die liturgische Nutzung selten geworden. Spätestens wenn sie baufällig werden, stellt sich die drängende Frage: Was tun damit?
 
Die Frage nach der Nutzung

„Als Giesinger Pfarrkirche besitzt Heilig-Kreuz einige Bedeutung für Pfarrei und Gemeinde. Dass sie als Gotteshaus bestehen bleiben würde, stand also – anders als bei manch anderen Kirchen – außer Frage“, so Norbert Jocher. „Dennoch musste auch hier vor allem anderen geklärt werden, wie die Kirche in Zukunft genutzt werden soll. Die Antwort darauf ist die Basis eines jeden Restaurierungskonzepts.“ Im Falle der sehr großen Heilig-Kreuz-Kirche entschied man sich für eine Nutzungserweiterung. Neben der weiterhin im Mittelpunkt stehenden Liturgie sollten auch die Voraussetzungen für Konzerte und Kunstausstellungen geschaffen werden.
 
Liturgie, aber künftig auch Konzerte und Ausstellungen

Die Klärung der Nutzungsfrage allein ist natürlich noch lange kein Konzept. Norbert Jocher erklärt: „Für die Entscheidung, was an einem sakralen Gebäude in welchem Umfang saniert wird, spielen verschiedene Aspekte eine Rolle. Neben der Nutzung sind das: Ästhetik, sakrale Würde, Baufälligkeit, der kunsthistorische Wert des Gebäudes und seiner Ausstattung sowie, nicht zuletzt, die Seelsorge. Mithilfe eines standardisierten Bewertungssystems lässt sich so das Objekt ergründen, ein Sanierungsziel formulieren – Wo wollen wir hin? – und eine Priorisierung der Maßnahmen festlegen.“
 
Sakrale Kunst als Bedeutungsträger

Dabei geht kirchliche Denkmalpf lege über die staatliche hinaus, indem es ihr immer auch um die Bewahrung und Verlebendigung der inhaltlichen Botschaft geht, das ist Jocher wichtig: „Mit unserer reichhaltigen Sakrallandschaft haben wir einen einzigartigen Schatz zu verwalten. Entscheidend dabei ist jedoch, dass wir aus den Kirchen keine historischen Schatzkästchen machen. Als sakrale Räume müssen sie auch unserer Zeit Aspekte liefern. Die Menschen sollen die Botschaft, die hinter den Gebäuden steht, erleben können. Deshalb müssen wir immer auch überlegen, wie sich aus unseren kulturellen Traditionen Innovatives entwickeln lässt – eventuell auch mit niederschwelligen Handlungen und Angeboten.“
 
Ästhetische und Substanz erhaltende Maßnahmen

Doch zurück zur Heilig-Kreuz-Kirche, dem „Giesinger Dom“, wie sie im Volksmund auch genannt wird. Wir fragen Herrn Dr. Jocher noch einmal konkret nach diesem Sanierungsprojekt: „Schon 1985 gab es erste Planungen für eine Innenrenovierung der neugotischen Kirche. Doch wie immer war abzuwägen zwischen wünschenswerten ästhetischen Maßnahmen und notwendigen, die Substanz erhaltenden Reparaturen. Aufgrund umfangreicher Schäden musste im Fall Heilig-Kreuz eine Außenrenovierung vorgezogen werden. Im Zentrum standen dabei die Errichtung eines neuen Dachstuhls und die Neukonstruktion des Vierungsturmes. Ab 2011 konnten wir dann die umfassende Innenrenovierung durchführen. Ziel war eine weitgehende Annäherung an den ursprünglichen Raumeindruck der Kirche. Vor allem die Raumschalenfassung, die zuletzt massive Schadensbilder aufwies, musste erneuert werden. Als echte Herausforderung der Gesamtrestaurierung stellten sich die riesigen Dimensionen und Volumina sowie die reichhaltige Ausstattung von Heilig-Kreuz heraus.“
 
„Lichtdurchflutetes Gesamtkunstwerk“

Am 22. November 2015 öffnete die Heilig-Kreuz-Kirche – eine der bedeutendsten neugotischen Kirchen der Stadt – erstmals wieder ihre Pforten. Wer sie seither besucht, ob als gläubiger Christ, Kunstinteressierter oder Ruhesuchender, erlebt ein „lichtdurchf lutetes Gesamtkunstwerk“. So jedenfalls das Fazit der Süddeutschen Zeitung anlässlich der Wiedereröffnung.


Weitere Informationen

Die Sanierung der Heilig-Kreuz-Kirche in Giesing konnte dieser Beitrag nur sehr grob skizzieren. Allen, die ins Detail gehen möchten, sei die Publikation „Himmel und Erde berühren. Heilig-Kreuz-Kirche Giesing“ empfohlen. Erhältlich bei: Katholische Kirchenstiftung Heilig Kreuz Giesing, Gietlstraße 2, 81541 München, www.hl-kreuz-giesing.de


Foto: EOM/Bunz