Neue Männer braucht das Land Projektkonzeption

1. Name / Titel des Angebots:

Neue Männer braucht das Land

2. Übersicht, Kurzbeschreibung:

Im Rahmen eines projektorientierten Unterrichts biete ich jede  Woche gemeinsam mit unserem Sozialpädagogen Kurt Altmann ein zweistündiges Projekt für die  Jungs an unserer Schule an. Alle Schüler haben zur Zeit die Möglichkeit, unter fünf verschiedenen Angeboten zu wählen: drei künstlerische Projekte und zwei Projekte zum sozialen Lernen, wozu auch  das Jungenprojekt zählt.

3. Schule:

Schule zur Förderung der sozial-emotionalen Entwicklung Schloss Zinneberg

4. Zielgruppe:

Alle Jungs der Schule

5. a) Ziele und Chancen des Angebots:

Das Angebot ist seit dem letzten Schuljahr als reines Jungenprojekt etabliert und fest im Wochenrhythmus eingeplant.

5. b) Entstehungshintergrund und schulpastorale Begründung der Ziele:

Ich habe vor zwei Jahren die Ausbildung zum Anti-Gewalt-Trainer gemacht und im Rahmen dieser   Projektschiene die Möglichkeit, mit den Jugendlichen entsprechend der Ausbildung zu arbeiten und das von mir Gelernte anzuwenden. Darüber hinaus habe ich mich die letzten Jahre viel mit dem Thema „Mann sein – Mann werden“ auseinandergesetzt und bin der Überzeugung, dass unsere Jungs ganz spezielle Unterstützung und Angebote brauchen, um ihre männliche Energie in gute Bahnen zu
lenken. In unserem Sozialpädagogen Kurt Altmann habe ich einen sehr engagierten und überzeugten Mitstreiter für die Sache gewonnen. Da die Schüler an unserer Schule aufgrund ihrer Lebensgeschichte in erster Linie große Schwierigkeiten im Hinblick auf ihr Sozialverhalten haben, geht es im Jungenprojekt auch um die Grundlagen eines verträglich gestalteten Zusammenlebens an der Schule.

5. c) Persönliche Voraussetzungen im Hinblick auf das Angebot:

Eigene Kompetenzen,  Motivation, Leidenschaft …

Mir selbst wird immer deutlicher, dass ich kein Einzelkämpfer bin, sondern ein Gemeinschaftsmensch, der sich als Mitarbeiter in einem Team empfindet. Seit einigen Jahren versuche ich meine Kompetenzen in diese Richtung zu erweitern, habe Streitschlichter ausgebildet, Konflikthelfer geschult, weitere Fortbildungen besucht und Zusatzqualifikationen erlangt. Auf Dauer geht es mir aber nicht nur darum, die Schüler in ihrer Sozialkompetenz und Teamfähigkeit zu stärken, sondern auch im Kollegium das Teambewusstsein weiter auszubauen. Darüber hinaus geht es mir als Mann aber auch noch besonders um die Sozialkompetenz unserer Jungen und ihre Stärkung auf dem Weg zum Mann-Sein.

6. Zeitlicher und organisatorischer Rahmen:

Festes Angebot ist das wöchentliche zweistündige Jungenprojekt. Darüber hinaus organisiere ich  mittlerweile die Supervisions-Angebote für das Kollegium an der Schule. Gemeinsam mit Kurt  Altmann habe ich in diesem Schuljahr einen neuen Versuch gestartet, die SMV an unserer Schule zu  etablieren. Angedacht sind für den Rest des Schuljahres erst einmal regelmäßige Treffen mit den  Klassensprechern der Mittelschule und Berufsschule in einem Abstand von etwa drei Wochen.

7. Inhaltliche und methodische Gestaltung des Angebots/Verlauf:

Das Projekt findet jeden  Mittwoch in der 5. und 6. Unterrichtsstunde statt. Grundsätzlich orientiere ich mich methodisch an Übungen und Einheiten aus der Anti-Gewalt-Trainer-Ausbildung: Im Hinblick auf Biographiearbeit geht es um das eigene „Sozial-Atom“ oder den eigenen „Lebensfluss“. Im Zentrum der Gemeinschafts- und Selbsterfahrungsübungen stehen die Begriffe „Aggression, Gewalt, Teamfähigkeit, Respekt, Selbstvertrauen, Fairness, Coolness“. Höhepunkt ist der „heiße Stuhl“, bei
dem jeder Teilnehmer mit irgendeinem wunden Punkt in seinem Leben konfrontiert wird. Darüber hinaus sind wir mit den Jungs oft draußen und stellen ihnen Gemeinschaftsaufgaben bzw. geben ihnen kleinere oder größere „Männerprüfungen“. Größeres Ziel für den Rest dieses Schuljahres wäre es, mit den Jungs ein eigenes Floß zu bauen, mit dem wir dann unseren kleinen See im Seepark überqueren wollen.
Für das nächste Schuljahr wäre mein größter Wunsch, dass wir mit den Jungs und einem Männerteam eine Woche lang draußen in möglichst abgeschiedener Natur das intensivieren, verdichten und ritualisieren könnten, was wir im Laufe des Schuljahres an Grundlagen zu legen versuchen. Das ist allerdings wirklich noch Zukunftsmusik.

8. Evtl. Kooperationspartner/in und ihre Funktion:
 
Wichtigster Kooperationspartner ist für mich zur Zeit Kurt Altmann, unser Sozialpädagoge. Es ist eine  große Freude, mit ihm zusammenzuarbeiten. Er hat einen sehr guten Draht zu den Schülern, nicht  zuletzt zu den Jungs. Und wir haben in einem sehr hohen Maße übereinstimmende Ideen und Ziele bei unserem Jungenprojekt und darüber hinaus. Einziges Manko ist, dass er in der Einrichtung arbeitstechnisch extrem eingebunden ist (er leitet unter anderem die offene Ganztagsbetreuung am Nachmittag) und somit nicht die wünschenswerte Zeit bleibt, unser Arbeiten inhaltlich gemeinsam intensiver vorzubereiten und weiterzuentwickeln.

9. Material und Kosten:

keine 10. Bisherige Erfahrungen (Erfolge, Schwierigkeiten, Veränderungen):
Ein zentrales Grundproblem meiner Arbeit sehe ich darin, dass unser Schulsystem nicht wirklich gemeinschaftsfördernd angelegt ist, sondern letztendlich immer wieder in die Konkurrenzsituation führt bzw. jedem nur insoweit seinen Platz einräumt, als er oder sie sich an die Vorgaben des Systems hält. Die Schüler müssen „funktionieren“, und wir Lehrer genauso. Da bleibt das Gemeinschaftsbewusstsein und das Zugehörigkeitsgefühl leicht auf der Strecke. Und so kann soziales Lernen meines Erachtens nur gelingen, wenn jeder im Bewusstsein mitlebt, dass der Mensch immer
wichtiger ist als das System. Vertrauen zu sich selbst und in die Gemeinschaft zu entwickeln erscheint mir in unserem Schulsystem deshalb immer mal wieder als eine Herkulesaufgabe. Was mich zuversichtlich stimmt, ist der enge Austausch mit vielen Kollegen und Kolleginnen, die das genau so empfinden, und mit denen sich gut und gerne zusammen arbeiten lässt.

11. Ausblick (Stabilisierung, Weiterentwicklung):

Mein Ziel ist es, den Team- und Gemeinschafts-Gedanken sowohl bei den Schülern als auch den Kollegen bzw. letztlich allen Mitarbeitern in der Einrichtung insgesamt noch viel stärker zu ritualisieren im Bewusstsein, dass jeder und jede hier am Ort einen guten Platz hat und willkommen ist. Dazu dienen natürlich die Besinnungs-Feiern zu Beginn, in der Mitte und am Ende des Schuljahres, die wir im Pastoralkreis vorbereiten. Aber eben auch Gemeinschaftstage und gemeinschaftsfördernde Veranstaltungen wie ein Männer- (Frauen-)Tag, ein gemeinsamer pädagogischer Tag, gemeinsame Supervisionssitzungen, das KTC (kollegiales Teamcoaching) und sicher noch vieles mehr. Im Gemeinschaftsgedanken kommen für mich die sozialen und spirituellen Aspekte des Lebens zusammen.

Durchführende Lehrkraft, Rl i. K.:

Thomas Burg