„Ohne Tanz geht es nicht bei uns“ Die Kongolesische Gemeinde München feiert ihr 10-jähriges Jubiläum

Knapp 300 Gläubige gehören zur Katholischen-Kongolesischen Gemeinde München. Sie feiern lebhafte Gottesdienste und unterstützen die Integration der Gemeindemitglieder. Frederic Lwano hat die Kongolesische Gemeinde in München vor zehn Jahren initiiert. Seitdem ist er dort Teil des Leitungsteams. Im Interview erzählt er, wie es dazu kam, was die Gemeinde ausmacht und wie sie sich die Zukunft vorstellen.
 
Die Kongolesische Gemeinde München auf einem Ausflug
Gemeinsamer Ausflug der Kongolesischen Gemeinde
Herr Lwano, wie feiern Sie das 10-jährige Jubiläum?

Wir haben eine gemeinsame Gottesdienstfeier am 14. Mai um 10.30 Uhr mit der Gemeinde Sankt Franziskus und der französischen Gemeinde geplant. Danach soll es eine Begegnung geben, auf der wir vorstellen, was wir bisher gemacht haben. Dafür haben wir auch Bilder vorbereitet. Außerdem wird es im Oktober eine Ausstellung in der Kirche Maria Hilf geben, in der ebenfalls unsere gesamten Aktivitäten zu sehen sein werden. Wir möchten, dass mehr Menschen erfahren, dass es uns gibt, und einen Einblick geben.

Macht Sie das stolz, die Gemeinde aufgebaut zu haben?

Ja, ich bin echt stolz, dass es läuft, und sehr dankbar. Ich wollte den Menschen, die aus Kongo herkommen, den Raum und die Möglichkeiten geben, den sie dort auch schon hatten. In den zehn Jahren habe ich erlebt, dass es gemeinsam möglich ist, etwas aufzubauen. Es freut mich zu sehen, dass so viele Menschen ehrenamtlich engagiert sind und alles aus eigener Tasche zahlen.

Wie gestaltet sich das Gemeindeleben?

Seit 2019 feiern wir den Gottesdienst zweimal im Monat und natürlich auch alle Feiertage: Weihnachten, Fronleichnamsprozessionen und so weiter. Wir sind außerdem stark mit der Gemeinde von Sankt Franziskus verbunden. Wir feiern zum Beispiel gemeinsam die Firmung, und unsere Kinder und Jugendliche kommen auch bei einem Zeltlager zusammen. Es gibt natürlich auch verschieden pastorale Gruppen, zum Beispiel die katholische Frauengruppe. Jedes Jahr organisieren wir viele Freizeitaktivitäten. Wir besuchen verschiedene Museen und Orte. Es geht einfach viel um die Integration der Kongolesen in Deutschland.

Außerdem unterstützen wir auch viele Flüchtlinge in unserer Gemeinde. Wir zahlen zum Beispiel einen Deutschkurs für sie. Wir wollen einfach, dass sie, wenn sie hier ankommen, wissen, wie alles in Deutschland läuft. Sie haben hier einfach einen sicheren Ort, wo sie die Erstinformationen bekommen können.
 
Frederic Lwano von der Katholisch-Kongolesischen Gemeinde
Frederic Lwano ist im Leitungsteam der kongolesischen Gemeinde in Deutschland
Ist das ein Grund, warum Sie so eng mit der Gemeinde Sankt Franziskus arbeiten, um die Integration zu fördern?

Ja, das gefällt uns sehr gut. Ursprünglich hat die kongolesische Gemeinde zur französischen Gemeinde gehört. Aber wir haben 2012 festgestellt, dass die Gemeinde nicht der richtige Ort für die Kongolesen war. Ich war viel im Kontakt mit kongolesischen Familien und habe gesehen, dass ihnen der Raum fehlt, ihren Glauben zu pflegen und ihn zu gestalten. Wenige haben die deutsche Sprache gesprochen. Deshalb haben alle ihre eigenen kleinen Gemeinden gegründet.

Wir wollten eine parallele Gesellschaft vermeiden, deshalb fanden wir es gut, mit einer deutschen Gemeinde zusammen zu kommen. Dafür nahmen wir es  auch in Kauf, statt viermal im Monat nur zweimal im Monat Gottesdienst zu feiern. Darüber hinaus besteht ja auch die Möglichkeit, den Gottesdienst in unseren Ortspfarreien zu feiern. Dort und in der Gemeinde Sankt Franziskus können wir mit anderen in Kontakt kommen und uns einfach begegnen. Das macht uns einfach viel Spaß.

Was ist denn der Unterschied zwischen einem kongolesischen Gottesdienst und einem deutschen?

Kongo ist das größte katholische Land Afrikas und besitzt seit 1998 einen offiziellen eigenen Messritus. Kein anderes Land hat das. Der Vatikan hat das erlaubt, und wir dürfen nach unseren Gewohnheiten und Sitten den Gottesdienst feiern. Wir tanzen viel, wir singen viel. Wir sind eine sehr junge Gemeinschaft. Es besuchen sehr viele Kinder den Gottesdienst. Es geht bei uns viel mehr darum, dass die Gläubigen selbst viel machen und die Verantwortung übernehmen. Es gibt nämlich im Kongo nicht überall Priester, deshalb organisieren sich die Christen oft selbst. Das machen wir hier auch, um unsere Lebenssituation zu verbessern, unseren Glauben zu leben und zu gestalten.

Kurz gesagt: Unsere Gottesdienste dauern viel länger: Zwei bis drei Stunden. Und ohne Tanz geht es nicht bei uns. Alle machen mit und sind dabei. Das macht unsere Feier so toll!
 
Gottesdienst der Kongolesischen Gemeinde
Mit Tanz und Gesang: Gottesdienst der Kongolesischen Gemeinde
Besuchen auch Menschen, die keine Wurzeln im Kongo haben, den Gottesdienst?

Alle sind herzlich eingeladen, und wir freuen uns über jeden, der kommt. Von Beginn an sind auch Menschen gekommen, die nicht Kongolesen sind. Darüber freuen wir uns immer.

Wie viele Menschen gehören zur kongolesischen Gemeinde?

Wir sind eine kleine junge Gemeinde in München. Laut Statistiken der Stadt München gibt es rund 500 Menschen mit kongolesischem Migrationshintergrund. Das sind aber nur die, die noch nicht über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügen. Zählt man die mit, kann man vermuten, dass wir circa 800 bis 900 Menschen sind. Davon sind mehr als 400 Gläubige. Aber die Menschen, die in der Gemeinde aktiv sind, zählen etwa 250 bis 300.

Wie blicken Sie in die Zukunft?

Wir fühlen uns bedroht, weil wir keine eigene Infrastruktur haben. Uns fehlt die Anerkennung des Erzbistums. Wir machen alles ehrenamtlich und auf eigene Kosten. Auf Dauer ist das nicht möglich. Wir brauchen die Sicherheit der kirchlichen Autorität. Wir haben zwar einen kongolesischen Priester, der als Seelsorger da ist. Aber alles andere machen wir selbst. Wir bräuchten nur zusätzlich vielleicht eine Art von Sekretariat, das sich um die Verwaltungssachen kümmert. Das wäre wichtig, denn unser Engagement ist zurzeit gut, aber es kann sein, dass sich in Zukunft nicht mehr so viele Ehrenamtliche finden.
 
Text: Magdalena Rössert, Redakteurin beim Sankt Michaelsbund, Mai 2023