Brief zu Ostern 2020

Der große Schatten und das Licht
Seit drei Sonntagen gibt es in unseren Kirchen keine öffentlichen Gottesdienste und keine Veranstaltungen in unseren Pfarrheimen. Das pfarrliche Leben findet in der Öffentlichkeit nicht statt. Und das wird bis zum Weißen Sonntag so bleiben. Für viele von uns bis vor kurzem unvorstellbar und nun Realität. Damit sind auch die Begegnungen rund um unsere Kirchtürme weniger geworden.
Einige Mitglieder aus unseren drei Gemeinden erzählen, wie es ihnen so geht, welche Erfahrungen sie machen, welche Freuden und Ängste sie in diesen Tagen begleiten. Persönliche Äußerungen, die unser Bild bunter werden lassen:

Alicia Kopper:
Wenn sich plötzlich wochenlang auf unabsehbare Zeit das komplette Leben – Schlafen, Arbeiten, Kochen, Essen, Sport, Freizeit, soziale Kontakte – auf wenige Quadratmeter konzentriert, fällt es im ersten Moment schwer, dankbar zu sein. Dankbar, dass meine Familie, Freunde und ich gesund sind. Dass ich meine Arbeit komplett von zu Hause aus leisten kann, bei voller Stundenzahl. Dass ich digital so gut vernetzt bin, dass es manchmal auch zu viel ist. Dankbar, dass ich in wenigen Schritten im Wald Ruhe und auf Feldern Sonne genießen kann. Dass ich Zeit für Neues finde und Altes wiederentdecke. Dankbar, dass mein Glaube mich stützt und ich meine Sorgen auf den Herrn werfen kann. Zwei Wochen hat es bei mir gedauert, bis ich diese Dankbarkeit annehmen konnte. Wie lange dauert(e) es bei Ihnen?

Eine Seniorin:
Es geht uns gut. Wir Alten tun uns leichter, weil wir den Krieg miterlebt haben. Vieles gab es nicht. Mit wenig auszukommen, haben wir gelernt. Davor habe ich keine Angst. Bis jetzt haben wir keinen Mangel. Und früher haben wir auch die Zeitung genommen, wenn wir kein Klopapier hatten. Ostern wird gefeiert.
Und beim Spazieren gehen werden wir jetzt auf einmal gegrüßt. „Bleiben Sie gesund“ ist jetzt ernst gemeint statt des „ Mach ́s gut“ von früher. Wie in Kriegszeiten rücken die Menschen zusammen. Vielleicht haben wir das gebraucht.

Eine Mutter:
Wir sind als Familie mit einem Grundschul- und einem Vorschulkind nun seit 2 1/2 Wochen zu Hause und haben uns daheim „eingeigelt“, auch weil unsere achtjährige Tochter zur Corona-Risikogruppe gehört. Mein Mann ist im Homeoffice, ich bin als Erzieherin mangels Kinder in der Tagesstätte auch zu Hause.
Zu Beginn der Maßnahmen habe ich mir viele Gedanken gemacht, wie wir die vermutlich langen und langweiligen Tage mit den Kindern gut und "sinnvoll" verbringen können. Eine abwechslungsreiche Ideensammlung entstand. Aber wir stellen fest, dass wir diese nicht brauchen, da die Kinder sehr gerne und sehr viel miteinander spielen. Die erste Woche war noch geprägt von Machtkämpfen um Spielzeug, den Platz bei den Schularbeiten neben Mama, was gespielt wird etc. Mittlerweile stellen wir fest, dass die Kinder es genießen, nicht wie "ferngesteuert" von Termin zu Termin eilen zu müssen, sondern ZEIT zu haben, miteinander zu spielen. Plötzlich treten materielle Spielsachen in den Hintergrund und die Kinder beschäftigen sich beispielsweise im eigenen Garten stundenlang und äußerst kreativ mit Resten von Holzlatten und Brettern. Es entstehen phantasievolle Welten, sowohl im Garten als auch im Wohnzimmer. Es ist inzwischen auch egal, wem das Playmobil-Pferd oder die Lego-Figur gehört, es wird geteilt und wenn es zu Unstimmigkeiten kommt, wird nicht sofort gestritten, sondern diskutiert und meist eine faire Lösung gefunden – und von beiden Kindern auch mal nachgegeben. Fernsehschauen, was in "normalen Zeiten" gern gefordert wird, interessiert die Kinder bis auf den "Sandmann" am Abend gar nicht. Und auf meine Vorschläge wie "Wir könnten heute ja mal Ostereier anmalen" höre ich nur: "Aber, Mama, wir wollen spielen..."

Nadine Urner:
„Freud und Leid liegen oft nah beieinander“ heißt ein bekanntes Sprichwort. In meinen recht jungen Jahren durfte ich bisher schon viele Freuden erleben und glücklicherweise noch nicht viel Leid. Beides lag für mich jedoch meist weit auseinander und war höchstens lose verbunden. Dass in dem Sprichwort dennoch ein höchst wahrer Kern steckt, zeigt mir die Corona-Krise gerade eindrücklich. Sie bringt Sorgen – bei mir (und sicherlich vielen Abiturienten) besonders in Form von wichtigen abgesagten Prüfungen und der Frage, wie die Krise die berufliche und studentische Zukunft (negativ) beeinflussen könnte. Sie bringt aber auch Freude – für mich in Form von positiven Nachrichten der vergangenen Jahre, von denen ich jeden Abend ganz bewusst eine suche, sie an ein paar Freunde verschicke und Freiheiten, Erfolge und positive Ereignisse somit noch mehr wertschätze als sonst.

Ein Rentner:
Langsam wird mit langweilig. In den letzten Tagen haben wir in Haus und Garten alles gemacht. Und unsere Kinder/Enkel sehe ich nur über den Gartenzaun. Sie kaufen für uns ein, damit wir kein Risiko haben. Jetzt suche ich mir schon Arbeit außerhalb. Nach Ostern müssen die Kindergärten und die Schulen wieder aufsperren, damit die Leute wieder arbeiten können. Sonst leidet die Wirtschaft.

Familie Menzl:
Wie alle Anderen hat es auch uns „voll erwischt“: Kein rundes Geburtstagsfest, keine Kommunion- und Firmvorbereitung, keine Fahrt nach Assisi, keine Schulfahrt, „kein“ Ostern, kein Florenz, kein Tanzkurs, nun doch erstmal kein neuer Arbeitsvertrag, etc. Der März war voll von Nackenschlägen und Magenschwingern.... Nicht mal gemeinsam Gottesdienst feiern. Nicht mal gemeinsam Beten.
Wir haben uns dann auf die Suche nach schönen Seiten unseres neuen Alltags gemacht und sind tatsächlich fündig geworden: Gemeinsam musizieren und Fußball spielen, gemeinsam Jonglieren üben, Projekt Body-Percussion, viele Gesellschaftsspiele, alte Fotos ansehen, allmorgendliche stille Gebets- und Lesezeiten in der Kirche, schöne Filmabende, Spaziergänge ...
Wir empfinden diese Gemeinschaft noch mal mehr als sonst als Luxusgut und wachsen noch stärker zusammen. Die Familie trägt. Dagegen kann sich nicht mal unser 16-Jähriger wehren....
Trotz allem – herausfordernd ist es natürlich auch. Die Freunde fehlen, das Lernen alleine macht nicht wirklich Spaß. Es kostet Kraft, seinen Tag von morgens bis abends selbst zu organisieren. Manchmal ist es schwer, sich aufzuraffen. Sorgen kommen: Wie und wann wird es weitergehen? Dann hilft wieder ein Blick in die Bibel: „Macht Euch keine Sorgen! Ihr dürft Gott um alles bitten. Sagt ihm, was Euch fehlt und dankt ihm! Und Gottes Friede, der all unser Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und Gedanken im Glauben an Jesus Christus bewahren“ (Philipper 4,6).

Anja Schmidt:
Eine ganze Reihe von Wünschen sind nun schlagartig Realität geworden: Ich habe meine Familie immer um mich, ich habe Zeit, und ich muss nicht dauernd irgendwohin und irgendetwas erledigen. Aber plötzlich fehlen einem die Kollegen und es fehlen die Freunde und Bekannten, die man beim Chor, beim Sport oder in der Kirche trifft. Und auch die Sorge ist immer da. Die Sorge um die vielen Menschen überall in der Welt, die erkrankt sind oder gerade ihre Lebensgrundlage verlieren. Plötzlich überdenke ich mein Leben ganz allgemein und bin sehr dankbar für Vieles, was ich bisher für selbstverständlich gehalten hatte.

Familie Köppl:
Einsamkeit ist bei einer sechsköpfigen Familie nicht das Problem. Teilweise kann die Reduzierung auf den engsten Familienkreis ohne ständige Termine sogar eine wohltuende Entschleunigung des Alltags bedeuten.
Was aber definitiv fehlt, sind die gemeinsamen Gottesdienste, das Café Franz, der Kinderchor, die Spielgruppe, die Orff-Gruppe, die Xaver Angels, der Pfarrgemeinderat u.v.m. ... Und dass man gerade in solch ungewöhnlichen Zeiten nicht die Nähe Gottes in der Kirche und bei der kirchlichen Gemeinde finden kann, schmerzt doch sehr.
Gerade die besonderen Gottesdienste der Fastenzeit und natürlich die Osterfeierlichkeiten fehlen ungemein. Man spürt gerade deutlich, wie sehr einem der Glauben Halt, Orientierung und schlichtweg Struktur im Leben bietet.
Und trotzdem sind das alles nur „Problemchen“ angesichts der vielen schlimmen Schicksale, Kranken und Toten, die diese Krise mit sich bringt.
Hoffentlich können wir bald wieder gemeinsam unser Leben mit Gott leben.

Mann in Altersteilzeit:
Die Situation mit dem gesellschaftlichem Stillstand und auch dem Abschneiden von persönlichen Kontakten wird bei den Menschen viel verändern. Es stellt sich die Frage, wie viele Menschen aus dem „Eingeschlossensein“ nicht mehr herausfinden. Es wird auch spannend, wie viele Gläubige wieder den Weg in die Kirche finden, wenn sie wieder stattfindet. Schwierig ist es im Moment auch für die Notleidenden wie den Tafelbeziehern, denen nun auch die gewohnte Versorgung weggebrochen ist. Man muss aufpassen, dass man die herrschende Stimmung nicht zu sehr an sich heranlässt. Die Woche ist auch so gleichtönig geworden, weil die wöchentlichen Termine, die Struktur geben, nun nicht mehr stattfinden.

Elmar Wörner:
Die Jugend lässt sich von Corona nicht unterkriegen! Auch wenn man dieser Tage etwas kreativ werden muss. Aber mit Skype - Teestuben und Chat funktioniert so einiges, z.B. Tabu, Stadt-Land-Fluss oder Montagsmaler. Und wem mal doch langweilig wird, der geht telefonierend einfach eine Runde spazieren... Aber nur, bis die Sache ausgesessen ist.


Liebe Gemeinde!
Das öffentliche Leben hält den Atem an: Busse und S-/U-Bahnen sind oft fast leer, viele Arbeiten werden im Home-Office erledigt, der Unterricht der Kinder findet im Internet statt, Flughäfen haben ihren Betrieb sehr weit runtergefahren, viele Läden sind geschlossen. Abstand halten ist die zentrale Aufgabe zum Schutz aller und die zärtliche Umarmung ist auf den engsten Kreis beschränkt. Und trotzdem fühlt man sich nah und ruft über den Gartenzaun: „Brauchen Sie Hilfe?“
Manche Menschen haben Angst um sich und ihre Familie oder sind schon erkrankt. Das Zusammenleben auf engem Raum ist immer wieder sehr mühsam, manche Konflikte entstehen oder verschärfen sich. Die Arbeit ist wenig geworden ist und materielle Sorgen drücken. Es fehlen die Gottesdienste. Angehörige im Krankenhaus oder im Altenheim können nicht besucht werden, mit manchen gibt es nicht einmal einen telefonischen Kontakt, weil sie beatmet werden oder dement sind. Langweile kommt auf, die Freunde, das Pfarrheim und die Kneipe fehlen. „Ich fühle mich wie eingesperrt“, sagte ein Jugendlicher. Wie lange dauern noch die Einschränkungen? Wie wird es weitergehen?

Corona hat unser Leben einschneidend verändert. Besonders betroffen sind Menschen mit wenig Geld. Manche Tafeln teilen in diesen Wochen nicht mehr aus, St. Bonifaz hat die Obdachlosenhilfe eingestellt, weil die Ansteckungsgefahr zu groß ist. Das warme Essen und sich duschen können entfallen. In armen Ländern gibt es kaum Ärzte und medizinische Versorgung. In Flüchtlingslagern leben Tausende auf engstem Raum mit völlig ungenügenden Sanitäranlagen. Dort Corona: Ein Drama! Für MISEREOR ist die Kirchen-Kollekte am Passionssonntag ausgefallen. Möglichkeiten zur Hilfe sind damit weggebrochen. Ob viele die Möglichkeit zu einer Überweisung einer Spende auf das MISEREOR-Konto nützen?
Gibt es keine Gottesdienste mehr? Wo jetzt Ostern kommt. Eine ältere Dame konnte das gar nicht verstehen.
Für viele Menschen ist das Leben ganz anders geworden. Der große Schatten der Pandemie liegt über allem. Seit Tagen gibt es in der Tagesschau kaum ein anderes Thema und danach kommt noch eine Sondersendung. Bei Gesprächen in den Familien und in den privaten Kreisen steht Corona im Zentrum. „Ich kann es nicht mehr hören“, sagte ein Mann.
 
Kirchliches Leben geht weiter, auch wenn manches im Verborgenen geschieht: Hausgottesdienste werden gefeiert und zu Hause wird gebetet, Lebensmittel wurden gespendet und nach Riem zum Tisch Messestadt gefahren, Palmbuschen werden für unsere Gemeinden zu Hause gebunden, Pfarrbriefe ausgetragen, viele pflegen telefonisch oder per Mail Kontakte mit ihrer Familie und den Freunden und auch in die Pfarrgemeinden hinein. Bei den Spaziergängen führt mancher Weg auch in unsere Kirchen. Immer wieder sind BeterInnen zu sehen und Kerzen werden entzündet und Pfarrbriefe mitgenommen.
In den Kirchen stehen die Kreuze auch in diesem Jahr zur Erinnerung an Jesu Leid und seinen Tod. Sie haben in diesem Jahr eine ganz besondere Aktualität. Viele Menschen müssen in diesen Tagen ihr eigenes Kreuz tragen und spüren seine Last sehr eindrücklich.
Die Corona-Krise: Eine Bewährungsprobe für unseren Glauben und auch eine Zeit der Prüfung: Was trägt? Was fehlt mir? Was ist nicht da und fehlt auch nicht? Was ist für mich wichtig? Traditionen werden in diesem Jahr hinterfragt. Wird das Leben wieder in seinen uns vertrauten Bahnen laufen? Oder bleibt manche Veränderung auf Dauer? Viele Fragen bleiben in diesen Wochen ohne Antwort!
Ostern ist nicht von unseren Gottesdiensten und Feiern abhängig und wurde schon in Schützengräben, in zerbombten Städten und auf der Flucht gefeiert. Unser Herr ist für uns seinen Kreuzweg gegangen und erlitt den Tod am Kreuz. Unser Vater hat ihn auferweckt von den Toten. Er lebt.
Der Herr ist auf erstanden! Ja, er ist wahrhaft auferstanden!
Das Licht seiner Auferstehung erhellt die Dunkelheit unseres Lebens und gibt uns Hoffnung und Zuversicht.

Wir gehen auch in diesem Jahr den Weg mit ihm. Wir begleiten unseren Herrn beim Einzug in Jerusalem am Palmsonntag, feiern mit ihm das letzte Abendmahl am Gründonnerstag, tragen am Karfreitag unser Kreuz und betrauern sein Leiden und sein Sterben, feiern an Ostern seine Auferweckung. Es wird ein Fest werden, nur ganz anders. Es wird still sein, hauptsächlich in den Wohnungen stattfinden und vielleicht sehr eindrücklich werden.
Ihnen allen ein gesegnetes Fest der Auferweckung unseres Herrn! Bleiben Sie g'sund! Sie sind nicht allein!

Robert Zajonz mit
Manfred Brandlmeier, Alois Ebersberger, Stefan Geißler, Björn Wagner


Die Heilige Woche in diesem Jahr:
Auch an den Feiertagen sind unsere Kirchen offen für das stille Gebet. Vielleicht mögen Sie auch zu Hause die biblischen Texte dieser Tage lesen und miteinander beten. Texte liegen in den Kirchen zur Mitnahme aus und sind auf der Homepage. Am Ostersonntag brennt in allen Kirchen die Osterkerze. Gerne können Sie sich Ihr Licht holen und sich zu Hause beim österlichen Mahl über das besondere Licht freuen. Das kleine Licht, Zeichen unseres Glaubens und unserer Hoffnung. Ab dem Ostersonntag steht in allen Kirchen ein Korb mit Ostereiern zur Selbstbedienung. Auch sie sind gesegnet für das häusliche Ostermahl.
In diesem Jahr steht manches einfach da, damit es keine zusätzlichen Risiken gibt. Wir freuen uns, wenn Sie von dem Angebotenen Gebrauch machen. Nicht alles gibt es in allen Gemeinden. Die Texte sind schon vorher verfügbar.

Aktuelle Informationen und die Texte der Festtage finden Sie auf der Homepage der jeweiligen Pfarrei!


Palmsonntag:
Palmzweige in St.Augustinus, Christi Himmelfahrt und St.Franz Xaver
kleine Osterkerzen in St.Augustinus, Christi Himmelfahrt und St.Franz Xaver
Texte für den Palmsonntag in St.Augustinus, Christi Himmelfahrt und St. Franz Xaver
Osterbrunnen in St. Franz Xaver

Gründonnerstag:
Texte zum Gründonnerstag in St.Augustinus, Christi Himmelfahrt und St.Franz Xaver

Karfreitag:
Texte zum Karfreitag in St.Augustinus, Christi Himmelfahrt und St.Franz Xaver

Ostersonntag:
Texte zum Ostersonntag in St.Augustinus, Christi Himmelfahrt und St.Franz Xaver
Osterlicht in St.Augustinus, Christi Himmelfahrt und St.Franz Xaver


Ostern anders
Herzlichen Dank allen für: Palmbuschen binden! Kerzen basteln! Abholen! Beten! Feiern! ...........!