Katholische Pfarrgemeinde St. Nikolaus in Übersee am Chiemsee

Treffpunkt Juni 2021 Wir brauchen einen neuen Zeitgeist

Treffpunkt Juni 2021

Materialismus ist meist hässlich. Wir gehen nicht durch Gewerbegebiete oder von Einkaufszentren aus spazieren. Wenn wir eine besondere Umgebung erleben wollen, fahren wir an einen See, ins Gebirge oder in eine sehenswerte, meiste traditionsreiche Stadt. Etwas Zeitgemäßes findet in Gewerbegebieten und Einkaufszentren seinen Ausdruck.

Wir sind Konsumenten und wollen alles billig. Das Produzieren haben wir, auch in der Landwirtschaft, weitgehend an Maschinen delegiert. Für die Einkaufszentren in ihrer Ödnis gilt: schnell hin und schnell mit dem Auto wieder weg in die von der Natur geformten Landschaften oder die ästhetisch anziehenden Ensembles, die frühere Epochen entworfen haben.

Wir haben uns in den letzten Jahren mit einem großen Aufwand viele ästhetisch attraktive Wohnungen geschaffen. Die meiste Zeit verbringen wir jedoch in modernen Zweckbauten. Die Distanzen zwischen dem heimeligen Zuhause und dem kargen Berufsumfeld überbrücken wir mit einem Auto von ausreichender Größe. Es wird viel über die SUV`s gelästert.

Vielleicht braucht man die Umgebung, die ein solches Gefährt bietet, damit man die eintönige, menschengemachte Landschaft übersteht. In diesem öden Umfeld soll man freundlich, voller Ideen, kommunikativ sein.  Man hat sich viel Mühe gegeben, das Kauferlebnis zu inszenieren.

In den Hallen der Einkaufszonen mit ihren Parkplätzen herrscht dennoch Kälte. Wohl deshalb können die Handelsketten nur noch mit Niedrigpreisen werben. Einen Schönheitspreis hat keiner der Anbieter verdient. Man könnte nur in absteigender Linie die je größere Eintönigkeit prämieren.

Wenn wir mehr vom Leben haben wollen, dann kann die Steigerung der Produktion und der immer größere Konsum nicht das Zukunftsszenario sein. Mehr Bäume, weniger Verkehr, nicht durch Chemie aufbereitete Lebensmittel, mehr Schönheit. Schon um unseren Lebensraum zu erhalten, müssen wir ein neues Verhältnis zur Natur finden.

Nicht mehr die Natur verändern, zubetonieren, überplanen, den Ressourcenverbrauch steigern. Eine nachdenkliche Neubestimmung unseres Verhältnisses zur Natur und zu den anderen Lebewesen wird auch unser Bauen verändern. Auf einmal wird uns die Hässlichkeit unserer Gewerbegebiete bewusst und wir ändern unser Konsumverhalten. Sicher werden wir uns dann eine weniger hässliche Umgebung schaffen.

Da wir die öden Hallen und die lieblos entworfenen Gebäude nicht alle abreißen können, steht es wohl als erstes an, Bäume zu pflanzen und das Dauergrau zu beseitigen, um die Hässlichkeit zu verdecken. Vielleicht ist das ja ein Anfang. Wir brauchen einen neuen Zeitgeist, wir brauchen Pfingsten.

Eine gesegnete Zeit wünscht Ihnen 

Ihr Pfarrer Georg Lindl