„Die christliche Prägung unseres Landes ist die Nächstenliebe“

Kardinal Marx feiert Gottesdienst in München-Sendling zur Heiligsprechung von Mutter Teresa
München, 11. September 2016. Kardinal Reinhard Marx hat Christen zu einem verstärkten öffentlichen Zeugnis für die Armen und Schwachen aufgerufen. „Wenn Religion in der Öffentlichkeit sichtbar wird – so ist es jedenfalls für uns Christen klar –, dann ist dieses Zeugnis ein Zeugnis für den Menschen, für die Schwachen, für die Gerechtigkeit, für die Notleidenden“, sagte der Erzbischof von München und Freising, der auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, am Sonntag, 11. September, in der Pfarrkirche St. Margaret in München-Sendling bei einem Festgottesdienst anlässlich der Heiligsprechung von Mutter Teresa. Der Kern der Frage in den aktuellen Diskussionen „ist ja nicht, ob Religion präsent ist in der offenen und freien Gesellschaft – das muss sie sein –, sondern, wie sie präsent ist, was sie tut, was sie verkündet, wofür sie einsteht“, sagte Kardinal Marx und betonte vor diesem Hintergrund das Zeugnis von Mutter Teresa: „Daran müssen wir uns messen lassen.“

Christen sollten sich in die Gesellschaft einbringen, erklärte der Erzbischof. „Aber nicht in dem Bewusstsein: ‚Wir sind auch da, wir sind auch wichtig.‘ Sondern: ‚Wir tun etwas, wir zeigen, was es bedeutet, den Namen Christi zu tragen.‘“ Das zeige sich daran, „wie wir reden, wie wir handeln, nicht mit Schaum vor dem Mund, nicht mit Hass gegen andere, sondern in Demut, selbstbewusst, klar, in der Orientierung an der Gestalt Jesu von Nazareth und in der Ausrichtung an den Schwachen und Kranken, an der Hoffnung“. Dabei gehörten „Mystik und Politik, also geistliches Leben und Verantwortung für die Welt“, zusammen, betonte Kardinal Marx. Mutter Teresa habe „mit diesem großen Glaubenszeugnis und mit ihrem Zeugnis der Tat das ganz radikal und überzeugend sichtbar gemacht“. So werde die christliche Prägung einer Gesellschaft sichtbar: „Die christliche Prägung unsere Landes besteht ja nicht nur aus Weihnachtsmärkten und Gipfelkreuzen und Kirchweihfesten. Die christliche Prägung ist die Nächstenliebe, der Sinn für die Schwachen, die Sensibilität für die Armen“, sagte der Erzbischof: „Wo die Armen nicht in die Mitte geholt werden, da ist die christliche Prägung eben nicht da.“

Mutter Teresa bezeichnete Kardinal Marx als „ein großes Geschenk an die ganze Kirche“. Ihre Heiligsprechung habe ihn „sehr bewegt“, so der Erzbischof. Im Jahr 1979 sei er ihr kurz nach seiner Priesterweihe nahe seiner Heimat in Lippstadt begegnet und habe ihr den Primizsegen spenden dürfen: „Das hat mich über die Jahre immer wieder geprägt und in eine besondere Beziehung mit Mutter Teresa gebracht.“ Eine Niederlassung der von Mutter Teresa gegründeten, weltweit tätigen Ordensgemeinschaft „Missionarinnen der Nächstenliebe“ liegt im Pfarrgebiet von St. Margaret. Die Schwestern kümmern sich dort besonders um Obdachlose und andere Bedürftige. Es handelt sich um eine von sieben deutschen Niederlassungen. Insgesamt wirken rund 5.300 Missionarinnen der Nächstenliebe in mehr als 130 Ländern. Sie betreiben zahlreiche Hospize, Schulen und Waisenhäuser.

Mutter Teresa wurde am 26. August 1910 als Agnes Gonxha Bojaxhiu in Skopje im heutigen Mazedonien geboren. Mit 18 Jahren trat sie in den Orden der Loretoschwestern ein, ließ sich zur Missionarin ausbilden und ging bald nach Indien. 1946 beschloss sie nach einer göttlichen Eingebung, selbst einen Missionsorden zu gründen, was sie 1950 in die Tat umsetzte. In Kalkutta kümmerte sie sich um die Ärmsten der Armen, unterstützt von einer wachsenden Zahl von Ordensschwestern. 1979 wurde ihr der Friedensnobelpreis verliehen. Mutter Teresa starb am 5. September 1997. Sie wurde im Jahr 2003 durch Papst Johannes Paul II. selig- und am 4. September 2016 durch Papst Franziskus heiliggesprochen. (gob)