„Gottes Gerechtigkeit ist seine Barmherzigkeit“

Kardinal Reinhard Marx betont notwendiges Miteinander von Recht und Güte
München, 11. Juli 2017. Nach Ansicht von Kardinal Reinhard Marx geht es im „Spannungsfeld zwischen Güte und Recht, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit“, nicht um einen Gegensatz, sondern um „ein Miteinander: Gottes Gerechtigkeit ist seine Barmherzigkeit“, sagte der Erzbischof von München und Freising bei einem Gottesdienst am Dienstagabend, 11. Juli, in der Pfarrkirche St. Sylvester in München-Schwabing. Kardinal Marx feierte die Messe anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde an Kardinal Zenon Grocholewski und Patrick Valdrini durch das Klaus-Mörsdorf-Studium für Kanonistik der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) im Rahmen einer Tagung zum vor hundert Jahren erstmals erschienenen kirchlichen Gesetzbuch Codex Iuris Canonici.

Recht und Gerechtigkeit, Güte und Erbarmen ziehen sich laut Kardinal Marx wie ein „Leitmotiv durch die Heilige Schrift“. Auch die Schöpfung der Welt sei gewissermaßen ein „Rechtsakt: aus Chaos wurde Ordnung, Licht, Aufklärung, Klarheit“, sagte der Erzbischof. Zugleich sei „die Spannung von Ordnung und Freiheit“ in die Schöpfung hineingelegt. So bestehe zum einen die Gefahr, „dass das Ungeordnete zum Tragen kommt – was dem Menschen nicht dient, was ihn in die Verwirrung führt, muss geordnet werden“. Zum anderen aber könne „die Ordnung auch die Freiheit ersticken“. Das kirchliche Recht sei schließlich nicht dazu da, „um zu zerstören, sondern um aufzurichten und auszurichten auf Christus“.

Daher sei es auch „wichtig, Tradition und Reform miteinander in Verbindung zu bringen“, forderte Marx: „Zur Wissenschaft gehört der Mut weiterzudenken.“ Letztlich würden „Reform und Erneuerung wieder zur Tradition“, und so gelte es „nach vorne zu gehen in Treue zum Grundgesetz der Kirche, dem Evangelium“.

Kardinal Zenon Grocholewski, 77, lehrte Kanonisches Recht an der Gregoriana und an der Lateran-Universität sowie dem Studio Rotale. Er arbeitete an der Neufassung des Codex Iuris Canonici (1983) mit. Papst Johannes Paul II. ernannte Grocholewski 1982 zum Sekretär der Apostolischen Signatur und zum Titularbischof. 1998 übernahm Erzbischof Grocholewski als Präfekt die Leitung der Apostolischen Signatur. Von 1999 bis zu seiner Emeritierung 2015 war er Präfekt der Kongregation für das Katholische Bildungswesen. 2001 nahm Papst Johannes Paul II. ihn in das Kardinalskollegium auf. Kardinal Grocholewski hat zahlreiche kirchenrechtliche Publikationen in verschiedenen Sprachen vorgelegt. Als Präfekt der Kongregation für das Katholische Bildungswesen hat er im Jahr 2002 auf gesamtkirchlicher Ebene eine Neuordnung des kanonistischen Studiums veranlasst.

Patrick Valdrini, 70, lehrte am Institut catholique in Paris als Professor für Kirchenrecht. 1984 bis 1992 war er Dekan der Kanonistischen Fakultät und 1992 bis 2004 Rektor dieser Universität. Von 1985 bis 2008 gab er als Direktor die kirchenrechtliche Fachzeitschrift L’année canonique heraus. Seit 2005 lehrt Valdrini als Professor an der Päpstlichen Lateran-Universität in Rom. Von 2008 bis 2014 fungierte er als Präsident der Consociatio internationalis studio iuris canonici promovendo und förderte den internationalen Austausch unter den Kanonisten, insbesondere durch Kongresse in Warschau (2011) und in Washington D.C. (2014). (ck)