Kardinal Marx: Christliches Zeugnis in turbulenten Zeiten

Erzbischof von München und Freising warnt vor Missbrauch der Religion / Barmherzigkeit bleibt zentral
Freising, 19. November 2016. Nach Ansicht von Kardinal Reinhard Marx wird das christliche Zeugnis vor dem Hintergrund einer krisenhafteren und unruhigeren politischen und gesellschaftlichen Situation immer wichtiger. „Wir werden stärkere Auseinandersetzungen bekommen in den nächsten Jahrzehnten“, sagte der Erzbischof von München und Freising bei einem Gottesdienst zu Ehren des Bistumspatrons, des Heiligen Korbinian, am Samstag, 19. November, im Freisinger Mariendom. „Umso wichtiger wird unser Zeugnis, unser Beispiel der Liebe, Barmherzigkeit und Offenheit.“
 
Dabei setzt Marx auf die Gemeinsamkeit aller Christen. „Wir alle, nicht nur die Priester, sind Mitarbeiter des Reichs Gottes. Wenn alle mitmachen, dann kann es uns gelingen, dass in diesen turbulenten Zeiten, die vielleicht noch turbulenter werden, das Zeugnis Gottes sichtbar werden kann.“ Der Kardinal verwies darauf, dass die Barmherzigkeit auch nach dem offiziellen Ende des von Papst Franziskus ausgerufenen Jahres der Barmherzigkeit eine zentrale Rolle spiele. „Barmherzigkeit ist der Name Gottes. Barmherzigkeit zeigt uns, was wir tun müssen, um neu zu evangelisieren.“ Marx betonte: „Gott schaut auf die Menschen, um sie neu aufzurichten.“ Gleichzeitig warnte der Erzbischof vor dem Missbrauch der christlichen Botschaft und der Religion. „Es gibt Gefährdungen, den Namen Gottes neu zu missbrauchen und für die eigenen Zwecke zu nutzen.“
 
Der Kardinal gab zu bedenken, dass es immer wieder eines neuen Aufbruchs bedürfe, um das Evangelium zu den Menschen zu tragen. Der Freisinger Domberg sei hier für die Erzdiözese und darüber hinaus stets von besonderer Bedeutung gewesen. „Wie sehr würde ich mir wünschen, dass der ‚Mons doctus‘ auch in Zukunft eine solche Quelle der Inspiration bleibt und neu wird. Hier, wo über Jahrhunderte der Glaube reflektiert wurde.“ Gelingen könne dies, indem nicht im Alten verharrt werde, sondern indem neue Prozesse angestoßen und Wege erschlossen würden, deren Ende man heute noch nicht absehen könne: Das ist es, was den Nährboden einer nachhaltigen Evangelisierung darstellen könnte.“
 
Bereits am Freitag, 18. November, hatte Marx bekräftigt, dass der Domberg auch künftig als Ort einer umfassenden Bildung im Lichte des Evangeliums erhalten werde und dass das Erzbistum zu diesem Zweck umfängliche Umbauten während der nächsten Jahre vornehmen werde. „Die Erzdiözese investiert in den Domberg, weil er für uns ein entscheidender Ort unseres kirchlichen und gesellschaftlichen Lebens und unseres Glaubenszeugnisses ist und bleibt.“ Gerade in einer Zeit, in der Vereinfachungen und Ideologien wieder stärker in den Vordergrund träten, sei ein umfassendes Verständnis von Bildung notwendig, um die Menschen zu befähigen, sich in verantworteter Freiheit eine eigene Meinung zu bilden.“ Dies sagte er bei der Eröffnung der Ausstellung „Bildung³. Mons doctus. Gestern. Heute. Morgen“, die noch bis Ende Februar im Kardinal-Döpfner-Haus, dem Bildungszentrum der Erzdiözese, auf dem Domberg zu sehen ist. (kel/uq)