Kardinal Marx: „Den Menschen helfen, in komplexen Verhältnissen richtig zu entscheiden“

Perspektiven für eine katholische Universität / Festvortrag zum Dies Academicus in Eichstätt
Eichstätt, 5. Dezember 2016. Bei einem Festakt zum „Dies Academicus 2016“ in der Aula der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KUEI) haben Redner aus Politik, Hochschule und Kirche am Montagabend die positive Entwicklung der Universität gewürdigt und allen Verantwortlichen dafür gedankt. „Sie sehen in mir einen zufriedenen Magnus Cancellarius, dessen Erwartungen aber noch nicht am Ende sind“, sagte der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx, der auch Vorsitzender der Deutschen und der Freisinger Bischofskonferenz ist. „Die Bereitschaft vieler mitzuwirken – trotz negativer Schlagzeilen – erfüllt mich mit großem Dank.“ Auch sei für ihn wie für viele eine „Aufbruchsstimmung spürbar“.
 
Bei dem Festakt wurde die neue Präsidentin der KUEI, Gabriele Gien, die bislang die Hochschule interimistisch geleitet hatte, ins Amt eingeführt. Der Kardinal überreichte ihr die Amtskette.
 
Der bayerische Staatsminister für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, Ludwig Spaenle, dankte in seinem Grußwort den bayerischen Bischöfen dafür, dass sie die KUEI mit starken Eigenmitteln unterstützten. Er würdigte die neu angesiedelten Zentren für Flucht und Migration sowie für Forschungsförderung. Als Vorsitzender des Stiftungsrates dankte der Augsburger Weihbischof Anton Losinger dem Freistaat Bayern für die „konstruktive und zukunftsorientierte Zusammenarbeit“.
 
In seinem Festvortrag hob Kardinal Marx hervor, dass Universitäten traditionell Orte der offenen Disputation seien, wo, vor den Augen aller, Menschen mit unterschiedlichsten Meinungen zusammenkämen. „Darin können die Universitäten gerade in der derzeitigen Situation ein Beispiel für die ganze Gesellschaft sein, in der offenen Diskussion über das, was wahr ist.“
 
Der Kardinal benannte Perspektiven für eine zukünftige Ausrichtung einer katholischen Universität. So komme der Bildungsforschung eine zentrale Bedeutung zu. „Bildung heißt, Menschen befähigen, sich aus freier Verantwortung für das Gute zu entscheiden. Wir müssen den Menschen helfen, in komplexen Verhältnissen richtig zu entscheiden und gut zu leben.“
 
Es sei zudem notwendig, dass die katholische Kirche an der Weiterentwicklung der Demokratie mitwirke. Religionsfreiheit und politische Freiheit sowie der liberale Rechtsstaat müssten immer wieder neu begründet werden. „Wie können wir eine Demokratie aufbauen, die wertegebunden ist und doch frei? Ich würde mir wünschen, dass die katholische Aufklärung dazu ihren Beitrag leistet.“ Welcher Ort, so der Kardinal, sollte besser geeignet sein, dies in Gang zu bringen, als eine katholische Universität?
 
Gerade eine katholische Universität habe sich den rapiden Wandel der Welt aus philosophischer, ökonomischer und staatstheoretischer Sicht genau anzuschauen. Angesichts der Krise des reinen Kapitalismus sei zu überprüfen, wie eine globale Ordnung mit Elementen der Sozialen Marktwirtschaft etabliert werden könnte.
 
Marx forderte zudem, das Themenfeld der Migration verstärkt wissenschaftlich aufzuarbeiten. „Hier muss noch ganz anders über Lebenswirklichkeiten in anderen Kulturen nachgedacht werden – aus katholischer Sicht mit der Perspektive: Was dient dem Menschen?“ Er sei „sehr froh“, dass dieses Thema an dem neuen Zentrum für Flucht und Migration der KUEI wissenschaftlich reflektiert und erforscht werde.
 
Der Kardinal bekannte sich zum finanziellen Engagement der Freisinger Bischofskonferenz für die KUEI. Er wolle sich darum bemühen, fortan auch die Deutsche Bischofskonferenz einzubeziehen. Dazu benötige er aber die Zustimmung aller deutschen Bischöfe. (kel)