Kardinal Marx: Falsche Bilder von der Ewigkeit zurücklassen

Erzbischof ruft in Predigt am Allerseelentag dazu auf, sich von mittelalterlichen Vorstellungen zu lösen
München, 2. November 2018. An Allerseelen, Freitag, 2. November, hat Kardinal Reinhard Marx dazu aufgerufen, sich von überholten Vorstellungen vom Leben nach dem Tod zu lösen: „Schauen Sie sich die Bilder von der Ewigkeit an in den Kirchenfenstern des Mittelalters und in manchen Beschreibungen des Gerichtes, mit all den Schrecklichkeiten, mit furchtbaren Strafen“, sagte der Erzbischof von München und Freising in seiner Predigt im Münchner Liebfrauendom. „Ich glaube manchmal, viele haben ihre Zweifel bekommen, weil sie mit dieser Bilderwelt, mit dem, was da gesagt wird, wenig anfangen können. Es sind keine bewegenden, uns heute ansprechenden Vorstellungswelten.“ Jede Zeit habe ihre Vorstellungen vom Leben nach dem Tod, so Kardinal Marx, „und immer wieder haben sich Missverständnisse eingeschlichen, falsche Vorstellungen, Bilder, die menschlich sind, verständlich sind, aber dann doch einer wirklichen Prüfung nicht standhalten.“
 
Statt sich durch „Vorstellungswelten der Vergangenheit“ verwirren zu lassen, sollten sich Christen konzentrieren „auf das, was eigentlich wesentlich ist“, sagte der Erzbischof. „Darauf dürfen wir hoffen: Dass unser irdisches Leben eingebettet ist in eine Dynamik, die auf Christus zuläuft. Die ganze Schöpfung läuft auf ihn zu und bekommt von ihm her den eigentlichen Sinn.“ Diese Hoffnung gelte „auch in der Stunde unseres Todes, in der Stunde des Todes unserer Lieben. Und deswegen dürfen wir diese Hoffnung in die Welt tragen.“
 
Während Katholiken am Hochfest Allerheiligen aller Menschen gedenken, die in der Kirche als Heilige verehrt werden, ist das Fest Allerseelen dem Gedächtnis aller Verstorbenen gewidmet. Vielerorts versammeln sich die Gläubigen bereits am Nachmittag des Allerheiligentages auf den Friedhöfen zu feierlichen Gottesdiensten und Gräbersegnungen, um besonders ihrer verstorbenen Angehörigen zu gedenken.
 
Die Ursprünge des Hochfestes Allerheiligen reichen bis ins vierte Jahrhundert zurück. Ursprünglich lag der Termin im Umkreis von Ostern. Ab dem achten Jahrhundert wurde das Fest, zunächst in England und Irland, später auch in der übrigen abendländischen Kirche, am 1. November gefeiert. Entstanden ist das Fest aus der Verehrung der Märtyrer, die wegen ihres christlichen Glaubens starben und als Heilige verehrt wurden. Es schließt jedoch heute neben den kanonisierten Heiligen auch „Brüder und Schwestern, die schon zur Vollendung gelangt sind“, ein, also Verstorbene, die zwar nicht heiliggesprochen sind, aber ein gläubiges Leben führten. In Bayern ist Allerheiligen ein „Stiller Tag“, an dem „öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen“ nur dann erlaubt sind, „wenn der diesen Tagen entsprechende ernste Charakter gewahrt ist“. Das Fest Allerseelen entstand im zehnten Jahrhundert, als der Abt Odilo von Cluny für alle ihm unterstellten Klöster anordnete, das Gedächtnis aller Verstorbenen am 2. November zu begehen. Die übrige abendländische Kirche übernahm das Fest. (gob)