Kardinal Marx kritisiert „Tendenzen zu Abschottung und Nationalismus in Europa und in den USA“

Erzbischof appelliert an G20, ihr Handeln am Gedanken des „Weltgemeinwohls“ auszurichten
München, 3. Juli 2017. Vor Auftakt des G20-Gipfels in Hamburg hat Kardinal Reinhard Marx an die Staats- und Regierungschefs appelliert, „auch über die grundlegenden Fragen ernsthaft nachzudenken“ und ihr Handeln am Gedanken eines „Weltgemeinwohls“ auszurichten. „Um ein solches weltumspannendes Gemeinwohl nachhaltig in den Blick nehmen zu können, reichen praktische Einzellösungen nicht aus, sondern notwendig sind Strukturen einer internationalen Ordnung. Solche gesicherten Strukturen müssen sich um die Fragen kümmern, die von einzelnen Nationalstaaten längst nicht mehr angemessen bearbeitet und gelöst werden können.“ Das gelte erst recht, „wenn Konflikte innerhalb und zwischen einzelnen Ländern zunehmen und es schwierig wird, in internationalen Gesprächen verlässliche Partner zu finden“. Marx kritisierte, dass es „in Europa und den Vereinigten Staaten Tendenzen zur Abschottung und zum Nationalismus gibt, die das Wohl der gesamten Weltgemeinschaft aus dem Blick verlieren und nur die eigenen Interessen sehen wollen“.
   
Die katholische Kirche trete immer wieder dafür ein, einen weltweiten Ordnungsrahmen zu schaffen, so der Erzbischof von München und Freising in einem Radiobeitrag für die Sendereihe „Zum Sonntag“ des Bayerischen Rundfunks, der am Samstag, 1. Juli, ausgestrahlt wurde. Der Begriff des Weltgemeinwohls sei in diesem Zusammenhang für die Katholische Soziallehre leitend. Eine gute Balance zu halten zwischen den Interessen der Nationalstaaten und dem Weltgemeinwohl sei zwar ohne Zweifel eine schwierige Aufgabe. „Aus dem christlichen Glauben heraus ist es aber eine vordringliche Aufgabe, die der gleichen Würde des Menschen geschuldet ist. Wir sind füreinander verantwortlich, weil jeder Mensch Bild Gottes ist. Es gibt die eine Menschheitsfamilie, die in Solidarität verbunden ist.“
   
Marx rief dazu auf, die zunehmende humanitäre Katastrophe in Ostafrika aufzuhalten. „Millionen Menschen sind von einer Hungersnot betroffen. Es müssen sehr rasch praktische Antworten gefunden werden. Es braucht Hilfsgüter und auch Spendengelder.“ Die Idee des Weltgemeinwohls sei notwendig mit dem Gedanken der Solidarität verbunden. „In unserer aktuellen Weltlage wird Afrika so etwas wie der Testfall internationaler Solidarität sein. Der Kontinent hat riesige Chancen der Entwicklung, und sicher auch riesige politische, wirtschaftliche und soziale Probleme. Die Probleme Afrikas müssen vor Ort gelöst werden, aber mit unserer Unterstützung.“ (kel)

Beitrag von Kardinal Marx im Wortlaut (PDF)