Kardinal Marx warnt vor Nationalismus

Gottesdienst im Münchner Liebfrauendom mit Gläubigen verschiedener Muttersprachen
Kardinal Marx beim Gottesdienst der Nationen
Kardinal Marx mit Vertretern der Ungarischen Katholischen Gemeinde München. (Foto: EOM/Kiderle)
München, 25. September 2017. Kardinal Reinhard Marx hat bei einem Gottesdienst im Münchner Liebfrauendom vor Nationalismus gewarnt. Am Abend des Wahlsonntags, 24. September, rief er dazu auf, „dass wir uns nicht von den neuen Versuchungen verführen lassen, die in Europa, auch in unserem Land, wieder beginnen: ‚Unsere Nation zuerst! Wir zuerst!‘“ So habe jeder Krieg begonnen, sagte der Erzbischof von München und Freising in seiner Predigt beim „Gottesdienst der Nationen“. Christen müssten Vorreiter des Miteinanders sein, denn vor Gott zähle nicht, woher man komme, sondern wer man sei. „Wir hören ja in diesen Tagen, wie Hass neu gesät wird“, erläuterte Marx und forderte zu einem besonnenen Umgang mit der Sprache auf: „Wie reden wir über den Nachbarn? Wie reden wir über das andere Volk?“ Christen sollten Werkzeug für den Frieden sein, forderte der Kardinal.
 
„Kein Zweifel, wir leben in einer Gesellschaft des Wettbewerbs“, so Kardinal Marx. Für viele komme es darauf an der erste zu sein. Nicht nur im Sport wolle man oben auf dem Treppchen stehen, sondern auch im Berufsleben, in der Politik. Das sei die Welt in der wir leben, „eine Welt der Selbstbehauptung vor dem Anderen“, so Marx. „Diese Welt können wir nicht einfach von Grund auf verändern, aber: Sie ist nicht die Welt Gottes“, mahnte der Kardinal.
 
Daran erinnere Jesus, wenn er vom Himmelreich spreche. Das sei das Zentrum der Verkündigung Jesu. „Er predigt nicht zuerst ein moralisches oder dogmatisches System. Er predigt: Gott ist in eurer Mitte!“ Die Gleichnisse Jesu seien nicht für das, was nach dem Tode komme, gemacht. Die Rede vom Himmelreich Gottes sei ein Sprechen darüber, dass das Himmelreich offen sei und die Wirklichkeit Gottes die Erde berühre. „Allzu oft sind auch die Christen in der Versuchung, diese Welt Gottes zu trennen von ihrem Alltag, von dem, was sie in der Gesellschaft, in der Wirtschaft, in der Politik, in der Kultur erfahren. Aber das ist nicht die Absicht Jesu. Jesus will die Wirklichkeit Gottes in unseren Alltag hineinführen.“ Jesus wolle, dass wir das Reich Gottes in unserer Mitte erfahren.
 
„Bei Gott gelten andere Gesetze. Da gilt nicht das Gesetz der Selbstbehauptung. Da gilt nicht das Gesetz: Wir zuerst. Unsere Nation ist größer und stärker und mächtiger und wir sind mehr wert als andere“, so Kardinal Marx. „Bei Gott zählt nur, ob einer sich öffnet für die Liebe Gottes“, führte Marx aus. Dabei sei es egal, woher jemand komme, welche Sprache er spreche, welche Hautfarbe er habe. Bei der Frage, was ein Mensch wert sei, zähle nicht, was er leiste, wie viel Geld er habe, welche Hautfarbe oder Nation er habe, „sondern da zählt nur dein Herz“, so der Erzbischof.
 
Der Erzbischof von München und Freising feierte den Gottesdienst gemeinsam mit Priestern verschiedener Muttersprachen anlässlich der Interkulturellen Woche statt. An dem Gottesdienst nahmen auch viele Gläubige aus den muttersprachigen Gemeinden des Erzbistums teil. Der Chor der kroatischen katholischen Gemeinde München gestaltete die Messe musikalisch, Lesungen und Fürbitten wurden in verschiedenen Sprachen vorgetragen.
 
Die Interkulturelle Woche der Deutschen Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Griechisch-Orthodoxen Metropolie wurde am Montag, 18. September, in Offenbach eröffnet. Sie wurde 1975 von den großen christlichen Kirchen in Deutschland ins Leben gerufen, damals noch unter dem Namen „Tag des ausländischen Mitbürgers“. Deutschlandweit beteiligen sich Kommunen, Kirchengemeinden und viele weitere Gruppen mit Veranstaltungen. (glx)

Im Bild:
Kardinal Marx beim Gottesdienst der Nationen mit Vertretern der Ungarischen Katholischen Gemeinde München, darunter Pfarrer János Merka (links hinten), der Verantwortlichen für die Ministrantenausbildung, Erzsébet Szarvas (3.v.l.), sowie dem Leiter der Abteilung Muttersprachliche Seelsorge im Erzbischöflichen Ordinariat,  Monsignore Alexander Hoffmann (rechts). (Foto: EOM/Kiderle)