München/Vaterstetten, 9. Dezember 2025. Kardinal Reinhard Marx hat vor einer Schwächung des Sozialstaats gewarnt: „Wenn die Reform des Sozialstaats bedeutet, dass wir einige auf der Strecke liegen lassen und die Armutsrisiken erhöhen – da bin ich nicht dabei, das ist die rote Linie, das geht nicht!“, sagte der Erzbischof im Rahmen seines traditionellen vorweihnachtlichen Besuchs, der ihn am Dienstagnachmittag, 9. Dezember, nach Vaterstetten, Landkreis Ebersberg, ins Haus Maria Linden führte, eine Einrichtung des Katholischen Jugendsozialwerks München für Menschen mit seelischer oder geistiger Beeinträchtigung. So wenig wie die Demokratie oder der Rechtsstaat dürfe der Sozialstaat zur Disposition gestellt werden, bekräftigte der Kardinal: „Ich sage ja auch nicht: Die Demokratie ist uns zu teuer oder der Rechtsstaat ist uns zu teuer. Als könnten wir da ein paar Einschränkungen machen. Der Sozialstaat gehört auf diese Ebene.“
Marx mahnte, die „Grundsolidarität unserer Gesellschaft“ müsse wachsen. „Nur dann ist unsere Gesellschaft menschenwürdig, wenn sie eine solidarische Gesellschaft ist, insbesondere mit denen, die unsere Hilfe brauchen. Das ist die Weihnachtsbotschaft, die Botschaft der Brüderlichkeit aller Menschen. Gott ist in Jesus der Bruder aller Menschen geworden. Das werden wir in diesen Tagen kraftvoll verkündigen, und hier wird es gelebt“, so der Erzbischof mit Blick auf die Einrichtung des Katholischen Jugendsozialwerks in Vaterstetten.
„Viele caritative und soziale Einrichtungen stehen unter dem Schirm der Kirche, dafür bin ich dankbar“, erklärte Marx. Gegen ein Weltbild, in dem gelte, dass sich der Stärkere eben durchsetze, stelle die Kirche in Worten und Taten „das Bild von Weihnachten: von der Gewaltlosigkeit und der Brüderlichkeit aller Menschen“. Damit mache die Kirche als gegenwärtig eine „der wenigen Institutionen“ deutlich: „Wir gehören alle zusammen als Menschheitsfamilie auf diesem Planeten, der uns geschenkt ist und den wir bewahren müssen. Wir alle haben die gleiche Würde.“ Das sei die zentrale Botschaft von Weihnachten, unterstrich Marx nochmals: „Alle sind wichtig, niemand ist überflüssig, an keinem Tag seines Lebens, vom ersten bis zum letzten!“
Das Haus Maria Linden, das in diesem Jahr sein 140-jähriges Bestehen feiert, bietet etwa 100 älteren Menschen mit einer chronischen seelischen oder auch geistigen Beeinträchtigung ein Zuhause. Sie erfahren hier neben der seelischen Begleitung auch pflegerische Unterstützung im Alter, die herkömmliche Einrichtungen für Menschen mit diesen Beeinträchtigungen oft nicht leisten können. Die Bewohnerinnen und Bewohner können somit bis an ihr Lebensende in der gewohnten Umgebung bleiben.
Der Besuch von Kardinal Marx war verbunden mit einer Spende in Höhe von 10.000 Euro, die für die seniorengerechte Einrichtung eines neuen Aufenthaltsbereichs, für Freizeitfahrten und eine Neujahrsfeier verwendet werden sollen.
Mit einem Haupt- und mehreren Nebengebäuden bietet das Haus Maria Linden auf einem parkähnlichen Gelände den derzeit 100 Bewohnerinnen und Bewohnern verschiedene Lebens- und Wohnformen an: In drei kleineren Häusern bilden je zehn Bewohnerinnen und Bewohner, die sich zum Teil noch selbst versorgen können, Wohngruppen. Auch im Haupthaus finden sich Bewohnerinnen und Bewohner je nach Hilfe- und Pflegebedarf zu verschiedenen Gruppen zusammen und erhalten eine qualifizierte pädagogische, pflegerische und auch palliative Begleitung. Zusätzlich bietet das Haus Maria Linden ambulante Betreuung an. Das Katholische Jugendsozialwerk München (KJSW), gegründet 1885, ist Träger von Diensten und Einrichtungen der Jugendhilfe, der Behindertenhilfe und der Seniorenhilfe an zehn Standorten in Ober- und Niederbayern. Das KJSW beschäftigt derzeit insgesamt 750 Mitarbeitende. Weitere Informationen unter
https://kjsw.de. (ck)