„Lebenswirklichkeit und offizielle Lehre triften auseinander“

Diözesanratsvorsitzender Tremmel kritisiert Diskussion um Kommunion für evangelische Ehepartner
München, 18. Juli 2018. In der Diskussion um den gemeinsamen Kommunionempfang in konfessionsverbindenden Ehen hat sich der Münchner Diözesanratsvorsitzende Hans Tremmel kritisch geäußert: „Theorie und Praxis, konkrete Lebenswirklichkeit und offizielle Lehre triften in der allgemeinen Wahrnehmung mehr und mehr auseinander“, sagte er beim Jahresempfang des Erzbistums München und Freising am Mittwoch, 18. Juli, in München. „Wenn der Versuch, beides zusammen zu bringen, zum Scheitern verurteilt wird, weil die vermeintlich absolute Wahrheit keine Kompromisse zulässt, dann werden sich die Katholikinnen und Katholiken in ihrem persönlichen Handeln ähnlich wie beim Thema Sexualmoral weiter von ihrer Kirche entfernen.“
 
Es sei gefährlich, „dass der verheerende Eindruck entsteht, die Kirche sei in ziemlich unversöhnliche Lager gespalten, bei der eine kleine, aber sehr einflussreiche Minderheit die konkreten Menschen nicht ernst nimmt beziehungsweise in ihrer Gewissensentscheidung im Stich lässt“, so der Diözesanratsvorsitzende. „Sollte diese Einschätzung sich in den Köpfen manifestieren, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass es immer mehr Katholikinnen und Katholiken hierzulande egal ist, was ihre Kirche zu sagen hat – im Hinblick auf die persönliche Lebensführung, aber auch zu gesellschaftspolitisch relevanten Themen. Sie werden Kirche dann nur noch punktuell utilitaristisch nutzen, wenn es hilfreich erscheint.“
 
Die Frage, ob der evangelische Partner in einer konfessionsverbindenden Ehe die Kommunion empfangen dürfe, könne „nicht als Nebensächlichkeit abgetan werden“, betonte Tremmel, weshalb die deutschen Bischöfe versucht hätten, „eine Regelung zu finden für eine Frage, die in der Praxis viele gläubige Christinnen und Christen längst für sich entschieden haben. Es ging dabei nicht um das flächendeckende Aufstellen grüner Ampeln, sondern um eine Hilfestellung durch die Installation von grünen Pfeilen im begründeten Einzelfall.“
 
Mit Blick auf den bayerischen Kreuzerlass, der Landesbehörden zum Anbringen eines Kreuzes im Eingangsbereich verpflichtet, sagte der Diözesanratsvorsitzende, das Kreuz tauge „nicht zur Aus- und Abgrenzung und auch nicht zur oberflächlichen Vereinnahmung“. Ohne persönliche Beziehung zu Gott und ohne Bekenntnis zur frohmachenden Botschaft Jesu Christi fehle christlichem Symbolhandeln generell das Fundament. „Es mag durchaus Schnittmengen geben, für mich aber haben Kreuze eine andere Bedeutung als Maibäume, weiß-blaue Rauten und bayrische Löwen. Wenn unsere religiösen Symbole dem eigentlichen Wesenskern entkleidet werden, bleibt am Ende nichts mehr übrig als eine belanglose Hülle ohne wirkliche Substanz“, so Tremmel, der allen dankte, „die sich mit guten Gründen gegen die Säkularisierung und die oberflächliche Profanisierung des Kreuzes stellen“.
 
Rund 600 Vertreter aus Kirche, Gesellschaft und Politik nahmen an dem traditionellen Jahresempfang von Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, und dem Diözesanrat der Katholiken der Erzdiözese München und Freising im Kardinal-Wendel-Haus in München-Schwabing teil. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Staatsministerin Ilse Aigner (CSU) sprachen Grußworte. Musikalisch gestaltet wurde der Empfang von dem Duo „Brothers in Jazz“. (gob)