Pfarrverband Feldkirchen-Höhenrain-Laus

Münchener Str. 1, 83620 Feldkirchen-Westerham, Telefon: 08063-243, E-Mail: feldkirchen.hoehenrain.laus@ebmuc.de
Logo Pfarrverband

Impuls zu Allerheiligen

1. November 2020
Den Impuls können Sie hier herunterladen und ausdrucken...(pdf)

Vielleicht wollen Sie diesen Text auch einer lieben Nachbarin, einem netten Nachbarn, die keinen Zugang zum Internet haben, mit einem Gruß versehen in den Briefkasten werfen.

Allerheiligen

Evangelium
zu Allerheiligen

In jener Zeit, als Jesus die vielen Menschen sah, die ihm folgten, stieg er auf den Berg.

Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm. Und er öffnete seinen Mund, er lehrte sie und sprach:

Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich.

Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.

Selig die Sanftmütigen; denn sie werden das Land erben.

Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden.

Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.

Selig, die rein sind im Herzen; denn sie werden Gott schauen.

Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.

Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen; denn ihnen gehört das Himmelreich.

Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet um meinetwillen.

Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel.

Mt 5, 1–12a

Harry neu

IMPULS
von Pastoralreferent Harald Petersen

Liebe Schwestern und Brüder,
 
woran denken Sie, wenn Sie den Begriff Allerheiligen hören?

Sehen Sie vor ihrem geistigen Auge eine große Schar von Männern und Frauen in weißen Gewändern und mit Heiligenschein, wie wir es von vielen Fresken, Deckenbildern und Altären kennen? Oder denken Sie an eine ganz bestimmte heilige Person, zu der Sie eine besondere Beziehung haben, z.B. ihre Namenspatronin oder ihren Namenspatron?

(Ganz nebenbei ist am 1. November übrigens nicht nur das Fest Allerheiligen, sondern auch der Gedenktag des Hl. Harald ;-) )

Vielleicht sind Sie mit Ihren Gedanken aber auch schon auf dem Friedhof und bei den Gräbern Ihrer lieben Verstorbenen.

So oder so, ich bin mir sicher, die meisten denken beim Stichwort Allerheiligen an Verstorbene, an historische Figuren und Menschen, die bereits im Himmel sind. Irgendwie scheint für uns klar zu sein, das Heilige in den Himmel gehören und nicht hier auf diese Erde. An Lebende, oder gar an uns selbst, denken wir dabei nicht.

Auch wenn diese Bescheidenheit in Bezug auf unsere eigene Heiligkeit sicher eine Zier ist, auf den Grund des Allerheiligenfestes kommen wir tatsächlich besser ohne ihr.

Sicher kann uns das Evangelium des heutigen Festes, einen Teil des Geheimnisses von Allerheiligen aufschließen. Im Evangelium, in den sogenannten Seligpreisungen, die ein Teil der berühmten Bergpredigt sind, geht es bei genauerer Betrachtung jedenfalls nicht um’s Jenseits. Es geht sogar ganz entscheidend um’s Hier und Jetzt. Es geht mal wieder um das Reich Gottes und wie dieses Reich in dieser Welt Wirklichkeit werden kann.

Die Seligpreisungen sind keine Utopie und auch keine theoretische Abhandlung über die kommende Welt. Jesus lehrt sie nicht in der Synagoge und führt auch kein Streitgespräch mit Schriftgelehrten oder Pharisäern. Seine Botschaft vom Reich Gottes geht an die, die ihm trauernd, arm, ausgegrenzt, verfolgt und bedroht bis auf den Berg gefolgt sind.

Er nimmt ihre Lage und ihre Bedrängnisse sehr ernst. Er verspricht ihnen keine billigen oder schnellen Lösungen nach dem Motto: Morgen ist alles gut. Er lässt völlig offen, wann und wie das Himmelreich anbrechen wird.

Die Seligpreisungen erkennen an, dass es Probleme, Ungerechtigkeiten, Krankheiten, Nöte und Leid gibt, die ihre Zeit brauchen oder mit unseren menschlichen Mitteln gar nicht zu lösen oder zu heilen sind. Ohne auf’s Jenseits zu vertrösten vertraut Jesus all diese Sorgen der Sorge Gottes an.

Gleichzeitig sind die Seligpreisungen aber auch Auftrag und Herausforderung. Jesus legt die Verantwortung für das Reich Gottes in die Hände der Menschen und somit auch in unsere Hände. Wenn wir wollen, dass die Trauernden nicht bis zum jüngsten Tag auf Trost warten müssen, dann müssen wir wohl zu ihnen gehen und sie trösten.

Wenn wir wollen das der Hunger und Durst nach Gerechtigkeit ein Ende haben, dann müssen wir jetzt anfangen, uns für Recht und Gerechtigkeit einzusetzen.

Ich weiß nicht, ob unsere Bescheidenheit wirklich eine Zier, oder vielleicht doch mehr eine Ausrede ist. Ganz nach dem Motto, am Reich Gottes zu bauen, das ist doch eher die Sache von Heiligen, was soll ich da tun?

Liebe Schwestern und Brüder,
für mich beginnt Heiligkeit vor allem damit, dass wir uns immer wieder bewusst machen, was wir im Alltag leider viel zu oft vergessen: Die Bergpredigt und die Seligpreisungen meinen nicht nur die Menschen von damals. Das Fest Allerheiligen meint nicht nur die Verstorbenen. Wir, die Lebenden, sind gemeint.

Das gilt für den Anspruch, den sie an uns Christinnen und Christen stellen, aber auch für den Zuspruch: Gott ist bei uns! Gott ist da, wenn wir traurig sind, wenn wir uns ungerecht behandelt fühlen, wenn wir Streit und Unrecht erleben. Er will, dass auch unser Leben hier in dieser Welt hell, schön und freundlich – in einem Wort – selig wird.

Ich bin überzeugt, dass uns dieses Vertrauen stark machen kann. Vielleicht sogar so stark, dass uns das andere sogar anmerken. Weil wir als Kinder Gottes eben ein bisschen mehr Ausstrahlung haben, weil wir auch in schwierigen Situationen ein bisschen fröhlicher aussehen, weil wir in Krisen ein bisschen geduldiger sind und besonnener reagieren als der Rest der Welt.

Vor allem aber, weil wir mit unseren Mitmenschen ein bisschen besser umgehen.

Kurz gesagt, weil wir – zumindest ein bisschen – alle Heilige sind.

Ihr Harald Petersen