Liebe Feldkirchner und Westerhamer, liebe Höhenrainer und Lauser,
liebe Schwestern und Brüder,
Am Palmsonntag beginnen wir mit dem Evangelium von Einzug nach Jerusalem. Die Segnung der Palmbuschen und die folgende Prozession sind uns sehr wichtig.
Wir hören das Evangelium mit den Bildern im Kopf: wir selbst mit Palmbuschen in der Hand oder wir denken an Bilder aus Kinderbibeln oder Filmen. Wir haben vielleicht den Liedruf „Hosianna, dem Sohne Davids“ im Ohr. Wir denken daran, wie schön und kräftig sich dieser Ruf mit der Blaskapelle bei der Alljährlichen Palmprozession anhört. Palmsonntag und dieser Jubel das gehört zusammen.
Jubel – so richtig passt das aber nicht in diese Woche.
Schleicht sich doch immer die Angst und Sorge ein: wie geht es mit der Corona-Pandemie weiter? Wer hat sich schon oder wird sich noch anstecken? Wie geht es finanziell und beruflich bei einzelnen und in der Gesellschaft weiter? Wie entwickelt sich unsere Welt? Was ist mit Flüchtlingen, Kriegen oder globalen Interessen? Beim Einkaufen spüre ich eine gewisse Skepsis, man beäugt sich kritisch und hält zwangsläufig Abstand. Verhaltensweisen und Fragen, die sich in den letzten Tagen und Wochen in den Vordergrund geschoben haben.
Jubel – passt da gerade nicht.
Die Texte am Palmsonntag bleiben aber nicht bei Jubel stehen. Nach dem Einzug nach Jerusalem lesen wir auch immer die Passionsgeschichte: Leiden und Tod Jesu folgen auf die Erzählung vom Jubel. Jesus, der nach Jerusalem einzieht, wird auch das Kreuz nach Golgotha tragen, gekreuzigt werden und begraben werden. In diesem Weg finde ich schon eher meine Sorgen und Bedenken wieder. Die Jünger gehen diesen Weg mit. Aber am Anfang, beim Einzug nach Jerusalem ist für die Jünger unverständlich, dass Jesus sterben muss.
Ich denke gleichzeitig aber an die vielen Stellen, an denen Jesus von seinem bevorstehenden Tod redet – die Jünger ihm aber nicht glauben können.
Es hören und nicht glauben können oder wollen, dass etwas passieren wird. In den letzten Wochen habe ich das mit vielen kleinen Schritten erlebt: Schulschließungen, Veranstaltungsverbote, Absage von Gottesdiensten und schließlich Ausgangsbeschränkungen. Angedeutet wurden diese Schritte oft ein paar Tage oder Stunden vorher, dass es wirklich so kommt – ich wollte es zuerst nicht glauben. Dass wir die Palmbuschen nicht gemeinsam, öffentlich segnen können, es keine Speisenweihe in unseren Kirchen geben wird, auch das haben wir nicht glauben wollen, haben hin und her überlegt, aber es kommt schließlich doch so.
Kein Grund zum Jubel also…
Warum aber jubeln dann in der Bibelstelle die Jünger und die Leute? Warum legen sie Kleider auf den Weg und streuen Zweige aus?
Der Jubelruf der Menschen „Hosianna dem Sohne Davids“ wird für mich gerade jetzt zu einem Schlüssel für diesen Jubel. Jesus wird mit dem alten Ruf als König ausgezeichnet.
In diesem Ruf liegt mehr als nur Jubel. Es ist auch ein Bitt- und Hilferuf. „Ach Herr hilf doch“ so können wir und haben die Menschen zur Zeit Jesus, diesen Ruf verstehen. Gerade in diesen Tagen erlebe ich vieles was mir Sorgen oder Angst macht, was mich nicht loslässt oder mich ständig beschäftigt. Gleichzeitig merke ich, dass mir dieses ewige Gedankenkreisen nicht guttut. Dann versuche ich mit dem Herzensgebet all das Gott anzuvertrauen. Beim Einatmen bete ich still „Jesus Christus“ und beim ausatmen „erbarme dich“. So gelingt es mir das, was mich beschäftig, loszulassen und mein Gedankenkarussell zu unterbrechen.
Manchmal lassen sich aber die Gedankenkaruselle nicht stoppen oder die Sorgen und Nöte nehmen Überhand, dann sind wir Seelsorger und Seelsorgerinnen für ein Gespräch oder einen Austausch da – am Telefon oder gerne auch über Email an
jseipel@ebmuc.de.
In den Jubel „Hosianna dem Sohne Davids“, den ich mit dem Palmsonntag verbinde, kann ich als Bittruf heute jedenfalls sehr gut einstimmen. Und den Palmbuschen den werde ich trotzdem oder genau deswegen heute selbst segnen!
Ich wünsche ihnen einen schönen Palmsonntag, ihre Judith Seipel