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hierUm 6.30 Uhr morgens brachen ca. 40 Aktive und Angehörige zum diesjährigen Aktivenausflug auf. Auch dieses Jahr ging es, wie bereits 2005, zum Bodensee. Nach längerer Fahrt, erreichten wir die Insel Reichenau, die sich uns am Anfang nur als großer Gemüsegarten mit „kilometerlangen“ Gewächshäusern darstellte und uns nur langsam ihre Schönheit und Geschichtsträchtigkeit offenbaren wollte (die ehemalige klösterliche Hochburg wurde im Jahr 2000 von der UNESCO in den Rang einer Weltkulturerbestätte erhoben).
Am nordwestlichen Ende der Insel, in Niederzell (der Name kommt von der klösterlichen Zelle – der „Cella“) liegt die ehemalige Stiftskirche St. Peter und Paul, die heutige Pfarrkirche dieses Ortsteils, die wir als erstes besichtigten. Doch zunächst feierten wir dort unter der Leitung von Pater Roland Geßwein einen gemeinsamen Gottesdienst, danach erfuhren wir von einer Führerin einiges über die Kirchengeschichte.
Bereits im Jahr 799, nur wenige Jahrzehnte nach der „Klostergründung“ (724) durch den heiligen Wanderbischof Pirmin wurde die erste St.-Peters-Kirche durch den Stifter und Bauherrn, den als Seligen verehrten Bischof Egino von Verona, geweiht. Egino hat nach seinem Tod im Jahr 802 hier in einer Gruft im Bereich des Chorraums seine letzte Ruhestätte gefunden; sein Haupt ist im Hochaltar in einem Schrein geborgen. Der ursprüngliche Gründungsbau wurde im Jahr 1080 vollständig abgetragen und auf den vorgegebenen alten Fundamenten unter Beibehaltung von Abmessungen, Proportionen und Aufteilung der Kirchenneubau aufgeführt. Nach der Anfügung einer spätmittelalterlichen Vorhalle im Westen kam es dann in den Jahren 1750/60 zu einer tief greifende Umgestaltung des Innenraums im Stil des Rokoko: die Fenster wurden vergrößert, die flache Holzdecke durch ein flaches Stuckgewölbe ersetzt sowie die Orgelempore im Westteil eingezogen.
Einen ungefähren Eindruck vom romanischen Äußeren der Kirche erhält man nur noch an der Ostfassade mit den beiden, allerdings im 15. Jahrhundert aufgestockten Türmen. Im Inneren wird der Blick entlang der Säulenflucht nach Osten gelenkt, wo sich über dem großen Halbrund der Hauptapsis der wohl bedeutendste Schatz der Niederzeller Kirche wölbt: die romanische Wandmalerei aus dem ersten Viertel des 12. Jhrts.
Allerdings muss man sagen, dass das Nebeneinander von barockem Triumphkreuz, neo-barocker Malerei in Rokokostuck und romanischer Wandmalerei sehr uneinheitlich erscheint und den Gesamteindruck doch erheblich stört.
Danach fuhren wir nach Mittelzell, wo wir im Restaurant „Zum alten Mesmer“ (schreibt man wirklich so) das Mittagessen einnahmen.
Gleich gegenüber erhebt sich der Kernbau der gesamten Reichenauer Klosteranlage, das berühmte Münster St. Maria und Markus. Der Innenraum entspricht einer dreischiffigen Kreuzbasilika mit Westwerkvorbau (1048 geweiht). Das deutlich erhöhte Mittelschiff und die beiden Seitenschiffe stammen im östlichen Teil wenigstens der Anlage nach noch aus der Mitte des 9. Jhrts.; die Verlängerung zum Westbau hin wurde dann unter Witigowo Ende des 10. Jahrhunderts. vorgenommen.
Besonders interessierte uns aus St. Markus natürlich der Markusschrein mit den Gebeinen des Apostels Markus, die unter dem Ostbogen des Westquerhauses in einem eigenen Altar gelagert waren. Der hausförmige Kasten mit Walmdach ist mit vergoldeten, in Flachrelief getriebenen Silberplatten belegt. Auf den Längsseiten sind jeweils fünf Darstellungen aus dem Marienleben und der Passion Christi zu sehen. An den Schmalseiten lassen sich die Stifter des Schreins, König Albrecht und Königin Elisabeth, kniend, bei der Überreichung von Szepter und Reichsapfel an den Apostel Markus, darstellen; und es wird ein "Gottesurteil" dargestellt, mit dem die Echtheit der Markusreliquie nachgewiesen wurde. Das Original des Schreins ist in der Schatzkammer des Münsters, die wir ebenfalls besuchten, aufbewahrt.
Als dritte Kirche stand dann noch St. Georg in Oberzell auf dem Programm. Unmittelbarer Anlass für die Errichtung der Kirche in den Regierungsjahren des Abtes Hatto I., 888 – 913, war die päpstliche Schenkung der Georgsreliquie an das Kloster Reichenau. Alles in allem ist St. Georg als frühmittelalterliche Säulenbasilika trotz aller Veränderungen ein gutes Beispiel für karolingische bzw. frühmittelalterliche Klosterarchitektur. Pater Geßwein betätigte sich hier selbst als Fremdenführer und erklärte uns u. a. die Malereinen auf der Süd- und Nordwand der Kirche. Sie sind auf die Zeit um das Jahr 1000 zu datieren. Jesus wird in den neun Langhausszenen als Wundertäter und Heiler dargestellt: er hat Macht über Krankheit, die Natur, selbst über den Tod.
Nach Abschluss der Besichtigung fuhren wir über einen Damm auf die Insel Mainau. Diese kleine Insel liegt im nordwestlichen Teil des Bodensees, dem Überlinger See. Sie ist von dessen Südufer über eine Brücke zu erreichen und verfügt über einen eigenen Schiffsanleger. Die Insel gehört zur Stadt Konstanz und befindet sich im Besitz der schwedisch-stämmigen Adels­familie Bernadotte. Bedingt durch das günstige Seeklima wachsen hier Palmen und andere mediterrane Pflanzen im Schlosspark. Daher wird die Mainau auch als Blumeninsel im Bodensee bezeichnet. Sie ist unbestritten eine der größten Attraktionen am Bodensee. 1,6 Millionen Besucher aus aller Welt, zu denen auch wir uns gesellten, hat die Blumeninsel jährlich zu verzeichnen. Leider hatten wir viel zu wenig Zeit um die ganze Pracht der Insel zu genießen. Es reichte aus, um einen kurzen Überblick zu gewinnen und machte Appetit auf mehr – so mancher nahm sich vor bald wieder zu kommen und mehr Zeit mitzubringen.
Mit der Autofähre verließen wir die Insel dann in der Abenddämmerung und erreichten gegen 22.00 Uhr glücklich wieder St. Markus.
Unser Dank gilt Pater Geßwein für die Organisation (natürlich unter Mithilfe von Frau Becker, die leider nicht teilnehmen konnte), für die vielen Informationen und nicht zuletzt für den gemeinsamen Gottesdienst in St. Peter und Paul.
Alfred Lehmann