ST. MICHAEL

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Morgenlob

O GOTT, du hast mich für dich geschaffen, dass ich dir auf meine persönliche Weise diene. Du hast mir ein Werk zugedacht, das du anderen nicht übertragen hast. Ich bin nur ein Glied in der Kette, ein Band in der großen Gemeinschaft geistiger Wesen. Aber du hast mich nicht für nichts geschaffen. Ich soll Gutes tun.

Ich soll dein Werk vollbringen. Ich soll auf meinem Platze, den du mir zugewiesen, ein Bote des Friedens, ein Priester der Wahrheit sein. Auch wenn ich es nicht bezwecke, wenn ich nur deinen Willen tue und dir in meinem Beruf diene. So will ich mich dir ganz anheimgeben. Was immer, wo immer ich bin: ich darf mich davon nicht abbringen lassen. Wenn Drangsal über mich kommt, soll meine Drangsal dir dienen. Du magst mir ein langes Leben oder ein kurzes geben, du weißt wozu. Du weißt in allem, wozu es gut ist.

O mein Gott, du und du allein bist Allweise und allwissend. Du weißt das einzelne und hast alles festgesetzt, was uns vom ersten bis zum letzten begegnen wird. Du hast es weise geordnet. Du kennst mein Schicksal Jahr für Jahr, bis ich sterbe. Außer der Sünde hast du alles im Voraus bestimmt. Jedes Geschehnis meines Lebens gereicht mir zum Besten, weil es von dir kommt. Du führst mich in deiner wundervollen göttlichen Führung von Jahr zu Jahr, von der Jugend zum Alter mit vollkommenster Weisheit und mit unendlicher Liebe.

Mein göttlicher Heiland, um deines Vaters Willen zu tun, nicht deinen, bist du in diese Welt gekommen. O gib auch mir eine vollkommene kindliche Unterwerfung in deinen göttlichen Willen, deinen und deines Vaters. Ich kann nichts Besseres erwarten, als auf deine Vorsehung angewiesen zu sein und nicht auf meine. Darum verspreche ich dir, o Herr, mit deiner Gnade; ich will dir folgen, wohin immer du gehst, und will nicht selber den Weg bestimmen. Ich will nicht ungeduldig werden, wenn du mich einmal in Dunkel und Zweifel lässt, noch will ich klagen und murren, wenn über mich eine Not, eine Trübsal kommt. Ich weiß, du wirst nie verlassen, die dich suchen, noch kannst du enttäuschen, die dir vertrauen. Aber ich weiß auch, je mehr ich um deinen Schutz bete, um so gewisser und reicher wird er mir werden. So rufe ich denn zu dir und flehe dich an: vor allem schütze mich vor mir selbst, dass ich nicht einem anderen Willen folge statt deinem! Dann bitte ich auch, du wollest in deiner unendlichen Milde mir deinen Willen nicht zu schwermachen und mich eher mit Rücksicht auf meine Schwäche als mit Strenge führen. Prüfe mich nicht, o liebreicher Herr (wenn ich so beten darf), mit so schweren Dingen, die nur ein Heiliger tragen kann. Erbarme dich meiner Schwäche und leite mich einen sicheren Weg zum Himmel! Herr, ich lege alles in deine Hände. Mein teurer Erlöser, ich feilsche um nichts. Und wenn du schwere Prüfungen über mich bringen willst, überschütte mich mit der Fülle göttlicher Kraft und Tröstung, dass sie mir nicht zum Tode, sondern zum Leben und zum Heile gereichen.

O Herr, Führer deines auserwählten Volkes, der du die Deinen gleich einer Herde leitest: ich übergebe mich dir und vertraue dir ganz. Du bist weiser als ich und liebst mich mehr als ich mich selbst. Erfülle in Gnaden an mir deinen hohen Ratschluss, wie er auch sei! Wirke in mir und durch mich! Ich bin in der Welt, um dir zu dienen, dir zu gehören, dein Werkzeug zu sein. Lass mich dein blindes Werkzeug sein! Ich verlange nicht zu „sehen“. Ich verlange nicht zu "wissen“. Nur Werkzeug möchte ich sein.

O unbegreiflicher Schöpfer, ich bete dich an. Ich bin vor dir wie ein Stäubchen, ein Wesen von gestern, von der vergangenen Stunde. Ich brauche nur wenig Jahre zurückgehen, und ich hatte nicht Dasein. Ich war noch nicht und die Dinge gingen ohne mich ihren Lauf. Du aber bist von Ewigkeit.

O großer Gott, von Ewigkeit hast du dir selbst genügt. Der Vater genügte dem Sohn und der Sohn dem Vater. Solltest du nicht auch mir, deinem armen Geschöpfe, genügen können: du so groß und ich so klein! In dir finde ich alles, was ich verlangen kann. Es genügt mir, wenn ich dich habe. So ist mein Bedürfen überreich gestillt. So gib dich mir, wie ich mich dir gebe, mein Gott! Gib mir dich selbst. Der himmlische Einfluss deiner Gnade ist dem Herzen so innerlich, so gegenwärtig, so durchdringend, so allumfassend wie dein Einfluss in der gesamten Welt. Du bist in jeglicher Fähigkeit, in jeglicher Neigung in jeglichem Plan, in jedem Werke. Stärke mich denn, o mächtiger Gott, mit deiner inneren Kraft, tröste mich mit deinem immerwährenden Frieden, sättige mich mit der Schönheit deines Angesichts, erleuchte mich mit deinem unerschaffenen Glanze, reinige mich mit dem Duft deiner unaussprechlichen Heiligkeit. Lass mich untertauchen in dir und gib mir zu trinken von dem Strom deiner Gnade, soviel ein sterblicher Mensch davon begehren kann von den Strömen, die vom Vater und vom Sonne fließen: von der Gnade deiner wesensgleichen, ewigen Liebe.
Amen