Archiv - Bibliothek

Aus der Arbeit von Archiv und Bibliothek

Neuigkeiten Dezember 2021

Herzlich willkommen zur neuen Ausgabe des Newsletters von Archiv und Bibliohek des Erzbistums!

Wir informieren Sie in unregelmäßigen Abständen über Aktuelles aus der Arbeit von Archiv und Bibliothek, z.B. die Bereitstellung von neuen Findbüchern und Digitalisaten im Digitalen Archiv des Erzbistums, bemerkenswerte Neuzugänge oder Medienberichte.

Inhaltsverzeichnis

  1. Sorge für Menschen mit Behinderung
  2. Den Vorfahren auf der Spur
  3. Himmlische Hilfe und grausamer Tod
  4. Weihnachten in außergewöhnlichen Zeiten

Sorge für Menschen mit Behinderung

Findbuch zum Archiv der Franziskanerinnen von Schönbrunn online

„Pflegeanstalt Schönbrunn bei München“. Fotopostkarte, 1940
 
München, 3. Dezember 2021. Die 1861 von der katholischen Sozialreformerin Viktorine von Butler-Haimhausen (1811-1902) gegründete „Assoziationsanstalt“ Schönbrunn in Röhrmoos bei Dachau ist seit 160 Jahren eine der großen kirchlichen Einrichtungen für Menschen mit Behinderung in Oberbayern. Sie wurde bis zur Umwandlung in eine gemeinnützige GmbH im Jahr 1997 unter dem Namen „Franziskuswerk Schönbrunn“ getragen von der franziskanischen Ordensgemeinschaft der Dienerinnen der göttlichen Vorsehung getragen. Seit 2015 ist die „Franziskuswerk Schönbrunn gemeinnützige GmbH“ ein Tochterunternehmen der neugegründeten Viktoria-von-Butler-Stiftung.

Um Forschungen zur Geschichte der Anstalt insbesondere in der Zeit des Nationalsozialismus zu ermöglichen, wurde das Archiv ab 2004 fachgerecht formiert und 2006 zugänglich gemacht; seit 2018 befindet es sich als Depositum dauerhaft im Archiv des Erzbistums München und Freising. Das kürzlich überarbeitete Findbuch des Bestandes (mit 16.152 Verzeichnungseinheiten) ist nunmehr großenteils online im Digitalen Archiv des Erzbistums verfügbar.
 
Die darin verzeichneten Unterlagen entstammen zwei Provenienzstellen: der Kongregation (d.h. der Ordensgemeinschaft) und der Anstalt Schönbrunn bzw. deren Leitung. Sie umfassen den Zeitraum von der Gründung 1861 bis zum Jahr 1976. Neben klassischem Archivgut (vor allem Korrespondenz mit staatlichen und kommunalen Stellen sowie NS-Parteistellen, der Erzdiözese, dem Caritasverband und anderen Ordensgemeinschaften) enthält das Archiv auch Ordensstatuten, Chroniken und Festschriften sowie einen umfangreichen Fotobestand. Den weitaus größten Anteil (fast 75%) bilden personenbezogene Akten, vor allem Patientenakten.
 
Die Akten können im Rahmen der allgemein geltenden archivgesetzlichen Regelungen in den Lesesaal des Archivs des Erzbistums bestellt und dort eingesehen werden. Die dabei zu beachtenden Schutzfristen dienen der Wahrung von Persönlichkeitsrechten, insbesondere der Patienten und ihrer Angehörigen. Aus demselben Grund sind Patientenakten erst 100 Jahre nach dem Tod der Betroffenen online recherchierbar; Nachfragen beim Archiv nach bestimmten Personen sind jedoch möglich.
 
Im April 2021 erschien eine unter umfangreicher Auswertung der Schönbrunner Archivalien erarbeitete medizinhistorische Dissertation: Tanja Kipfelsperger, Die Associationsanstalt Schönbrunn und der Nationalsozialismus. Die Konfrontation einer katholischen Pflegeanstalt mit Zwangssterilisierung, „Euthanasie“-Maßnahmen und „Klostersturm“, München (utzverlag) 2021; ISBN 978-3-8316-4744-6 (erhältlich im Buchhandel).
Foto: „Pflegeanstalt Schönbrunn bei München“. Fotopostkarte, 1940
(Foto: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising)
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Den Vorfahren auf der Spur

Einführung in die Familienforschung

Infoflyer des Bildungswerks Rosenheim (Ausschnitt)
 
München, 10. Dezember 2021. In Kooperation mit Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising (stv. Direktor Dr. Roland Götz) und dem Stadtarchiv Rosenheim (Stadtarchivar Christopher Kast) bietet das Bildungswerk Rosenheim im Januar und Februar 2022 eine dreiteilige Einführung in die Familienforschung an.
 
Modul 1: Allgemeine Einführung in die Familienforschung. Welche Schritte sind zu tun, woher bekommt man Informationen, Daten, Quellen, Links für sinnvolle Computerprogramme oder Apps?
Modul 2: Das Digitale Archiv des Erzbistums München und Freising und seine Möglichkeiten für die Familienforschung. Die Tauf-, Trauungs- und Sterbebücher der Pfarreien sind zentrale Quellen für die Familienforschung. Seit kurzem stellt das Archiv des Erzbistums München und Freising alle historischen Bände aus dem Bistumsgebiet online zur Verfügung, ergänzt durch umfangreiche Hilfsangebote
Modul 3: Einführung und Recherche direkt im Stadtarchiv Rosenheim. Hier existieren Bestände, die unter Umständen für die Erforschung der eigenen Familiengeschichte von Nutzen sein können.
Modul 1 und 2 finden online, Modul 3 (soweit bzw. sobald aufgrund der Pandemie möglich) vor Ort statt.
 
Anmeldung über: Bildungswerk Rosenheim
Informationsflyer des Bildungswerks Rosenheim
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Himmlische Hilfe und grausamer Tod

Die „Sendlinger Mordweihnacht“ 1705

Votivbild in der Pfarrkirche Egern mit Darstellung der „Sendlinger Mordweihnacht“
 
München, 13. Dezember 2021. Als im Spanischen Erbfolgekrieg rund 2.800 Oberländer versuchten, München von der kaiserlichen Besatzung zu befreien, endete dies am Weihnachtstag 1705 in einer Katastrophe: Vor den Mauern der Stadt und beim nahen Dorf Sendling wurde fast 1.000 Männer von kaiserlichen Truppen niedergemetzelt. Die Erinnerung an dieses blutige Ereignis ist im bayerischen Oberland bis heute lebendig.
 
Zu den frühesten Quellen, die das Geschehen selbst und unmittelbare Reaktionen darauf dokumentieren, zählen die Sterbebücher der Heimatpfarreien, in die die Pfarrer jeweils die Toten aus ihren Gemeinden eintrugen. Die Aufzeichnungen liefern aber nicht nur Namen, sondern lassen auch erkennen, wie das Ereignis von kirchlicher Seite bewertetet wurde, und sie repräsentieren eine erste, religiös geprägte Phase des Gedenkens. Die Bedeutung dieser kirchlichen Archivalien wurde jüngst in einem Beitrag des Archivs des Erzbistums zur Blogparade Deutungskämpfe anlässlich des 53. Deutschen Historikertags deutlich.
 
Im Gespräch mit BR-Redakteurin Carola Zinner stellt Dr. Roland Götz, stellvertretender Direktor von Archiv und Bibliothek des Erzbistums, ausgewählte Einträge aus Sterbebüchern des Bistums Freising und aus dem Mirakelbuch der Marienwallfahrt Egern am Tegernsee vor. Die Zitate liest der bekannte Schauspieler Udo Wachtveitl.
 
Die Sendung „Bayern 1705. Die ‚Sendlinger Mordweihnacht‘ im Spiegel der Kirchenbücher“ wird in der Reihe „Bayern - Land und Leute“ am Sonntag, dem 26. Dezember 2021, von 13:05 bis 13:30 Uhr im Hörfunk-Programm BAYERN 2 ausgestrahlt. Anschließend ist sie auch als Podcast verfügbar.
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Weihnachten in außergewöhnlichen Zeiten

Heilige Nacht um 5 Uhr früh

Mitteilung der Verlegung der Mitternachtsmette durch den kurfürstlichen Geistlichen Rat, 10. Dezember 1800 (Ausschnitt)
 
München, 16. Dezember 2021. Die Corona-Pandemie macht es nun schon im zweiten Jahr hintereinander schwer absehbar, in welcher Form die Weihnachtsgottesdienste stattfinden können. Das hängt nicht zuletzt davon ab, welche staatlichen Vorschriften zu diesem Zeitpunkt gelten. Dass der Staat in die Rahmenbedingungen von Gottesdiensten eingreift, ist allerdings keine neue Erscheinung. Im Archiv des Erzbistums München und Freising findet sich dazu ein rund 220 Jahre alter Akt.
 
Am 10. Dezember (!) 1800 teilte der kurfürstliche Geistliche Rat – Vorläufer des Kultusministeriums – dem Freisinger Ordinariat mit, man habe sich entschlossen, den weihnachtlichen Mitternachtsgottesdient auf 5 Uhr früh zu verlegen. Begründet wurde dies mit den „dermalig kritischen Zeiten“; denn im Zuge des Kriegs zwischen dem Reich und dem revolutionären Frankreich standen damals sowohl französische als auch kaiserliche Truppen im Land. Das Ordinariat hatte dafür zu sorgen, dass diese Anordnung umgehend per Rundschreiben an alle Dekane und Klöster ging und den Gläubigen von der Kanzel bekannt gemacht wurde.
 
Als im Jahr darauf die akute Kriegsgefahr vorüber war, zeigte sich, dass die aufgeklärte Re-gierung mit der Verlegung noch weitere Absichten verfolgte. Man führte nun „Gefahren für die häusliche Sicherheit“ bei nächtlicher Abwesenheit und die Beschwernisse tief verschneiter Wege an. Insbesondere aber wollte man „Gelegenheiten zu Ausschweifungen und Sünden“ beseitigen, „denen leichtsinnige Menschen besonders in Städten sich zur nächtlichen Zeit so gerne überlassen“. Deshalb sollte die Verschiebung der Christmette auf den frühen Morgen „für allezeit“ gelten.
 
Die Verfügung hatte immerhin ein Vierteljahrhundert Bestand. Im Oktober 1825 trat König Ludwig I. die Regierung an, der gegenüber Kirche und frommem Brauchtum ungleich aufge-schlossener war als sein Vater und Vorgänger Max I. Joseph. Unmittelbar danach wurde die traditionelle Mitternachtsmette wieder erlaubt.
 
Der Akt über des Freisinger Geistlichen Rats über das Verbot der Mitternachtsmette (AEM R3670) ist vollständig im Digitalen Archiv des Erzbistums einsehbar.
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Bildnachweise

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Bildnachweis: SMB für Archiv und Bibliothek des Erzbistums
Infoflyer des Bildungswerks Rosenheim (Ausschnitt)Name: Infoflyer des Bildungswerks Rosenheim (Ausschnitt)
Bildnachweis: Bildungswerk Rosenheim
Mitteilung der Verlegung der Mitternachtsmette durch den kurfürstlichen Geistlichen Rat, 10. Dezember 1800 (Ausschnitt)Name: Mitteilung der Verlegung der Mitternachtsmette durch den kurfürstlichen Geistlichen Rat, 10. Dezember 1800 (Ausschnitt)
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
„Pflegeanstalt Schönbrunn bei München“. Fotopostkarte, 1940Name: „Pflegeanstalt Schönbrunn bei München“. Fotopostkarte, 1940
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
Votivbild in der Pfarrkirche Egern mit Darstellung der „Sendlinger Mordweihnacht“Name: Votivbild in der Pfarrkirche Egern mit Darstellung der „Sendlinger Mordweihnacht“
Bildnachweis: Pfarrei Egern, Christine Pfluger