Archiv - Bibliothek

Aus der Arbeit von Archiv und Bibliothek

Neuigkeiten Dezember 2022

Herzlich willkommen zur neuen Ausgabe des Newsletters von Archiv und Bibliothek des Erzbistums!

Wir informieren Sie in unregelmäßigen Abständen über Aktuelles aus der Arbeit von Archiv und Bibliothek, z.B. die Bereitstellung von neuen Findbüchern und Digitalisaten im Digitalen Archiv des Erzbistums, bemerkenswerte Neuzugänge oder Medienberichte.

Zugleich wünschen wir mit dieser Ausgabe frohe und gesegnete Weihnachten sowie ein gutes Jahr 2023!

Inhaltsverzeichnis

  1. „Schandvolles“ Treiben auf dem Oktoberfest vor 100 Jahren
  2. Hühnerhaus und Christusbild
  3. Himmlische Hilfe
  4. Jahrhundertfund in der Diözesanbibliothek
  5. Kirchengeschichte konkret
  6. „True Crime“ im Diözesanarchiv

„Schandvolles“ Treiben auf dem Oktoberfest vor 100 Jahren

Was sagt der Kardinal dazu?

Brief von Frau P. Zahler an Kardinal Faulhaber, 8. Oktober 1922 (Ausschnitt)
 
München, 16. September 2022. Kurz nach Ende des Münchner Oktoberfestes 1922 erhielt der Erzbischof von München und Freising, Michael Kardinal von Faulhaber, Post – angeblich von einer um die öffentliche Moral und den Ruf der Stadt besorgten Münchnerin. Der Brief vom 8. Oktober ist mit „P. Zahler“ unterzeichnet, doch steht nicht fest, ob es sich dabei um die wirkliche Absenderin handelt.
 
Jedenfalls gibt der Brief ein anschauliches Bild vom „Leben und Treiben“ auf dem Oktoberfest vor 100 Jahren, in der wirtschaftlich sehr schwierigen Zeit zwischen Erstem Weltkrieg und Hyperinflation. Er hat folgenden Wortlaut:
 
Sr. Eminenz!
 
Eine einfache Frau glaubt im Sinne vieler christlichen Frauen zu handeln, wenn sie Sr. Eminenz diese Zeilen unterbreitet mit der Bitte: Die kirchliche Behörde möge Schritte unternehmen, dass ein so schandvolles Leben und Treiben, wie es heuer beim Oktoberfeste auf der Wiese der Fall war, für alle Zukunft zu verbieten sei.
 
Wir brauchen in dieser trostlosen Zeit überhaupt keine wochenlang dauernden Feste, wo tiefer denkende Menschen nicht wissen, wo ihnen vor Sorgen der Kopf steht. Ich sah mir das Wiesenleben einen einzigen Abend an, nachdem ich schon so viel gehört hatte.
 
 Daß aber ein Kulturvolk sich so aufführt, hätte ich nicht geglaubt. Und die Brutstätten all der Laster sind die Bierbuden, mit ihrer lockeren, animierenden Musik, allen voran die Bräurosel. Eine Schande für die hiesigen Großbrauer, wenn sie auf so unsaubere Weise die Leute verführen, ihnen das Geld herauslocken, nur um sich damit zu bereichern. Wie viele Laster, grenzenloser Leichtsinn, Unzucht etc. klebt an diesem Geld. Diesen Herren wie ihrer Musik gehört das Handwerk gelegt. Man glaubte, sich unter den Wilden zu befinden, wenn die Musik der Tschungelwalzer spielte. Der Kapellmeister hüpfte mit einer ausgestopften Frauenfigur am Podium herum. Die angeheiterten Gäste sprangen auf die Tische und Stühle und tanzten und wiegten sich. Daß [!] war der Schlager der Musik und dieses ausgelassene Treiben gefiel den meisten. Besonders frech führten sich die Frauenzimmer auf, die sich auf die Tische stellten und mit dem Bierkrug in der Hand zur Musik den Takt gaben. Eine Schande für die ganze gesittete Frauenwelt Münchens. Diese sodomitischen Damen wollen durch ihr schamloses freies Benehmen, durch ihr kreischendes Prostgeschrei sich nur bemerkbar machen, um Kunden zu fangen: Und Gott sei es geklagt, es gelingt ihnen, und zwar sind es meistens verheiratete, pflichtvergessene Männer, Familienväter, die mit derartigen Damen das Geld vergeuden, während Frau und Kinder daheim nicht das Notwendigste haben. Wie viele tiefgehende Ehezwiste kom[m]en durch dieses Wiesenfest wieder heraus.
 
Dann die sinnlose Verschwendung, einer wollte den anderen überbieten. Nur ein paar Beispiele:
 
Ein Mann ließ sich 2 L[i]t[e]r Bier à 50 M[ark] bringen. Ohne zu trinken, stieß er die Krüge einfach um. Ein anderer fragte eine Frau, die Luftballone feil hielt, was ihre sämtlichen Ballone kosten. Die Antwort war: 700 M[ark]. Er bezahlte sie, nahm ein Kärtchen aus der Tasche, schrieb auf dasselbe: „Viele Grüße an H[er]r[n] Petrus“, befestigte es an die Schnüre der Ballone und ließ sie fliegen. 700 Mark in die Luft, und andere haben nicht genug Brot zu essen. Auf der Theresienwiese kannte man nichts von einer Not, man glaubte, alle schwimmen im Gelde, gar nichts war zu teuer. Was wird das Ausland dazu wieder sagen. Könnten sich die gutgesinnten Katholiken nicht zusammenthun und Protest erheben gegen eine derartige Kulturverrohung, die den guten Ruf der Stadt München auf Höchste gefährdet? Es sollte wirklich etwas dagegen geschehen, denn alle Predigten, Mahnungen und Warnungen werden nicht beachtet, und gute, brave Menschen haben letzten Endes die Zeche zu bezahlen.
 
In aller Ehrfurcht!
Frau P. Zahler
 
Eine Reaktion des Kardinals auf dieses Schreiben ist nicht bekannt. Vielmehr wurde der Brief in der erzbischöflichen Registratur abgelegt – in einem Sammelakt, in dem es um das kirchliche-religiöse Leben in der Großstadt ging. Von dort wanderte er ins Erzbischöfliche Archiv und ist seit 2002 – wie die gesamte Aktenüberlieferung aus der langen Amtszeit von Kardinal Faulhaber (1917-1952) – für die Forschung zugänglich. Er trägt die Signatur: EAM NL Faulhaber 6062.
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Hühnerhaus und Christusbild

Neues im Digitalen Archiv des Erzbistums

Entwurf für ein Hühnerhaus beim Pfarrhof Langenpreising, 1753
 
München, 19. Oktober 2022. Um über 300.000 Digitalisate und das Findbuch zu einem bedeutenden Künstlernachlass erweitert das Digitale Archiv des Erzbistums ab sofort sein Online-Angebot.
 
Entsprechend dem Fortschritt der Konservierungs-, Verzeichnungs- und Digitalisierungsarbeiten an den historischen Originalunterlagen wird die Online-Stellung von Digitalisaten des Bestandes „Pfarrakten“ kontinuierlich weitergeführt. Dieser zentrale Bestand umfasst Unterlagen der Diözesanverwaltungen Freising und Salzburg zu allen Pfarreien des heutigen Erzbistums München und Freising vom 16. Jahrhundert bis gegen 1880. Die Dokumente sind sowohl für die Orts- und Pfarrgeschichte als auch für die religiöse Volkskunde von hoher Bedeutung.
 
Neu zur Verfügung gestellt werden rund 3.200 Verzeichnungseinheiten, die Pfarreien von Kirchdorf am Haunpold (Dekanat Bad Aibling) bis (Nieder-)Aschau im Chiemgau (Dekanat Chiemsee) betreffen; der große Block von Unterlagen zu Münchner Pfarreien bleibt dabei allerdings aus arbeitsökonomischen Gründen vorläufig ausgespart. Dagegen können nun die Akten zu den Pfarreien der niederbayerischen Hauptstadt Landshut online genutzt werden. Der Umfang der neu verfügbaren Akten beträgt ca. 190.000 Einzeldigitalisate. Inhaltlich betreffen sie ein breites Themenspektrum von Bau- und Ausstattungsmaßnahmen an Kirchen und Pfarrhöfen bis hin zu Beschwerden der Gemeinden gegen ihren Pfarrer.
 
Es handelt sich dabei – ungeachtet ihrer inhaltlichen Bedeutung – zu allermeist um äußerlich recht schlichte amtliche Korrespondenz, doch finden sich auch immer wieder optisch reizvolle Stücke: So wollte der Pfarrer von Langenpreising (Dekanat Erding) 1753 das Hühnerhaus bei seinem Pfarrhof neu errichten und übersandte deshalb der Freisinger Geistlichen Regierung eine kolorierte Entwurfszeichnung; sie zeigt eine geradezu herrschaftliche Unterkunft für das Federvieh – mit Fassadenmalerei und Kachelofen.
 
Weitere rund 125.000 neu online gestellte Digitalisate betreffen „Resignationen und Verlassenschaften“ von Geistlichen und ergänzen die schon bisher zugänglichen Unterlagen zu zahlreichen Pfarreien. Reizvolle Informationen zur Lebenswelt des frühneuzeitlichen Klerus bieten dabei insbesondere die Pfarrhof-Inventare, die nach dem Tod eines Geistlichen angefertigt wurden und es erlauben, „virtuell“ die einzelnen Räume zu durchschreiten – vom Schlafzimmer des Pfarrers bis zum Pferdestall.
Christus-Darstellung aus einem Notizbuch von Gebhard Fugel (Ausschnitt)
 
Ebenfalls online recherchierbar ist das Findbuch zum schriftlichen Nachlass des bekannten Malers Gebhard Fugel (1863-1939). In Ravensburg geboren, besuchte er zunächst die Zeichenschule seiner Heimatstadt, bis er zur weiteren Ausbildung an die Kunstakademie Stuttgart wechselte. Bereits in dieser Zeit wandte sich Fugel christlichen Motiven zu, die er in einem realistischen, von der Historienmalerei und den Nazarenern beeinflussten Stil verwirklichte. 1890 ließ er sich in München nieder. Hier gründete Fugel mit Kollegen 1893 die bis heute tätige Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst. Zielsetzung dabei war, im Umbruch zur Moderne künstlerische Qualität und Freiheit im Raum der Kirche wiederzugewinnen.
 
Bekannt wurde Fugel insbesondere durch seine Darstellungen biblischer Szenen. Das 1902-1903 gemalte, bis heute existierende Passions-Panorama in Altötting sowie die (im Zweiten Weltkrieg zerstörten) großen Kreuzweg-Darstellungen in der Münchner Pfarrkirche St. Joseph von 1904-1908 bildeten Höhepunkte in seinem Werk. Seine Bibelillustrationen und Bildtafeln für den Religionsunterricht fanden weite Verbreitung. 1905 wurde der Maler durch die Verleihung des Titels eines königlichen Professors geehrt. 1921 erhielt er das Ritterkreuz des päpstlichen Gregorius-Ordens.
 
Nach dem Tod von Gebhard Fugel 1939 verwalteten seine Ehefrau Maria bzw. seine beiden Töchter und deren Ehemänner das Erbe. Vor einigen Jahren wurde der Nachlass dem Diözesanmuseum Freising übergeben. Während dessen künstlerischer Teil im Museum verwahrt wird, befindet sich der schriftliche seit 2020 im Archiv des Erzbistums, wo er nun abschließend verzeichnet wurde. Er umfasst 226 Verzeichnungseinheiten ab dem Jahr 1890, darunter insbesondere Korrespondenzen zu seinen Werken und ein Reihe von Notizbüchern, die immer wieder auch kleine Bleistift-Skizzen enthalten. Der Zugang zu den einzelnen Archivalien erfolgt gemäß den Bestimmungen des kirchlichen Archivrechts und kann im Einzelfall zum Schutz von Persönlichkeitsrechten noch Beschränkungen unterliegen.
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Himmlische Hilfe

Eine etwas andere Nikolaus-Geschichte

Das bekleidete, gekrönte und mit Votivgaben geschmückte Gnadenbild der „Hammerthaler Muttergottes“. Kupferstich von 1724
 
München, 5. Dezember 2022. Gleich neben dem Münchner Viktualienmarkt, in der Pfarrkirche Heilig Geist, wird heute die „Hammerthaler Muttergottes“ verehrt, die schon 400 Jahre lang den Münchnern (und nicht nur ihnen) in ihren Sorgen und Nöten beisteht. Die kleine mittelalterliche Marienstatue stand ursprünglich in der alten Pfarrkirche von Tegernsee, kam 1620 als Geschenk des Tegernseer Abtes an das Weinwirts-Ehepaar Hammerthaler nach München und wurde ab 1624 bis zur Säkularisation 1803 in der Münchner Augustiner-Klosterkirche (dem heutigen Deutschen Jagd- und Fischerei-Museum) als Gnadenbild verehrt.
 
Zum 100-jährigen Bestehen der Wallfahrt erschien ein gedrucktes Bändchen mit ausgewählten „Wunderwercken“ bzw. Gebetserhörungen, die man der Fürsprache Marias zuschrieb – sozusagen ein „best of“ wunderbarer Hilfs- und Rettungsgeschichten. Darunter findet sich auch die folgende, die am Nikolaus-Tag des Jahres 1626 spielt:
 
Der 4-jährige Bonaventura Herztreu bekam in der Früh plötzlich Krämpfe, so dass er länger als eine halbe Stunde bewusstlos dalag und so erstarrte „als wann er schon gantz todt wäre“. Die Mutter rief in ihrer Verzweiflung die Muttergottes um ihre Fürsprache an. Sie versprach auch, im Fall der Erhörung in der Augustinerkirche eine Messe feiern zu lassen, eine wächserne Kinderfigur zu opfern und eine Spende in den Opferstock zu werfen. Und wirklich: Bald fing der kleine Bub wieder an zu reden. Noch am selben Tag lief er zusammen mit anderen Kindern „frisch und gesund“ fröhlich in der Stube herum und erfreute sich der „Einlegung“ des heiligen Nikolaus. So erfährt man gleichsam nebenbei, dass vor 400 Jahren in München für die Kinder eine Bescherung durch den Heiligen üblich war.
 
Diese und andere ergreifende und herzerwärmende Geschichten von Not und Hilfe kann man inzwischen auch von zu Hause aus lesen – über ein Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek unter: https://reader.digitale-sammlungen.de/resolve/display/bsb10376393.html Die Geschichte von Bonaventura Herztreu findet man hier auf S. 100 (bzw. Scan 122).
Das Gnadenbild der „Hammerthaler Muttergottes“ befindet sich – immer noch von Vielen verehrt – heute im linken Seitenschiff der Pfarrkirche Heilig Geist am Viktualienmarkt.
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Jahrhundertfund in der Diözesanbibliothek

Neue Zugänge zu Hegels Denken

Erste Seite der Vorlesungsmitschrift „Philosophie des Geistes“
 
München/Bamberg/Jena, 24. November 2022. Der Fund bisher nicht ausgewerteter Vorlesungs­mitschriften in der Diözesanbibliothek des Erzbistums München und Freising eröffnet neue Zugänge zum Denken des berühmten Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831). Verschiedene Teile von Hegels Philosophie sind zumeist nur durch Vorlesungsmitschriften dokumentiert, die somit herausgehobene Bedeutung für Hegels Einsichten besitzen und Einblicke in sein Philosophieren als „work in progress“ erlauben. Der Hegel-Biograph Professor Klaus Vieweg von der Friedrich-Schiller-Universität Jena fand in der Diözesanbibliothek des Erzbistums München und Freising fünf Archivkartons mit eng beschriebenen Kladden und Papieren, die seit fast 200 Jahren von der Forschung nicht näher betrachtet wurden. Vieweg zeigt sich begeistert: „Eine solche höchst überraschende und glückliche Entdeckung gelingt wohl nur einmal im Leben und ist vergleichbar mit dem Fund einer neuen Mozart-Partitur.“
 
Die rund 4.000 Seiten umfassenden Mitschriften stammen aus der Feder von Friedrich Wilhelm Carové (1789-1852), einem der ersten Hegel-Schüler an der Universität Heidelberg. Der katholische Schriftsteller, Publizist und Politiker war einer der führenden Intellektuellen seiner Zeit. Die jetzt entdeckten Manuskripte sind Teil des Nachlasses des Theologen Friedrich Windischmann (1811-1861), Professor für katholische Theologie in München, Domkapitular und von 1846 bis 1856 Generalvikar der Erzdiözese München und Freising. Er war Sohn des Bonner Philosophieprofessors und Mediziners Karl Joseph Hieronymus Windischmann (1775-1839), der in Kontakt mit Hegel stand und die Mitschriften als Geschenk von Carové erhielt.
 
Die Handschriften umfassen fast alle Teile von Hegels enzyklopädischer Architektonik, darunter eine schon lange gesuchte Mitschrift einer Ästhetik-Vorlesung in Heidelberg, über die es bisher noch keine anderen Unterlagen gibt. Sie werden im Rahmen eines mehrjährigen wissenschaftlichen Projekts von den Professoren Klaus Vieweg (Universität Jena) und Christian Illies (Universität Bamberg) mit Unterstützung von Privatdozent Marko Fuchs (Universität Bamberg) und internationalen Experten für eine umfangreiche Edition unter dem Titel „Carovés Hegel-Mitschriften“ vorbereitet; auch begleitende Studien sind geplant. Die Brougier-Seisser-Cleve-Werhahn-Stiftung zur Förderung von Kultur und Wissenschaft unterstützt die Transkription der Mitschriften in eine Rohfassung mit einer Stelle an der Universität Bamberg.
Historische Fotografie nach einem Stahlstich von Lazarus Sichling (nach 1828)
 
Die Manuskripte gelangten als Nachlass von Friedrich Windischmann in die ehemalige Dombibliothek Freising, deren Bestände jetzt Teil der Diözesanbibliothek des Erzbistums sind. Der Nachlass wurde im Rahmen der Handschriftensammlung der Bibliothek katalogisiert; seine Existenz war überdies über das Online-Portal „Kalliope“, ein deutschlandweites Nachweisinstrument für Nachlässe, Autographen und Verlagsarchive, bekannt. Der Bonner Forscher Willi Ferdinand Becker wies 1988 in seinem Aufsatz „Hegel und Bonn. Fundstücke einer Spurensuche“ darauf hin, „daß in der Dombibliothek Freising Windischmanns Nachlaß der Bearbeitung harrt“. Doch erst Vieweg ging diesem Hinweis nach, unterzog im Sommer 2022 das Material einer genauen Durchsicht und erkannte seine volle Bedeutung. Bibliothekarisch betreut wurde er dabei von Bibliotheksoberrat Martin Walko von der Diözesanbibliothek. Im Vorfeld waren die Manuskripte, die durch frühere ungünstige Lagerbedingungen in Mitleidenschaft gezogen waren, durch einen Papierrestaurator gereinigt und so wieder benutzbar gemacht worden.
 
Professor Johannes Merz, Direktor von Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising, hat dem Forscherteam seine Unterstützung zugesagt. Für ihn unterstreicht die Neuentdeckung „die erstaunliche Vielfalt des in der Diözesanbibliothek verwahrten Kulturguts und ihre Bedeutung als eine der großen kirchlich-wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland“.
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Kirchengeschichte konkret

Online-Findbücher zu Pfarrarchiven

Chronik der katholischen Pfarrei Großhadern, 1920-1935, aus dem Pfarrarchiv München-St. Canisius (Einband)
 
München, 6. Dezember 2022. Neu online gestellte Findbücher ermöglichen über das Digitale Archiv des Erzbistums den Zugang zu zahlreichen Pfarrarchiven aus dem ganzen Gebiet des Erzbistums München und Freising. Damit werden die oft bis ins Mittelalter zurückreichenden Unterlagen, die reizvolle Einblicke in das kirchliche und weltliche Leben in den Pfarreien bieten, einfacher für Forschungen zur Pfarr- und Ortsgeschichte nutzbar.
 
Rund 220 Pfarrarchive werden derzeit vom Archiv des Erzbistums in dessen Depot in Neufahrn bei Freising verwahrt (Liste). Dies erfolgt auf Grundlage von Depositalverträgen, die mit den örtlichen Kirchenstiftungen geschlossen wurden; dadurch geht die Verantwortung für die fachgerechte Archivierung an das Diözesanarchiv über, während das Eigentumsrecht bei den Kirchenstiftungen verbleibt.
 
Die übernommenen Pfarrarchive werden vom Diözesanarchiv bzw. durch beauftragte Dienstleister erschlossen und die Unterlagen dabei in Anlehnung an den Aktenplan für Pfarrarchive einheitlich in zehn Hauptgruppen gegliedert. Bereits vorhandene Findbücher werden nach diesem Standard überarbeitet. Mittlerweile sind endgültig bearbeitete Findbücher zu 49 Pfarrarchiven online zugänglich. Bei der jüngsten Erweiterung des Angebots kamen u.a. die Archivalienverzeichnisse für die fünf Pfarr- bzw. Kuratiearchive des Pfarrverbands Dietramszell (Dietramszell, Ascholding, Hechenberg, Linden, Thankirchen) und für das Archiv der alten und einst sehr ausgedehnten Pfarrei München-St. Peter und Paul/Feldmoching, hinzu.
 
Aus den Pfarrarchiven sind bisher (neben den Pfarrmatrikeln) nur ausgewählte Einzelstücke digitalisiert; doch können alle verzeichneten Objekte nun im Digitalen Archiv des Erzbistums recherchiert und – soweit von den gesetzlichen Schutzfristen her zulässig – über dessen Bestellfunktion im Original zur Einsichtnahme in den Lesesaal bestellt werden.
 
Bereits vorhandene Findbücher zu Pfarrarchiven, die vor der Online-Stellung noch einer Überarbeitung bedürfen, sind vorläufig über die Stelle für Archivberatung im Diözesanarchiv zugänglich. Archivar Dr. Christopher Sterzenbach ist auch darüber hinaus Ansprechpartner für alle Fragen zum Umgang mit Pfarrarchiven und zu deren Nutzung. Kontakt: archivberatung@eomuc.de
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„True Crime“ im Diözesanarchiv

Mord in Miesbach 1801

Eintrag zum Mord an Maria Anna Hartl im Sterbebuch der Pfarrei Miesbach
 
München, 8. Dezember 2022. „True Crimes“ – also wahre Kriminalfälle – sind ein besonders erfolgreicher Trend auf dem Podcast-Markt und bei einigen Fernsehsendern. Radio- und Podcast-Redakteurin Brigitte Strauß-Richters vom Medienhaus Sankt Michaelsbund hat sich im Archiv des Erzbistums München und Freising auf Spurensuche begeben.
 
Dort erzählte ihr Archivar Roland Götz von einem erschütternden Mordfall, der sich 1801 im oberbayerischen Miesbach ereignete und im Sterbebuch der Pfarrei dokumentiert ist. Der Täter steht bei dieser „höllischen Gräuelthat“ schnell fest, doch Vor- und Nachgeschichte müssten noch weiter erforscht werden.
 
Der Bericht und ein 14-minütiges Interview, das auch Recherchemöglichkeiten im Digitalen Archiv des Erzbistums vorstellt, sind online verfügbar – Fortsetzung nicht ausgeschlossen.
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Bildnachweise

Archiv - BibliothekName: Archiv - Bibliothek
Bildnachweis: SMB für Archiv und Bibliothek des Erzbistums
Brief von Frau P. Zahler an Kardinal Faulhaber, 8. Oktober 1922 (Ausschnitt)Name: Brief von Frau P. Zahler an Kardinal Faulhaber, 8. Oktober 1922 (Ausschnitt)
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
Entwurf für ein Hühnerhaus beim Pfarrhof Langenpreising, 1753Name: Entwurf für ein Hühnerhaus beim Pfarrhof Langenpreising, 1753
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
Christus-Darstellung aus einem Notizbuch von Gebhard Fugel (Ausschnitt)Name: Christus-Darstellung aus einem Notizbuch von Gebhard Fugel (Ausschnitt)
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
Das bekleidete, gekrönte und mit Votivgaben geschmückte Gnadenbild der „Hammerthaler Muttergottes“. Kupferstich von 1724Name: Das bekleidete, gekrönte und mit Votivgaben geschmückte Gnadenbild der „Hammerthaler Muttergottes“. Kupferstich von 1724
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
Erste Seite der Vorlesungsmitschrift „Philosophie des Geistes“Name: Erste Seite der Vorlesungsmitschrift „Philosophie des Geistes“
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
Historische Fotografie nach einem Stahlstich von Lazarus Sichling (nach 1828)Name: Historische Fotografie nach einem Stahlstich von Lazarus Sichling (nach 1828)
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
Chronik der katholischen Pfarrei Großhadern, 1920-1935, aus dem Pfarrarchiv München-St. Canisius (Einband)Name: Chronik der katholischen Pfarrei Großhadern, 1920-1935, aus dem Pfarrarchiv München-St. Canisius (Einband)
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
Eintrag zum Mord an Maria Anna Hartl im Sterbebuch der Pfarrei MiesbachName: Eintrag zum Mord an Maria Anna Hartl im Sterbebuch der Pfarrei Miesbach
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising