Pfarrei "St. Margareta" Baumburg

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„Für viele ist Wiphala ihre Familie geworden“

Lisa Kaindl Wiphala
Seit über 20 Jahren gibt es die von der gebürtigen Altenmarkterin Monika Stöckl mitbegründete Institution „Wiphala“ im bolivianischen El Alto, die Kindern und Jugendlichen hilft, von der Straße weg in ein geregeltes Leben zu gelangen. Seit nunmehr zwei Jahren erfährt die Einrichtung, was es bedeutet, mit der zusätzlichen Belastung einer Pandemie auskommen zu müssen. Kein leichtes Unterfangen, daher ist man um jede Unterstützung in dieser schweren Zeit froh.  Nicht nur die vielen Spender - darunter auch die Sternsingeraktion der Pfarrei Baumburg, die zu Drei-König wieder startet – ermöglichten dabei die Sicherung des Lebensunterhaltes vieler Kinder und Jugendlichen, sondern auch Hilfskräfte und Praktikanten aus Deutschland. Mit Lisa Kaindl aus Pittenhart fand die „Fundación Wiphala“ wieder eine wertvolle Unterstützerin als Praktikantin, die in dieser für sie wertvollen Zeit nicht nur Erfahrungen sammelte, sondern auch vielen Kindern und Jugendlichen, half, Vertrauen in eine bessere Zukunft zu gewinnen.
Eigentlich wollte Lisa Kaindl aus Pittenhart zunächst nur eine Auszeit von ihrem Job als Controllerin nehmen, um „andere Perspektiven des Lebens und neue Menschen und Kulturen kennenzulernen“. In der „Fundación Wiphala“ erlebte sie dann, was es bedeutet vielen Kindern und Jugendlichen eine neue Perspektive auf ein geregeltes Leben zu geben. Doch der Reihe nach. Über Kontakte zu einer Bekannten, die bereits als Freiwillige in der bolivianischen Kinderhilfe-Einrichtung viele Monate Erfahrungen sammeln konnte, meldete sie sich noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie bei Monika Stöckl, die auch von hier in Deutschland aus, intensiven Kontakt zur Einrichtung pflegt und viele der Aktionen von der Ferne aus mitbegleitet und steuert. Im September dieses Jahres ging es dann zunächst nach Peru, ehe sie im Oktober bei ihrem Ziel, im bolivianischen El Alto, das auf über 4000 Meter am Kesselrand der Metropole La Paz liegt, ankam. Für sie war es eine neue Erfahrung, sich um rund 130 Kinder und Jugendliche zu kümmern, die in der „Fundación Wiphala“ betreut werden. „Vor dem Hintergrund, die Kinder und Jugendlichen in ihrer Entwicklung zu unterstützen und sie auf ein selbstbestimmtes Leben vorzubereiten, gestaltet sich die Arbeit in den unterschiedlichen Altersgruppen entsprechend“, so Lisa, die ihre Unterstützung in der Fundación unentgeltlich leistet. Neben gemeinsamen Gruppenaktivitäten wie Kinobesuchen oder Brotbacken zu Allerheiligen stand in der Gruppe der 12- bis 15-Jährigen sowie der 16- bis 20-Jährigen vor allem der „Plan de Vida“ der Jugendlichen im Fokus, also „welches Lebens(abschnitts)ziel sie in den Bereichen eigene Persönlichkeit, Familie und Arbeit haben und mit welchen konkreten Maßnahmen sie dieses erreichen wollen“. Die Arbeit am „Plan de Vida“ umfasse hierbei auch die Vermittlung von Werten und Normen.  „Die Fundación nimmt hier insofern eine wichtige Rolle für die Lebensplanung der Jugendlichen ein, als dass eine konkrete Planung gerade in den unbeständigen Verhältnissen, in denen viele der Jugendlichen leben, die Grundvoraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben ist“, erklärt Lisa Kaindl. „Daneben zählt die Kontrolle der Zahnputz- und Reinigungsroutine der Räume der Fundación zu meinen Aufgaben. Damit lernen die Kinder und Jugendlichen Verantwortung für sich und ihr Umfeld zu übernehmen.“ Zudem begleite sie die Aktivitäten, die außerhalb der Fundación stattfinden, zum Beispiel Wanderungen oder Kinobesuche. „Leider finden solche Aktivitäten aufgrund der Coronapandemie nicht mehr allzu häufig statt.“
Die Corona-Pandemie habe auch hier vieles verändert. Schulschließungen bei positiven Corona-Fällen seien an der Tagesordnung. Die Kinder sitzen dann zu Hause fest, was mit vielen Problemen verbunden sei. „Dies verschärft die Wohnsituation angesichts der beengten Verhältnisse, in denen die meisten mit ihrer Familie leben, und womöglich wird die Ansteckung weiterer Familienmitglieder wie Eltern oder Großeltern begünstigt“, so die Praktikantin. Fehlende technische Mittel für einen Online-Unterricht beenden oft abrupt den Schulalltag. Hier könne nun die „Fundación Wiphala“ ungemein wichtige Hilfe leisten, so die engagierte Praktikantin. Mittagsangebot und die Gesundheitsversorgung liefern die wichtigsten Grundlagen für eine Notversorgung der betroffenen Kinder und Jugendlichen. Mit den Geldern von „Wiphala“ könnten Krankenhausbesuche ermöglicht werden, die oft lebenswichtig seien. Die Essensversorgung sichere eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung. Und die Hausaufgabenbetreuung ermöglicht es den Kindern, dem Schulunterricht auch in Pandemie-Zeiten weiter zu folgen.
Auf die Frage, was sie an ihrer Arbeit am meisten bewege, entgegnete Lisa: „Am meisten bewegt hat mich, mit welchen Schicksalsschlägen manche Kinder/Jugendliche zu kämpfen haben, etwa wenn sie von einem Elternteil verlassen wurden oder ein Elternteil oder beide verstorben seien. Viele leben mit ihren Eltern und ihren Geschwistern in einem einzigen Raum. Auch warmes Wasser ist keine Selbstverständlichkeit und Heizungen gibt es hier auf über 4000 Metern, wenn überhaupt nur in den Häusern der ‚Reichen‘. Trotzdem hadern die Kinder und Jugendlichen zumeist nicht mit ihrem Schicksal, sondern meistern ihr Leben mit Bravour.“ Das wichtigste wäre für sie „Bildung, Bildung und nochmals Bildung“. Gerade mit dem der Pandemie geschuldeten virtuellen Unterricht ist dies nochmal schwieriger geworden, da viele Kinder nicht mehr erreicht werden. „Viele arbeiten noch mehr, um die geringeren oder ausgebliebenen Einkommen ihrer Eltern zu kompensieren. Oder vertun Zeit zu Hause, ohne ihren Lernstoff weiter zu verfolgen und verlieren dabei den Anschluss in der Schule. Dabei wäre gerade das wichtig, um ihnen einen Weg aus der Armut aufzuzeigen: Ein Leben, das dem Arbeiten dient, um das tägliche Überleben zu sichern.“
Sie hat daher folgenden Wunsch für „Wiphala“: „Ich wünsche mir für das Projekt Wiphala, dass es noch viele weitere Kinder und Jugendliche hier in El Alto erreicht. Das Projekt nimmt eine wichtige Rolle bezüglich eines selbstbestimmten Lebens der Kinder und Jugendlichen ein, weil es sie in ihrer Lebensplanung unterstützt und ihnen Halt gibt. Aspekte, die hier in den meisten Fällen weder die Schule noch die Familie ausfüllt. Immer wieder höre ich von den Kindern und Jugendlichen, dass das Projekt Wiphala ihre Familie ist, und viele ehemalige Teilnehmer kommen gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit zu Besuch. Außerdem wünsche ich mir, dass die Ausbildungskurse zum Bäcker, Industrienäher und Metallarbeiter ausgebaut werden können, da den Jugendlichen damit der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht wird. In welchem Umfang die Kurse angeboten werden können, ist allerdings eine Frage von Material und Personal, was wiederum vom verfügbaren Budget abhängig ist.“
Hier greifen die vielen Unterstützern mir ihren Spenden, die sie unter anderem aus der Pfarrei Baumburg durch Frauenbund, KAB, Pfarrgemeinderat und eben auch durch die Baumburger Sternsinger erhalten. Wer hier gerne durch eine Spende die Arbeit in der „Fundación Wiphala“ unterstützen möchte, könne dies durch eine Spende auf das  Konto der Kirchenstiftung Baumburg tun (IBAN: DE59 7509 0300 0002 1518 80 der Liga Bank eG München, Verwendungszweck „Sternsinger“). Von dort werden die Gelder an das Kindermissionswerk weitergeleitet, die der „Fundación Wiphala“ zu Gute kommen.
Für Lisa Kaindl geht es noch bis Ende Februar weiter in der „Fundación“. Dann werde sie auf ihre alte Stelle zurückehren, wohlwissend, dass auch sie den Kindern und Jugendlichen in Bolivien eine wertvolle Zeit geschenkt hat, die ihnen hilft, in Zukunft einmal ein besseres geregeltes Leben führen zu können.