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Oktober 2021

Homepage Ökumene / Homepage Dialog der Religionen

Inhaltsverzeichnis

  1. Schwerpunkt-Thema: Kann (und darf) man Gott darstellen?
  2. „Gott ist schön“: Kalligraphie-Ausstellung in der ehemaligen Karmeliterkirche
  3. Gemeinsamer Appell von Papst Franziskus, Patriarch Bartholomaios und dem anglikanischen Primas Erzbischof Welby zur Bewahrung der Schöpfung
  4. Rückblick: Ökumenischer Schöpfungstag am Bodensee
  5. Veranstaltungen und Tipps
  6. Literaturtipps
  7. Zitat
Liebe Leserinnen und Leser unseres Newsletters,

auf unsere erste Ausgabe im Juli 2021 hin haben wir viele positive Rückmeldungen bekommen und seither unsere Abonnentenzahl weiter erhöhen können. Das freut und bestärkt uns, Sie in den Bereichen Ökumene und Dialog der Religionen weiterhin zu informieren und zu ermutigen.

In der aktuellen Ausgabe laden wir Sie anlässlich der Eröffnung einer sehenswerten Kalligraphie-Ausstellung unter dem Titel „Gott ist schön“ ein, mit uns der spannenden Frage nachzugehen, wie in der Geschichte des Christentums und der anderen Religionen mit der Frage umgegangen wurde, ob und wie man Gott angemessen darstellen kann und sollte. Wie auch beim letzten Mal ergänzen dieses Schwerpunktthema Hinweise auf aktuelle Themen, Veranstaltungen und Literatur.

Wir hoffen damit, Ihr Interesse und Ihren Einsatz für eine dialogische Kirche zu stärken.
FB Ökumene, Dr. Florian Schuppe und FB Dialog der Religionen, Dr. Andreas Renz
 
Mit herzlichen Grüßen

Dr. Andreas Renz und Dr. Florian Schuppe

Schwerpunkt-Thema: Kann (und darf) man Gott darstellen?

I am
 
Viele Menschen unserer Tage sprechen, wenn man sie nach ihren eigenen Vorstellungen von Gott fragt, entweder von etwas unglaublich Nahem oder etwas ganz Fernem. Häufig fielen dabei wohl Begriffe wie Licht, Energie, Macht oder Liebe. Würde man weiter fragen, wie man diese Vorstellungen bildlich darstellen könnte, so erhielte man wohl häufig die Antwort, dass dies entweder gar nicht oder nur indirekt durch verweisende Symbole in ganz abstrakter Form möglich sei. Nur selten würde man wohl auf sehr konkrete bildliche Vorstellungen Gottes stoßen. In einer Zeit, in der Gott häufig als sich selbst verschweigend erfahren wird, ist vielen Menschen die Unzulänglichkeit jeder einfachen Bildsprache sehr bewusst. Dem alten weißen Mann über den Wolken wird man wohl nur noch selten begegnen. Folgerichtig sind auch die allermeisten neu errichteten Kirchen und andere religiöse Räume unserer Tage von großer Schlichtheit, von eher abstrakter Symbolik und auf den ganz Anderen verweisender Leere geprägt. 
Die Frage, ob und wie man Gott darstellen kann und sollte, durchzieht die gesamte Geschichte des Christentums und der Religionen.

Die Frage im ökumenischen Kontext betrachtet

Hagia Sophia
 
Schon das frühe Christentum, das sich in der Spannung des weitgehend bilderlosen Judentums und des überaus bilderreichen hellenistischen und altorientalischen Umfeldes entwickelte, setze sich intensiv mit der Frage auseinander, ob und in welcher Form sich Gott und die Erfahrungen des Christusereignisses abbilden und darstellen lassen. Das Pendel schwang hier zwischen dem noch weitestgehend bilderlosen jüdischen Wurzeln und einer kreativen Integration der heidnischen Bilderwelten hin und her. Die Bilder der Katakomben und Kirchenbauten zeigen bis heute eindrückliche Beispiele.
Als spätestens seit dem Aufstieg zur neuen Staatsreligion, die im heidnischen Kult selbstverständliche Frage der Verehrung der Bilder auch schrittweise Eingang ins Christentum fand und zu gewaltsamen Protesten führte, musste im byzantinischen Bilderstreit des 8./9. Jahrhunderts eine grundlegende theologische Klärung gefunden werden. Die Antwort lautete: Weil es Gott selbst gefallen hat, sich in Christus dem Menschen ansichtig zu machen, können Bilder auch Wege zu ihm eröffnen. Wo deutlich ist, dass es sich um „Fenster“ zu einer viel größeren Wirklichkeit handelt, kann Bildern auch gerechtfertigte Verehrung entgegengebracht werden.
Bis heute feiert die Orthodoxie diese wichtige Wegmarke mit einem eigenen Feiertag, dem „Sonntag der Eucharistie“. Wie wohl keine andere Kirche trägt die byzantinische Orthodoxie und in etwas veränderter Form die orientalisch-orthodoxen Traditionen die Bedeutung des Zuganges zu Gott über die Schönheit (der Bilder) im Kern ihrer Frömmigkeit. Wie anders zeigt sich dagegen der Zugang der meisten aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen. Geprägt von der Strenge der spätmittelalterlichen klösterlichen Reformbewegungen rückte der bewusste Verzicht auf alles, was den direkten Zugang zur in Christus geschenkten Gnade verstellen könnte, neu in den Mittelpunkt. Dies reichte in der reformierten Tradition soweit, dass in deren Kirchenräumen bis heute meist sogar auf Kreuze oder Kerzen verzichtet wird.
Die katholische Tradition hat im eigentlichen Sinne des Katholisch seins immer wieder versucht, beiden Seiten einen Raum zu geben und zählt zu ihrem Erbe ebenso die ganz reduzierten Kathedralen des Frühmittelalters wie auch den barocken Überschwang der katholischen Reform. Bis heute ist das Ringen zwischen traditionellen Bildnissen und zeitgenössischen Formen Kennzeichen ihres Selbstverständnisses. Dort, wo diese unterschiedlichen Traditionen einander begegnen, wird es nicht nur theologisch, sondern auch ästhetisch oft hochspannend. In gewisser Weise begegnen einander in den Konfessionen auch die unterschiedlichen, weiter aktuellen Antworten auf diese stets neu zu erringende Fragestellung.

Die Frage im interreligiösen Kontext betrachtet

Moschee in Muscat
 
Kaum eine Religion wird so mit Bildlosigkeit, ja Bilderfeindlichkeit in Verbindung gebracht wie der Islam. Dabei ist wenig bekannt, dass der Koran selbst noch gar kein explizites Bilderverbot kennt. Ausgerechnet in den dem biblischen Dekalog entlehnten Gebots- und Verbotsreihen im Koran (Sure 17,22-36; 60,12) fehlt das Bilderverbot. Ein solches ist erst in der Sunna enthalten, jener Sammlung an Überlieferungen, die auf Muhammad zurückgeführt werden. Das zeitliche Zusammentreffen vom Aufkommen des Islam und des byzantinischen Bilderstreits hat jedoch möglicherweise keinen direkten kausalen Zusammenhang, sondern liegt vielleicht eher an der gemeinsamen Wurzel des Judentums, das sich mit dem Verbot der Anfertigung von Bildern für kultische Zwecke von der polytheistischen Umgebung, aber auch vom Herrscherkult der Antike abgrenzen wollte. Auch im Judentum aber gab es Mosaik-Darstellungen und Fresken in Synagogen der Spätantike und im Mittelalter eine reiche Buchmalerei.
Im Islam wird das Bilderverbot damit begründet, dass Gott allein der Schöpfer (der „Bildner“) der Dinge ist und allein ihm die Anbetung und Verehrung gelten solle. Tatsächlich findet man in der langen und kulturell breiten Geschichte der islamischen Welt keine einzige bildliche oder figürliche Darstellung Gottes. Ein strenges Verbot, auch Menschen nicht darzustellen, hat sich jedoch nicht durchgängig in der islamischen Kunstgeschichte durchgesetzt. So gibt es zum Beispiel in der persischen Kunst ab dem 13. Jh. die Miniaturmalerei, in der selbst der Prophet dargestellt wird, die osmanische Kunst kennt sogar eine Porträtmalerei. Der Streit um die Mohammed-Karikaturen ging deshalb auch nicht darum, dass der Prophet dargestellt wurde, sondern um die polemische Art der Darstellung.
Die eigentliche Kunstform im Islam aber ist neben den abstrakten Darstellungsformen wie Arabesken und geometrischen Mustern die Kalligraphie, die „Königin der Künste“ (Navid Kermani): Die arabische Schrift wird künstlerisch umgesetzt, denn in der arabischen Sprache hat sich Gott kundgegeben, sie ist seine Gegenwartsform in der Welt. Das kunstvolle Schreiben seines Wortes wird zum sakralen Vorgang (wie das „Schreiben“ der Ikonen in der Orthodoxie). Gott wird präsent durch die feierliche Rezitation seines Wortes. Der kunstvolle Klang der Rezitation und die sorgsam geführten Pinselstriche der Kalligraphie, die selbst figürliche Formen annehmen kann, verweisen auf die Schönheit Gottes: „Gott ist schön und er liebt die Schönheit“, so lautet eine Überlieferung Muhammads. Religiöses Erleben und ästhetische Erfahrung des Wortes Gottes verschmelzen. Das verbindet Juden, Christen und Muslime.

„Gott ist schön“: Kalligraphie-Ausstellung in der ehemaligen Karmeliterkirche

Kalligraphie Gott ist schön
 
In dieser Tradition der islamischen Kalligraphie steht auch der in Pakistan geborene muslimische Künstler Shahid Alam. Die Besonderheit seines künstlerischen Schaffens besteht jedoch darin, dass er nicht nur Texte aus Koran und islamischer Tradition in moderner Form kalligraphiert, sondern auch Texte aus Bibel und Talmud sowie aus der östlichen (Saadi, Hafiz) und westlichen Dichtung (Goethe, Rilke). Damit will er über die ästhetische Ebene Brücken der interreligiösen Verständigung bauen. Viele seiner Bilder und Skulpturen sind erstmals vom 10. Oktober bis 5. November 2021 in der ehemaligen Karmeliterkirche in München zu sehen (Eintritt frei). Ein interessantes theologisches und kulturelles Rahmenprogramm vertieft das Thema und Anliegen. Auch Gruppenführungen und Workshops bietet der Künstler an.

Rahmenprogramm:
16.10.2021 | 16:30 Uhr Konzert mit dem Vokalensemble anDante, Erlangen, mit Werken von Monteverdi u.a. (Eintritt frei, um Spenden wird gebeten)
16.- 17.10.2021 | 18:00 - 1:00 Uhr Lange Nacht der Museen: Ausstellung mit Lichtinstallationen und Live-Musik aus Orient und Okzident zu jeder vollen Stunde mit Ference Kölcze und Klaus Kemper, Alam-Bülow-Trio (Eintritt über Lange Nacht der Museen)
22.10.2021 | 16:30 - 17:30 Uhr Keur Moussa, Geistliche Chormusik mit benediktinischen Mönchen aus dem Senegal (Eintritt frei)
23.10.2021 | 19:00 Uhr „Gottes ist der Orient, Gottes ist der Okzident...“Goethes Islam im West-östlichen Divan Szenische Rezitation mit dem Schauspieler Martin Lunz und Katharina Conradt (Eintritt 15 €)
25.10.2021 | 19:00 Uhr Vorstellung des Buches Goethe und der Koran von Prof. Karl-Josef Kuschel und Shahid Alam mit Vortrag und Lesung von Prof. Karl-Josef Kuschel (Tübingen) (Eintritt: 8 €)
30.10.2021 | 19:00 Uhr „Sieh‘ was die Lieb‘ aus mir gemacht“ (Yunus Emre) Konzert des Pera Ensemble mit Mehmet C. Yeṣilçay (Oud, Perkussion), Ibrahim Suat Erbay (Gesang, Ney), Hasan Esen (Kemençe), Serkan Mesut Halili (Kanun)(Eintritt 20 €)
03.11.2021 | 18:00 Uhr Finissage: Kalligraphie-Performance und feierliche Rezitationen aus Judentum, Christentum und Islam mit Kantor Nicola David, Rabbiner Steven Langnas, Imam Dr. Benjamin Idriz, Frater Gregor Baumhof OSB

Anmeldungen zu allen Veranstaltungen: info@domberg-akademie.de
und weitere Informationen unter Domberg-Akademie
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Gemeinsamer Appell von Papst Franziskus, Patriarch Bartholomaios und dem anglikanischen Primas Erzbischof Welby zur Bewahrung der Schöpfung

Gemeinsamer Appell Briefkopf
 
Es ist ein auf vielen Ebenen beeindruckender Appell, den Papst Franziskus gemeinsam mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios und dem anglikanischen Primas Erzbischof Justin Welby am 1. September 2021 und damit dem Beginn des orthodoxen Kirchenjahres veröffentlichte. Schon die Wappen der drei Kirchenoberhäupter über dem Brief lassen einerseits erahnen, wieviel Abstimmungen dafür nötig waren, aber eben auch andererseits, wieviel Nähe im Hinblick auf das Anliegen die Bewahrung der Schöpfung die drei Kirchen verbindet.
Auch inhaltlich setzt der auf Englisch veröffentlichte Appell starke Signale: „We call on everyone, whatever their belief or worldview, to endeavour to listen to the cry of the earth and of people who are poor, examining their behaviour and pledging meaningful sacrifices for the sake of the earth which God has given us.“ Der Text betont angesichts der Folgen der Corona-Krise, der zunehmend spürbaren Folgen des Klimawandels und der wachsenden sozialen Ungleichheiten die Notwendigkeit grundlegende Fragen zu stellen: „Now, in this moment, we have an opportunity to repent, to turn around in resolve, to head in the opposite direction. We must pursue generosity and fairness in the ways that we live, work and use money, instead of selfish gain.“ Gerade in dieser Situation sei eine Zusammenarbeit aller Christen von höchster Bedeutung: „This path requires an ever-closer collaboration among all churches in their commitment to care for creation. (…) This is a critical moment. Our children’s future and the future of our common home depend on it.“
Der gesamte Appell zum Nachlesen
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Rückblick: Ökumenischer Schöpfungstag am Bodensee

Gebet bei strahlendem Sonnenschein
 
Auch in Deutschland wurde in diesem Jahr ein gemeinsames Zeichen zur Bewahrung der Schöpfung gesetzt: Erstmals wurde die Feier des Ökumenischen Schöpfungstages, die in diesem Jahr unter dem Motto „Damit Ströme lebendigen Wassers fließen“ stand und am Bodensee stattfand, nicht nur von einem breiten Bündnis unterschiedlicher Kirchen getragen, sondern auch von einem grenzüberschreitenden Bündnis: Denn bei der länder- und konfessionsverbindenden Schifffahrt über den Bodensee kooperierten die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), der Ökumenische Rat der Kirchen Österreichs (ÖRKÖ) und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Schweiz (AGCK) sowie die ACK in Bayern. Am Ausgangspunkt in Bregenz stand eine Andacht mit orthodoxer Wasserweihe im Mittelpunkt, auf halber Strecke in Lindau betonte Bischof Bertram Meier die Dringlichkeit der gemeinsamen Aufgabe: „Lassen wir es nicht zu, dass es bereits fünf nach 12 ist“. Beim abschließenden ökumenischen Gottesdienst im schweizerischen Romanshorn wurde gleichzeitig das 50jährige Jubiläum der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz gefeiert. So ermöglichte der Tag nicht nur vielfältige Eindrücke und Begegnungen, sondern auch ein lebensfrohes Zeichen der Verbundenheit in dieser wichtigen Herausforderung der Zukunft.
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Veranstaltungen und Tipps

„Gemeinsam Hoffnung bezeugen“ – Friedensgebet des Rates der Religionen München am 07.10.2021 um 19:00 Uhr

Friedensgebet 2018
 
Unter dem Motto „Gemeinsam Hoffnung bezeugen“ lädt der Rat der Religionen München am 07.10.2021 um 19:00 Uhr zum diesjährigen Friedensgebet auf dem St.-Jakobs-Platz (vor der Synagoge) ein. Die christlichen Kirchen, die beiden jüdischen Gemeinden, Vertreter der Moscheegemeinden, der Aleviten, Buddhisten und Bahai’s wollen damit ein öffentliches Zeichen der Verständigung, des wechselseitigen Respekts und der gemeinsamen Hoffnung setzen. Seitens der katholischen Kirche wird Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg mitwirken.
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Ökumenische digitale Pilger-App startet

Pilgerweg-App
 
Auch nach Corona gehört das Pilgern zu den Angeboten aus der kirchlichen Angebotspalette, die zugleich Menschen jenseits der eigenen Kirche erreichen. Spirituelles Gehen im eigenen Tempo, das viel Raum für eigene existenzielle Fragen bietet und an traditionelle „Kraftorte“ führt, ohne dass gleich eine Einbindung in eine feste Gemeinschaft notwendig ist, trifft bei vielen Menschen ihr Bedürfnis und wird als etwas Bereicherndes empfunden. Dieser Trend spiegelt sich auch in der Ökumene wider. Auch in den traditionell dem Pilgern eher reserviert gegenüberstehenden Kirchen der Reformation gibt es seit vielen Jahren ein hohes Interesse und eigene Zugänge zu diesem Themenfeld. Vor diesem Hintergrund ermöglicht eine von der ACK in Deutschland konzipierte digitale Ökumenische Pilger-App ganz neue Zugänge. Sie will individuelle Wege ebenso ermöglichen und stärken, wie den Austausch der Pilger:innen aus den unterschiedlichen Traditionen. Dazu bietet sie neben digitalen Tagesimpulse auch digitale Pilgerherbergen, in denen die Ankommenden miteinander in den Austausch kommen können und so gestärkt ihre eigenen Wege gehen können. Vorgestellt wird die App am 5. Oktober 2021 in einer kleinen Veranstaltung, ab dann ist sie über die verschiedenen App-Stores kostenlos herunterzuladen. Mehr Informationen gibt es hier.

Literaturtipps

Ökumene:

Buchcover P. Steiner, Streiten für die Einheit
 
Peter Neuner, Streiten für die Einheit. Erfahrungen für die Einheit, Freiburg i.Br. 2021.
Professor Peter Neuner dürfte als profunder ökumenischer Theologe vielen gut bekannt sein: Als Professor für Dogmatik und ökumenische Theologie an der LMU München hat er nicht nur unzählige Studentinnen und Studenten ausgebildet und geprägt, sondern über fünf Jahrzehnte auch die Entwicklung der Ökumene in Deutschland und darüber hinaus erlebt und mitgestaltet. Wenn Professor Neuner, dem es immer wieder in seinen Veröffentlichungen gelingt, einerseits die theologische Fachdebatte differenziert darzustellen und gleichzeitig in einer Sprache zu formulieren, die die Themen auch über die akademischen Kreise hinaus zugänglich machen, in seinem neusten Werk sein ökumenisches Wirken bilanziert, dann verspricht dies spannende Innenansichten: Und in der Tat eröffnet die Lektüre des Bandes „Streiten für die Einheit“ ein sehr lesenswertes Panorama der Dynamiken, die die Ökumene seit dem II. Vatikanischen Konzil bestimmten. Präzise und immer wieder an seine eigenen Erlebnisse zurückgebunden beschreibt Neuner den Aufbruch nach dem Konzil, die erstaunlichen Annäherungen der theologischen Gespräche bis weit in das Pontifikat Johannes Pauls II. hinein. Er nimmt den Leser mit hinein in das nachkonziliare Klima an der Münchner Fakultät. Hier lehrten und forschten prägende Theologen wie Heinrich Fries und Wolfhart Pannenberg und schufen dabei ein kreatives Atmosphäre, in dem junge Theologen wie K. Lehmann, J. B. Metz und andere ihre eigene Theologie entwickeln konnten. Präzise und hoch spannend beschreibt Neuner die sich in den 80er Jahren zunehmend verhärtende kirchenpolitische Situation, die auch die Ökumene erfasste und sich in den Debatten um den Fries-Rahner-Plan oder das Ämtermemorandum niederschlugen. Neuner fragt nicht unberechtigt, ob seine damals bezogenen offenen Positionen dazu beigetragen haben, dass er nie in eine der offiziellen Dialogkommissionen auf Deutschland- oder Weltebene berufen wurde. Hochspannend auch die internationalen Perspektiven, die Neuner, der stets mit großer Lust auf das Neue ein Reisender war, gerade im Hinblick auf China und die dortige Situation beschreibt. Wer verstehen will, auf welchen Schultern die Ökumene heute steht, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen.

Interreligiöser Dialog:

Buchcover Th. Bauer, Mittelalter.
 
Thomas Bauer, Warum es kein islamisches Mittelalter gab. Das Erbe der Antike und der Orient, München 2021.
Taliban und sog. Islamischer Staat erscheinen vielen westlichen Betrachtern als Vertreter eines mittelalterlichen Islam. Nicht selten kann man das vermeintlich verständnisvolle Argument hören, der Islam sei ja etwa 600 Jahre jünger als das Christentum, hätte somit einfach noch das Zeitalter der neuzeitlichen Aufklärung vor sich. An diesen schlichten Erklärungen ist so ziemlich alles falsch, weil sie eine geradezu deterministische und universalistische Sicht der menschlichen Kulturgeschichte und -entwicklung voraussetzen. Mit diesem Vorurteil räumt der renommierte Islamwissenschaftler Thomas Bauer gründlich auf, der schon durch sein Buch „Die Kultur der Ambiguität“ gezeigt hat, wie vielfältig und tolerant die islamische Welt über viele Jahrhunderte sein konnte, bevor erst die Moderne des 19. und 20. Jahrhunderts jene fundamentalistischen Bewegungen hervorgebracht hat, die heute die islamischen wie die westlichen Gesellschaften terrorisieren. In seinem neuen Buch zeigt Bauer, wie die antike Zivilisation mit florierenden Städten und Wissenschaften im islamischen Raum weiterlebte und weiterentwickelt wurde, während das mittelalterliche Europa in nahezu allen Bereich (Medizin, Astronomie, Mathematik, Naturwissenschaften, Landwirtschaft, Philosophie etc.) um Jahrhunderte zurückfiel. Diese „‘Blüte‘ des Islams ist die schmale Brücke, über die die Antike von Asien nach Europa gewandert ist.“ (106) Dies erneut bewusst zu machen, ist das große Verdienst dieses Buches.
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Zitat

„Wer an Gott glaubt, ist dazu berufen, die Geschwisterlichkeit unter den Menschen erfahrbar werden zu lassen. Hierin liegt eine starke, theologisch begründete Motivation, immer wieder den Dialog zu suchen – auch und gerade unter widrigen Umständen. Ohne Dialog ist viel verloren; doch mit dem Dialog können wir einiges gewinnen: mehr Frieden und mehr Verständnis unter den Religionen“

(Bischof Bertram Meier beim interreligiösen G20-Forum in Bologna)

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vertreten durch das Erzbischöfliche Ordinariat München
Generalvikar Christoph Klingan
Kapellenstraße 4 / 80333 München

Verantwortlich für den Inhalt:
Dr. Florian Schuppe, Fachbereich Ökumene
Dr. Andreas Renz, Fachbereich Dialog der Religionen

Redaktion

Dr. Florian Schuppe, E-Mail: FSchuppe@eomuc.de | Dr. Andreas Renz, E-Mail: ARenz@eomuc.de | Jana Puritscher, E-Mail: JPuritscher@eomuc.de | Bettina Hardy, E-Mail: BHardy@eomuc.de

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