Pfarrverband Im Würmtal

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Bau der Pfarrkirche

Nach dem zweiten Weltkrieg erhöhte sich nicht zuletzt auch durch Flüchtlinge und Vertriebene die Bevölkerungszahl im Jahr 1948 auf etwa 1500. Nicht nur die materielle Not war groß. Viele Menschen suchten nach der nationalsozialistischen Katastrophe Zuversicht und Sinngebung in den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften. Da es aber dem Gautinger Pfarrer und seinem Kaplan nicht mehr möglich war, die stark angewachsene Pfarrei ausreichend zu betreuen, waren die Stockdorfer auf ihre eigene Initiative angewiesen. Ab 1947 suchte die Kirchenverwaltung daher die seelsorgliche Abtrennung von Gauting durch die Erhebung Stockdorfs zur Pfarrkuratie*, der dann auch im Juli 1949 stattgegeben wurde. Zum Pfarrkurat wurde Dr. Josef Goldbrunner ernannt, der seit 1936 Hausgeistlicher des Prinzessin-Ludwig-Kinderheims (heute Alpenstraße 9) gewesen war und seit 1941 die Sonntagsgottesdienste in der Filialkirche St. Vitus abgehalten hatte. Die Pfarrkuratie mietete ab Juli 1949 das erste Stockwerk des Hauses Bennostraße 26 als Wohnung für den Kuraten an; dieses Gebäude wurde im Dezember 1949 vom Erzbischöflichen Ordinariat als Pfarrhaus angekauft. Es dauerte dann aber noch acht Jahre, genauer bis zum 1. Advent des Jahres 1957, bis Stockdorf auch zur Pfarrei erhoben wurde.

Im Tausch gegen „6 Tagwerk** Kirchenwald" unter einer Zuzahlung von 10.000 DM erwarb die Kirchenstiftung im Juli 1951 den Kirchenbauplatz von der Gemeinde Gauting. 

Rohbau St. Vitus
Mit dem Grundstück wurden auch mehrere Holzhäuser erworben; eines stellte die Kirchenverwaltung dem Verein zur Förderung des Kindergartens Stockdorf zur Verfügung, eines wurde als Mesnerhaus bestimmt, ein weiteres war das Wohnhaus der Caritas-Schwestern Irmgard Ackens und Nelly Grimbs, die die Kinder des neu entstandenen Kindergartens betreuten.
Im September 1952 legte das Ordinariat den Bauplan einer Kirche vor, den der Regierungsbaumeister Heps aus München im Rahmen eines anderen Bauwettbewerbs (Schliersee-Josefstal) entworfen hatte. Sowohl aus zeitlichen als auch aus finanziellen Gründen wurde der Plan durch Dr. Gold-brunner und die Kirchenverwaltung noch im gleichen Monat akzeptiert. Da der Bauplan nicht für Stockdorf entworfen wurde, weist der Kirchenbau allerdings eine Besonderheit auf, die gleich ins Auge fällt: Der Haupteingang befindet sich an der hinteren, rechten Seite des Gebäudes und der Zugang an der Stirnseite nicht in der Mitte. Die Kirche ist zudem nicht wie üblich nach Osten ausgerichtet. Dies ist wohl den Gegebenheiten des Bauplatzes geschuldet.

Am 28. September stellten der Vorsitzende des Kirchenbauvereins Stockdorf, Ludwig Reichwein, und Kurat Dr. Josef Goldbrunner die Pläne im Gasthaus „Post" (heute Baierplatz 1) vor. Im Münchner Merkur war daraufhin zu lesen: „Er [Dr. Goldbrunner] zeigte zu Anfang Bilder von Kirchen der Frühgotik – Kirchenfestungen, dann barocke Kirchenpaläste und zum Schluß die modernsten Kirchen der jüngsten Zeit, welche nach unserem Empfinden manchmal den Namen Kirche nicht mehr zu Recht tragen […] Viele befürchteten, der als „modern" bekannte Kurat könnte auch so einen Steinbaukasten empfehlen. Als dann auf dem Leuchtschirm erstmals das Bild der neuen Kirche erstrahlte, hörte man fast die Steine von den Herzen fallen." Diese Präsentation, in der sich Tradition und Moderne (und das Machbare) die Waage hielten, dürfte recht geschickt erfolgt sein.
Er [Dr. Goldbrunner] zeigte zu Anfang Bilder von Kirchen der Frühgotik – Kirchenfestungen, dann barocke Kirchenpaläste und zum Schluß die modernsten Kirchen der jüngsten Zeit, welche nach unserem Empfinden manchmal den Namen Kirche nicht mehr zu Recht tragen […] Viele befürchteten, der als „modern" bekannte Kurat könnte auch so einen Steinbaukasten empfehlen. Als dann auf dem Leuchtschirm erstmals das Bild der neuen Kirche erstrahlte, hörte man fast die Steine von den Herzen fallen." Diese Präsentation, in der sich Tradition und Moderne (und das Machbare) die Waage hielten, dürfte recht geschickt erfolgt sein.

Die Bauarbeiten begannen am 21. April 1953. Danach ging es dank des Bauunternehmens Hallinger aus Krailling in einem heute nicht mehr vorstellbaren Tempo weiter. Beeindruckend ist die Leistung zudem, da kein Kran die Arbeit erleichterte, sondern lediglich einfache Holzstangen das Gerüst bildeten.

Am 14. Juni 1953 erfolgte die Grundsteinlegung durch Weihbischof Dr. Johannes Neuhäusler – der erste Besuch eines Bischofs in Stockdorf überhaupt!
Nach altem Brauch wurde zunächst die Stelle gesegnet, an der der Altar vorgesehen war. Dann erfolgte die Weihe des Grundsteins, der in Stock-dorf hüfthoch in einer Nische in der linken Chorwand eingelassen ist. In diese Nische wurde, auch nach alter Sitte, eine Kupferbüchse eingemauert, die eine künstlerisch gestaltete Urkunde über die Geschichte der Pfarrei und der Kirche St. Vitus, Münzen, Briefmarken, Pläne der Kirche, zwei Zeitungen, einen Pfarrbrief, eine Ausgabe der „Katechetischen Blätter", sowie den Entwurf des seinerzeit neuen Katechismus enthält.

Kein Zeitungsartikel lässt aus, dass der Kirchenchor unter der Leitung von Hauptlehrer Alfons Maria Köbele die Feierlichkeiten mit Psalmen für Chor und Soli begleitete, die Köbele eigens für diesen Anlass komponiert hatte. Nicht unerwähnt darf bleiben, dass Köbele 1954 Rektor der neuen Grund-schule in Stockdorf wurde und als ehrenamtlicher Heimatpfleger des Kreises Starnberg über viele Jahre das kulturelle Leben Stockdorfs und darüber hinaus mit gestaltete.

Am 3. Juli konnte das Richtfest, also die Vollendung des Rohbaus inklusive des Dachs, gefeiert werden.

Im August 1953 erhielt die Südfassade das Wandgemälde des Hl. Vitus. Der Künstler Erich Schickling schien ein Werk geschaffen zu haben, das durchaus die Gemüter bewegte: im Münchner Merkur konnte man am 12. September ein anonymes Spottgedicht über das Bild lesen. Leider erschließt sich daraus nicht, was denn bemängelt wurde – war das Gemälde einfach nur „zu modern"?
Quelle: Broschüre des Kirchenbauvereins St. Vitus

 
* Unter einer Pfarrkuratie oder auch Quasipfarrei (lat. quasi-paroecia) versteht man eine Gemeinschaft von Gläubigen, die aufgrund „besonderer Umstände" noch nicht als Pfarrei errichtet wurde. 

** Ein bayerisches Tagwerk entsprach 3.407,27 Quadratmeter.