In dieser neuen Familienkolumne sollen keine professionellen Fachleute und Experten zu Wort kommen, sondern Ehepaare und Eltern, die ihre Erfahrungen aus dem Familienalltag teilen möchten. Hier können Sie zu Themen der Beziehungsgestaltung, der Erziehung und der Glaubensvermittlung Antworten auf die Frage finden: Wie machen das eigentlich andere Ehepaare?
Den Anfang macht das Ehepaar Hannes und Marianne Pöchhacker aus Niederösterreich. Sie sind seit 23 Jahren verheiratet und haben vier Kinder zwischen 11 und 21 Jahren. Ihr Lebensalltag ist geprägt von der Arbeit in der heimischen Landwirtschaft. Das Leben aus dem Glauben und die Weitergabe eines authentischen Glaubenslebens an ihre Kinder ist Hannes und Marianne ein Herzensanliegen. Herausforderungen gibt es da mehr als genug.
Pater Daniel: War euer gemeinsamer Glaubensweg schon immer so klar und zielstrebig?
Hannes: Wir sind beide traditionell-katholisch aufgewachsen. Die Sonntagsmesse hat da ganz selbstverständlich dazugehört. Die katholische Trauung war für uns ein Muss und wir waren uns einig, dass die Kinder erst danach kommen.
Marianne: Aber auch wenn der Glaube immer eine Rolle gespielt hat, hatten wir doch noch einen langen Weg vor uns. Ich erinnere mich an meine Großmutter, die immer den Rosenkranz gebetet hat, besonders auch für mich, dass mir nichts zustößt. Ich habe mich da immer sehr beschützt gefühlt, auch wenn ich selbst damals noch keinen Zugang zum Rosenkranzgebet hatte
Pater Daniel: Das klingt so, als wärt ihr euch da immer ziemlich einig gewesen. Hat die unterschiedliche Herkunftsfamilie da bei euch keine größere Rolle gespielt?
Marianne: Jeder bringt natürlich seinen Rucksack mit. In der Ehe haben wir dann begonnen, unseren gemeinsamen Rucksack zu befüllen. Da war es sehr wichtig, viel miteinander über die Themen zu sprechen, die für unser gemeinsames Leben von großer Bedeutung sein würden. Was ist mir wichtig? Was ist dir wichtig? - Im Hinblick auf alltägliche Dinge, aber eben auch so wichtige Fragen wie die Kindererziehung.
Hannes: Das Thema Herkunftsfamilie ist dann aber auch später nie abgeschlossen. Gerade jetzt mit zunehmendem Alter tritt dieses persönliche Gepäck wieder mehr in den Vordergrund.
Marianne (lacht): Ja, wenn man plötzlich negative Eigenschaften annimmt, die einen früher bei den Eltern geärgert haben.
Pater Daniel: Ihr sagt, dass das Miteinanderreden von zentraler Bedeutung ist. Tatsächlich kann man ja in unserer Zeit beobachten, wie immer weniger ernsthaft miteinander gesprochen wird, auch in den Familien. Die Berufstätigkeit, die vielen Termine und nicht zuletzt das Handy behindern zunehmend die direkte Kommunikation. Welche Wege habt ihr da gefunden, um dennoch „in Kontakt zu bleiben“?
Hannes: Ja, das stimmt. Wir beobachten, dass in unserem Umfeld nicht selten Ehen zerbrechen, wenn die Kinder groß werden. Alles hat sich um die Kinder gedreht. Die Eheleute haben sich zu wenig Zeit füreinander genommen. Wenn dann die Kinder selbständiger werden, hat man sich plötzlich nichts mehr zu sagen.
Marianne: Wir haben da sehr früh die Gnade bekommen, die Wichtigkeit des ehelichen Austausches zu erkennen. Wie schon am Anfang erwähnt, war unser eher traditionell geprägter Glaube anfangs sehr oberflächlich. Ich habe damals noch als Krankenschwester gearbeitet und in der Arbeit einen älteren Mann kennengelernt, der regelmäßig die Kranken besucht hatte. Er war sehr gläubig und hat immer versucht, den Menschen hier etwas mitzugeben. Ich habe mich oft mit ihm unterhalten und viele Fragen gestellt; wir waren ja damals so unwissend... Jedenfalls war dies der Beginn einer tiefgreifenden Bekehrung. Ich habe dann Exerzitien gemacht und durfte dort einen Priester kennenlernen, dem wir bis heute sehr viel verdanken. Eine tiefe geistliche Erfahrung und die Vorträge auf den Exerzitien haben mir geholfen, eine persönliche Beziehung zu Christus aufzubauen. Plötzlich hatte das Gebet eine ganz neue Bedeutung für mich.
Hannes: Marianne war damals wie ausgewechselt, als sie von den Exerzitien zurückkam. Ich erinnere mich noch gut, wie wir die ganze Nacht über den Glauben gesprochen haben. Es war auch für mich eine neue Welt, die sich da aufgetan hat. Von da an hat sich unser Glaubensleben grundlegend verändert.
Pater Daniel: Und das war dann der Auslöser für eure offene Kommunikation in der Ehe?
Marianne: Nein, wir haben immer schon die wichtigen Themen miteinander offen besprochen. Doch mit dem lebendigen Glauben kam nun eine neue Dimension in unser Leben und in unsere Ehe. Wir suchten nun vermehrt nach geistlichen Angeboten, die über das gewöhnliche Pfarrleben hinausgingen. Sehr prägend ist für unsere Familie das Jungfamilientreffen in Pöllau (seit 2024 Kremsmünster) geworden.
Hannes: Damals hatten wir uns entschlossen, unsere Landwirtschaft auszubauen. Die Baustelle und der Alltagsstress haben dazu geführt, dass wir immer weniger Zeit füreinander hatten. Das ist uns erst bewusst geworden, als in Pöllau in einer Austauschgruppe ein Ehepaar von den regelmäßigen Eheabenden erzählt hatte.
Marianne: Es war und ist uns immer wichtig, an unsrem Hochzeitstag eine besondere Ehezeit zu verbringen, weg vom Arbeitsplatz. Da beginnt der Tag mit einer heiligen Messe. Danach gehen wir einem gemeinsamen Hobby nach (je nach Wetter besteigen wir einen Berg oder fahren in die Therme). Als die Kinder noch kleiner waren, durften sie ihre Paten besuchen. Jetzt erledigen sie schon für uns die Stallarbeit, so dass sich ein Dinner zu zweit auch noch ausgeht. Hiermit ist der ganze Tag Ehezeit!
Aber einmal im Jahr, ... das ist einfach zu wenig. Da hat uns die Idee mit den regelmäßigen Eheabenden angesprochen. Wir haben gleich irgendwie gespürt, dass das wichtig für uns wäre bei all der vielen Arbeit. Es war fast wie eine Art Berufung. Wir haben vor knapp 15 Jahren damit begonnen und wir haben es bis heute praktiziert, ... weil es einfach so unglaublich wertvoll und bereichernd ist, eine Zeit bewusst zu zweit zu planen.
Pater Daniel: Was ist das genau, ein Eheabend und wie läuft der ab?
Marianne: Ein Eheabend ist ein möglichst wöchentliches Gespräch von 1-2 Stunden zwischen den Ehepartnern. Er sollte als fester Termin im Familienkalender stehen, mit einer hohen Priorität. Wichtig ist, dass es bei dem Gespräch nicht um Probleme und Alltagssorgen geht, sondern um den Partner als Person. Unausgesprochene Erwartungen werden meist enttäuscht. An diesem Abend soll nichts wichtiger sein als der Ehepartner. Da bleibt auch das Handy aus, denn digitale Medien stehlen Ehezeit!
Hannes: Es geht darum, sich nach dem anderen zu erkundigen: Wie geht es dir? Was beschäftigt dich gerade? Gibt es etwas, das ich an mir verbessern kann? Habe ich dich irgendwie verletzt? Was ist gerade besonders schön für dich? Die Ehe läuft nicht von alleine. Wir müssen Zeit investieren: die wohl lohnendste Investition, denn sie bringt nachhaltige Rendite. Wenn es uns Eltern gut geht, geht es auch den Kindern gut; es läuft harmonischer und wir sparen uns viel Erziehungsarbeit durch Beziehungsarbeit!
Marianne: Es soll ein Gespräch von Herz zu Herz sein. Damit das gelingen kann, braucht es allerdings ein paar Regeln, die auf jeden Fall beachtet werden sollten. Wichtig ist, dass man den anderen immer ausreden lässt und ihm wirklich zuhört. Auch sollte man vermeiden, laut zu werden, wenn man sich mal nicht einig ist. Man sollte weder den Anderen angreifen oder ihm Vorwürfe machen, noch sich selber zu schnell angegriffen fühlen. Außerdem kann ich im Gespräch oft hören, was der liebe Gott uns sagen möchte. Das tut Er im Ehesakrament gerne durch den Ehepartner.
Pater Daniel: Gibt es einen besonderen Rahmen oder eine Art Zeremonie?
Marianne: Das kann auf jeden Fall am Anfang helfen. Auf Dauer werden sich natürlich gewisse Dinge bewähren, andere nicht. Wichtig ist, dass der Rahmen nicht zu aufwendig ist, dass man z.B. nicht den Anspruch hat, immer etwas Besonderes kochen zu müssen. Andererseits soll es aber gemütlich sein, so dass man sich darauf freut. Ein lauschiges Plätzchen mit einem Glas Wein oder einer Tasse Tee im Winter reicht als äußerer Rahmen meist aus. Es geht ja um den anderen als Person und nicht um das Drumherum. Die vielleicht wichtigste Regel ist, dass man immer als Ehepaar gestärkt aus diesen Gesprächen geht. Dann wird es sich auch etablieren und man freut sich schon den ganzen Tag auf die gemeinsame Zeit.
Hannes: Wir haben schon von anderen Ehepaaren gehört, dass es manchmal für den einen Partner eine Qual ist. Das kann passieren, wenn ein Ehepartner zu dominant das Gespräch bestimmt oder wenn nur Probleme gewälzt werden. Das wäre kontraproduktiv. Spannungen und Streit sollten vorher besprochen und beigelegt werden, nicht beim Eheabend. Außerdem heißt es ja in der Bibel: Die Sonne soll über eurem Zorn nicht untergehen (Eph 4,26). Daher haben wir es uns zur Gewohnheit gemacht, uns jeden Abend gegenseitig zu segnen.
Pater Daniel: Habt ihr ein paar Tipps, wie man diesen Abend im Familienleben etablieren kann? Ich könnte mir vorstellen, dass die Kinder da vielleicht auch nicht immer so begeistert sind, oder?
Marianne: Dadurch, dass wir diesen Brauch schon so lange pflegen, ist es für die Kinder ganz normal. Als die Kinder größer wurden, haben sie irgendwann angefangen parallel einen „Kinderabend“ zu veranstalten. Da wird dann gespielt oder auch mal ein guter Film angeschaut. Ich glaube, dass die Kinder merken, wie gut uns diese Abende als Eltern tun. Und wenn es uns als Paar gut geht, dann geht es auch den Kindern gut.
Hannes: Da fällt mir ein schönes Erlebnis ein: Unser Sohn Johannes hat vor einigen Jahren ein Bankerl für unsere Eheabende getischlert. Als es fertig war, haben es die Kinder dann ganz feierlich zu einem Aussichtspunkt bei uns am Grundstück getragen. Dort finden bei gutem Wetter in der warmen Jahreszeit nach einem ausgiebigen Spaziergang oft unsere Eheabende statt.
Pater Daniel: Zum Schluss würde mich noch interessieren, welche Rolle der Glaube bzw. Gott bei diesen Eheabenden spielt. Oder ist das nur etwas rein Zwischenmenschliches?
Marianne: Eine Sache, die mir immer sehr viel Trost und Vertrauen geschenkt hat, ist das Bewusstsein, dass die katholische Ehe eben nicht nur ein Bund von Mann und Frau ist, sondern dass es einen Dritten im Bunde gibt. Die Ehe soll ja die Liebe Gottes widerspiegeln! Normalerweise findet vor dem Eheabend unser Abendgebet als Familie statt. Bei den Eheabenden schwelgen wir auch manchmal in gemeinsamen Erinnerungen. Da kommt dann auch zur Sprache, was einem damals besonders am Anderen gefallen hat oder eben auch, wie man gemeinsam schwierige Zeiten gemeistert hat. Da spielen Gott und der Glaube meist eine wichtige Rolle.
Hannes: Wir sprechen zwar als Menschen miteinander, doch ohne Gottes Wirken und Eingreifen in unser Leben wäre dies für uns unvorstellbar.