Nach wenigen Sekunden zuckt ein ungeheurer Lichtblitz. Und auf Hiroshima legt sich gleichsam glühender Rauch. Gebäude, Bäume, Menschen, Tiere werden einfach hinweggefegt, verbrannt. In wenigen Minuten erreicht die Explosionswolke eine Höhe von 10.000 und schließlich 20.000 Meter Höhe.
Doch was sich unter der giftigen Wolke auftut, ist nur tödlicher Schrecken, ein unüberschaubares Trümmerfeld und eine sich rasend ausbreitende, feurige Hölle.
Der Co-Pilot des Flugzeugs berichtet Jahre später: „Von dieser Erinnerung an die schrecklichsten Minuten meines Lebens werde ich mich nie befreien können, selbst wenn ich 100 Jahre alt würde!“
Nicht nur er ist schockiert. Die ganze Welt, die nach und nach von diesem Inferno des ersten Atombombenabwurfs erfährt, ist erschüttert von dem Ausmaß an Zerstörung, Leiden und Tod.
In der Pfarrei Maria Himmelfahrt
An diesem 6. August 1945 trägt sich aber noch etwas Anderes zu: Vier Jesuitenpatres der Pfarrei Maria Himmelfahrt in Hiroshima, die nur acht Häuserblocks vom sogenannten ground zero, dem Zentrum der Explosion entfernt wohnen, werden ganz wunderbar beschützt.
Einer der Patres, der damals 30-jährige Kaplan Hubert Schiffer SJ bezeugt im Jahr 1976 auf dem Eucharistischen Kongress in Philadelphia, was damals vor sich ging - schlicht und zugleich eindrücklich:
„Ganz plötzlich, zwischen einem Atemzug und dem anderen, wurde der blaue Himmel über Hiroshima von einem blendenden, unbeschreiblich grellen, intensiven Licht erhellt. Nur gleißende Helligkeit umgab mich. Ich konnte weder sehen noch denken. Für einen Moment stand alles still. Ich schwamm in einem Ozean von Licht, hilflos und voll Furcht. Der Raum schien in tödlicher Stille den Atem anzuhalten.
Plötzlich war alles erfüllt vom Donnerschlag einer schrecklichen Explosion. Eine unsichtbare Kraft schleuderte mich vom Stuhl. Es schlug, schüttelte und wirbelte mich durch die Luft wie ein Blatt im Herbstwind.
Dann war alles in Dunkelheit getaucht, in ein stilles Nichts. Ich war nicht bewusstlos, denn ich versuchte zu denken, was passiert war. Mit meinen Fingern fühlte ich mich selbst in diesem totalen Dunkel.
Ich lag mit meinem Gesicht nach unten in zersplittertem Holz und konnte nichts sehen, nichts hören. Ich glaubte, ich wäre tot! Dann vernahm ich meine eigene Stimme. Dies zeigte mir, dass ich noch am Leben war, und in mir wuchs die furchtbare Gewissheit, dass eine grauenhafte Katastrophe passiert sein musste.
Einen ganzen Tag verbrachten meine drei Mitbrüder und ich in dieser Hölle von Feuer, Rauch und radioaktiver Strahlung, bis wir endlich von Rettungsleuten gefunden und geborgen wurden. Wir waren zwar alle verletzt, aber durch die Gnade Gottes hatten wir überlebt!“ — Zusammen mit nur ganz wenigen von über hunderttausend in einem Umkreis von 1,5 P. Schiffer berichtet weiter, dass Experten immer noch rätseln, warum keiner der vier Patres durch die radioaktive Strahlung dauerhaft geschädigt wurde und warum allein das Pfarrhaus inmitten der totalen Zerstörung stehenblieb.
Im Laufe der Zeit wurde P. Schiffer von mehr als 200 amerikanischen und japanischen Ärzten und Wissenschaftlern untersucht. Diese hatten, so der Priester, keine natürliche Erklärung dafür, dass er auch 31 Jahre nach der Explosion keine radioaktiven Spätfolgen hatte und sich guter Gesundheit erfreute.
P. Schiffer hingegen hat eine Erklärung: „Als Missionare wollten wir einfach die Botschaft der Gottesmutter von Fatima leben und deshalb beteten wir täglich den Rosenkranz. Das Gebet und die Geborgenheit in ihrem Unbefleckten Herzen waren stärker als die Atombombe.
Maria und der Jesuitenorden
Diese Marienfrömmigkeit und Wertschätzung Unserer Lieben Frau von Fatima, war damals keineswegs eine exklusive Frömmigkeit der vier Japan-Missionare. Die Andacht zu Maria, der Mutter des Herrn, findet sich tief eigeschrieben in die Anfänge des Jesuitenordens.
Bereits den Stifter Ignatius von Loyola zeichnete eine große Hingabe an Maria aus. Nach seiner Bekehrung übergab der spanische Ritter im Marienheiligtum von Montserrat am 25. März 1522 seine Rüstung der Muttergottes und wollte fortan nur noch Gott dienen. In seinen Ordenssatzungen empfiehlt er den Mitbrüdern das tägliche Rosenkranzgebet (Nr. 344f) und auch die Gelübde werden Gott „vor [d.h. im Beisein] der heiligsten Jungfrau Maria“ gelobt.
Ganz in dieser Haltung legten Ignatius und seine Fest der Aufnahme Mariens 1534 in der Muttergotteskapelle auf dem Montmartre ab. Und die feierliche Profess nach der Anerkennung des Ordens begingen die ersten Mitglieder der Gesellschaft Jesu 1541 in der römische St. Pauls-Basilika vor einem altehrwürdigen Marienbild.
Da war es eine passende Fügung, dass ihnen als erste Ordenskirche die kleine »Maria della Strada« (Unsere Liebe Frau vom Weg) zugewiesen wurde, deren Gnadenbild Ignatius sehr verehrte. Überhaupt hatte die erste Jesuitengeneration die Überzeugung, dass „aufgrund der innigen Liebe und Andacht des Pater Ignatius und der ganzen Gesellschaft zur Jungfrau und Gottesmutter“ diese „eine besondere und umfassende Schutzherrschaft über die Gesellschaft übernommen habe“ (J. Nadai SJ in seinen »Scholia in Constitutiones«).
Daher wundert es nicht, dass sich der ganze Orden am 5. Dezember 1884 dem Unbefleckten Herzen Mariens weihte.
Als im Jahr 1917 die Jungfrau Maria in Fatima erschien und ausdrücklich um die Weihe an ihr Unbeflecktes Herz bat, konnten die Jesuiten dies als ganz ähnliche Bestätigung deuten, wie Papst Pius IX. die Erscheinungen der „Unbefleckten Empfängnis“ in Lourdes für das 4 Jahre vorher von ihm verkündete Dogma der „Immaculata“.
Was durch die ganze Geschichte des Ordens gelebt wurde, hat die 27. Generalkongregation im Jahr 1923 festgehalten: „Die Andacht [der Rosenkranz] zur seligsten Jungfrau Maria, die unsere Gesellschaft stets als gütigste Mutter verehrt und deren reinstem Herzen sie sich in ganzer Hingabe geweiht hat, wird allen eindringlich empfohlen“ (Dekret 224). Und die 29. Generalkongregation im Jahr 1946 erinnerte daran, die 1884 zum erste Mal vollzogene Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens jährlich zu erneuern.
Der Kirchenhistoriker Klaus Schatz SJ erwähnt in seiner „Geschichte der deutschen Jesuiten“ die große Begeisterung, mit der viele Mitglieder des Ordens die Botschaft von Fatima aufnahmen. Dabei gab es durchaus auch ordensinterne Gegner. Diese sahen aber von einer kritischen Eingabe an den Generalobern ab, da man auch in Rom mit der Fatimafrömmigkeit „ziemlich mitging“. Zudem war es besonders der Nachwuchs, der sich sehr offen für die Botschaft von Fatima zeigte - in Deutschland wie auf der ganzen Welt