Das Jesusgebet
im Katechismus der Katholischen Kirche
(2666-2668):
„Jesus“ beten heißt, ihn anrufen, ihn in uns rufen. Sein Name trägt als einziger Gottes Gegenwart in sich, die er bedeutet [hebr. Jeschua = Jahwe rettet].
Wer immer seinen Namen anruft, empfängt den Sohn Gottes, der ihn geliebt und sich für ihn hingegeben hat (vgl. Röm 10,13).
Diese äußerst einfache Anrufung aus dem Glauben wurde in der Überlieferung des Gebetes des Ostens und des Westens in mancherlei Formen entfaltet.
Die häufigste Fassung, die durch die geistlichen Väter auf dem Sinai, in Syrien und auf dem Berge Athos weitergegeben wurde, ist die Anrufung: „Jesus Christus, Sohn Gottes, Herr, hab Erbarmen mit uns Sündern!“
Die Anrufung des Namens Jesu ist der einfachste Weg des ständigen Betens. Von einem demütig aufmerksamen Herzen oft wiederholt, verliert sich dieses Gebet nicht in „vielen Worten“ (Mt 6,7), sondern bewahrt das Wort und bringt in Ausdauer Frucht.
Es ist „allzeit“ möglich, denn zu beten ist nicht eine Beschäftigung neben anderen, sondern die einzigartige Beschäftigung, Gott zu lieben, die in Christus Jesus alles Tun beseelt und verklärt.
In der ostkirchlichen Tradition gibt es bereits seit dem 6. Jahrhundert Zeugnisse für das sogenannte Jesusgebet. In Anlehnung an den blinden Bettler Bartimäus, der dem Herrn zurief: „Jesus, Sohn Davids, erbarme dich meiner“ (Mk 10,47), entwickelten Mönche die Gebetsübung, immer wieder die Worte „Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner!“ zu sprechen.
Manchmal wählten sie auch kürzere Formen wie „Herr Jesus Christus“ oder sagten einfach nur immer wieder den Namen „Jesus“. Sie beschränkten sich in ihrem Beten aber nicht nur auf Worte des Evangeliums, sondern zogen auch die Psalmen oder andere alttestamentliche Texte heran.
Mit dieser häufigen, manchmal Stunden andauernden Wiederholung der heiligen Worte, versuchten sie dem Auftrag des Apostels Paulus zu entsprechen: „Betet ohne Unterlass!“ (1Thess 5,17)
Wie sieht die Durchführung des Jesusgebets genau aus?
Der Beter findet sich in einer aufrechten Sitzposition ein und spricht laut oder wenigstens die Lippen bewegend immer wieder die kurzen Gebetsworte. Dabei bemüht er sich, seine Gedanken auf den heiligen Text zu richten. Die immer wiederkehrenden Wiederholungen und das tätige Aussprechen der Worte helfen, den Geist zu sammeln und bei der heiligen Person gedanklich zu verweilen.
Schließlich versucht der Beter, das Sprechen immer mehr seinem Atemrhythmus und seinem Herzschlag anzugleichen. Man kann den Gebetsvers aufteilen und beim Einatmen beispielsweise „Herr Jesus“ und beim Ausatmen „Christus“ beten. Genauso ist es möglich, nur beim Ausatmen das Gebetswort zu sprechen.
Die geistlichen Lehrer sind sich darin einig, dass das Gebet grundsätzlich der regelmäßigen Übung bedarf. So auch diese Gebetsweise.
Nach längerer Praxis und in einer fortgeschrittenen Vertrautheit mit dieser Gebetsform kann es dazu kommen, dass der Beter bemerkt, dass das Jesusgebet gleichsam wie ein Grundton unbewusst in verschiedenen Lebenssituationen mitschwingt, auch wenn die erste Aufmerksamkeit, zum Beispiel bei der Arbeit, der äußeren Tätigkeit gilt und gelten muss.
Gebetsweise nach dem Zeitmaß/Rhythmus (GÜ258)
Diese Weise des Gebetes ist, dass man bei jedem Atemzug oder Luftschöpfen im Geiste betet, indem man ein Wort des Vater Unsers oder eines anderen Gebetes, das verrichtet wird, spricht — derart, dass zwischen zwei Atemzügen jeweils nur ein Wort gesagt wird, und dass man in der Zwischenzeit vom einen zum anderen Atemzug vor allem auf die Bedeutung des betreffenden Wortes achtet, oder auf die Person, an die man es richtet, oder auf die eigene Niedrigkeit oder den Unterschied so großer Hoheit zu so großer eigener Niedrigkeit.
Und nach der gleichen Form und Regel wird man bei den übrigen Worten des Vater Unsers verfahren - genauso auch bei anderen Gebeten, wie dem Ave Maria, dem Anima Christi, dem Credo und dem Salve Regina.
Er empfiehlt, zu Beginn eine Körperhaltung einzunehmen, die der größeren Andacht dient. Das kann kniend oder sitzend, ja sogar liegend sein.
Der Beter lässt die Augen dabei nicht umherschweifen, sondern hält sie geschlossen oder richtet sie auf einen gleichbleibenden Ort.
Und wenn er dabei „das Wort Vater spricht, verharrt er solange bei der Erwägung dieses Wortes, wie er Anregungen, Vergleiche, Empfindungen oder Tröstungen findet.“ (GÜ 252).
Bei Ignatius ist diese Gebetsweise eine Meditationsform, bei der bewusst versucht wird, die eigenen Gedanken auf die gesprochenen Worte zu lenken und darüber nachzudenken, um schließlich dem Herrn - das ist das Ziel/ jeden Betens - verschiedene Akte der Liebe, d.h. Lobpreis, Dank, Reue usw. entgegenzubringen.
Ignatius empfiehlt für die Durchführung zwischen zwei Atemzügen jeweils nur ein Wort zu sagen und in der Zwischenzeit, vom einen zum anderen Atemzug, vor allem auf die Bedeutung des betreffenden Wortes zu achten und es zu bedenken.
Wie ein Wassertropfen in einen Schwamm wird sozusagen in die Atempause ein Wort hineingesenkt, damit sich dieses Wort ausbreite und den Beter erfülle. Es bleibt ein Gebet der Beziehung. Das wird deutlich, wenn Ignatius den Blick von der eigenen Niedrigkeit auf die so große Hoheit des Herrn richtet, von uns Menschen immer wieder hin zu Gott (GÜ 258).
Die ignatianische „Gebetsweise nach dem Zeitmaß“ kann dem Beter eine tiefe äußere und dadurch auch innere Ruhe schenken, sie lässt keinen Stress und keine Hektik zu. Sie gewährt zunehmend die Erfahrung, dass wir als ganzer Mensch mit Gott in Beziehung stehen, mit Leib und Seele, mit Körper und Geist. Sie macht uns deutlich, dass unser Leib ein Tempel Gottes ist, in dem der Heilige Geist wohnt (vgl. 1 Kor 6,19) — in dem Gott ruhen darf und wir in ihm. Denn Jesus sagt: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen“ (Mt 11,28).