Im Vorfeld des Priesterjubiläum haben wir Pfarrer Josef Reindl in einem kleinen Interview ein paar Fragen gestellt.
Wir wollten wissen, wie er zum Beruf des Priesters kam, wo er seine Berufung sah, an was er sich besonders an die Priesterweihe und seine Primiz erinnerte und was er glaubt, was geschehen muss, dass sich wieder mehr junge Männer zum Priester weihen lassen.
Beim Beruf des Seelsorgers spricht man ja oft von „Berufung“. Wie haben Sie damals den Ruf als junger Mann wahrgenommen?
Ich kann von keiner plötzlichen Erleuchtung oder einem außerordentlichen Berufungserlebnis berichten. Mich hat schon in der Kindheit der Heimatpfarrer angesprochen und dafür geworben, den notwendigen schulischen Weg einzuschlagen, um dann einmal Theologie studieren und Pfarrer werden zu können. So trat ich in das Erzbischöfliche Studienseminar Traunstein ein und besuchte von dort aus das Gymnasium. Das Seminar verstand sich als berufsfördernd in Richtung Priesteramt, und das wurde auch mitgetragen durch mein Zuhause, in dem ich eine ganz selbstverständliche religiöse Praxis erlebte. Nach einem guten Abitur standen mir alle Wege offen, aber nichts Anderes hatte so viel Anziehungskraft, dass es meine Offenheit für den Priesterberuf überwogen hätte. Das Theologiestudium (in München) brachte manch geistiges und geistliches Ringen hinsichtlich des angestrebten Berufs, aber letztlich überwog die Hoffnung, dass der Herr mich als Arbeiter in seinem Weinberg brauchen kann.
Ihre Priesterweihe war am 29. Juni 1975 in Freising. Was ist Ihnen von diesem Tag und von Ihrer Heimatprimiz in Rattenkirchen noch besonders in Erinnerung?
An meine Priesterweihe habe ich eine Erinnerung weniger in Einzelheiten, sondern an das für mich so bedeutende Ganze: das Hineingenommen- Werden in diese Dienstgemeinschaft für das Volk Gottes. Beeindruckend war sicher die Prostratio (sich zum Boden niederwerfen), während sich über einem beim Singen der Allerheiligenlitanei gewissermaßen eine Wolke des Gebets ausbreitete, die dann hinführte zum Weihegebet und zur Handauflegung durch den Bischof (Kardinal Döpfner).
Am Primizsonntag (13. Juli) war es sehr heiß. Der „Kirchenzug“ führte von meinem Heimatanwesen in Stein auf die Wiese südlich des Pfarrhauses, östlich vom alten Pfarrhof. Der Bach war überdeckt, so dass die vielen Leute sich bis an den großen Hang verteilen konnten. Den Gottesdienst gestaltete (auf meine Anregung hin) ein „Projektchor“ aus dem örtlichen Kirchenchor und dem Gesangverein. Alles – die Wege, der Platz, die Kirche – war großartig geschmückt. Die ganze Pfarrei hatte zusammengeholfen. Ein Verantwortlicher der Landjugend, dem ich nachher meinen Dank und meine Bewunderung zum Ausdruck brachte, meinte: Das hat uns allen auch gut getan, das hat uns so richtig zusammengeführt.
Als Primizprediger hatte ich Pfarrer Josef Brandner gewonnen. Er meinte in seiner Predigt, es sei doch seltsam, dass da mit einem Berufsanfänger so groß gefeiert wird, der noch keine Leistungen erbracht hat, von dem man auch nicht weiß, wie er sich künftig bewähren wird. Aber es sei dennoch sehr sinnvoll, weil wir ja beim Dienstanfang eines Priesters nicht menschliche Leistungen feiern, sondern den Dienst Jesu an den Menschen, sein Leben für uns, seine Hingabe für uns. Immer geht es um ihn, immer geht es um das Zuerst dessen, was Gott für uns getan hat.
In den 50 Jahren waren Sie an vielen Stationen seelsorgerisch tätig. Was ist Ihnen in dieser Zeit immer besonders am Herzen gelegen?
Es sind bei mir nur 4 Stationen: 3 Kaplansjahre in Edling bei Wasserburg, 6 Jahre als geistlicher Präfekt im Studienseminar Traustein, gut 18 Jahre als Gründer und Leiter des Pfarrverbands Holzland (Steinkirchen) und fast 20 Jahre als Leiter im Pfarrverband Amerang. Als wertvoll für das pfarrliche Leben habe ich immer kirchliche Gruppen gesehen: Verbandsgruppen wie KLJB; KLB, kdf, KDFB, aber auch offene Frauengruppen oder Bibelkreise. Gefreut habe ich mich immer über viele Ministranten. Gern und oft habe ich mit Gemeindereferentinnen oder Ehrenamtlichen Kinder- und Familiengottesdienste vorbereitet und gefeiert. Und wichtig war mir auch, dass die vielen Kirchen (und Pfarrheime) baulich in Ordnung waren, um in schönen Kirchen auch möglichst schöne Gottesdienste feiern zu können, ja einfach auch um mit Freude darin zu beten.
1975 wurden Sie mit drei Mitbrüdern geweiht. Auch wenn dies in den damaligen Jahren außergewöhnlich wenig waren, über diese Anzahl von Neupriestern wären wir heute froh. Was glauben Sie müsste passieren, dass sich wieder mehr Männer für den Priesterberuf begeistern?
So außergewöhnlich war die Zahl damals gar nicht: Von 1971 bis 1981 gab es meiner Erinnerung nach keinen Weihekurs über 10, 6mal waren es nur um die 5 Weihekandidaten. Zur Erinnerung: 1968 war das Jahr der Studentenrevolte. Deren Gedankengut hat zweifellos auf die damalige Jugend durchgeschlagen und sich natürlich auch in der Kirche ausgewirkt. In unserer Erzdiözese war zudem nach der Auflösung der Theologischen Hochschule in Freising zugunsten der Uni in München auch das dortige Priesterseminar geschlossen worden – ohne richtigen Ersatz in München. Die Seminaristen verteilten sich quasi „in alle Welt“ und kehrten vielfach später nicht mehr zurück. Eine „Erholung“ der Zahlen gab es erst in den 80er Jahren, um in der letzten Zeit erneut einzubrechen.
Was müsste passieren? – Niemand sollte meinen, mit ein paar Maßnahmen könne man den negativen Trend schnell wieder umdrehen, auch nicht durch die Aufhebung des Zölibats als Bedingung für die Priesterweihe; sonst gäbe es nicht auch in der evangelischen Kirche einen dramatischen Rückgang des Pfarrernachwuchses. Wenngleich ich es mir gut vorstellen könnte, wenn etwa verheiratete Diakone nach einigen Jahren Bewährung in ihrem Dienst zur Priesterweihe zugelassen würden.
Für eine wirkliche Trendumkehr bräuchte es wieder viel mehr praktizierten Glauben in unseren Gemeinden, Mitchristen, die beten, die auch mit einer gewissen Treue und Selbstverständlichkeit die Gottesdienste mitfeiern, denen man ihre Freude am Glauben und ihre dankbare Haltung zu Gott anmerkt (ohne dass sie das heraushängen lassen), viel Glaubwürdigkeit bei allen, die als Kirche“ wahrgenommen werden… In dieser Richtung müsste sich wohl einiges tun, damit junge Leute sich leichter für Jesus und die Kirche begeistern könnten.