12.08.2025 - Pfarrarchivarin Rosmarie Waldinger
Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts überlegte man in Ampfing eine „Kleinkinderbewahranstalt“ zu errichten. In ihrem 1849 verfassten Testament bedachte die Posthalterstochter Anna Danzer die Pfarrei Ampfing mit 2000 Gulden für „die Erbauung einer Kinderbewahranstalt“. Sie starb 1863.
1870 ließ der damalige Pfarrer und Dekan Konrad Schwab von Maurermeister Geisberger eine Planskizze zur Erbauung eines Schulschwesternhauses „anstelle des Kuhstalles beim Emmer Metzger“ erstellen und fragte bei den Armen Schulschwestern an, ob sie die Betreuung der Kinder übernehmen könnten. Während er von den Armen Schulschwestern sofort eine ermutigende Zusage erhielt, gestaltete sich der Bau aus mehreren Gründen als schwierig: das gestiftete Legat war zu wenig, von der Gemeinde bekam Pfarrer Schwab kaum Unterstützung und weibliche Lehrkräfte, besonders die, die einem geistlichen Orden angehörten, waren damals unerwünscht. Pfarrer Schwab bemühte sich daher nicht weiter um die Kinderbewahranstalt.
Als 1886 Franz Sales Schedl die Pfarrstelle in Ampfing übernahm, kam wieder Bewegung in die Angelegenheit. Der frühere Posthalter in Ampfing Andreas Danzer war bereit, sein Wohnhaus samt Garten der Gemeinde Ampfing zu vererben unter der Bedingung, dort eine Kinderbewahranstalt zu errichten, die von Klosterschwestern geleitet wird. Die Gemeinde sollte für die Errichtung und den Unterhalt aufkommen. Bei einer zu diesem Zweck einberufenen Gemeindeversammlung wurde dieses Angebot jedoch abgelehnt. Die Ampfinger befürchteten hohe Kosten und einige hatten gar kein Interesse daran. Danzer verkaufte daraufhin sein Anwesen.
Pfr. Schedl gewann dann Jahre später in dem Rechtsanwalt Justizrat Max Danzer (+ 1907) aus München, der ein gebürtiger Ampfinger war, einen weiteren Gönner des geplanten Projektes. Dieser bedachte in seinem Testament von 1906 Pfarrer Schedl als „Vertreter der Kinderbewahranstaltstiftung“ mit fast 10.000,-- Mark.
50 Jahre nach der Erbschaft von Anna Danzer, am 18. Februar 1903, schenkte der Stadtpfarrer von Bad Reichenhall Sebastian Degenbeck, ebenfalls ein gebürtiger Ampfinger, sein ererbtes elterliches Wohnhaus mit Stall, Scheune und Garten in der Zangberger Straße Pfarrer Franz Sales Schedl „zum Alleinbesitz und als Alleineigentum zum Zwecke der Errichtung einer Kinderbewahranstalt“ (aus der Pfarrchronik). Am 20. November 1904 beschloss der Gemeinderat die Errichtung einer Kinderbewahranstalt auf dem „Degenbeck’schen Grundstück“. Bezirksbaumeister Wallenreuter erstellte noch im November 1904 einen Bauplan.
Auf dem Stiftungsfond hatten sich durch anfallende Zinsen, weitere Stiftungen und Erbschaften inzwischen 21.000,-- Mark angesammelt, die finanzielle Grundlage für den Betrieb der Kinderbewahranstalt. Am 30. März 1905 genehmigte das Kgl. Bezirksamt in Mühldorf das Vorhaben. Am 26. Juli 1905 übertrug Pfr. Schedl das Grundstück des ehem. Sattleranwesens der Familie Degenbeck an die Gemeinde Ampfing, sodass diese nach dem Abriss der alten Gebäude mit dem Neubau beginnen konnte.
Am 16. Juni 1906 wurde nun endlich die Kinderbewahranstalt mit Handarbeitsschule eröffnet. Pfr. Schedl schreibt dazu in der Pfarrchronik: „Viele Eltern äußerten ihre Freude, dass endlich einmal die Anstalt ins Leben gerufen ist; ein Beweis, dass sofort 50 Kinder angemeldet wurden und im Juli bereits 65 Kinder die Anstalt besuchten“ (Ampfing hatte damals 1427 Einwohner). Zwei Schwestern vom Orden der “Armen Schulschwestern“ betreuten die Kinder.
Bei dieser Gelegenheit erhielt Pfr. Schedl, der inzwischen 20 Jahre in Ampfing wirkte und 1894 auch die Pfarrkirche erweitern und die Inneneinrichtung erneuern ließ, die Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Ampfing. Stadtpfarrer und Geistl. Rat Sebastian Degenbeck (später Domdekan Prälat S. D.) schenkte Pfr. Schedl anlässlich der Einweihung der Anstalt noch ein Waldgrundstück und einige Ackergrundstücke (insges. 2,233 ha) aus seinem elterlichen Erbe.
1909 kaufte die Gemeinde Ampfing auf Drängen von Pfr. Schedl ein an die Kinderbewahranstalt angrenzendes Grundstück um einen dort geplanten Wohnhausbau zu verhindern und um Platz zu schaffen für einen evtl. Anbau eines Mädchenschulhauses.
1914 errichtete Pfr. Schedl die „Geistlicher Rat Franz Sales Schedl’sche Kinderbewahranstaltstiftung“ mit dem Waldgrundstück und 11.600 M in Pfandbriefen (5.000 M aus seinem eigenen Vermögen und 6.600 M aus Schenkungen verschiedener Wohltäter). Sie wurde am 21. August 1914 von der kgl. Regierung genehmigt.
In der Inflationszeit nach dem 1. Weltkrieg ging das Stiftungsvermögen zum Teil verloren. Nur durch Spenden von Stiftern und Wohltätern konnte die Stiftung erhalten bleiben und der Betrieb der Kinderbewahranstalt mit den Schulschwestern weitergeführt werden. In den Jahren 1918 und 1919 besuchte der damalige päpstliche Nuntius in München (Eugenio Pacelli) und spätere Papst Pius XII. auf seinem Weg nach Zangberg mehrere Male den Kindergarten. Mit dem Beginn der NS-Zeit wurde die Arbeit der Schwestern nur noch geduldet. Am 9. Oktober 1938 mussten die Schulschwestern jedoch Ampfing verlassen und die Kinderbewahranstalt wurde von weltlichen Kräften geleitet.
Nach dem 2. Weltkrieg, im Oktober 1945 kamen durch Bemühungen von Pfr. Dr. Dr. Lipp wieder zwei Arme Schulschwestern nach Ampfing. Mit Hilfe von Pfarrangehörigen machten die Schwestern das Haus wieder bewohnbar, „denn es hausten Soldaten und Amerikaner Monate lang, so daß nur noch ein ödes, leeres Haus und ein verwüsteter Garten übrigblieb. Franziskanische Armut war eingekehrt in der einst so schönen Klosterfiliale.“ (Aus der Chronik der Armen Schulschwestern). Am 26. November 1945 war Wiedereröffnung der Anstalt.
Mit Vertrag vom 1. April 1955 ging die Trägerschaft des Kindergartens an die politische Gemeinde Ampfing über. Mit öffentlichen Zuschüssen und Spenden bekam das Haus nun eine zentrale Wasserversorgung und neues Mobiliar. Am 13. August 1959 begann man mit einem totalen Umbau des Kindergartengebäudes. Eine Fassadenänderung, bei der die Erker und Rundbogenfenster entfernt wurden, eine neue Anordnung der Fenster und Türen und ein freundlicher Farbanstrich gaben ihm nach drei Monaten das Aussehen eines modernen Gebäudes. Am Hl. Abend 1960 ging im Kindergarten zum ersten Mal die neue Erdgas-Zentral-Heizung (eine der ersten im Bundesgebiet) in Betrieb. 1963 erhielt der Kindergarten einen Anbau. Als das Kindergartengebäude 1964 an die Kanalisation angeschlossen wurde, fand man bei den Ausgrabungsarbeiten im Garten zwölf Handgranaten.
1973 stellte der Gemeinderat Ampfing an die Pfarrgemeinde den Antrag, den Kindergarten zu übernehmen und neu zu bauen. Zu dieser Zeit waren in der Bundesrepublik fast die Hälfte aller Kindergärten in kirchlicher Hand. Im September desselben Jahres beantragte die Kath. Kirchenstiftung unter Leitung von Pfr. Johann Huber beim Erzbischöflichen Ordinariat den Neubau eines viergruppigen Kindergartens (neben dem bestehenden Schwesternhaus). Als das Baureferat einen Neubau in Fertigbauweise erstellen lassen wollte, stemmten sich sowohl Pfarrgemeinde als auch die politische Gemeinde vehement dagegen. Erst als sich die Gemeinde Ampfing bereit erklärte, die Mehrkosten zu übernehmen, konnte im November 1974 mit dem Abbruch des 1963 erstellten Anbaus und mit dem Neubau eines Massivbauhauses begonnen werden. Bereits am 17. Januar 1975 war Richtfest und im Oktober desselben Jahres konnte der Kindergartenbetrieb wieder aufgenommen werden.
Bei der feierlichen Einweihung am 23. November 1975 erhielt das neue Kindergartengebäude den Namen „Nuntius Pacelli“. 1980 tauschten die Kath. Kirchenstiftung und die politische Gemeinde ein Grundstück am Margarethenfriedhof gegen die Grundstücke auf denen das Schwesternhaus, der Kindergarten und das ehem. Schulhaus in der Zangberger Straße standen. Aufgrund der schwierigen Personalsituation kündigte das Provinzialat der Armen Schulschwestern die klösterliche Kindergartenleitung und die Schwesternwohnung zum 1. September 1994. Seitdem steht der Kindergarten unter weltlicher Leitung.
1992 wurde der Mehrzweckraum umgebaut und der Kindergarten um eine 5. Gruppe erweitert, 2016 eine Containeranlage aufgestellt und eine 6. Gruppe eingerichtet. Nun begannen die Überlegungen und Planungen für einen Neubau des Kindergartens.
Nach dem Umzug der Kindergartengruppen in das Schwesternhaus und in das gemeindliche Kinderhortgebäude in der St. Christophorusstraße wurde das Kindergartengebäude im September 2022 abgerissen und am 20.04.2023 mit dem Neubau begonnen. Am 29.02.2024 war Richtfest.
Nach den Osterferien 2025 konnten die neuen Räume des Kindergartens wieder bezogen werden, die Pfarrer Florian Regner Ende Mai 2025 in einer internen Feier segnete. Im Juni 2025 wurde das Schwesternhaus abgerissen und danach die Außenanlagen erstellt.
Die offizielle Einweihung des neuen Kindergartens findet am 27. September 2025 statt. Zugleich feiert die Einrichtung an diesem Tag auch ihr 50-jähriges Bestehen. Der neue Kindergarten legt seinen alten Namen „Kindergarten Nuntius Pacelli“ ab und heißt fortan „Kindergarten Sankt Margareta“.