Pfarrverband Feldkirchen-Höhenrain-Laus

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Impuls zum 10. Sonntag im Jahreskreis

6. Juni 2021
Den Impuls können Sie hier herunterladen und ausdrucken...(pdf)
Vielleicht wollen Sie diesen Text auch einer lieben Nachbarin, einem netten Nachbarn, die keinen Zugang zum Internet haben, mit einem Gruß versehen in den Briefkasten werfen.

Familie vor Meer

Evangelium

In jener Zeit
ging Jesus in ein Haus und wieder kamen so viele Menschen zusammen, dass er und die Jünger nicht einmal mehr essen konnten.
Als seine Angehörigen davon hörten, machten sie sich auf den Weg, um ihn mit Gewalt zurückzuholen; denn sie sagten: Er ist von Sinnen.
Die Schriftgelehrten, die von Jerusalem herabgekommen waren, sagten: Er ist von Beélzebul besessen; mit Hilfe des Herrschers der Dämonen treibt er die Dämonen aus.

Da rief er sie zu sich und belehrte sie in Gleichnissen: Wie kann der Satan den Satan austreiben?
Wenn ein Reich in sich gespalten ist, kann es keinen Bestand haben.
Wenn eine Familie in sich gespalten ist, kann sie keinen Bestand haben.
Und wenn sich der Satan gegen sich selbst erhebt und gespalten ist, kann er keinen Bestand haben, sondern es ist um ihn geschehen.
Es kann aber auch keiner in das Haus des Starken eindringen und ihm den Hausrat rauben, wenn er nicht zuerst den Starken fesselt; erst dann kann er sein Haus plündern.

Amen, ich sage euch: Alle Vergehen und Lästerungen werden den Menschen vergeben werden, so viel sie auch lästern mögen;
wer aber den Heiligen Geist lästert, der findet in Ewigkeit keine Vergebung, sondern seine Sünde wird ewig an ihm haften.
Sie hatten nämlich gesagt: Er hat einen unreinen Geist.

Da kamen seine Mutter und seine Brüder; sie blieben draußen stehen und ließen ihn herausrufen.
Es saßen viele Leute um ihn herum und man sagte zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und suchen dich.
Er erwiderte: Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder?
Und er blickte auf die Menschen, die im Kreis um ihn herumsaßen, und sagte: Das hier sind meine Mutter und meine Brüder.

Wer den Willen Gottes tut, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.

Mk 3, 20–35

Harry neu

IMPULS
von Pastoralreferent Harald Petersen

Liebe Schwestern und Brüder,

mit dem heutigen Evangelium bin ich auf Anhieb warm geworden. Ich finde es kommt mitten aus dem Leben. Gerade deshalb bin ich überzeugt, dass es sich um eine authentische Begebenheit oder zumindest um eine sehr alte Jesus-Erzählung handelt.

Alles beginnt damit, dass Jesus und seine Jünger*innen die ersten Erfolge feiern. Ihr Bekanntheitsgrad in Galiläa, ihrer Heimat, scheint schnell zu wachsen. Wohin sie auch kommen, Jesus wird von Menschen umlagert und bedrängt. 

Selbst bis ins entfernte Jerusalem muss sein Ruf vorgedrungen sein. Das beweisen „die Schriftgelehrten, die von Jerusalem herabgekommen waren“, um sich mit Jesus auseinanderzusetzen. Es läuft für Jesus, wie man heute vielleicht sagen würde.

Begeisterte Menschen aus dem Umland und skeptische Schriftgelehrte einerseits und auf der anderen Seite Jesu Familie. Die Menschen mit denen er aufgewachsen ist. Die ihn nicht als Jesus von Nazareth, als Prediger oder Wunderheiler kennen, sondern ganz einfach als ihren Verwandten Jeschua.
Und natürlich macht sich Maria Sorgen um ihren Jungen und seine Gesundheit. Welche Mutter, welcher Vater würde das nicht, wenn so viele Menschen das eigene Kind bedrängen, „dass er und die Jünger nicht einmal mehr essen konnten.“

Früher hätte ich mich sicher noch mehr mit dem jungen Jesus solidarisiert. Wie kann es sein, dass zwar Freunde, Weggefährten und die vielen anderen Menschen von seiner Sache überzeugt sind, nur ausgerechnet die eigene Familie nicht? Selbst seine Gegner nehmen ihn wenigstens ernst. Nur seine Verwandtschaft erklären ihn für verrückt und „sagten: Er ist von Sinnen“.

Mehr noch, sie wollen ihn mit „Gewalt zurückzuholen“ und zu Hause einsperren. In einem wunderbaren Song der Berliner Band „Das Lumpenpack“ über die Pubertät heißt es passend dazu: „Das Zimmer bei Mama ist kein Hotel, viel mehr ein Gefängnis, die Gitter pastell.“

Jesus teilt die Erfahrung vieler Jugendlicher und junger Erwachsenen, die beginnen ihre eigenen Wege zu gehen. Ausgerechnet bei den Eltern und Verwandten fällt es oft am schwersten, sie von der eigenen Berufung, den Träumen und Visionen zu überzeugen.

Heute schwant mir sogar schon als Vater einer noch sehr jungen Tochter, dass es auch die Eltern nicht leicht haben. Wenn ich gefragt werde, was ich mir für die Zukunft meiner Tochter wünsche sag ich immer scherzhaft, dass sie entweder Umweltaktivistin oder Seenotretterin wird.

Beides ist durchaus ernst gemeint und würde mich sehr stolz machen. Gleichzeitig kann ich nicht garantieren, dass ich nicht genauso handeln würde wie die Angehörigen von Jesus. Vielleicht würde auch ich sie, vor lauter Sorge, für verrückt erklären. Ganz sicher hätte ich sie später einmal lieber Zuhause, als auf einem Schiff vor der Küste Libyens.

Nicht nur die Erfahrung der Bibel, sondern auch die vieler, vieler Menschen seither und auch meine eigene Erfahrung zeigt, dass es in dieser Phase der Entwicklung und der Ablösung (erwachsener) Kinder vom Elternhaus keine Gewinner gibt. In den meisten Fällen bekommt keine Seite, was sie gerne hätte: Die Kinder nicht die gewünschte Anerkennung der Eltern und die Eltern nicht ihre Kinder zurück.

Diese Spannung umschreibt für mich die Bibel sehr eindrucksvoll mit der sprichwörtlichen Mauer, der Hauswand, die zwischen Jesus und seiner Familie steht. „Seine Mutter und seine Brüder […] blieben draußen stehen und ließen ihn herausrufen.“

Jesus kommt aber nicht heraus, er bleibt drinnen im Kreise seiner „neuen“ Familie. So erfährt er allerdings nie, was seine Mutter und Brüder um- und hergetrieben hat und was sie wirklich von ihm wollen. Die Familie draußen erlebt dafür ihrerseits nichts von dem was drinnen vor sich geht. Sie hören nicht, wie Jesus vom Reich Gottes spricht und um sein Leben redet. So können sie einander nicht verstehen und in dieser Spannung endet auch die Szene.

Die frohe Botschaft der heutigen Erzählung steckt für mich vielleicht auch deshalb nicht im Text selbst. Sie wird erst im Laufe der weiteren Geschichte Jesu sichtbar.

Denn mit der Zeit haben es Maria, die Mutter Jesu und zumindest einer seiner Brüder Jakobus doch in den Kreis der Jünger*innen geschafft. Vielleicht packte sie, als Jesus einfach nicht herauskam, doch die Neugier und sie sind ins Haus geschlichen, haben gehört und gesehen, was die Menschen an Jesus begeistert.

Oder Jesus hat doch noch die Zeit gefunden der Menschenmenge und seinem Auftrag wenigstens kurz zu entkommen und mal wieder zuhause vorbei zu schauen, zu erklären, seine eigene Begeisterung für das Reich Gottes mit der Familie zu teilen.

So oder so, aus Jesu Mutter wurde eine seiner engsten Vertrauten und Weggefährtinnen, die ihn bis zum Ende und darüber hinaus begleitete. Auch, wenn das für sie großen Schmerz und ein Schwert durch ihr Mutterherz bedeuten sollte.

Und Jakobus, der Herrenbruder, wurde zu einer der prägenden Gestalten der Jerusalemer Urgemeinde und führte so das Werk seines Bruders Jesu fort.
Darin liegt auch für mich eine Lösungsidee und ein Hoffnungsschimmer. Ich werde sicher nicht alles verstehen oder für gutheißen, was meine Kinder tun werden. Ich werde mir immer Sorgen um sie machen und sie manchmal wahrscheinlich sogar für verrückt erklären. Aber ich nehme mir fest vor mich zumindest immer dafür zu interessieren, was sie bewegt, wovon sie träumen und wozu sie sich berufen fühlen.

Vielleicht darf ich dann ja sogar ab und zu mitmachen, wenn sie die Welt verbessern.

Ihr Harald Petersen

P.S. Wenn sie Lust haben, dann schreiben sie mir doch ein paar Zeilen, wie sie es ihnen mit ihren Kindern so geht. Ganz egal ob sie erfahrene Eltern erwachsener Kinder sind, junge oder werdende Eltern. Mich würde interessieren welche Sorgen aber auch Hoffnungen und Wünsche sie bewegen und wie sie damit umgehen.