Pfarrverband Feldkirchen-Höhenrain-Laus

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Impuls zum 14. Sonntag im Jahreskreis

4. Juli 2021
Den Impuls können Sie hier herunterladen und ausdrucken...(pdf)
Vielleicht wollen Sie diesen Text auch einer lieben Nachbarin, einem netten Nachbarn, die keinen Zugang zum Internet haben, mit einem Gruß versehen in den Briefkasten werfen.

Photomontage

Evangelium

In jener Zeit kam Jesus in seine Heimatstadt; seine Jünger folgten ihm nach.

Am Sabbat lehrte er in der Synagoge. Und die vielen Menschen, die ihm zuhörten, gerieten außer sich vor Staunen und sagten: Woher hat er das alles? Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist? Und was sind das für Machttaten, die durch ihn geschehen?

Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns?

Und sie nahmen Anstoß an ihm.

Da sagte Jesus zu ihnen: Nirgends ist ein Prophet ohne Ansehen außer in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie.

Und er konnte dort keine Machttat tun; nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie.

Und er wunderte sich über ihren Unglauben.

Und Jesus zog durch die benachbarten Dörfer und lehrte dort.

Mk 6, 1b–6

Harry neu

IMPULS
von Pastoralreferent Harald Petersen

Liebe Schwestern und Brüder,
die heutige Episode aus dem Markusevangelium ist, wenn man so will, ein spannender „Fortsetzungsroman“.

Die ganze Geschichte nimmt ihren Anfang im Evangelium des 10. Sonntags (Mk 3, 20–35), also vor genau vier Wochen.

Jesus feierte gerade seine ersten Erfolge als Prediger in seiner Heimat Galiläa. Als allerdings seine Familie davon Wind bekam, wollten sie ihn umgehend davon abhalten, wieder zur Vernunft und zurück nach Hause bringen.

Sorge und Unverständnis machte es den Verwandten Jesu unmöglich, in ihm etwas anderes zu sehen, als ihren Jeschua, den Sohn und Bruder, den sie von klein auf kannten.

Heute, drei biblische Kapitel später, kommt Jesus wieder in seine Heimatstadt. Dieses Mal ist es allerdings nicht seine Familie, sondern die Menschen von Nazareth, die an ihm und seinem Tun Anstoß nahmen.

Mich überrascht wie unverblümt Markus an dieser Stelle vom Scheitern Jesu spricht: „Er konnte dort keine Machttat tun“, und davon wie verwundert und wohl auch verletzt Jesus darauf reagiert: „Nirgends ist ein Prophet ohne Ansehen außer in seiner Heimat“.

Was ist da zwischen Jesus und den Menschen in seiner Heimatstadt schief gelaufen? Ein Teil des Problems war vermutlich, dass die Leute aus Nazareth bereits ein ganz klares Bild von Jesus hatten.

Jesus, das war doch der, mit dem sie früher in der Nachbarschaft gespielt hatten. Der, der ihr Freund war, oder vielleicht auch der, den sie noch nie leiden konnten. Jesus, das war der Sohn des Zimmermanns, der mit seinem Vater Josef auf der Baustelle nebenan geschwitzt und geschuftet hat.

Ausgerechnet dieser Jesus von nebenan steht nun in der Synagoge und erhebt die Stimme? Das können oder wollen die Menschen in ihrem Denken nicht vereinbaren. Zu stark ist das vorgefertigte Bild, das sie von Jesus haben. Zu stark ist auch das Bild, das sie von einem Propheten, einem Mann Gottes, einem Rabbiner oder einem Schriftgelehrten haben.

Oder anders und etwas überspitzt formuliert, vielleicht hatten sie auch erwartet, dass ihnen die religiöse Obrigkeit in Jerusalem einen hauptamtlichen Prediger nach Nazareth schicken würde. Der Sohn des Zimmermanns um die Ecke, ein Laie aus ihren eigenen Reihen ohne Schriftstudium und Weihe konnte diese Erwartungen nicht erfüllen.

Ich vermute daran hat sich für viele bis heute nicht viel verändert, nicht nur in Nazareth. Es gibt gute Gründe warum hauptamtlich Seelsorgende, Priester wie Laien, nicht in ihren Heimatpfarreien eingesetzt werden.

Anders ist das mit den vielen neben- und ehrenamtlichen Diensten, Ämtern und Beauftragungen. Besonders dann, wenn sie nicht nur das Hauptamt unterstützen, sondern selbstständig handeln, sprechen, verkünden, gestalten und leiten sollen.

Auf der Suche nach neuen Wortgottesdienstleiterinnen und -leitern aber auch nach Mitgliedern für das Leitungsteam habe ich dieses Argument immer wieder in verschiedenen Abwandlungen gehört: Ich könnte mir dieses Amt schon vorstellen, aber was werden die Leute im Dorf von mir denken?

Es bleibt also festzustellen, dass sich seit biblischen Zeiten nicht viel geändert hat.  Allerdings hat diese Feststellung für mich durchaus zwei, eigentlich sogar drei Seiten.

Zugegeben, manchmal bin ich echt genervt davon, dass wir uns in unseren Pfarreien und Gremien und besonders im Zusammenhang mit dem Projekt „Leitungsteam“ immer noch viel zu wenig damit beschäftigen, wie wir am Reich Gottes mit bauen können und viel zu viel damit, was wir glauben, wer jemand ist oder meint zu sein.

Viel wichtiger ist doch die Frage: Wer ist bereit vor Ort Verantwortung zu übernehmen?

Aber damit genug des moralischen Zeigefingers. Wie gesagt ist die manchmal schmerzlich fehlende Solidarität in der Gemeinde und untereinander nur die eine Seite. Und, das möchte ich an dieser Stelle keinesfalls verschweigen, es gibt auch Zuspruch und Unterstützung!

Das und die vielen Frauen und Männer, die sich trotz des Prophet-im-eigenen-Land-Problems, der Verantwortung stellen sind die andere Seite der Medaille. Trotz so manchen dummen Spruchs oder Anfeindung erheben sie in und für die Kirche ihre Stimmen.

Damit meine ich die schon erwähnten Wortgottesdienstleiterinnen und -leiter und Mitglieder im Leitungsteam genauso wie auch unsere gewählten Räte und Gremien, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Pfarrbüros, unsere Messnerinnen und Messner und viele, viele mehr.

Gerade weil man sie im Dorf persönlich kennt und in ihnen nicht nur das Amt, sondern eben auch die Nachbarin, den Vereinskollegen, den alten Schulfreund oder die Schwägerin sieht, trauen sich viele sie anzusprechen. Damit müssen sie aber auch ihren Kopf hinhalten für Entwicklungen und Entscheidungen, die nicht sie, sondern die Hauptamtlichen der Kirche in Rom, in München oder im ersten Stock des Pfarrhofs getroffen haben.

Die fehlende Anerkennung dieser Propheten und Prophetinnen in der eigenen Gemeinde schmälert nicht die Wichtigkeit und Richtigkeit ihres Tuns. Es macht es für sie nur um einiges schwieriger, ihre Wirkung ganz zu entfalten.

Ihnen gilt mein höchster Respekt!

Die dritte und letzte Seite der Sache besteht für mich genau darin, dass es auch Jesus nicht besser ergangen ist als ihnen.

Einerseits finde ich es tragisch, andererseits entspannt es mich irgendwie. Es bedeutet nämlich, dass unser Pfarrverband und seine Menschen heute keineswegs komplizierter oder schwieriger sind als die Menschen damals in Nazareth oder zu irgendeiner Zeit an irgendeinem anderen Ort. Die Menschen hier und jetzt sind einfach so, wie Menschen nun mal sind.

Deshalb erleben auch unsere neben- und ehrenamtlich Engagierten ähnliches, wie Jesus es erlebt hat. Und genau deshalb bin ich auch überzeugt, dass sie sich seiner Solidarität sicher sein können. Sie sitzen mit Jesus im sprichwörtlichen Boot, nicht weil sie sich anmaßen, wie er zu sein, sondern, weil er es sich zugemutet hat, wie sie zu sein.

Für mich ist der Jesus des heutigen Evangeliums der Schutzpatron aller, die es in ihrer Heimat (-gemeinde) schwer haben, die trotzdem ihren Mann und ihre Frau stehen, ihre Stimme erheben und Verantwortung übernehmen und auch all derer, die daran scheitern. 

Ihr Harald Petersen