Pfarrverband Feldkirchen-Höhenrain-Laus

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Impuls zum 29. Sonntag im Jahreskreis

17. Oktober 2021
Den Impuls können Sie hier herunterladen und ausdrucken...(pdf)
Vielleicht wollen Sie diesen Text auch einer lieben Nachbarin, einem netten Nachbarn, die keinen Zugang zum Internet haben, mit einem Gruß versehen in den Briefkasten werfen.

Zacherl in Feldkirchen

Evangelium

In jener Zeit kam Jesus nach Jéricho und ging durch die Stadt.

Und siehe, da war ein Mann namens Zachäus; er war der oberste Zollpächter und war reich. Er suchte Jesus, um zu sehen, wer er sei, doch er konnte es nicht wegen der Menschenmenge; denn er war klein von Gestalt.

Darum lief er voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um Jesus zu sehen, der dort vorbeikommen musste.

Als Jesus an die Stelle kam, schaute er hinauf und sagte zu ihm: Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus bleiben.

Da stieg er schnell herunter und nahm Jesus freudig bei sich auf. Und alle, die das sahen, empörten sich und sagten: Er ist bei einem Sünder eingekehrt.

Zachäus aber wandte sich an den Herrn und sagte: Siehe, Herr, die Hälfte meines Vermögens gebe ich den Armen, und wenn ich von jemandem zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück.

Da sagte Jesus zu ihm: Heute ist diesem Haus Heil geschenkt worden, weil auch dieser Mann ein Sohn Abrahams ist.

Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.

Lk 19, 1–10

Harald Petersen noch neuer

IMPULS
von Pastoralreferent Harald Petersen

Liebe Schwestern und Brüder,

ich hab mich immer schon ein bisserl gewundert, warum gerade an Kirchweih dieses Evangelium von Zachäus so beliebt ist. Eine Kirche, Synagoge oder auch nur eine gottesdienstliche Versammlung kommt darin gar nicht vor.

Trotzdem sind Kirchweih und die Erzählung von Zachäus so fest miteinander verbunden, dass sogar die rote Fahne mit weißem Kreuz, die übrigens nur an Ostern und Kirchweih aufgehängt wird, den Namen „Zachäus“ oder in Bayern „Zacherl“ trägt.

Der Legende nach soll dem Zöllner Zachäus, als er gerade auf seinen Baum kletterte, um Jesus zu sehen, die Hose zerrissen sein. Und so schaute ihm am Hintern das weiße Hemd aus seiner roten Hose. So kam es (vielleicht ;-) zu den Farben der Kirchweihfahne.

Seis wie es mag, in jedem Fall scheinen sich Liturgie, Tradition und Brauchtum einig zu sein, dass uns die Begegnung zwischen Jesus und Zachäus etwas über unsere Kirche, oder besser über die Art, wie wir Kirche sein sollen, sagen kann.

Dieser Meinung ist auch der Theologe und Schriftsteller Tomáš Halík. In seinem Buch „Geduld mit Gott“ beschäftigt er sich ausführlich mit dem für ihn hoch aktuelle Phänomen des Zachäus.

Für Halík sind all jene Menschen Zachäus-Christen, die wir sonst wenig charmant als Kasualien- oder Feiertags-Christen und manchmal sogar despektierlich als Uboot-Christen bezeichnen. Letzteres weil sie eben nur zu bestimmten Anlässen im Kirchenjahr oder im Lebenslauf bei uns auftauchen und den Rest der Zeit nicht zu sehen sind.

Diese unschöne Namensgebung und die dahinter verborgene Haltung gegenüber der weitaus größten Gruppe in unserer Kirche (auch das muss mal gesagt werden), klingt in meinen Ohren doch sehr nach der Empörung der Leute von Jéricho.

Den Menschen von damals und vielen von uns heute gelten die Fernstehenden und Versteckten immer noch als unverbesserliche Individualisten, als nicht Einzuordnende die uns anderen an Weihnachten den Platz in der Kirche streitig machen, für ihre Hochzeiten und Taufen nur das Event und die Location suchen und im Firmgottesdienst nicht wissen, wann sie stehen, sitzen oder knien sollen.

Jesus scheint die Sache jedoch (mal wieder) ganz anders zu sehen. Er scheut sich nicht ins Gebüsch zu kriechen. Er spricht Zachäus mit Namen an und überrascht ihn mit den Worten: „Ich muss heute in deinem Haus bleiben“.

Jesus sagt nicht: „Komm, wir treffen uns am Sonntag um 10:00 Uhr in der Kirche!“ Jesus drückt dem Zachäus auch keinen Veranstaltungsflyer in die Hand oder hängt ein einladendes Plakat an seinen Baum. Jesus lädt Zachäus nicht zu sich ein, er lädt sich zu Zachäus ein.

Nur um an dieser Stelle keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, ich habe nichts gegen den Sonntagsgottesdienst und auch nicht gegen die vielen anderen pfarreilichen Veranstaltungen. Nur erreichen werden damit in der Mehrzahl eben (nur) jene, die sich schon aus ihrem Versteck und in unsere Kirchen und Gemeinden getraut haben.

Der Zacherl am Kirchturm und der Zachäus des Evangeliums erinnern uns heute an Kirchweih daran, auch die nicht zu vergessen, die wir nur selten oder gar nicht zu Gesicht bekommen. Als engagierte Christinnen und Christen sollten wir nicht den Fehler begehen uns in unseren Kirchen, Pfarrsälen oder hinter unseren Angeboten zu verstecken.

Das heißt nicht, dass wir aufhören müssen, die Menschen herzlich zu uns einzuladen. Nur sollten wir uns dann vielleicht auch über die freuen die kommen, anstatt uns zu empören, dass sie nur einmal im Jahr oder dreimal im Leben kommen.

Auch in der Bibel steht nichts darüber geschrieben, dass sich Zachäus den Jüngern angeschlossen habe und Jesu nachgefolgt sei, wie z.B. sein Kollege Matthäus. Sicher wissen wir nur, dass es ihn die Begegnung mit Jesus wirklich gefreut hat und dass sie ihn so berührte, dass er sich fest vornahm, sein Leben zu ändern.

Ob er es dann auch wirklich getan hat, oder ob er die Begegnung mit Jesus wieder vergaß, noch bevor er dazu kam, die Betrogenen zu entschädigen und alles doppelt zu ersetzen bleibt offen. Auch Halík spekuliert am Ende seines Buches darüber, ob dem Zachäus nach einiger Zeit womöglich sein eigener Beschluss nicht doch zu radikal vorkam. Vielleicht kehrte er einfach zu seiner alten Lebensweise zurück.

Für Halík ist aber auch vorstellbar, dass Zachäus noch immer auf der Suche ist. Dann versteck er sich bis heute in den dunklen Ecken unserer Kirchenräume, an den Rändern unserer Feste und Feiern oder im Gestrüpp aus Traditionen und Konventionen. Dort verfolgt er aus sicherer Entfernung, was die Jüngerinnen und Jüngern, was die Kirche von heute verkündet, predigt und tut.

Kann gut sein, dass er nicht mal darauf wartet oder erwartet angesprochen zu werden. Ich bin aber überzeugt, dass er sich jedes Mal von Herzen freut, wenn er nicht kollektiv als Feiertags- oder Uboot-Christ bezeichnet, sondern beim Namen genannt wird.

Vermutlich will er auch nicht gleich eingeladen oder zum mitmachen überredet werden. Aber er ist offen für Menschen, die in seinem Haus, seinem Altenheim, seiner Schule, seinem Verein, kurz in seiner Lebenswelt zu Gast sein möchten.

Dem Beispiel Jesu folgend heißt eine Grundhaltung in der Seelsorge: Ich interessiere mich für dich.

Echtes Interesse am Gegenüber kann, wie im Evangelium, heilsam sein. Das gilt für Außenstehende ebenso wie für Zachäus-Christen und auch für überzeugte Jüngerinnen und Jünger Jesu.

Ihr Harald Petersen