Pfarrverband Feldkirchen-Höhenrain-Laus

Münchener Str. 1, 83620 Feldkirchen-Westerham, Telefon: 08063-243, E-Mail: feldkirchen.hoehenrain.laus@ebmuc.de
Logo Pfarrverband

Impuls zum 30. Sonntag im Jahreskreis

24./25. Oktober 2020
Den Impuls können Sie hier herunterladen und ausdrucken...(pdf)

Vielleicht wollen Sie diesen Text auch einer lieben Nachbarin, einem netten Nachbarn, die keinen Zugang zum Internet haben, mit einem Gruß versehen in den Briefkasten werfen.

Pfadfinderin

Evangelium
vom 30. Sonntag im Jahreskreis

In jener Zeit,
als die Pharisäer hörten,
dass Jesus die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte,
kamen sie am selben Ort zusammen.

Einer von ihnen, ein Gesetzeslehrer,
wollte ihn versuchen
und fragte ihn: Meister,
welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste?

Er antwortete ihm:
Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben
mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele
und mit deinem ganzen Denken.

Das ist das wichtigste und erste Gebot.

Ebenso wichtig ist das zweite:
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.

An diesen beiden Geboten
hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

Mt 22, 34–40

Harry neu

IMPULS
von Pastoralreferent Harald Petersen

Liebe Schwestern und Brüder,
 
sie wissen vielleicht, dass ich als Kind, Jugendlicher und junger Erwachsener mit viel Zeit und Engagement bei den Pfadfindern war. Auch wenn ich heute in meinem Stamm kein aktives Mitglied mehr bin, prägen mich die Grundsätze und Ideen der Pfadfinderei bis heute. „Einmal Pfadfinder – immer Pfadfinder“, so sagen viele Ehemalige.
 
Als Pfadfinder muss ich beim heutigen Evangelium sofort an drei Prinzipien denken, die auf den Gründer der Pfadfinderbewegung Robert Baden-Powell zurückgehen. Bis heute verspricht jede Pfadfinderin und jeder Pfadfinder, sich an diese Prinzipien oder auch Duties, zu Deutsch Pflichten oder Verantwortlichkeiten, zu halten. Sie lauten:
 
Duty to God – Verantwortung gegenüber Gott
 
Duty to others – Verantwortung gegenüber anderen
 
Duty to self – Verantwortung gegenüber sich selbst
 
Für mich sind diese einfachen Grundsätzen nichts anderes als eine leicht um- und ausformulierte
Version der Antwort Jesu auf die Frage: Welches Gebot ist das wichtigste?
 
Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben
Oder in den Worten Baden-Powells, du sollst dich Gott gegenüber verantwortlich benehmen. Das klingt im ersten Moment doch etwas ungewöhnlich. Ich, ein Mensch, soll Verantwortung für Gott übernehmen? Wie soll das gehen?
 
Ich denke aber, wenn unser Verhältnis zu Gott tatsächlich eine Liebesbeziehung ist, dann müssen auch beide Seiten für diese Beziehung Verantwortung übernehmen. Dann bin ich sehr wohl dafür verantwortlich, wie ich mit Gott in meinem Herzen, in meiner Seele und in meinem Denken umgehe; wieviel Platz ich ihm dort einräume; wie ich über in ihn denke und rede.
 
Gott wird ganz gewiss nie aufhören mich zu lieben. Meine Verantwortung ist es, ihn wenigstens ab und zu auch zurück zu lieben.
 
Du sollst deinen Nächsten lieben
Verantwortung für andere zu übernehmen, ist nicht nur für Pfadfinderinnen und Pfadfinder eine Pflicht. Diese Verpflichtung gilt für alle Jüngerinnen und Jünger Jesu. Wer ihm folgt, für den ist der Einsatz für Frieden, Verständigung und Zusammenarbeit nicht optional. Es ist unser Job uns an gesellschaftlichen Entwicklungen aktiv zu beteiligen und uns für die Würde des Menschen und die Integrität der Schöpfung einzusetzen, wo immer sie gefährdet sind.
 
Wie dich selbst
Auch für uns selbst, tragen wir die Verantwortung. Trotz aller Sorgen und Probleme stelle ich doch immer wieder fest, dass mein Leben mit Abstand das größte, wunderbarste und irrste Geschenk ist, das ich je bekommen habe. Ich würde es nur sehr ungern missen.
 
Ich finde, ein so wertvolles und einzigartiges Geschenk bringt automatisch den Wunsch mit sich, gut darauf aufzupassen und es nicht leichtfertig zu verschwenden. Nicht so sehr aus moralischen Gründen, ein Geschenk sollte ein Geschenk sein und nicht an Bedingungen geknüpft sein, sondern aus purer Freude und Dankbarkeit gegenüber dem Schenker. Und zugegeben auch, weil ich ganz gerne noch ein bisschen länger etwas davon haben würde.

Sie kennen nun also nicht nur das jesuanische Doppelgebot, wie es die Theologen nennen, sondern auch die Prinzipien der Pfadfinderbewegung. Und ich verrate ihnen noch etwas. Vielleicht haben Sie schon einmal beobachtet, wie sich Pfadfinder*innen untereinander grüßen und sich über diese etwas seltsame Art gewundert. Zum Pfadfindergruß hebt man die rechte Hand, streckt drei Finger nach oben und legt den Daumen auf den kleinen Finger.
 
Die Band Tocotronic hat darüber sogar mal eine Liedzeile gesungen: „Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein. Jede unserer Handbewegungen hat einen besonderen Sinn, weil wir eine Bewegung sind.“
 
Und so ist es tatsächlich. Dieser Gruß funktioniert unter Pfadfinder*innen auf der ganzen Welt und hat natürlich eine Bedeutung. Die drei nach oben gestreckten Finger stehen für die drei Duties und sollen an sie erinnern: Verantwortung gegenüber Gott, gegenüber anderen und gegenüber sich selbst.
 
An diesen drei Prinzipien hängt also das ganze Pfadfindergesetz. Gar nicht so kompliziert, nur gilt für das Pfadfindergesetz leider das Gleiche, was wohl für die meisten Gesetze gilt. Ich zumindest werde diesen einfachen drei Grundregeln nie zu 100% gerecht. Ich beuge und verbiege sie und manchmal breche ich sie sogar. Am öftesten versuch ich mich an ihnen vorbei zu schummeln.
 
Aber trotz meines Unvermögens geben sie mir, auch wenn ich die Pfadfinderkluft schon lange an den Nagel gehängt habe, doch eine gute Orientierung für mein Leben. Auch außerhalb der Pfadfinder prägen sie mein Fühlen, Denken und Handeln.
 
Als Christinnen und Christen müssen wir nicht unbedingt bei Pfadfindern gewesen sein. Für uns gilt vor allem das Original, das wichtigste Gebot von allen: Du sollst Gott lieben und deinen Nächsten wie dich selbst. Daran hängt, damit steht und fällt, unser ganzes Christsein. „The rest are details“, alles andere sind Details, wie es Albert Einstein einmal gesagt hat.
 
Eigentlich schade, dass es im Christentum kein verbindliches Handzeichen gibt, das uns immer wieder daran erinnert, dass es dieses Gebot ist, dass uns verbindet und zu einer weltweiten Bewegung macht.
 
Vielleicht finden Sie ja für sich ganz persönlich oder in Ihrer Familie ein solches „Geheimzeichen“, von dem Sie sich in Zukunft immer wieder erinnern lassen. Es könnte das Kreuzzeichen sein oder auch eine der neuen Formen der Begrüßung in Zeiten von Corona, z.B. die gegenseitige Verbeugung. 
 
Lassen Sie es mich gerne wissen, was Sie für sich gefunden haben.
 
Gut Pfad!
Ihr Harald Petersen