Pfarrverband Feldkirchen-Höhenrain-Laus

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Impuls zum 5. Sonntag der Osterzeit

2. Mai 2021
Den Impuls können Sie hier herunterladen und ausdrucken...(pdf)
Vielleicht wollen Sie diesen Text auch einer lieben Nachbarin, einem netten Nachbarn, die keinen Zugang zum Internet haben, mit einem Gruß versehen in den Briefkasten werfen.

Einer_gegen_Alle

Lesung aus der Apostelgeschichte

In jenen Tagen,
als Saulus nach Jerusalem kam, versuchte er, sich den Jüngern anzuschließen. Aber alle fürchteten sich vor ihm, weil sie nicht glaubten, dass er ein Jünger war.
Bárnabas jedoch nahm sich seiner an und brachte ihn zu den Aposteln. Er berichtete ihnen, wie Saulus auf dem Weg den Herrn gesehen habe und dass dieser zu ihm gesprochen habe und wie er in Damáskus freimütig im Namen Jesu aufgetreten sei.
So ging er bei ihnen in Jerusalem ein und aus, trat freimütig im Namen des Herrn auf und führte auch Streitgespräche mit den Hellenísten. Diese aber planten, ihn zu töten.
Als die Brüder das erkannten, brachten sie ihn nach Cäsaréa hinab und schickten ihn von dort nach Tarsus.
Die Kirche in ganz Judäa, Galiläa und Samárien hatte nun Frieden; sie wurde gefestigt und lebte in der Furcht des Herrn. Und sie wuchs durch die Hilfe des Heiligen Geistes.

Apg 9, 26–31

Evangelium vom Tag

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Winzer.
Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt.
Ihr seid schon rein kraft des Wortes, das ich zu euch gesagt habe.
Bleibt in mir und ich bleibe in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so auch ihr, wenn ihr nicht in mir bleibt.
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.
Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer und sie verbrennen.
Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten.
Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet.

Joh 15, 1–8

Harry neu

IMPULS
von Pastoralreferent Harald Petersen

„Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben …“

Liebe Schwestern und Brüder,
bei diesem wohlbekannten und schönen Bild werde ich immer ein bisschen nostalgisch. Wir Menschen als Trauben, an den Reben der Kirche, die vom Weinstock des Herrn Kraft, Halt und Leben bekommen.

Schon als Drittklassler bin ich, bzw. ein Foto von mir, in traubenform zurechtgeschnitten, zusammen mit den anderen Kindern meiner Tischgruppe an den Rebzweigen eines Kommunionsplakats gebaumelt.

Mein Kommunionplakat, das Bild des Weinstocks und der Reben sprechen von Verbundenheit und Zusammenhalt. Es ist sowohl ein Bild für unsere jeweils eigene Beziehung zu Jesus und auch ein Bild für unsere Gemeinschaft in der Kirche.

Doch schon die Lesung aus der Apostelgeschichte lehrt uns, genau hier gehen auch die Probleme los. Seitdem treffen Idealbild und Realität immer wieder unsanft aufeinander:

„Als Saulus nach Jerusalem kam, versuchte er, sich den Jüngern anzuschließen. Aber alle fürchteten sich vor ihm, weil sie nicht glaubten, dass er ein Jünger war.“

Da steht er also nun, der bekehrte Paulus und wird seinen Ruf als Saulus einfach nicht los. Aus Sicht der Apostel ist er der Neue, der Unbekannte, der Dubiose, der andere, der Zugereiste, der dessen Biografie sonderbare Knicke aufweist, letztendlich der alte Feind.

Das Paulus trotzdem nicht als einsames und vertrocknetes Weinbärl endete, sondern als lebendige Traube seinen Platz am Rebzweig fand, ist dem mutigen Einsatz des Bárnabas zu verdanken.

„Bárnabas jedoch nahm sich seiner an und brachte ihn zu den Aposteln.“

Die Verbindlichkeit und die Offenheit des Bárnabas für den Außenstehenden brachte nicht nur die Wende im Leben des Paulus. Die ganze junge Kirche profitierte von dieser Verbindung und dem gemeinsame Einsatz der Apostel und des Paulus für die Sache Jesu. Gemeinsam brachten sie reiche Frucht.

Liebe Schwestern und Brüder,
auch heute steckt die Kirche wieder in einer Situation, in der es nicht recht weiter zu gehen scheint. Immer mehr Menschen fühlen sich von der Amtskirche und ihren Institutionen weder verstanden noch vertreten.

Bis heute werden gläubige Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Herkunft oder aufgrund von Brüchen in ihrem Lebenslauf wie z.B. einer gescheiterten Ehe von Ämtern oder aus der Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen.

Und das, obwohl wir aus der Apostelgeschichte erfahren haben, dass die Kirche von Beginn an aus der Spannung zwischen eingeschworener Gemeinschaft auf der einen und einladender Offenheit auf der anderen Seite entstanden ist;

dass es eben dieses Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation ist, dass Kirche so spannend macht;

dass Kirche nicht nur Spannungsfeld sondern auch Spannungszelt ist, aufgespannt zwischen Ecclesia semper idem und semper reformanda.

Was es braucht, damals wie heute, sind Frauen und Männer, die bereit sind sich, wie Bárnabas, einladend und verbindend einzusetzen. Es braucht Menschen, die den Mut haben über ihr eigenes Umfeld, Gremium, Team und die eigene Peergroup hinaus zu denken und zu handeln. Leute, die offen auf andere zugehen, egal ob diese im Inner Circle oder an den sogenannten Rändern der Kirche und unserer Gemeinde stehen.

Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, dann lehrt mich mein altes Kommunionplakat folgendes: Nur gemeinsam mit den Neuen, den Unbekannten und Dubiosen, den völlig anders Denkenden, den Zugezogenen und den Feindbildern von gestern werden wir wieder eine lebendige Kirche, die reiche Frucht bringt.

Ihr Harald Petersen