Pfarrverband Feldkirchen-Höhenrain-Laus

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Impuls zu Erntedank

3. Oktober 2021
Den Impuls können Sie hier herunterladen und ausdrucken...(pdf)
Vielleicht wollen Sie diesen Text auch einer lieben Nachbarin, einem netten Nachbarn, die keinen Zugang zum Internet haben, mit einem Gruß versehen in den Briefkasten werfen.

Schaukel

Evangelium

Da brachte man Kinder zu ihm, damit er sie berühre.

Die Jünger aber wiesen die Leute zurecht.

Als Jesus das sah, wurde er unwillig und sagte zu ihnen:
Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn solchen wie ihnen gehört das Reich Gottes.

Amen, ich sage euch:
Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.

Und er nahm die Kinder in seine Arme; dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie.

Mk 10,13–16

Harry neu

IMPULS
von Pastoralreferent Harald Petersen

Liebe Schwestern und Brüder,
„Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“, sicher haben Sie diesen oft zitierte, markanten Satz aus dem heutigen Evangelium schon oft gehört.

Ich habe diese Bibelstelle zum letzten Mal gelesen und für eine kleine Ansprache benutzt, als ich vor ein paar Jahren den neuen Spielplatz am alten Schwimmbad in Westerham einweihen durfte. 

Damals bin ich in der Vorbereitung auf eine „moderne“ Bibelübersetzung dieser Textstelle gestoßen, die mir auf Anhieb gut gefallen hat und an die ich jetzt wieder denken musste.

Dort heißt es: „Eins kann ich euch versprechen: Wer glaubensmäßig nicht so draufkommt wie ein Kind, mal runterkommt und sich auf dieselbe Stufe wie ein Kind stellt, hat keinen Platz in Gottes neuem Reich.“

„Mal runterkommen“, „glaubensmäßig mal wieder Kind sein dürfen“, mal nicht erwachsen, gebildet, reflektiert sein müssen, sondern Gott das Sagen überlassen. Das klingt doch verdammt gut, oder nicht?

Am öftesten habe ich diesen Gedanken, wenn ich mit meiner kleinen Tochter auf dem Spielplatz unterwegs bin. Während sie aus Herzenslust jubelnd mit ausgebreiten Armen durch den Kies läuft, rutscht und schaukelt versuche ich möglichst lässig und gleichzeitig verantwortungsvoll zu wirken.

Geklappt hat das natürlich noch nie. Sie können als Papa nicht cool wirken, wenn sie auf ihren Knien in einem nur 1,50 Meter hohen Rutschenhäuschen kauern und zum 10 Mal hintereinander Sandkuchen mit Steinzwetschgen  serviert bekommen.

In diesen Momenten beneide ich meiner Tochter sehr. Ihr ist es nämlich (noch) total egal, wie sie auf die anderen Kinder oder auf die Gruppe von Müttern wirkt, die am Sandkasten zusammenstehen und amüsiert zu uns herüberschauen.

In diesen Momenten will der Erwachsene in mir nur schnell weg und anderseits möchte das „Kind im Mann“ nichts als raus und unbeschwert spielen!

Natürlich weiß ich, dass auch ein Kinderleben nicht ohne Sorgen ist. Kinder quengeln, jammern, weinen, sind zutiefst traurig, ängstlich oder verunsichert.
Und trotzdem leuchten mir Jesus Worte, „wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen“, beim Erleben meiner Kinder intuitiv ein.

Es sind für mich vor allem drei kindliche (nicht kindische!) Eigenschaften, von denen ich glaube, dass sie auch mir als Erwachsenen helfen können, mal wieder runter und dem Himmel ein Stückchen näher zu kommen.

Kinder können (noch) spielen.

Nicht nur Jesus setzt auf Kinder als Vorbild, wenn es um die spielerische Suche nach Gott geht. Erst kürzlich habe ich von einem buddhistischen Kloster gelesen, dass den wunderbaren Namen „Sri Agnan“ trägt. Das heißt zu Deutsch: „Der Spielplatz Gottes“.

Wenn ein Kloster der „Spielplatz Gottes“ sein kann, dann könnte das doch unsere Kirche vielleicht auch werden – zumindest ein klein bisschen. Zu einem Ort also, an dem Klein und Groß dazu ermuntert wird, spielerisch, unverkrampft und gemeinsam auf die Suche nach Gott zu gehen.

Kinder können (noch) staunen.

Einer der größten Vorteile die Kinder haben ist in meinen Augen, dass sie Neuankömmling auf dieser Welt sind. Kinder haben, Gott sei Dank, noch nicht alles gehört und gesehen. Für sie ist die ganze Welt, wie ein großer Abenteuerspielplatz, den es zu erkunden gilt.

Kinder sind von ihrer Natur aus Entdeckerinnen, Abenteurer und Forschende. Sätze wie, „die Schaukel ist zu groß“, oder „du bist für die Rutsche noch zu klein“, sind für sie bedeutungslos.

Ich habe den Eindruck, auch Jesus hat diese Art des „Kindsein“ nie verlernt. Unerschrocken und interessiert ging er auf die Menschen zu. Warnungen seiner Jünger wie: „Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen!“, waren auch für ihn bedeutungslos.

Gerne wurde ich diesen unerschrockenen und mutigen, neugierigen und staunenden Blick der Kinder auf die Welt wieder neu lernen.

Kinder können (noch) vertrauen.

Das faszinierende an Kindern finde ich, dass sie trotz ihrer angeblichen Schwäche und tatsächlichen Verletzlichkeit unglaublich stark sein können. Kinder müssen Krieg und Flucht, häusliche Gewalt, Vernachlässigung oder andere schlimme Sachen erleben. Auch hier bei uns.

Und trotzdem ist das erste was man mit ziemlicher Sicherheit  hört, wenn man in ein Kinderheim geht ein Lachen. Zumindest habe ich das in den Einrichtungen so erlebt, in denen ich gearbeitet habe.

Kinder haben eine erstaunlich hohe Resilienz, sie können lustig sein und sich über das Leben freuen, auch dann, wenn das Leben alles andere als gut zu ihnen war. Und sie trauen sich immer wieder neu zu vertrauen!

Uns Erwachsenen ist im Laufe des Lebens sicher viel von diesen kindlichen Fähigkeiten und Stärken verloren gegangen. Wir haben verlernt zu spielen, zu staunen und zu vertrauen.

Die frohe Botschaft des heutigen Evangeliums ist für mich die Erlaubnis Jesu, auch als erwachsener und verantwortungsvoller Christ vor Gott Kind sein zu dürfen.

Für Gottes Reich einzutreten kann nämlich auch heißen, wie ein Kind (nicht kindisch!) zu sein: verspielt und suchend, abenteuerlustig und staunend, stark und voll unbändigen Vertrauen ins Leben.

Viel Spaß dabei!

Ihr Harald Petersen