Pfarrverband Feldkirchen-Höhenrain-Laus

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Impuls zum 15. Sonntag im Jahreskreis

11. Juli 2021
Den Impuls können Sie hier herunterladen und ausdrucken...(pdf)
Vielleicht wollen Sie diesen Text auch einer lieben Nachbarin, einem netten Nachbarn, die keinen Zugang zum Internet haben, mit einem Gruß versehen in den Briefkasten werfen.

Wanderer

Evangelium

In jener Zeit rief Jesus die Zwölf zu sich und sandte sie aus, jeweils zwei zusammen. Er gab ihnen Vollmacht über die unreinen Geister und er gebot ihnen, außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen, kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Gürtel, kein zweites Hemd und an den Füßen nur Sandalen.

Und er sagte zu ihnen: Bleibt in dem Haus, in dem ihr einkehrt, bis ihr den Ort wieder verlasst!

Wenn man euch aber in einem Ort nicht aufnimmt und euch nicht hören will,
dann geht weiter und schüttelt den Staub von euren Füßen, ihnen zum Zeugnis.

Und sie zogen aus und verkündeten die Umkehr.

Sie trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.

Mk 6, 7–13

Harry neu

IMPULS
von Pastoralreferent Harald Petersen

Liebe Schwestern und Brüder,

immer wenn ich das heutige Evangelium lese oder höre habe ich sofort eine Melodie und einen Liedtext im Kopf. Beides, Evangelium und Lied waren vor vielen Jahren Teil eines Abschlussgottesdienstes für Mittelschüler.
 
Das Lied stammt von der Band Silbermond und es beginnt so:
 
„Eines Tages fällt dir auf,
dass du 99% nicht brauchst
Du nimmst all den Ballast
und schmeißt ihn weg,
denn es reist sich besser
mit leichtem Gepäck.“
 
Jesus sendet seine Jünger aus mit einem klar umrissenen Auftrag, mit der Vollmacht in seinem Namen zu handeln und mit ähnlichen Worten, wie die der Sängerin Stefanie Kloß.
 
Mich fasziniert dieses Gebot Jesu, so gut wie nichts von dem mitzunehmen, was auf einer längeren Wanderung oder Reise von Bedeutung zu sein scheint. Und immer wieder stoße ich auf die Relevanz seiner Worte für meine Seelsorge, aber auch für meine Vision von Gemeinde und für die vielen Veränderungsprozesse, in denen wir als Kirche gerade stecken.
 
Proviant, Gepäck, Geld und Kleidung zum Wechseln – all das sind Dinge, die auf Reisen für Komfort und Sicherheit sorgen. Sie suggerieren, man könne sich auf alles einstellen und auf jede nur erdenkliche Situation vorbereitet sein.
 
Diese Absicherung ist an sich nichts Schlechtes, sie verhindert aber auch, uns auf neue und unerwartete Situationen einlassen zu müssen. Dabei beginnen einige meiner abenteuerlichsten, aber auch schönsten Reiseerlebnisse genau damit, dass mein Gepäck verloren ging oder ein (Reise-) Plan komplett scheiterte.
 
Gepäck-, proviant- und mittellos an einem Flughafen oder Bahnhof zu stranden hört sich tatsächlich um einiges romantischer an, als es in Wirklichkeit ist. Ich muss aber zugeben, dass es in jedem Fall der direkteste Weg ist mit den Menschen vor Ort in Kontakt zu kommen, Land und Leute kennen zu lernen oder um auf der Ladefläche eines alten Pritschenwagens eine Insel zu durchqueren.
 
Ich kann mir vorstellen, dass es Jesus mit seiner Mahnung an die Jünger nur mit leichtem Gepäck zu reisen um etwas Ähnliches ging. Das glaube ich vor allem deshalb, weil er sie ganz explizit nicht zum Lehren und Predigen in die Städte und Synagogen oder auf die Markplätze sandte, sondern in die Häuser der Menschen, in ihr Zuhause, dort wo persönliche Begegnung stattfindet.

Gerade deshalb hat für mich die Mahnung zum leichten Gepäck auch für uns Bedeutung, wenn wir uns als Jüngerinnen und Jünger auf den Weg zu den Menschen machen. Nur wenn es uns gelingt, so gut es eben geht, frei vom Ballast unserer persönlichen Neigungen und Erwartungen, ziel- und ergebnisoffen und in gewisser Weise ungeschützt auf andere zuzugehen, werden wir miteinander in Kontakt kommen.
 
Wem das nicht gelingt läuft Gefahr, „niemals etwas anderes zu finden, als man schon weiß“ (Sigmund Freud, Ratschläge für den Arzt bei der psychoanalytischen Behandlung.).
 
Menschen zu begegnen, mit ihnen in Kontakt zu kommen und so Gemeinschaft zu bilden verlangt danach das los- und zurückzulassen, was ich meine bereits über sie zu wissen und mich für das zu interessieren, was ich noch nicht weiß.
 
Wie von den ersten Jüngern verlangt diese Art des Reisens und Aufeinanderzugehens, des Gemeindelebens und der gegenseitigen Seelsorge Mut und Demut gleichermaßen!
 
Für Mut und Demut könnten die einzigen beiden Gegenstände stehen, die Jesus seinen Jüngern erlaubt: Sandalen und Wanderstab.
 
Die Sandalen sind das Kleidungsstück, das man zur Zeit Jesus aus Ehrfurcht und Höflichkeit gegenüber dem Gastgeber ablegte, wenn man in ein Haus kam. Seit Mose vor dem brennenden Dornbusch die Sandalen auszog sind sie zugleich ein Zeichen der Demut gegenüber Gott. Wo Respekt vor meinem Gegenüber und vor Gott herrschen, da ist heiliger Boden, auf dem echte Begegnung stattfinden kann.
 
Der Wanderstab ist unsere Stütze; er ist das, was wir in Schwäche oder Gefahr umklammern können; er ist Ressource und Kraft; „dein Stock und dein Stab, sie trösten mich“.  (Psalm 23,4b)
 
Und vielleicht am wichtigsten, Jesus sendet seine Jünger nicht allein! Als zusätzliche Sicherheit schickt er die Jünger jeweils paarweise los. Als Teil einer Gemeinschaft erhalten sie Macht sich dem Ungeist ihrer Zeit entgegen zu stellen, in Abgründe zu blicken, die eigenen Verlockungen und Versuchungen zu durchschauen und Irrwege einzusehen.
 
Nachfolge ist Teamwork!
Eine Gemeinde, die sich auf diese Weise im Sinne des Evangeliums als gesandt erlebt und als Gemeinschaft von Botinnen und Boten Gottes versteht, wird sich immer wieder auf das Wesentliche und den Kern ihres Auftrags konzentrieren müssen: Die Botschaft vom Reich Gottes zu verkünden und Menschen von dem zu befreien, was sie plagt, unfrei und krank macht.
 
Bereits 1996 haben französische Bischöfe dieser Art der Pastoral einen Namen gegeben. Sie nannten sie „Den Glauben vorschlagen“ (aus: Proposer la foi).
 
Dahinter steht die Erkenntnis, auch wer anderen helfen will und es gut meint, wird immer wieder abgewiesen. Ob die Menschen die Botschaft und die Zeichen annehmen oder nicht, was sie daraus machen oder nicht liegt nicht in unserer Macht.
 
Dann heißt es einmal gut schütteln und ohne Groll weitergehen. Auch Jesus sieht das realistisch und gelassen.
 
Ich wünsche uns allen, im Großen wie im Kleinen, für die anstehenden Reform- und Veränderungsprozesse diesen realistischen Blick auf das Machbare, Gelassenheit und Gottvertrauen, die (Rück-) Besinnung auf unseren Auftrag, gutes Schuhwerk und einen soliden Wanderstab, Teamwork und den Mut zum leichten Gepäck.
 
Ihr Harald Petersen