Pfarrverband Feldkirchen-Höhenrain-Laus

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Impuls zum 5. Fastensonntag

3. April 2022
Den Impuls können Sie hier herunterladen und ausdrucken...(pdf)
Vielleicht wollen Sie diesen Text auch einer lieben Nachbarin, einem netten Nachbarn, die keinen Zugang zum Internet haben, mit einem Gruß versehen in den Briefkasten werfen.

Erde

Evangelium

In jener Zeit
ging Jesus zum Ölberg. Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel. Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte es.

Da brachten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte und sagten zu ihm: Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt. Mose hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du?

Mit diesen Worten wollten sie ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn anzuklagen. Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie hartnäckig weiterfragten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie.

Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde.

Als sie das gehört hatten, ging einer nach dem anderen fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand.
Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner verurteilt?

Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!

Joh 8, 1–11

Alfred Tüllmann

IMPULS
von Alfred Tüllmann

Liebe Schwestern und Brüder!

„Alle, die dich verlassen, werden zu Schanden werden, die sich von dir abwenden, werden in den Staub geschrieben; denn sie haben den Herrn verlassen, den Quell lebendigen Wassers.“

Es sind diese Worte des Propheten Jeremias, die Jesus im heutigen Evangelium in den Sand geschrieben haben könnte.

Dürren und Zeiten extremer Trockenheit, die sich in den letzten Jahren global verstärkt haben, stimmen uns nachdenklich: Hat uns Gott abgeschrieben? Sind wir von Gott verlassen, fern ab vom lebendigen Wasser? Geht denn wirklich nichts mehr, um unsere Welt zu retten? An vielen Orten kämpfen Menschen schon seit langer Zeit gegen den menschengemachten Klimawandel. Es gibt zahlreiche Projekte, die den sich verändernden Bedingungen trotzen wollen, um im Einklang mit der Umwelt zu leben, ohne sie auszubeuten.

Dies wird gerade in den Partnerländern der diesjährigen MISEREOR-Fastenaktion sichtbar, aber auch in Projekten bei uns in Deutschland und Europa. Gleichzeitig geht es auch darum, für soziale Gerechtigkeit zu sorgen, um Menschen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Wir sehen im Globalen Süden wie im Globalen Norden, dass Veränderung möglich ist, dass schon ein kleiner Schritt in die richtige Richtung etwas verändert und zum Vorbild für andere werden kann.

Geht es also doch anders? Ja! Es geht anders! Gerecht. Barmherzig. Der Wahrheit verpflichtet, die uns in und durch Jesus Christus vor Augen gestellt ist und durch jeden Menschen auf der Welt.

„Auch ich verurteile dich nicht!“ Diese Zusage, die das Leben der Sünderin rettet, spricht Gott immer wieder auch uns zu. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott unsere Rettung will und die der Welt. Doch diese Zusage ist auch mit dem Nachsatz verschränkt: „Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“

Im Buch Genesis steht in 1,28 geschrieben: „Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch, füllt die Erde und unterwerft sie euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen!“

So haben wir den Auftrag Gottes an die Menschen meist im Ohr.

Der Mensch - so jedenfalls scheint der Bibelvers auf den ersten (missverständlichen!) Blick zu sagen - sei als letztes und bestes Werk Gottes die "Krone der Schöpfung" und solle uneingeschränkte Verfügungsgewalt über alle anderen Geschöpfe haben. Lange hat man vor allem in den reichen Industrieländern des globalen Nordens diesen Bibelvers so gelesen.
Auf erschreckende Weise ist vor allem in den vergangenen 200 Jahren diese Missdeutung des Schöpfungshymnus Realität geworden. Um 1800 begann in von 1 4 Westeuropa, allen voran in Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Belgien, die Industrialisierung und mit ihr unter anderem die massenhafte Verbrennung von Kohle.

Seither steigt der Ausstoß umweltschädlicher Treibhausgase stetig, seit zirka 1950 sogar rasant, sodass inzwischen eine menschengemachte Erderhitzung (= Klimawandel) feststellbar ist. Mit der Industrialisierung gehen weitere gravierende Eingriffe des Menschen in seine Umwelt einher:
Die Ozeane übersäuern und ertrinken förmlich im allgegenwärtigen Plastikmüll; innerhalb kürzester Zeit sterben viele Tier- und Pflanzenarten aus; eine industrielle Lebensmittelproduktion mit Monokulturen verdrängt zunehmend die natürliche Vegetation; Tiere werden zur Massen- und Wegwerfware; Rohstoffe, die in Millionen von Jahren entstanden sind, verbrauchen wir in wenigen Jahrzehnten.

Neben die Luftverschmutzung treten in weiten Teilen der Erde auch Lärm-und Lichtverschmutzung, die Tieren die Orientierung nimmt. Atomversuche hinterlassen Strahlung und radioaktiven Staub. Die menschlichen Eingriffe ins Ökosystem der Erde sind so tiefgreifend, dass WissenschaftlerInnen bereits von einem durch menschliche Einflüsse geprägten neuen Zeitabschnitt der Erdgeschichte sprechen.

Dessen Benennung als "Anthropozän" (von griech. Anthropos = Mensch) ist keinesfalls eine rühmliche, denn sie spiegelt die Überheblichkeit, mit der wir Menschen meinen, von unserer natürlichen Lebensgrundlage unabhängig zu sein - eine Haltung, die für viele unserer Mitgeschöpfe jetzt schon tödlich ist und auch für die Menschheit durchaus tödlich enden kann.

Wenn wir nicht nur einen halben Vers, sondern den ganzen Schöpfungshymnus in Gen 1,1-2,3 lesen, dann ersteht vor unseren Augen ein ganz anderes Bild davon, wie die Schöpfung und das Verhältnis der Geschöpfe zueinander idealerweise von Gott her aussehen sollten.

Den Höhepunkt des Hymnus wie der Schöpfung bildet jedoch keineswegs der Mensch, sondern der Sabbat. "Krone der Schöpfung" ist also die regelmäßige Pause, das Ausruhen, das auch Gott selbst sich gönnt. Ebenso wie die Tiere und die Menschen wird diese schöpferische Pause von Gott gesegnet (Gen 2,3).

Tiere und Menschen sind nach dieser Vorstellung eingebunden in eine größere, sie überwölbende Ordnung im Rhythmus von Aktivität und Ruhe. Hier finden wir einen Gegenentwurf zu unserer modernen Lebensweise, die nach dem Motto "Zeit ist Geld" pausen-, ruhe- und besinnungslos Natur und Menschen ausbeutet.

Im Hintergrund dieser Verse steht die altorientalische Vorstellung, dass ein Götterbild die abgebildete Gottheit wirklich vergegenwärtigt. Als Bild Gottes zu "walten über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und von 2 4 über alle Tiere, die auf der Erde kriechen", ist somit eine höchst verantwortungsvolle Aufgabe.

Sie bedeutet nichts Geringeres, als ganz im Sinne Gottes dessen gute lebensspendende Ordnung zu pflegen und zu erhalten. Sie ist somit genau das Gegenteil von Willkürherrschaft und Ausbeutung. "Nach dem Ideal des guten Hirten [...] soll der Mensch [...] für die übrige Schöpfung Verantwortung tragen", bringt es die Bibelwissenschaftlerin Helen Schüngel-Straumann auf den Punkt.

Denn im Buch Genesis 2,15 steht geschrieben: „Gott, der Herr, nahm den Menschen und gab ihm seinen Wohnsitz im Garten von Eden, damit er ihn bearbeite und hüte.“

Wenn wir diese Wahrheit wirklich erkennen und uns zu eigen machen, dann können wir nicht anders, als unser Leben zu ändern, um Anteil am Neuen zu erhalten, dass Gott andauernd bewirkt. Dazu gehört, dass er sein Werk der Erlösung für uns aufrechterhält und fortführt. Doch es will angenommen sein, dieses Werk der Erlösung. Und es bedarf unserer ständigen Unterscheidung zwischen dem Wahren und dem Falschen in dieser Welt, um sich nicht in einer falschen Bequemlichkeit und im individuellen Wohlergehen zu verlieren, während unzählige Menschen leiden.

Die MISEREOR-Fastenaktion möchte genau hier Lösungswege aufzeigen, damit wir als Gemeinschaft an einer Änderung des gegenwärtigen Zustands arbeiten, eines Zustands, der leider allzu oft auch mit Gleichgültigkeit anderen gegenüber einhergeht. Deshalb die Frage an uns: Wovon lebe ich? Wofür setze ich mich ein? Was kann ich teilen?

Am Ende des heutigen Evangeliums steht Jesus mit der Sünderin allein da, als alle anderen den Platz verlassen haben.

Stehen wir bei all unseren Anstrengungen allein da? Wir sind nie allein, auch nicht in der scheinbaren Ausweglosigkeit. Diese Zusage Jesu steht! Das ermutigt, darin nicht aufzugeben, an einer Änderung im Geist der Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Wahrheit zu arbeiten.
Mag noch so vieles von uns Menschen in den Sand gesetzt und in den Staub geschrieben sein. Im Vertrauen auf die Gnade und Liebe Gottes wissen wir: Es geht! Gerecht! Und Gott will, um den Gedanken aus dem Buch Jesaia aufzugreifen, dass wir mithelfen, dass Wasser in der Wüste fließe, Flüsse im Ödland, „um mein Volk, mein erwähltes, zu tränken.“ Nicht nur bei uns, sondern weltweit! Wie Jesus im Evangelium sagte: Geht und sündigt von jetzt an nicht mehr! oder übertragen: Geht und beherrscht nicht, sondern hegt und pflegt unseren Planeten.

Amen

Ihr Alfred Tüllmann

Quelle: Erzbischof Stephan Burger, KfD, Bild: pixabay.de