Wie man die Geistlichen mit den Mitteln der Zeit zu schützen suchte,  zeigt der Tegernseer „Pestlöffel“. Es handelt sich um einen  zusammenlegbaren Silberlöffel, der bei Bedarf auseinandergeklappt und  mittels eines einfachen Schiebers arretiert werden kann. Dann ist er  56,5 cm lang. Auf das vergoldete flache Schäufelchen am vorderen Ende  kann man eine Hostie legen und sie dann dem Erkrankten einigermaßen  sicher reichen.
  Die Marken am Griff zeigen das Münchner Kindl und  die Buchstaben FK. Sie verraten: Dieser besondere (wenn auch  schmucklose) Löffel entstand in München, in der Werkstatt des bekannten  Meisters Franz Keßler (+ 1717), von dem die Tegernseer Sakristei auch  noch einen schönen Kelch besitzt. Weil Keßler seine Werkstatt 1664  eröffnete, ist klar, dass der Löffel erst Jahrzehnte nach der großen  Pestepidemie von 1634 angefertigt wurde, die im Tegernseer Tal  zahlreiche Opfer gefordert hatte. Doch gefährliche Seuchen und  ansteckende Krankheiten gab es natürlich auch in späterer Zeit immer  wieder, so dass es angezeigt schien, in der Pfarrei so ein Instrument  zur Kommunionspendung zu besitzen.
  Heute wirkt es wohl eher  hygienisch bedenklich. Jedenfalls aber kann es auch für uns Heutige ein  eindrucksvolles Zeugnis dafür sein, wie sehr man sich – mit den  damaligen Möglichkeiten  – darum bemühte, auch schwer Erkrankten die  geistliche Stärkung durch die Kommunion zu Teil werden zu lassen.   
  Roland Götz   
   PS: Angesichts der Corona-Pandemie findet der Tegernseer „Pestlöffel“,  zu dem es nur sehr wenige Vergleichsstücke gibt, neue Aufmerksamkeit.  Bisher war er nur einmal und das vor langer Zeit – beim Eucharistischen  Weltkongress in München 1960 – in einer Ausstellung zu sehen. Jetzt hat  die Münchner Kirchenzeitung über ihn berichtet (nachzulesen unter: 
https://mk-online.de/meldung/pestloeffel-und-seelentrost.html).  Und auch das Deutsche Medizinhistorische Museum in Ingolstadt hat sein  Interesse bekundet. Vielleicht ergibt sich in absehbarer Zeit eine  Gelegenheit, dass ihn die Gläubigen vor Ort einmal im Original sehen  können.