Pfarrverband Höhenkirchen

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Geschichte der Wallfahrtskirche St. Leonhard

Das Stiftungsjahr des Benefiziums, 1460, dürfte auch das Jahr des Baubeginns sein. In der Turmhalle hat sich bis unsere Tage ein Kreuzrippengewölbe mit gemalten Pflanzenornamenten erhalten. Die Leonhardikirche in ihrer jetzigen Form ist ein einschiffiger Bau, dem 1592 an der Nordseite ein doppelstöckiges Seitenschiff angefügt wurde. An Bauunterlagen, die uns über die Entstehungszeit Auskunft geben könnten, ist nichts erhalten.

Die Kirche wurde wiederholt umgestaltet; zuletzt um 1790. An der Außenseite des Presbyteriums wurde bei der Renovierung 1965 unter dem Dachfirst ein Fries freigelegt. Er besteht aus rotierenden Fischblasenrädern und zeigt auf der Südseite ein auf einem Baum sitzendes, eulenähnliches und gehörntes Tier, dessen Bedeutung noch nicht geklärt ist. Aufgrund von Aufzeichnungen im Siegertsbrunner Pfarrarchiv wissen wir, dassam 17. August 1769 in den hohen spitzen Turm der Blitz eingeschlagen hat und diesen zerstörte. Daraufhin wurde der Turm mit einer barocken Haube versehen. Die Innenausstattung ist ein Werk des Barock und des Klassizismus.
Altar in St. Leonhard
Vor dem prächtigen Hochaltar steht zum Leonhardsfest
das schwere Pferd, das die Sünder um den Altar tragen. (Foto: MS)
Der Hochaltar mit seinem mächtigen Aufbau nimmt die gesamte Breite des Presbyteriums ein. Seine Farben sind in warmen goldbraunen Tönen gehalten. An den Säulen winden sich Weinlaub und Trauben empor. Im Medaillon im oberen Aufbau ist der Hl. Benno mit Buch und Fisch dargestellt, im großen Altargemälde die beiden Viehpatrone Papst Sixtus und St. Leonhard. Bekrönt wird dieses Gemälde durch eine Muttergottes mit Kind. Der gesamte Aufbau des Hochaltares spricht für eine Entstehung im späten 17. Jahrhundert. Seitlich des Hochaltars sind in fast voller Lebensgröße der Hl. Abt Leonhard und der Hl. König Sigismund dargestellt. Der Hl. Sigismund wurde für jenen Herzog von Bayern aufgestellt, der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts als Bauherr von Kirchen wirkte; unter ihm wurde u. a. die Frauenkirche in München erbaut. Ebenso verdanken die Kirchen in Blutenburg, Pipping und unsere Wallfahrtskirche diesem Bayernherzog ihre Entstehung.
Seitenaltar in St. Leonhard
Der liebevoll gestaltete Seitenaltar in St. Leonhard. (Foto: MS)
Die Seitenaltäre wurden erst später aufgestellt. Hier ist uns der Meister aufgrund von Archivalien bekannt: Es ist der Wessobrunner Stukkateur Franz Doll, der aus stilistischen Gründen auch als Künstler für die Kanzel in Frage kommen dürfte. Die Seitenaltäre zeigen, ebenso wie Kanzel, bereits wesentlich kühlere Züge. Sie sind typisch für jenen Stil gegen Ende des 18. Jahrhunderts, den man Frühklassizismus nennt. Anstelle von Gemälden wurden hier Figuren aufgestellt; im linken Seitenaltar die Hl. Barbara, und neben den Säulen noch die Bauernheiligen Isidor und Notburga. Im rechten Seitenaltar ist der Hl. Sebastian mit den Märtyrern Johannes und Paulus dargestellt.
Deckengemälde in St. Leonhard
Von der Decke aus sieht der Heilige Leonhard auf die Kirchenbesucher herunter. (Foto: MS)
Von den Deckengemälden wissen wir die Künstler: Augustin Demmel schuf 1785 das Chorgemälde und Christian Wink 1793 die übrigen Deckengemälde. Das Deckenfresko im Presbyterium zeigt den Hl. Leonhard, Kranke heilend und Betrübte tröstend. Das Deckenfresko im Kirchenschiff stellt ihn unter den Seligen im Himmel dar, wie ihn Menschen um seine Fürbitte angehen. Die übrige malerische Ausstattung des Kirchenschiffes ist zurückhaltend und in warmen Tönen gehalten. Auffallend ist hier, dass der im Rokoko übliche und in Gips modellierte Stuck nur noch als Malerei wiedergegeben ist, ein weiteres Zeichen des aufkommenden Klassizismus´.
Votivtafeln in St. Leonhard
Zahlreiche Votivtafeln schmücken die Wände in St. Leonhard. (Foto: MS)
Besonders sehenswert sind die zahlreichen Votivgaben, die im Laufe der Zeit dem Hl. Leonhard geweiht wurden. Schon in der Eingangshalle finden wir über der Tür zum Kircheninnern zahlreiche Hufeisen, von denen eines sogar die Jahreszahl 1683 trägt. Die Wände des Kirchenschiffes sind geschmückt mit vielen Votivtafeln, die von vielen Gebetserhörungen berichten. Die ältesten Votivtafeln gehen hier bis 1670 zurück. Sie zeugen von einer großen Verehrung des Hl. Leonhard. Im Presbyterium befinden sich vier Grabsteine von Priestergräbern, von denen zwei die Jahreszahlen 1715 bzw. 1752 tragen. Im oberen Geschoß des nördlichen Anbaus werden auf sieben Tafeln Szenen aus dem Leben des Hl. Leonhard gezeigt; in originellen Vierzeilern wird der Inhalt des Dargestellten erzählt. Diese Werke eines unbekannten Künstlers dürften in der ausgehenden Barockzeit entstanden sein.
Glocke in St. Leonhard
Im Eingangsbereich steht die beschädigte Glocke. (Foto: MS)
Zu erwähnen sind auch die Glocken: Eine von ihnen befindet sich in der Eingangshalle zur Kirche; da sie im Zweiten Weltkrieg zum Einschmelzen abgeliefert werden musste, später aber beschädigt wieder zurückkehrte, wurde sie hier aufgestellt. Sie wurde 1770 von Franz Jacob Daller in München gegossen. Für die Reliefs an dieser Glocke benutzte er möglicherweise Vorlagen des berühmten Münchner Bildhauers Ignaz Günther. Zwei weitere Glocken hängen noch an ihren alten Platz im Turm; beide wurden von Joseph Ignatius Daller gegossen, die kleinere 1772, die größere 1779. Anstelle der beschädigten Glocke von 1770 wurde 1959 ein neue bei Perner in Passau gegossen, die sich mit ihrem Klang harmonisch in den der beiden anderen einfügt. Zu besonderen Anlässen, z. B. beim alljährlichen Leonhardifest, werden die drei Turmglocken nicht geläutet, sondern mit Hämmern geschlagen.

1997 wurde die Leonhardikirche einer gründlichen Sanierung (Trockenlegung der Mauern) und Renovierung der Innenausstattung unterzogen. Fast 800 Stunden Eigenleistung Siegertsbrunner Bürger unter der Regie von R. Stiglmeir wurden dabei geleistet, um die beträchtlichen Kosten zu senken.
Die Kirche wurde am 30. Juli 2000 mit einem großen Fest wieder geöffnet.

Quelle: Die Kirchen von Siegertsbrunn, herausgegeben im Auftrag des Kath. Pfarramtes Siegertsbrunn Text: Dr. Andreas Huber, München 1. Auflage 1974