Diözesanrat der Katholiken

Demokratisch gewählte Vertretung des Kirchenvolkes.
Der Diözesanrat repräsentiert mehr als 125.000 ehrenamtlich in Katholikenräten, Verbänden und Initiativen aktive katholische Frauen und Männer. Zu den Aufgaben des Diözesanrats gehört es, das wirtschaftliche, familiäre, gesellschaftliche und politische Umfeld so mitzugestalten, dass der Mensch gedeihen und sich entfalten kann.

Münchner Kirchenzeitung vom 21.03.2004

Baumgartner Kolumnen

Bildungspolitische Geisterfahrerei

Bei der Frühjahrs-Vollversammlung des Diözesanrats in Oberammergau (siehe auch Seite 14/15) hat Professor Alois Baumgartner die Bildungspolitik der bayerischen Staatsregierung kritisiert. So monierte er unter anderem die geplante Streichung ei-ner Religionsstunde in den 3. und 4. Klassen der Grundschule. Wir dokumentieren Auszüge aus seinem Bericht:

Man kann den Eindruck gewinnen, als sei der Religionsunterricht in der staatlichen Schule eine rein kirchliche Veranstaltung oder gar ein kirchliches Privileg. Dem müs-sen wir heftig widersprechen. Religionsunterricht anzubieten, ist eine Aufgabe des Staates. Es ist eine Verfassungspflicht gegenüber den Kindern und den erziehungsbe-rechtigten Eltern... Wie der Freistaat Bayern diese Verfassungspflicht ausformen will, darum geht es. Die Tendenz ist eindeutig: Der Religionsunterricht spielt auch in den Augen der Staatsregierung keine zentrale Rolle. Sie ist dabei, den Rang des Religionsunterrichts mit kleinen Schritten herabzustufen.

Wir dürfen diese Versuche nicht isoliert sehen. Sie entsprechen den gesellschaftli-chen Säkularisierungsschüben. Man kann die Frage aufwerfen, ob der gesellschaftli-che Säkularisierungsschub jetzt auch die bayerische Staatsregierung voll erreicht hat. Natürlich ist bei der heutigen Säkularisierung nicht der Geist der Aufklärung die trei-bende Kraft. Es ist der Geist, der dem Ökonomischen in allem den Vorrang gibt und dem man offenbar auch im Bildungswesen den Primat einräumt. Unter der Hand ist die Wettbewerbsfähigkeit zur zentralen Kategorie auch im Bildungswesen aufgestie-gen. Unter solchen Bedingungen muss der Religionsunterricht geradezu zwangsläufig als ein Relikt aus jenen Zeiten erscheinen, in denen es bei der Bildung noch um den ganzen Menschen ging, nicht nur um seine funktionale Brauchbarkeit. Wollen wir die-sem Trend tatenlos zusehen? Ich meine, wir müssten uns dem entgegenstellen. Der Religionsunterricht ist in dieser Auseinandersetzung fast ein Symbol...

Es geht nicht an, heute permanent am Religionsunterricht herumzukürzen und mor-gen wieder Akademien zu veranstalten, in denen der Kirche mitleidig konstatiert wird, sie habe auch nicht mehr jene Prägekraft in der Gesellschaft, um den erforder-lichen Grundwasserspiegel für einen wertebezogenen Grundkonsens der Gesellschaft zu garantieren. Es kann auch nicht gehen, über die Gewalt an Schulen zu klagen und nach Katastrophen wie in Freising, Coburg und Walpertskirchen Betroffenheitslitur-gien zu feiern, heute aber die ohnehin geringen Möglichkeiten einer ganzheitlichen moralischen und religiösen Erziehung auszudünnen. Was hilft es, die Unfallkliniken auszubauen und bildungspolitisch die Geisterfahrerei zu fördern...