Diözesanrat der Katholiken

Demokratisch gewählte Vertretung des Kirchenvolkes.
Der Diözesanrat repräsentiert mehr als 125.000 ehrenamtlich in Katholikenräten, Verbänden und Initiativen aktive katholische Frauen und Männer. Zu den Aufgaben des Diözesanrats gehört es, das wirtschaftliche, familiäre, gesellschaftliche und politische Umfeld so mitzugestalten, dass der Mensch gedeihen und sich entfalten kann.

Münchner Kirchenzeitung vom 20. Januar 2002

Baumgartner Kolumnen
Flächendeckende Kirche?
 
Ein über die Konfessionsgrenzen hinweg geschätzter Theologe hat sich vor wenigen Tagen in der Wochenzeitung »Rheinischer Merkur« zur Reform der Kirche geäußert. Seine Kritik: Dass teure Marketingunternehmen auf die Kirche angesetzt worden seien, sei »für die Katz« gewesen. Sein Rat: Die Kirche solle sich auf das Wesentliche konzentrieren – auf Religion und Spiritualität, auf Bibel und Gottesdienst. Sie dürfe die Befriedigung der religiösen Bedürfnisse in unserer Gesellschaft nicht den Esoterikläden überlassen und müsse wieder den Grundsatz des heiligen Benedikt beherzigen, dass nichts dem Gottesdienst vorzuziehen sei.
Sieht man von den heute offensichtlich unvermeidlichen spitzen Pfeilen ab, die auch in diesem Beitrag gegen das soziale Engagement der Kirche und gegen die »Konzerne« von Caritas und Diakonie abgeschossen werden, so kann man dem Autor nur zustimmen. Wir brauchen die Besinnung auf das Zentrum unseres Glaubens und unserer Hoffnung. Von ihm her bekommen alle unsere Aktivitäten ihr Maß und Ziel. Im Weiteren freilich mündet der Artikel des Theologen in eine Vision von Kirche. Um missionarisch sein zu können, werde sich die Kirche der Zukunft um eine intellektuelle, asketische und charismatische Elite sammeln müssen. »Die Kirche der Zukunft wird nicht mehr flächendeckend sein können.«
Dies ähnelt nun in der Tat doch sehr den Empfehlungen einer Unternehmensberatung gegenüber einer Großbank, sich aus der Fläche zurückzuziehen, das Filialnetz auszudünnen, das Girokonto des kleinen Mannes und das Sparbuch der Oma sein zu lassen und sich statt dessen auf das Kerngeschäft zu besinnen. Kann das der Weg der Kirche sein? Kann sie die Achtundneunzig in der Fläche zurücklassen, um mit den restlichen Zwei den spirituellen Hochalpinismus zu pflegen? Wer ist überhaupt die Kirche, von der gefordert wird, dass sie ihr flächendeckendes Angebot überdenken soll? Ein Anbieter, der sein Sortiment straffen und auf die Kaufkräftigen konzentrieren soll? Nein, die Kirche ist die Gemeinschaft der Getauften und Gefirmten, in der sich Stärke und Schwäche, Wärme und Lauheit, Glaube und Unglaube zugleich finden. Die Kirche sind wir – und wir wohnen und leben in der Fläche, auch wenn es uns manchmal danach gelüstet, auf irgendeinem spirituellen Tabor unsere Hütten zu bauen.
Um aus der Flachheit unseres Glaubens herauszufinden, brauchen wir die Vielfalt der Charismen. Aber wer meint, der Weg zu diesem Ziel sei der Rückzug aus der Fläche, begibt sich auf einen Holzweg. Dies sei zum Trost und zur Ermutigung all derer gesagt, die sich in diesen Tagen dafür einsetzen, dass in unserem Erzbistum »flächendeckend« Pfarrgemeinderäte gewählt werden.