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Kath. Pfarrverband Heufeld-Weihenlinden

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Hirtenbrief zum Beginn der Österlichen Bußzeit 2020 des Erzbischof von München und Freising

Verantwortung für die Schöpfung -
Fünf Jahre Enzyklika Laudato si’

Liebe Schwestern und Brüder,

zu den anregendsten Begegnungen des letzten Jahres gehörte ein Treffen mit Schülerinnen und Schülern unserer kirchlichen Schulen zum Thema „Verantwortung für unsere Schöpfung“. Anlass waren die Demonstrationen von Schülerinnen und Schülern an vielen Schulen, die jeweils freitags für den Kampf gegen den Klimawandel demonstriert haben. Ja, es entwickelte sich im Laufe des Jahres eine weltweite Bewegung „Fridays for Future“.
Wir haben im Erzbistum überlegt, wie man dieses berechtigte Anliegen an unseren Schulen aufgreifen kann und wie wir das Engagement auch im Blick auf unseren christlichen Glauben vertiefen können. Und so kam es, dass die erzbischöflichen Schulen einen Studientag in München vorbereitet und veranstaltet haben und ich mit den Schülerinnen und Schülern diskutiert habe. Mich hat sehr beeindruckt, wie gut die Jugendlichen vorbereitet waren, wie engagiert und auch voller Leidenschaft die
Diskussionen waren. So konnten wir miteinander lernen, dass die Verantwortung für die Schöpfung, für unseren Planeten und für die kommenden Generationen ein zutiefst christliches Anliegen ist und dass wir in der Enzyklika Laudato si’ von Papst
Franziskus einen großartigen Text haben, der diese Anliegen aufgreift und vertieft.
 
Vor bald fünf Jahren hat Papst Franziskus diesen Brief an die ganze Kirche und an alle Menschen guten Willens geschrieben. Auch in der Beratergruppe des Papstes haben wir darüber gesprochen, und ich war beeindruckt, wie gut der Papst überlegt hat, diesen Text vor der Klimakonferenz in Paris zu veröffentlichen, um aller Welt deutlich zu machen, wo die Kirche steht und aus welchen Quellen sie ihre Position vorträgt. Denn es geht hier nicht einfach nur um ein politisches Programm, um einen ökologischen Maßnahmenkatalog, sondern um eine neue, ganzheit­liche Sicht auf das Leben. Deshalb will ich am Anfang der Österlichen Bußzeit diese Enzyklika in Erinnerung rufen, weil sie uns ermutigt, unser Leben zu verändern und eine neue Sichtweise einzunehmen.
 
1. „Alles ist miteinander verbunden“, sagt Papst Franziskus (LS 117). Es geht also nicht nur um das Klima. Es geht darum, die eine Menschheitsfamilie in den Blick zu nehmen und die Verantwortung für diesen Planeten zusammen als eine Menschheitsfamilie zu tragen. Gerade in einer Zeit, in der Nationalismus und Eigeninteressen scheinbar wieder die Oberhand gewinnen und häufig die Devise gilt „zuerst ich und dann die anderen, erst recht die anderen Nationen oder Völker“, gilt es, in Erinnerung zu rufen, dass wir als Menschen zusammengehören, dass wir eine Familie sind und jeder Mensch – ob Mann oder Frau, schwarz oder weiß, arm oder reich, krank oder gesund – Kind Gottes ist. Jeder Mensch ist Bild des lebendigen Gottes, und Gott ist der Vater aller Menschen, nicht nur der Christen, sondern wirklich aller. Ich weiß sehr wohl, dass ein solcher Blick noch nicht alle Probleme löst. Aber es hilft, die Probleme und Sorgen der anderen zu sehen, auch der kommenden Generationen, und nicht nur um sich selbst zu kreisen und dabei das Gemeinsame, das Leben aller Menschen aus dem Blick zu verlieren.
Die Österliche Bußzeit kann uns ermutigen und sollte uns die Kraft geben, den Blick auf alle zu weiten, besonders auf die Schwachen, besonders auf die, die bedroht sind und am Rande leben.
 
2. Im letzten Jahr haben wir uns daran erinnert, dass vor 50 Jahren die Mondlandung stattfand. Ich weiß noch, wie wir damals die ganze Nacht über im Kreis der Familie gewacht haben, um die etwas verschwommenen Bilder am Fernsehgerät zu sehen: die Bilder vom ersten Menschen auf dem Mond. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit konnten Menschen sehen und beschreiben, wie schön dieser wunderbare blaue Planet, unsere Erde ist, wenn man sie aus dieser Entfernung des Weltalls betrachtet.
Papst Franziskus erinnert uns daran, wie großartig dieses Geschenk der Erde, des Lebens, ja der Schöpfung insgesamt ist, die alles Leben umfasst, auch die Tiere. Er unterstreicht, dass wir Menschen mit der ganzen Schöpfung verbunden sind, dass wir nicht das Recht haben, diese Schöpfung, diesen Planeten zu zerstören, und dass deshalb alle Bemühungen, den Klimawandel zu stoppen oder zu verlangsamen, nicht nur eine politische Aufgabe sind, sondern aus einem religiösen Impuls kommen, aus einer moralischen Verantwortung. Diese Verantwortung wird natürlich auf verschiedenen Ebenen wahrgenommen. Und auch wir als Erzbistum bemühen uns darum, Schöpfungsverantwortung zu einem durchgehenden Auftrag werden zu lassen. Über die verschiedenen Möglichkeiten, die auch die Pfarreien haben, informiert Sie gerne das Erzbischöfliche Ordinariat. Auch jeder und jede Einzelne ist hier gefragt. Deshalb habe ich spontan bei der Begegnung mit den Schülerinnen und Schülern einen neuen Preis gestiftet, der Initiativen zur Schöpfungsverantwortung
an den erzbischöflichen Schulen auszeichnen soll. Im Laufe dieses Jahres wird der Preis ausgeschrieben werden, damit junge Menschen an unseren Schulen Initiativen in Gang bringen und zeigen können, was auch auf der örtlichen und auf der persönlichen Ebene möglich ist, um diese Verantwortung wahrzunehmen und Danke zu sagen für das Geschenk des Lebens auf diesem wunderbaren Planeten.
 
3. Der Planet Erde gehört aber nicht nur den reichen und wohlhabenden Ländern, sondern allen Menschen. Papst Franziskus spricht vom „gemeinsamen Haus der Erde“, vom „gemeinsamen Haus der Schöpfung“, in dem alle einen Platz haben sollen.
Die ökologische Frage ist eng verbunden mit der sozialen Frage. Das macht Papst Franziskus deutlich. Denn die Zerstörung der Erde und der Lebensgrundlagen für kommende Generationen trifft in besonderer Weise schon jetzt die Armen. Und deshalb möchte der Papst, dass wir eine neue Fortschrittsidee entwickeln, dass wir Fortschritt nicht nur messen am wirtschaftlichen Wachstum und an technischen Errungenschaften, sondern vielmehr daran, dass wir nachhaltige Schritte gehen, um möglichst vielen, ja allen Menschen, ein Leben in Würde zu ermöglichen, damit die
Lebensbedingungen aller im Blick bleiben und sich nicht Ungleichheit und Spannungen vermehren und vertiefen. Das erleben wir leider im Augenblick. Doch das ist kein wirklicher Fortschritt. Das ist eine Gefahr für die Zukunft der Menschen und der ganzen Schöpfung. Sollten wir Christen nicht diejenigen sein, die mithelfen, eine neue Idee von Fortschritt zu entwickeln?
Die Enzyklika Laudato si’ gibt dazu viele Hinweise. Sie kann auch ein Betrachtungstext für die Österliche Bußzeit sein, weil sie auch auf die pastoralen Wege schaut, die wir miteinander in unseren Pfarreien und Gemeinschaften gehen können.
Vor kurzem hat Papst Franziskus ein Schreiben über Amazonien veröffentlicht mit dem Titel „Querida Amazonia“ - „Das geliebte Amazonien“.
 
 
Ich durfte im Herbst selbst an der Synode teilnehmen, die sich mit dem Gebiet des Amazonasregenwaldes beschäftigt hat. Es ging um die pastoralen und die ökologischen Herausforderungen, die uns vor allem durch das Zeugnis der Bischöfe und der aktiven Laien aus den Ländern, die im Ama­zonasgebiet liegen, deutlich wurden. Dieses aktuelle Schreiben ist im Grunde eine Vertiefung und Anwendung der Enzyklika Laudato si’. Es macht deutlich, dass wir als Kirche ganz verwurzelt sind mit den konkreten Herausforderungen vor Ort, dass unser Blick aber immer auch auf das Ganze der Erde, der Menschheitsfamilie, der Lebensperspektiven für alle Menschen gerichtet ist. Die Kirche ist eben nicht für sich selber da. Es geht nicht zuerst um die Zukunft der Kirche. Nur dann, wenn wir als Kirche, als Gemeinschaft derer, die den Namen Jesu Christi tragen, die Not und die Sorgen aller vor Augen haben und uns für das Leben aller Menschen einsetzen, tragen wir zu Recht den Namen Kirche Jesu Christi.
 
Liebe Brüder und Schwestern, Texte haben ihre eigene Geschichte. Oft werden sie vergessen und zu den Akten gelegt. Bei der Enzyklika Laudato si’ darf das nicht so sein. Darum möchte ich Ihnen dieses Thema und die Enzyklika noch einmal besonders ans Herz legen. Ich glaube, dass sie aktueller denn je ist und uns hilft, unsere besondere Verantwortung als Christen wahrzunehmen und bei allen Herausforderungen und Problemen, die wir im Augenblick auch innerkirchlich diskutieren, nicht die Aufgabe zu vergessen, die Stimme zu sein, die sich für das Leben aller Menschen, auch der kommenden Generationen einsetzt. Dazu brauchen wir Umkehr, einen Perspektivwechsel, eine neue Sicht. Laudato si’ hilft uns dazu.
 
So grüße ich Sie alle zu Beginn der Österlichen Bußzeit und wünsche Ihnen einen guten und gesegneten Weg auf Ostern zu.
 

München, im Februar 2020
 
Ihr
Reinhard Kardinal Marx
Erzbischof von München und Freising


Weitere Informationen - Links:

Der Text der Enzyklika ist auf den Seiten des Vatikan###FASURLhttp://w2.vatican.va/content/francesco/de/encyclicals/documents/papa-francesco_20150524_enciclica-laudato-si.html###TGTS_blank###TGTE###FAC###FAE zu finden oder kann bei der ###FASURLhttp://www.dbk-shop.de/de/deutsche-bischofskonferenz/verlautbarungen-des-apostolischen-stuhls/enzyklika-laudato-si-papst-franziskus-sorge-gemeinsame-haus.html###TGTS_blank###TGTE###FACDeutschen Bischofskonferenz###FAE bestellt bzw. downgeoloaded werden.

Nachsynodales  apostolisches Schreiben Querida Amazonia von Papst Franziskus

Schlussdokument - Amazoniensynode