25.8. Etappe Malalbergo - Castel Maggiore
Heute wache ich nervös auf. Es wird eine der längsten Etappen in diesem Jahr.
Ein Blick auf die Wetter App: überwiegend sonnig und etwas unter 30 Grad - eine gute Prognose.
Um 7:30 Uhr ist Frühstück angesagt. Als ich bereits um 7:10 Uhr runter gehe, sind tatsächlich schon viele Mitpilger dort.
Nachdem die Kaffeeschlange gestern nicht enden wollte, hat die Frühstückscrew daraus gelernt und zwei Kannen Kaffee zur Selbstbedienung ans Buffet gestellt. Allerdings Kaffe americano, wie sie es - etwas abfällig - nennen.
Um 8:30 Uhr brechen wir mit dem Bus nach Malalbergo zur Andacht und nächster Tagesetappe auf.
Im Bus ist gute Stimmung. Im fröhlichen Stimmengewirr schnappe ich Gesprächsfetzen auf über das Wetter, Erlebnisse des letzten Tages und Befindlichkeiten.
Ein Geburtstagslied für Karin hebt allgemein die Stimmung noch mehr.
In der Andacht berichtet Michael weiter über das Leben von Dominikus. Er wurde vom Bischof aufgerufen, die Katterer zu bekämpfen, und zwar mit Predigten, sozusagen als geistiger Kampf. Sein Auftrag war, mit Gott und von Gott sprechen. Auch wir sind aufgerufen die christliche Lehre weiter zu tragen. Man sollte aber nur das weitergeben, von dem man selbst überzeugt ist und was man auch selbst lebt. Zitat von Frère Roger: „Lebe das, was du verstanden hast.“
Nach der Gabe von Pilgerstempeln brechen wir um 9:45 Uhr auf.
Der Wanderweg am Kanal entlang ist landschaftlich schön und angenehm zu laufen. Wiesen und Felder, sowie einzelne Häuser säumen den Weg. Später geht es auf einer schönen kleinen Landstraße vorbei an verfallenen oder auch noch erhaltenen Häusern, kleinen Kirchen sowie Wiesen und Feldern. Das Wetter ist uns gnädig, immer mal wieder schiebt sich eine Wolke vor die Sonne und spendet uns Schatten. Es geht ein leichter Wind, das macht das Laufen angenehmer.
Im Gehen wechseln immer mal wieder die Laufpartner. Auf diese Weise kann man sich wunderbar näher kennenlernen. Inzwischen laufen wir durch einen Vogelschutzpark mit vielen schönen Bäumen. Vögel können wir zwar weder sehen noch hören, dafür entdecken wir eine Bisamratte ganz nah am Weg, die sich durch uns scheinbar nicht gestört fühlt.
Gegen 13:00 Uhr haben wir bereits in etwa die Hälfte der Strecke hinter uns. Wir sind schon hungrig, aber Michael Schlosser weiß, dass in circa 1 km ein feiner Brotzeitplatz ist, so laufen wir also weiter. Und tatsächlich, er hat recht: Es ist ein schöner Ruheplatz mit zwei großen Bänken unter Bäumen. Hier machen wir eine gemütliche Mittagspause. Jeder hat etwas anderes dabei und wir teilen untereinander unsere kulinarischen Schätze. Inzwischen ist der Himmel überwiegend bewölkt, die Temperaturen jedoch angenehm, so lässt es sich gut laufen.
Nach einer Kaffee- und Eispause am Busstop geht es weiter auf geänderter Strecke: Zunächst 3 km entlang einer belebten Straße, dafür verläuft der Weg danach sehr schön, wie man uns verspricht.
Da wir an der stark befahrenen Straße sowieso hintereinander gehen müssen, beschließen wir, den Weg schweigend zu bewältigen. Jeder ist allein mit seinen Gedanken, im Gänsemarsch und strammen Schritt gehen wir dahin, spüren die Sonne auf dem Kopf, den harten Asphalt unter den Füßen, und den Wind von den vorbeisausenden Autos. Dennoch, es ist schön und meditativ, so ruhig und konzentriert diesen nicht so angenehmen Weg zu bewältigen. Schnell geht die 3/4 Stunde vorbei und wir werden belohnt mit einem schönen Schotterweg unter Bäumen, entlang eines Kanals, in dem wir nicht nur Enten, sondern auch noch mehr Bisamratten und eine Schildkröte sehen.
Beim ersten Schattenplatz legen wir ein kleines Päuschen ein. Eine Mitpilgerin hat eine Wassersprühflasche dabei, was für eine geniale Idee! Jede und Jeder bekommt ein paar Wassersprühspenden! Einen knappen km vor dem Ziel kommen wir an einem Café vorbei. Nachdem wir gut in der Zeit liegen, lassen wir uns einen Einkehrschwung nicht entgehen.
Bald kommt die nächste Gruppe und gesellt sich dazu. Während des gesamten Tages trifft man sich immer wieder an Rastplätzen, was immer sehr schön ist.
Zur Kirche, in der die Abendandacht gehalten wird, ist es noch ein knapper km, den wir dann recht schnell bewältigen und gleichzeitig mit dem Bus ankommen. In der Andacht erfahren wir, dass Domenikus im Jahr 1205 begann, Frauenkloster zu gründen. Diese damals ungewöhnliche Einstellung zu Frauen hatte er sich von den Katterern abgeschaut, die die Frauen den Männern gleichstellten.
Wieder zurück in Ferrara haben wir gerade noch Zeit, uns frisch zu machen für das gemeinsame Abendessen.
Ich bin erschöpft, aber sehr froh, dass meine Füße mich 27 km brav getragen haben und freue mich schon auf den nächsten Tag!
Cordelia B.
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