1.9. Etappe Mulina del Sasso - Pietralunga
Angesichts des für heute angedrohten "länger-höher-weiter" schenken wir uns die ersten 1,7 km und lassen uns vom Bus bis La Scuola mitnehmen. Schwester Sonne hat mittlerweile ihren ersten Cappuccino intus und strahlt bestens gelaunt vom blauen italienischen Himmel; das hatte heute früh noch ganz anders ausgesehen, da hatte sie sich unwirsch rumgedreht und in ihre Nebelbettlaken gewickelt.
Jetzt geht es hinauf in den umbrischen Appenin, sanft behügeltes, unaufgeregtes Land. Eschen, Steineichen, duftende Pinien. Eine Gruppe Zypresse salutiert. Sie haben sich verlaufen, wir zeigen ihnen den Weg heim in die Toskana. Ein paar Pferdeäpfel am Weg lassen uns zurückdenken an die heute früh in der Andacht erzählte Episode im Leben des Heiligen Franz, wo er den Aussätzigen begegnet, vom Ross steigt und sich fortan um sie kümmert. Es duftet nach Lavendel, Thymian, Pinien.
Ein Klackern von Wanderstöcken im raschen Rhythmus von 16.-tel-Noten kündigt Gruppe 2 auf der Überholspur an. Weiter geht es, die Kilometer nach Pieve de' Saddi schmelzen wie Crema gelato, sapore Limone. Dieses kleine Kircherl (Saddi ist wohl eine Verballhornung von Sancti) liegt Recht einsam. Es soll über einem römischen Tempel errichtet worden sein, gar schon im dritten Jahrhundert. Was wir betreten, ist archaisch-trutzige Romanik, drei Schiffe, nur eine Apsis. Mich beeindruckt am meisten eine Freske Maria mit Jesuskind. Wir machen ausgiebig Brotzeit im Schatten der alten Mauern. Dann geht's weiter für uns Fusionisten der Gruppe 345.
Der Nachmittag wird für uns schon eine ordentliche Trainingseinheit. Plötzlich heißt es: Strada chiusa a 200 Metri. Frana. Lexikon her: Frana heißt Erdrutsch. Sauber! Die Straße mag arg ramponiert sein - Wanderer kommen durch. So erreichen wir Pietralunga, wo wir am Ortsrand in der gleichfalls uralten Kirche Madonna dei Rimedi (von den Heilmitteln) unsere Abendandacht halten. Diese wird mit dem Segen Enden.
Doch diese Folge unserer Pilger-Novela endet mit der hier gerade erzählten Schlüsselszene für Franziskus, als er sich vom Kreuz in San Damiano angesprochen sieht: Baue meine Kirche neu. Fortsetzung folgt.
Johannes R.
Freske Maria mit Jesuskind im Kircherl von Saddi.
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