„Ein großer Lehrer und Hirte der Kirche“

Ansprache des Vorsitzenden der Freisinger Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zum 85. Geburtstag von Papst Benedikt XVI. am 16. April in Rom

Heiliger Vater, es ist für uns alle eine große Freunde, Ihnen heute begegnen zu dürfen und namens der Freisinger Bischofskonferenz unsere guten Wünsche zur Vollendung Ihres 85. Lebensjahres überbringen zu können.

Wir danken Ihnen, dass Sie diese Begegnung ermöglicht haben. Und besonders dankbar sind wir dafür, dass Sie mit uns die heilige Eucharistie gefeiert und uns in Ihrer Predigt in wunderbarer Weise das Wort Gottes ausgelegt haben. Es ist einfach immer wieder schön, wenn wir als Bischöfe beim Haupt des Bischofskollegiums sind und uns vom Nachfolger des heiligen Petrus stärken lassen können.

Gestern konnte ich in Marktl, in Ihrer Taufkirche, mit vielen Gläubigen die heilige Messe feiern. Es war spürbar, wie sehr die Menschen mit Ihnen verbunden sind, ja wie sie auch ein wenig stolz sind auf den großen Sohn der bayerischen Heimat. Ich erlebe das immer wieder bei vielen Begegnungen mit den Gläubigen. Überall dort, wo Sie als Priester, Professor und Bischof in Bayern gewirkt haben, gibt es eine lebendige Erinnerung an Sie und eine hohe Wertschätzung Ihrer Person. Das gilt nicht nur für die Orte Marktl, Aschau, Tittmoning, Traunstein, München und Freising, sondern weiter darüber hinaus. Und natürlich gilt es auch für viele, viele Menschen in ganz Deutschland. Deshalb ist der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz für diese bayerische Begegnung sozusagen in unsere Freisinger Bischofskonferenz „kooptiert“ worden.
Es gäbe viele Geschichten und Anekdoten zu erzählen, die diese Wertschätzung zum Ausdruck bringen. Ich traf neulich eine Frau aus München-Bogenhausen, die in der Volksschule den Kommunionunterricht des Kaplans Joseph Ratzinger erlebt hat. Sie erzählte mir, wie sehr sie als Kinder an diesem jungen Priester gehangen haben, und nach seinem Weggang haben sie ihm einen Brief geschrieben. Die Antwort des jungen Kaplans trug sie immer bei sich und zeigte mir den Brief, der in wunderbarer Weise liebenswürdig und einfühlsam auf den Brief der Kinder antwortete. Das hat mich sehr bewegt, denn im Grunde sind Sie bis heute so „seeleneifrig“ geblieben, wie es in diesem Brief aufscheint.

Heiliger Vater, wir sind hier um Dank zu sagen und auch, um Glückwünsche und Geschenke zu überbringen. Wir danken für Ihren unermüdlichen Dienst als Nachfolger des heiligen Petrus. Sie sind ein großer Lehrer und Hirte der Kirche. Wir danken dem Herrn dafür, dass er Sie uns als Nachfolger des heiligen Petrus geschenkt hat. Wir danken Ihnen für Ihre Treue, in der Sie uns Bischöfen ein Vorbild sind. Sie haben immer wieder Ihr Ja-Wort gesprochen: Bei der Priesterweihe, bei der Bischofsweihe und vor sieben Jahren in der Sixtinischen Kapelle. Das ist für alle Diener der Kirche ein großartiges Zeugnis des Gehorsams, der ja auch im Zentrum der Gesinnung Jesu steht, wie es im Hymnus des Philipper-Briefes und in vielen Worten Jesu im Johannes-Evangelium aufleuchtet. Gerade in dieser Stunde der Kirche ist das Zeugnis der Treue und des Gehorsams so wichtig. Danke dafür!

Im Namen aller unserer Brüder und Schwestern aus unseren Bistümern überbringen wir herzliche Glückwünsche zum Geburtstag. Wir wünschen Ihnen nicht nur Gesundheit und langes Leben, sondern vor allem geistliche Gelassenheit, die der Ausdruck wahrer Freiheit ist. Angelus Silesius beschreibt es so: „Vom Werk nicht lassen, doch lassen von des Werkes Wirkung. Um Wirkung unbekümmert sein, das ist das große Lassen, der Gang der Freien.“ Sie strahlen diese Gelassenheit und Freiheit aus, wie sie nur aus einem tiefen geistlichen Leben kommen kann.

Es wurde Ihnen ja zum Geburtstag ein Buch überreicht, in dem verschiedene Persönlichkeiten eingeladen waren, ihre Gedanken über den Papst aufzuschreiben. Auch ich durfte einen Beitrag schreiben, was ich sehr gern getan habe. Ich möchte aus diesen persönlichen Bemerkungen nur einen Punkt herausgreifen, der mir besonders wichtig erscheint. In einem Gespräch bei Tisch ging es auch um die Frage, welche Maler Sie besonders gut darstellen würden. Und ich meinte, dass es ja nicht so sehr auf die äußere Ähnlichkeit mit der Person ankomme, sondern ob etwas Charakteristisches getroffen sei. Und ich sagte, dass mir die Gemälde am besten gefallen, die Sie als einen staunenden Menschen darstellen. Denn das beeindruckt mich tatsächlich immer wieder, dass Sie nie aufgehört haben, zu staunen über das was Gott an uns getan hat und weiterhin tut. Und ist das nicht auch die Haltung, die Jesus dem alten Nikodemus empfiehlt im Evangelium des heutigen Tages? Geht es nicht wirklich darum, sich immer wieder neu aufzumachen, sich vom Geist in die Weite Gottes führen zu lassen und voll Freude zu ahnen, dass der katholische Glaube das größte Abenteuer des menschlichen Geistes ist? Ich glaube fest, dass eine solche Haltung auch ein ganz wichtiger Baustein für das ist, was Sie die „Neue Evangelisierung“ nennen, die Ihnen so sehr am Herzen liegt und die Sie uns allen als Aufgabe gestellt haben.
Welche Geschenke bringen wir mit? Vor allem die Gabe unseres Gebetes und das Versprechen, dass wir zusammen mit unseren Gläubigen Sie im Gebet weiter in Ihrem Dienst mittragen. Und wir bringen mit das Versprechen unserer Treue, ja noch mehr unserer Zuneigung und Liebe. Immer wieder haben Sie hingewiesen auf die Worte, die Kardinal Faulhaber bei Ihrer Priesterweihe den jungen Neugeweihten zugerufen hat: „Ich nenne Euch nicht mehr Knechte, ich nenne Euch Freunde!“ Oft denke ich bei den Begegnungen mit Ihnen an dieses Wort und darf es wohl vielleicht etwas gewagt auch auf Sie übertragen. Auch Sie rufen uns Bischöfen, aber letztlich auch allen Brüdern und Schwestern im Glauben dieses Wort Jesu zu, und wir wollen es beantworten mit unserer Freundschaft und Verbundenheit.

Noch einmal von ganzem Herzen, unseren Glückwunsch zum Geburtstag. Gottes Segen begleite Sie in den Jahren, die der Herr Ihnen schenken wird.

Feliciter, feliciter, feliciter!

Sonderseite 85. Geburtstag