Vor 80 Jahren: Kriegsende und Neuanfang im Erzbistum München und Freising Auszüge aus den Kriegs- und Einmarschberichten der Pfarrer aus dem Jahr 1945

Bereits am 12. September 1944 hatte die US-Armee die deutsche Grenze bei Aachen überschritten und dieses als erste deutsche Großstadt am 21. Oktober erobert. Doch sollte noch über ein halbes Jahr schwerer Kämpfe bis zur Kapitulation am 7. und 8. Mai 1945 vergehen. In Bayern marschierten die Amerikaner im April 1945 ein und besetzten unter anderem am 11. April Würzburg, am 20. April Nürnberg, am 30. April München, am 1. Mai Landshut, am 2. Mai Rosenheim und am 4. Mai Bad Reichenhall. In einer fortlaufenden Reihe veröffentlichen wir Tag für Tag Auszüge aus den Kriegs- und Einmarschberichten der Pfarrer aus dem Jahr 1945 - ein eindrückliches Zeitdokument.
 
Blick vom Nordturm des Münchner Doms über den zerstörten Chor nach Osten zum heutigen Marienhof (Aufnahme von Josef Ebner)
Blick vom Nordturm des Münchner Doms über den zerstörten Chor nach Osten zum heutigen Marienhof (Aufnahme von Josef Ebner)
Mai 1945:
Pfarrei Schäftlarn; Berichterstatter: Pfarrvikar P. Johannes Schneider OSB

"Die Nacht vom 30. April auf 1. Mai 1945 war sehr unruhig in Schäftlarn. In kurzen Zwischenräumen wurden von den Amerikanern in unserem Klosterhof dauernd Schüsse abgefeuert. Schon in den frühesten Morgenstunden des 1. Mai sah man draußen an der gesprengten Isarbrücke die Amerikaner sich bemühen, die Brücke wieder irgendwie gangbar zu machen. Verschiedene Zivilautos kamen mit Maschinen und Werkzeugen. Die Amerikaner ließen ihre Soldaten – jeder mit einem Gewehr bewaffnet – auf einem schnell angebrachten Hängeseil die Brücke passieren und von dort aus nach allen Richtungen ausschwärmen. In unserer Ortschaft selbst richteten sich die Amerikaner sehr häuslich ein. Wenn sie auch mit den eigentlichen Klosterräumen sehr rücksichtsvoll umgingen, belegten sie die beiden Pfortenzimmer und das Sprechzimmer, welche Räume von uns nicht mehr benutzt werden durften, desgleichen auch das Büro in der Ökonomie. Sie belegten viele Zivilquartiere, zum Teil quartierten sie dieselben gleich ganz aus.

In der verpachteten Klosterwirtschaft nahmen sie alles Eßbare und Trinkbare weg, so daß der Familie selbst bis auf ein paar Kartoffeln nichts mehr zum Essen blieb. Auch den Wein hatten sie mitgenommen. Der Luftschutzkeller in unserem Haus, wo mehrere Leute des Dorfes ihre Koffer untergestellt hatten, ist heute auch erbrochen und ausgeplündert worden. Die Koffer wurden aufgeschnitten und Kleider, Schuhe, Wertgegenstände und dergleichen einfach weggenommen. Außer dem Kloster, wo man aus der Küche alles mögliche begehrte (NB: Meßwein wurde weder aus der Klosterkirche noch aus den Filialkirchen geplündert), wurde auch bei Privatleuten des Dorfes wie überhaupt in der ganzen Pfarrei unheimlich viel geplündert, besonders Schmuck und Wertgegenstände, darunter auch Bargeld.

Viele gefährliche Ostleute, Gefangene und Zivilisten trieben sich herum und plünderten, was ihnen wertvoll schien. Auch Ebenhausen war von Einquartierungen schwer betroffen. Einige Häuser wurden total beschlagnahmt und die Einwohner zum sofortigen Räumen gezwungen. In manchen geräumten Häusern lagen betrunkene Soldaten nur so herum. Auch in Hohenschäftlarn war die Einquartierungslast der Amerikaner sehr drückend, nicht minder selbstverständlich auch die wie in allen Ortschaften der Pfarrei vorkommenden Plünderungen.

In den frühesten Morgenstunden des 2. Mai war der große Platz vor dem Gasthaus unserer Ortschaft, die ganze Dorfstraße vor der Kirche und dem Schulhaus und die Hälfte unseres Klosterhofes voller Fahrzeuge aller Art, Panzer, technische Maschinen, Transportfahrzeuge usw. Die Amerikaner hatten heute neben der zerstörten alten Brücke sich eine Pontonbrücke geschaffen und seit heute Vormittag 10 Uhr begann die Flut der aufgestauten Fahrzeuge, auch der schwersten Panzer, über die Isar zu rollen. Diese Brücke, die von den Schäftlarner Zivilleuten nicht betreten werden durfte, hatten die Amerikaner nach einigen Tagen wieder abgebrochen."
 
Die kriegszerstörte Münchner Innenstadt mit dem Rathausturm
Kriegszerstörte Münchner Innenstadt mit dem Rathausturm
Mai 2025:
Pfarrei Münsing; Berichterstatter: Pfarrer Anton Heldmann

"Schon in der zweiten Hälfte des April 1945 war die allgemeine Lage nervös gespannt. Wir fühlten die Schicksalsstunde immer näher kommen. In der letzten Woche des April war Münsing (mit der näheren Umgebung) durchzogen und quartiermäßig überfüllt von den Absitztruppen aller möglichen deutschen Militärformationen. Der Höhepunkt war der 28. und 29. April. Der Pfarrhof glich einem Bienenhaus. Tag und Nacht kamen und gingen die Soldaten. Am Sonntag, den 29. April abends, durchfluteten die letzten militärischen Truppen den Ort, während zu Beginn der Nacht Waffen-SS das Dorf und die Umgebung besetzte. Am Montag, den 30. April früh, hatten einige Offiziere den Turm besetzt und spähten nach den erwarteten Amerikanern. Werwolfjungen, von auswärts, schossen mit ihren Gewehren, indes amerikanische Flieger im Tiefflug den Ort kontrollierten. Der Pfarrer bat einen regulären Wehrmachtsoffizier, der gerade im Turm sich befand, den unvorsichtigen Buben den Standpunkt klar zu machen, was sofort geschah. Die Schießerei verstummte sofort. Und aus der Luft kam gottlob keine Bombe. Es war auch möglich, ein SS-Flakgeschütz aus dem Ort hinauszubringen.

Unablässig beteten die Gläubigen während der Bittmesse des Pfarrers. Da geschah das Große, das wir der Fürbitte von Mariahilf zuschreiben möchten: Die Amerikaner zweigten bei Seeshaupt oder schon vorher auf die Westuferstraße des Starnberger Sees ab, indes das Ostufer freiblieb. Am gleichen Tage konnten wir, durch H. Expositus von Degerndorf bewogen, den von der SS über Wolfratshausen nach dem Süden geführten KZ-Geistlichen, soweit sie nicht in der Nacht vorher durch P. Pies SJ befreit worden waren und den Kranken dieses furchtbaren Transportes zu Hilfe kommen, durch Speisung mit heißen Getränken und Lebensmitteln, welche von Wirt N.N. und einem Lastauto in einen nahen Wald bei Degerndorf geführt wurden.

Am 1. Mai kamen die ersten amerikanischen Patrouillen nach Münsing, und am Abend nach der Maiandacht erfolgte die erste Ablieferung der Waffen und Photographenapparate. Die eigentlichen Truppen des amerikanischen Heeres (Panzerabteilungen) kamen am Mittwochvormittag 9.30 Uhr nach Münsing, das infolge des Zuges der ersten Amerikaner nach dem Westufer schon am 31. [!] April von den SS-Truppen verlassen worden war, so daß keinerlei Kampfhandlung mehr in Münsing erfolgte. Die verräterische Haltung verschiedener Fremdarbeiter in Münsing und ihr Intrigenspiel sowie Gier nach fremdem Gute brachten die Amerikaner soweit, daß beim Wirt und in einem größeren Geschäft leider Plünderungen stattfanden, zumal die Amerikaner infolge der SS-Bluttaten an wehrlosen KZlern bei Seeshaupt psychisch schwer erregt waren. Die Stimmung in Münsing war voll Angst und Sorge. Die Rache-Schnaubenden, von den Amerikanern freigelassenen KZler standen vor den Toren Münsings, nachdem sie in Seeshaupt und in St. Heinrich furchtbare Dinge vollbracht hatten (z.B. in St. Heinrich Schändung des Tabernakels und der Sakrilegien in der Kirche).

Da kam gegen Nachmittag 4 Uhr eine neue amerikanische Panzerabteilung nach Münsing. Mit aufgehobenen Händen bat sie der Pfarrer um ihren Schutz gegen die russischen Plünderer, was sie als Katholiken dem katholischen Pfarrer zuliebe taten. Sie blieben die ganze Nacht da, der Stab im katholischen Pfarrhaus in einer überaus würdigen und vornehmen Haltung. (Die Pfarrhausbewohner durften im Haus bleiben.) Unter dem Jubel der dankbaren Bevölkerung zogen sie am anderen Morgen ab nach dem Süden, ließen aber noch einen Panzer zum Schutz da. Die Fremdarbeiter, die bereits ein Plünderungskomplott mit den russischen KZlern eingesponnen hatten, waren wütend und suchten durch Intrigen aller Art die Panzerbesatzung gegen Münsing aufzuhetzen, was ihnen aber nicht gelang, weil der Pfarrer alle ihre Lügen gegenüber den Amerikanern entkräften konnte.

Am Herz-Jesu-Freitag früh wurde dann der Panzer militärisch abberufen und dem Pfarrer der baldigste Nachschub von amerikanischen Truppen in Aussicht gestellt. Kaum war der Panzer weg, waren die KZler schon im Ort. Es gelang dem Pfarrer einzig mit Hilfe des göttlichen Herzens Jesu, eine Plünderung der Kirche und sonstiger Häuser durch gütliche Verhandlungen fernzuhalten. Freilich die grausame Ermordung eines russischen Wassilow SS durch die KZler konnte er nicht verhindern. Nun begannen auch die großen Speisungen der KZler-Massen in St. Heinrich und Ambach sowie Seeshaupt durch die Gemeinden von Holzhausen, Ambach, Ammerland, Münsing u.s.w., die großzügig mit kluger Ruhe durchgeführt wurden. Auch der Selbstschutz wurde in allen Orten immer zielbewußter und gegen neu einsetzende Plünderungen immer energischer und erfolgreicher. Durch Anschläge vor der Kirche und mündliche Publikationen in der Kirche blieben die Pfarrkinder bezüglich dessen, was sie zu tun hatten, immer am laufenden.

Am Samstag, den 5. Mai früh, kam amerikanische Artillerie, die bis Montag blieb, indes die wackeren Männer und Burschen die langsame, aber zielbewußte Abfuhr der KZler in neugebildete Lager durchführten. Die Lage wurde allmählich ruhiger und geordneter, wozu auch die Wahl neuer kommissarischer Bürgermeister beitrug. Am Hilfswerk hat sich auch besonders Herr N.N. aus München beteiligt unter der Flagge des RK, um einigermaßen gegenüber den Besatzungstruppen einen Ausweis zu haben und dem Pfarrer immer an die Hand gehen zu können."
 
Mai 1945:
Expositur Holzhausen (Pfarrei Münsing); Berichterstatter: Expositus Johann Kaltenhauser

"1. Mai. Von Stunde zu Stunde werden die amerikanischen Panzer vergeblich erwartet. SS ist schon in Unordnung, mittags noch wird nach dem Obertruppführer gefragt, aber er kam nicht mehr zurück. Nachts, gegen 11 Uhr, kommt noch Ordonnanz und beim Schein einer Kerze ist der Expositus Zeuge eines düsteren Berichtes über die Kämpfe an der Donau und bei München. Ach, wenn die gute und wahre Sache des Vaterlandes immer solche Kämpfer zur rechten Zeit am rechten Platz gehabt hätte – so aber sucht man unwillkürlich nach Blutspuren an ihren erdigen Uniformen.

In Ambach waren nachmittags schon zwei erste Panzer eingetroffen, von Zivil gegen KZ-Häftlinge und verkappte SS gerufen. Die Sache schlug aber fast ins Gegenteil um. Alle Männer mußten auf der Straße antreten, mit dem Gewehrkolben wurde mehrmals zur Eile angetrieben. Wohl unter Beeinflussung der herumstehenden KZ-Häftlinge wurde plötzlich von den Amerikanern befohlen, alle angetretenen Männer müßten ihre vollständige Kleidung ablegen, Brieftaschen, Uhren, Geldbörsen durften nicht weggelegt werden. Diese Dinge wanderten nach Aussage der Häftlinge selbst in die Taschen der Amerikaner. Die Ambacher Männer mußten KZ-Kleidung anlegen und wurden so nach Hause geschickt. Der Herr Aushilfschorregent hat auf diese Weise alle Wertgegenstände besserer Zeiten verloren. „Omnia mea mecum porto“ (Allen Besitz trage ich bei mir) konnte er schon seit seiner Umquartierung aus München sagen.

Zu dieser allgemeinen Aktion kamen noch einzelne Hausaktionen, die z.T. Vergeltungsakte gegen politische Hitzköpfe darstellten. (Verprügelung, Schuß in den Fuß = Zehe, NB: der Fuß mußte aber schon abgenommen werden) Große Verdienste um Ambach erwarben sich Gäste von N.N., besonders ein Fürst N.N. (iranischer Staatsangehöriger), der besonders die russischen Häftinge zu Vernunft und Ordnung bestimmte, die besseren als Beschützer einzelner Häuser bestimmte (z.B. Bäckerei). In der Nacht vom 1./2. Mai werden die Panzersperren vom Volkssturm selbst beseitigt bzw. geöffnet.

2. Mai. Gegen 9 Uhr vormittags rücken die ersten Panzer aus der vermuteten Richtung, von St. Heinrich her, an. Zwei Franzosen erwarten sie bei N.N. Aus dem endlosen Zuge von Panzern, großen und kleinen Mannschafts- und Spezialwagen, schwenken zwei in das untere Dorf ein. Nun sind die bisherigen kriegsgefangenen Franzosen die Herren in Dorf und Gemeinde. Sie sind plötzlich bewaffnet und sind die besten Treuhänder des Dorfes und der Gemeinde. Sie können nicht alles Begehren der KZ-Scharen verhindern, sie sind nicht ganz einig in ihrer Beurteilung dieses und jenes Hauses, aber, Tatsache bleibt, daß ihr bewaffnetes Auftreten zu jeder Tages- und Nachtzeit viel Unheil verhütete, besonders im Dorf Holzhausen und Ambach mit Kugelmühle. Sogar von auswärts wurde um ihre Hilfe gerufen.

Schwieriger war ihre Stellung gegenüber Forderungen gaullistischer Soldaten, die vom Ammerseegebiet her immer wieder vereinzelt auftauchten und besonders auf Wein und Radioapparate ausgingen. Dabei vermieden sie, jedem sichtbar, jegliche Begegnung mit der amerikanischen Polizei. Daß dieses noble Verhalten der Kriegsgefangenen einer christlichen Einstellung entsprang, wurde dem Expositus so recht beim Abschied, am 17. Mai, klar. Zweimal waren in seiner Abwesenheit N.N. und N.N. im Expositurhaus gewesen, um ihn für die Abschiedsstunde einzuladen. Beim Abschied selbst dankten die beiden im Namen ihrer Kameraden 1. für alle schönen Gottesdienste, 2. für alles Gute, das sie in Holzhausen erfahren hatten. Daß solche Franzosen sich durch eiligen Hausbesuch auch bei Bauernmädchen, die sich nie vergeben hatten, dankend und anerkennend verabschiedeten, möchte auch festgehalten werden.

5. Mai. Erst heute allgemeine Hausdurchsuchung nach Waffen und Soldaten. „Alle Männer von 16–60 Jahren müssen zum Gemeinschaftshaus kommen.“ Nach den Erfahrungen von Ambach geht der Expositus im Talar und will alles mit eigenen Augen sehen. Es handelt sich diesmal aber wirklich nur um die Kontrolle der Militärpersonen. Ein Lastauto voll wird abtransportiert (und hat einen 6 Wochen langen Weg über Ulm und Heilbronn zu machen). Zum Geistlichen sagt man gleich bei Eintreffen: „Sie können gehen.“ Nicht so glatt verlief unterdessen die Hausdurchsuchung vom Keller bis zum Speicher. Der Schwester Roswitha von der hl. Familie fehlte abends eine kleine Weckuhr und dem H.H. Pater ein Füllfederhalter mit Goldfeder. Kleine Andenken!"

Mai 1945:
Expositur Höhenrain (Pfarrei Münsing); Berichterstatter: Expositus Anton Wimmer

"Ungefähr 150 Einwohner waren zu den Waffen gerufen worden. Fast ausnahmslos standen die Soldaten an der Front. Zwei Mädchen befanden sich als R.K. Schwestern in Kriegslazaretten. Bis 1. Mai 1945 wurden 23 Gefallene und 21 Vermißte, 3 Gefangene verzeichnet. Die Arbeiter wurden ausnahmslos in Kriegsbetrieben beschäftigt. Der Verdienst war sehr gut. Der Besuch der Gottesdienste war bedeutend größer als in Friedenszeiten. Drei Häuser erlitten durch Bombenabwürfe kleinere Schäden. Kirche, Pfarrhof und Schulhaus blieben immer verschont.

Am 30. April abends kamen die ersten Amerikaner. Am 1. Mai kam ein Fliegertrupp, welcher 3 Wochen im Dorfe blieb. Expositur und Pfarrhaus blieben unbehelligt. 3 Häuser mußten geräumt werden. Von kleineren Diebstählen abgesehen wurde niemandem wehegetan. Die Gottesdienstordnung wurde nicht gestört. Ein versteckter SS-Soldat beging Selbstmord. Die Beerdigung erfolgte ohne Assistenz. Zivilpersonen kamen nicht zu Schaden. In Kirche und Pfarrhaus wurde nichts gestohlen. In außenliegenden Häusern kamen kleinere Einbrüche vor."

Mai 1945:
Pfarrei Großdingharting; Berichterstatter: Pfarrer Innozenz Kohlhauf

"Am Dienstag, den 1. Mai 1945, gegen Mittag: Einmarsch der Amerikaner in Straßlach und Dingharting. Die noch in der Frühe in der Pfarrei einquartierten SS-Truppen waren gottlob durch das Drängen der beiden Bürgermeister abgezogen. Beide Bürgermeister gingen den Amerikanern mit weißer Fahne entgegen und kapitulierten, so daß kein Schuß gefallen ist. Am 2. Mai zog dann eine Unmenge von schweren und leichten Panzern, sogenannte Kampftruppen, in die Dörfer ein; dabei durchsuchten einzelne Amerikaner manche Häuser, darunter auch den Pfarrhof von unten bis oben, nach, wie sie sagten, versteckten Soldaten, Pistolen, Wein und Schnaps, fanden aber von dem Gewünschten nichts. In der Meinung, eine Flasche Schnaps entdeckt zu haben, probierte der Herr Ami den Inhalt, aber zu seiner größten Enttäuschung war der Inhalt nicht Schnaps, sondern „Geweihtes Osterwasser“. Einige Eier nahmen die Durchsuchenden mit. Nach ein paar Stunden zogen diese Truppen wieder weiter.

Am nächsten Tage kamen wieder neue Kampftruppen, die ein paar Tage einquartiert wurden. Ein höherer Offizier dieser Truppe ersuchte den Ortspfarrer um einen Gottesdienst für die katholischen amerikanischen Soldaten, den dieser mit Freuden für den kommenden Tag um 8 Uhr zusagte, jedoch mußten diese Truppen am nächsten Tag um 8 Uhr wieder weiterziehen, weshalb der Gottesdienst für sie nicht mehr abgehalten werden konnte. Einige Tage später erschienen wieder ca. 30–40 neue Truppen, die in verschiedenen Häusern einquartiert wurden. Die Einwohner dieser Häuser mußten ausziehen. Diese Truppen haben in den bewußten Häusern arg gehaust und verschiedene Sachen gestohlen oder kaputt gemacht. Den Pfarrhof ließen sie in Ruhe. Nach ca. 8 Tagen verschwanden auch diese wieder aus dem Dorfe. Nach deren Abmarsch blieb die Pfarrei vor weiteren Einquartierungen verschont. Menschenopfer sind nicht zu beklagen.

Im Vereinslokal des Katholischen Burschenvereins befand sich von der Firma N.N. ein größeres Ausweichlager; außerdem waren dort auch verschiedene Möbel und Einrichtungsgegenstände von Münchener Fliegergeschädigten untergebracht. An einem Sonntag nach dem Gottesdienst erbrachen Ausländer (Russen und Polen) den Saal und plünderten und vernichteten nach Herzenslust alles, was dort aufbewahrt war; außerdem luden sie auch die Dinghartinger durch Einsagen von Haus zu Haus zum Plündern ein. Leider Gottes hatten auch Ansässige, sogar aus ansehnlichen Bauernfamilien geplündert, obwohl ihnen in den schrecklichen Kriegsjahren durch die Flieger nicht einmal ein Dachziegel kaputt gegangen ist. Dieser Vorfall wurde ganz leicht begreiflich zum größten Ärgernis in der Pfarrei. Sonst blieb die Pfarrei vorderhand vor weiteren größeren Plünderungen bewahrt. Einzelne Einbrüche kamen ja immer wieder vor, wobei meistens Lebensmittel, Wäsche und Kleider, mit Vorliebe auch Fahrräder gestohlen wurden. Auch im Pfarrhof wurde das Fahrrad des Pfarrers aus dem Hausgang gestohlen. Menschenleben sind auch hier nicht zu beklagen."

Mai 1945:
Pfarrei Endlhausen; Berichterstatter: Pfarrer Georg Käufl

"Die Auswirkungen des letzten Krieges, wenigstens auf das äußere Bild der Pfarrgemeinde, waren gottlob gleich Null. Trotz der Nähe Münchens gingen die Kriegsereignisse und das Kriegsende ohne sichtbare Spuren vorüber. Schäden durch Fliegerangriffe entstanden weder an Kirchen, noch an kirchlichen Gebäuden oder Schulhäusern. Nur in den letzten Wochen vor Kriegsende kamen 2 Bauern der Pfarrei bei einer beruflichen Schlepperfahrt durch Tiefflieger in Holzkirchen ums Leben.

Der Einmarsch amerikanischer Panzer erfolgte kampflos am 1. Mai vormittags 9 Uhr. Menschenleben oder Gebäudeschäden sind deshalb nicht zu beklagen. Ebensowenig wurde die Gottesdienstordnung in irgendeiner Weise gestört.

Plünderungen erfolgten durch Militärpersonen nirgends. Erst mehrere Wochen nach Kriegsende wurden durch streunende Polen die Villa eines Münchner Arztes und das Gehöft des Bürgermeisters heimgesucht und Gebrauchsgegenstände dabei geraubt."

Gedenkstein an einen der durch Bad Tölz im April 1945 ziehenden Todesmärsche von Häftlingen aus dem KZ Dachau
Gedenkstein in Bad Tölz an einen der im April 1945 durch die Stadt ziehenden Todesmärsche von Häftlingen aus dem KZ Dachau
Mai 1945:
Expositur Degerndorf (Pfarrei Münsing); Berichterstatter: Expositus Ludwig Betzinger

"Am 28. April 1945 kam der Elendszug der 'Dachauer' in unsere Expositurgemeinde und zwar in den Wald bei Achmühle und Bolzwang und konnte nicht mehr weiter. Etwa 7000-8000 Häftlinge lagen dort auf dem bloßen Boden, bei grimmiger Kälte, ganz erschöpft, dem Verhungern nahe – sie hatten auf dem ganzen Marsch von Dachau bis hierher fast nichts zu essen bekommen – ihre Decke hatten die meisten auf dem Wege fortgeworfen, weil sie dieselbe nicht mehr tragen konnten, am Leibe trugen sie eine blau-weiß gestreifte, wie Hemdenstoff dünne Hose ohne Unterwäsche, eine ebensolche Jacke mit groß aufgemalten Buchstaben 'KZ', alles meist nur Fetzen. Statt der Socken schmutzige Lumpen um die Füße gebunden, statt der Schuhe plumpe Holzpantoffel. Marschieren durften sie nur während der Nacht, am Tage mußten sie sich in den Wäldern versteckt halten, damit die Bevölkerung ja nicht dieses unmenschliche, zum Himmel schreiende Elend sehen konnte.

Streng bewacht waren sie von etwa 500–700 SS-Posten, darunter wahre Teufel in Menschengestalt, schlimmer als ihre Hunde, die sie als ihre Begleiter bei sich hatten! Sie schlugen die armen Häftlinge mit Gewehrkolben und hetzten gegen sie ihre Hunde, die diesen Hilflosen Kleider und ganze Fetzen Fleisch vom Leibe rissen. Als die Verhungernden Sprechchöre anstimmten: 'Hunger, Hunger, Brot, Brot!' drohten ihnen die bestialischen, diabolischen SS-Posten: 'Wenn ihr nicht sofort ruhig seid, legen wir auf der Stelle 100 um!' Daraufhin entstand Ruhe für kurze Zeit. Wer 'am Verrecken war', wurde mit einem Prügel oder dem Gewehrkolben erschlagen oder durch Genickschuß 'erledigt'! Es waren Bilder zum Weinen, wenn man diese Menschen, vom Regen völlig durchnäßt, verhungert buchstäblich bis auf die Knochen, ohne jede Nahrung, ohne Dach über dem Kopf auf dem bloßen Waldboden im frisch gefallenen, etwa 20 cm tiefen Schnee, dem sicheren Tode geweiht, liegen sah, ohne helfen zu können, und wenn man hören mußte: 'Bitte, helfen Sie, hier liegt mein Vater, hier liegt mein Sohn im Sterben, er könnte durch etwas Brot und Milch noch gerettet werden!' Oder wenn einer aus den Reihen heraustrat und sagte: 'Ich bin reichsdeutscher Priester' und ihn ein SS-Posten dann zurücktrieb mit den Worten: 'Mach, daß du hineinkommst, Saupfaff!'

In dem Elendslager befanden sich noch ca. 50–60 katholische Geistliche, von denen die meisten aber durch das bekannte Husarenstück des Jesuitenpaters Pies von der Rottmannshöhe in den Nächten vom 28./29. und 29./30. April gerettet wurden: Als deutscher Offizier verkleidet fuhr er mit einem Lastwagen mitten ins Lager hinein, brachte Brot und für den Lagerkommandanten eine Flasche Sekt mit der Bemerkung: Er habe Befehl, Kranke zu gesonderter Behandlung auf der Rückfahrt mitzubringen. Er ging nun ungehindert durch die Reihen der Häftlinge, und sprach leise lateinisch: 'sacerdotes omnes Aufsteigen!' Worauf viele Geistliche den Lastwagen bestiegen und so gerettet werden konnten. Zweimal gelang ihm dieses gefährliche Husarenstück, das dritte Mal jedoch wurde er nicht mehr ins Lager vorgelassen. Auch der ehemalige Generalstabschef Halder war unter den unglücklichen Opfern des Nazi-Regimes, konnte sich aber in der Nähe von Ammerland am Starnberger See durch Flucht in Sicherheit bringen!

Der Bauer N.N. von Degerndorf und die Bäuerin N.N. von Sprengenöd bei Eurasburg haben sich in lobenswerter Weise bemüht, soviel als möglich, Brot, warme Milch, Suppe und andere Nahrungsmittel in das Elendslager im Walde zu bringen. Allein, was war das für so viele! Sie hätten den Göttlichen Heiland zum Wunder der Brotvermehrung gebraucht! Wenn nicht alle etwas bekamen, war gar nicht anzufangen: um ein Stück Brot schlugen und erschlugen sich die Häftlinge gegenseitig, so groß war ihr Hunger! Zumal im Lager nur ca. 1000 Deutsche und die anderen 6000–7000 Ausländer, meist bolschewistische Russen, Ukrainer usw. waren! Leider hatte bei der Hilfsaktion die Gemeinde Münsing anfangs ganz versagt. Erst als der Expositus von Degerndorf am frühen Morgen des 2. Mai (bei tiefem Schnee!) persönlich zum H.H. Dekan und Pfarrer von Münsing, Herrn Geistlichen Rat [Anton] Heldmann geradelt war und die Lage kurz geschildert hatte, brachte auch Münsing auf Veranlassung des H.H. Geistlichen Rates im Laufe des Vormittag des 2. Mai Essen.

Eigentlich wäre dies aber nicht mehr notwendig gewesen, weil die Häftlinge in der Nacht vom 1./2. Mai in Richtung Königsdorf/Tölz weitermarschiert waren. Nur etwa 70–100 Gehunfähige und Moribundi waren zurückgeblieben, konnten aber in einem auf der Station Achmühle stehenden, von der Flak bereits verlassenen Eisenbahnflakzug untergebracht werden, so daß sie wenigstens nicht mehr im Schnee auf dem blanken Waldboden liegen und zugrunde gehen mußten. Der Expositus hat am 2. Mai 1945 mit eigenen Augen diese Elendsgestalten im Flakzug gesehen und Essen an sie verteilt. Fast alle waren wie Skelette, nur mehr mit Menschenhaut überzogen, manche hatten geschwollene Füße, geschwollene Hände, oder einen ins Riesenhafte angeschwollenen Kopf mit weit abstehenden ebenfalls geschwollenen Ohren; der Dreck, in dem sie lagen sowie ihr Geruch war unbeschreiblich! Manche unter ihnen waren so schwach, das sie eine Tasse Milch kaum mehr selber zum Munde führen und trinken konnten, manche schleppten sich noch mit Aufbietung der letzten Kraft aus dem Flakzug heraus und fielen dann vor Erschöpfung tot auf den Boden. Überhaupt lagen die Toten auf dem Boden nur so herum – ein noch nie gesehenes Bild des Grauens!

Als dann am 2. Mai mittags die Amerikaner in Degerndorf einmarschiert waren, bat der Expositus sofort den Captain um Hilfe für diese ärmsten Menschen. Noch am selben Tage wurden sie durch das Rote Kreuz nach Wolfratshausen ins Krankenhaus oder Lazarett verbracht. Einige wenige, die vorher schon unbemerkt aus dem Lager entkommen und nach Degerndorf sich schleppen konnten, wurden bei Bauern vor den Nazi versteckt und verpflegt, so im Pfarrhaus, beim Krämer N.N., beim N.N., beim N.N. in Bolzwang, bei N.N. in Sonderham; aber auch sie wurden alle später, soweit sie krank waren, durch das Rote Kreuz ins Krankenhaus oder Lazarett überführt. Eigens erwähnt soll noch werden ein Rheinländer aus Bonn, dessen Arme durch Gewehrkolbenschläge mehrmals abgeschlagen, durch Hundebisse und Messerstiche furchtbar zugerichtet waren – der Expositus hat es selber gesehen!

Noch am 1. Mai nachmittags mußten auf Befehl der Lagerleitung durch die Gemeinde Degerndorf die Toten abgeholt werden. Es waren 28 Tote, jene nicht mitgerechnet, die bereits an Ort und Stelle auf Befehl der SS irgendwo verscharrt waren. Während die Bauern mit dem Aufladen der Toten beschäftigt waren, warfen ihnen die SS-Männer einen noch lebenden Menschen mit auf den Wagen! Auf die Weigerung der Bauern, 'den nehmen wir nicht mit, der lebt noch', erklärten die SS: „Der verreckt schon, bis ihr hinaufkommt!“ (nach Degerndorf). Die Toten wurden dann dicht nebeneinander gelegt auf der Nordseite der Kirche in unserem Friedhof – ein Bild des Grauens: 28 Leichen verhungerter oder erschlagener Menschen, deren Oberschenkel kaum dicker waren als bei normalen Menschen die Handgelenke, frisch blutend an Kopf, Händen oder einer anderen Stelle des Körpers, alles Spuren von Gewehrkolben- oder Prügelschlägen (einer der Häftlinge war an den Fäusten so geschlagen worden, daß Handgelenke und Fingerknöchel bloßgelegt waren!).

Unheimlich waren die von Schmerz und Haß verzerrten Gesichter und die noch im Tode zur Rache bereiten, geballten Fäuste! Vermutlich waren die meisten dieser Toten Ostarbeiter, Russen, Ukrainer, Polen usw. Aber niemand weiß von ihnen Namen, Herkunft, Stand, Alter und Nationalität. Der Schätzung nach war das Alter der meisten zwischen 18 und 25 Jahre. Während nun Soldaten der Luftwaffe, die auf dem Rückzug in unserem Dorfe einquartiert wurden, dieses Bild des Schreckens sahen und erklärten: 'Wir legen unsere Waffen nieder, für so etwas kämpfen wir nicht mehr weiter!', fand ein Nazibonze, der ebenfalls im Dorfe einquartiert wurde, 'die Sache gar nicht so schlimm, wenn sie auch in der Form nicht vorkommen sollte'.

Eigentlich hätten auf Befehl der SS diese Toten nur 'verscharrt' werden dürfen, ohne daß auch nur die Spur eines Grabhügels die Stelle, wo sie lagen, hätte verraten können. Nur der eine Deutsche unter den Toten 'durfte' gesondert begraben werden! Unbekümmert um diesen Nazibefehl haben wir die armen Toten auf der Nordseite unseres Friedhofes in einem Massengrab beigesetzt, den einen Deutschen an einem eigenen Platz neben dem Grab der abgestürzten Flieger, jedoch alle ohne öffentliche kirchliche Zeremonien. Die Gräber heimlich einzusegnen, für den Fall, daß Katholiken unter den Toten gewesen wären, konnte dem Expositus niemand verbieten. Ein großes Kreuz schmückt das Grab dieser Opfer des Naziregimes. Nun wäre aber unser Friedhof zu klein gewesen, alle Toten aus dem Elendslager von Achmühle aufzunehmen: diese wurden dann (ca. 50–60) an Ort und Stelle in einem Massengrab begraben. Auch dieses Massengrab wurde mit einem großen Kreuze geschmückt."

Mai 1945:
Pfarrei Ascholding; Berichterstatter: Pfarrer Josef Leist

"Nachdem in den Tagen seit 27. April schon mehrere Wehrmachtsabteilungen nacheinander hiereinquartiert waren und nacheinander in mehr oder minder eiliger Art in der Richtung nach Südost abgezogen waren, waren zuallerletzt in der Nacht vom 30. April zum 1. Mai nur einige SS-Truppen hier; erst um 8.15 Uhr früh am 1. Mai rückten die letzten SS flüchtend ab; um halb 9 Uhr früh dieses 1. Mai fuhren schon die ersten Späh- und Panzerwagen der Amerikaner in unser Dorf ein von Wolfratshausen her; die Absicht der SS, das Vorrücken der Amerikaner auch hier noch zu hemmen durch Einsatz von Artillerie, kam gottlob nicht zur Ausführung; die SS trieb keinen Bulldog auf, um eine Kanone herbeizubringen; so waren auch diese SS sowie die Wehrmacht gezwungen, abzuziehen oder in die Wälder östlich der Straße München – Ascholding – Tölz zu flüchten; dorthinein schossen denn auch die amerikanischen Panzer gehörig, auch noch in der Nacht zum 2. Mai. In der ganzen Pfarrgemeinde wurde durch diese Ereignisse kein Menschenleben unserer Pfarrgemeinde, auch kein Haus beschädigt; nur ein Holzschuppen in Tattenkofen wurde durch einen feindlichen Tiefflieger in Brand geschossen am 29. April vormittags.

Im Kampf an der Isarbrücke in Puppling wurde ein junger Arbeitsdienstmann am späten Nachmittag des 30. April schwer verwundet und von einem Kameraden hierher gebracht, wo er in einem Hause (beim Bäcker) gut untergebracht wurde, aber an seiner hoffnungslosen Verwundung starb; seine Leiche wurde ins Feuerhaus gebracht; von dort wurde er dann zum Friedhof getragen und beerdigt; der Pfarrer ging, im Talar ohne Chorrock, mit der Leiche vom Feuerhaus weg mit und betete dann am Grabe für die Verstorbenen des Friedhofs und alle Krieger ein Vaterunser; der arme Kerl war protestantisch, darum wurde auch sein Name nicht in unser Totenbuch eingetragen.

Mittwochnachmittag halb 4 Uhr zelebrierte ein amerikanischer Feldgeistlicher in der Pfarrkirche die hl. Messe, bei welcher sein Mesner, ein Soldat, ministrierte; es waren ca. 100 amerikanische Soldaten bei der Messe anwesend, während welcher der Priester Reue und Leid erweckte und die Generalabsolution erteilte; es gingen 33 zur hl. Kommunion; das Benehmen der Soldaten war sehr würdig; nach der hl. Messe gingen noch etwa 10 bei ihrem Feldgeistlichen zur hl. Beichte im Beichtstuhl der Kirche.

Am 1. und 2. Mai hat sich ein Teil der amerikanischen Soldaten schlimm aufgeführt; an Lebensmitteln nahmen sie, was ihnen paßte; vor allem waren sie Liebhaber der Eier, welche in manchen Häusern fast restlos aufgebraucht wurden; ganz besonders aber waren sie aus auf Schnaps in jeder Form; es wurden auch viele Uhren und Schmucksachen mitgenommen; in einzelnen Fällen verlangten mehr oder minder betrunkene Amerikaner die Herausgabe von Schmuckgegenständen unter ernster Bedrohung mit dem Revolver. Die Suche nach Wertgegenständen und die Mitnahme von Lebensmitteln wurde in vielen Häusern am Nachmittag des 2. Mai von freigewordenen Polen, Franzosen [und] Jugoslawen in teilweise recht arger Weise fortgesetzt, da und dort sogar unter Aufbrechen von Schränken.

Das Pfarrhaus war auch von Einquartierung durch die Amerikaner nicht frei geblieben; doch wurde außer einem kleinen Quantum eßbarer und trinkbarer Dinge nichts weggenommen; der Meßwein blieb ganz intakt. Gottesdienst und Andachten wurden durch diese Ereignisse nicht gehindert und nicht gestört; doch war die erste Maiandacht, die ich mir zum Dank für den mächtigen Schutz Mariä als ein großes kirchliches Ereignis erhoffte, sehr einfach geworden, da die meisten Erwachsenen wegen der starken Belegung der Häuser mit dem fremden Militär und die meisten Kinder wegen des gefährlichen starken militärischen Verkehrs auf den Straßen zu Hause bleiben mußten und der Herr Hauptlehrer wegen persönlicher Verärgerung, weil ihm schon an jenem 1. Mai 2 Uhren gestohlen worden waren, zuerst überhaupt nicht zum Orgelspiel kommen wollte, dann zwar kam, aber nur bei der Aussetzung und Einsetzung des Allerheiligsten das Segenslied spielte, weder ein Marienlied vom Volk singen ließ noch selber eines sang, was die Mutter Gottes schon verdient hätte; denn sie hat uns für den abendlichen Rosenkranz, den wir seit 14 Tagen um glücklich verlaufende Wendung am Abend in der Kirche privatim beteten, herrlich belohnt."

Mai 1945:
Kuratbenefizium Altkirchen (Pfarrei Endlhausen); Berichterstatter: Kuratbenefiziat Johann Baptist Forstner

"Der Einmarsch der Amerikaner am 1. Mai dieses Jahres ging ohne Kampf vor sich. Es kamen dabei weder Personen noch Gebäude zu Schaden. Die für 1. Mai verkündete Maiandacht mußte (wegen Ausgehverbot am Abend!) ausfallen, an den folgenden Tagen konnte sie gehalten werden, bald auch wieder zur herkömmlichen Zeit. Die Bittgänge in der Bittwoche kamen in Wegfall (auch die Bevölkerung fand es so ratsam!) und wurden durch die Allerheiligenlitanei in der Kirche ersetzt.

Das Benefiziatenhaus wurde von den Amerikanern zweimal besichtigt, aber dann nicht, auch nicht teilweise, beschlagnahmt (vielleicht auch wegen der hier untergebrachten Bücher der Bayerischen Staatsbibliothek!). Das (benachbarte!) Schulhaus mit Dienstwohnung mußte 3 x für die Amerikaner geräumt werden, einmal für mehrere Wochen, ebenso auch einmal (für eine Nacht) 2 Bauernhäuser. Ich selber habe weder beim Einmarsch noch später Unannehmlichkeiten erfahren. Eier und andere Lebensmittel, besonders Alkohol, wurden von den Amerikanern in Bauernhäusern öfters verlangt und auch genommen, aber nicht in größerem Umfang, außer Branntwein in einer Brennerei! Ebenso wurden da und dort kleinere Gegenstände entwendet, besonders auch in der Dienstwohnung des Schulgebäudes.

An einem Sonntag (wohl 6. Mai?) wurde nachmittags und abends im unteren Dorf durch betrunkene Amerikaner viel geschossen, auch wurden einige Männer mit „Erschießen“ bedroht, kamen aber mit dem Schrecken davon. Einige Mädchen mußten sich vor Zudringlichkeiten versteckt halten. Als ich dazu kam, taten diese Amerikaner jedoch sehr friedlich und suchten sich zum Teil als „gute Katholiken“ auszuweisen. Eigentliche Plünderungen sind nicht durchgeführt worden. Einmal wurde in Oberbiberg eine Plünderung durch Russen versucht, wurde jedoch vereitelt."

Mai 1945:
Kuratbenefizium Wallgau (Pfarrei Mittenwald); Berichterstatter: Kuratbenefiziumsverweser Johann Baptist Oswald

"Gegen Abend kehrte dann eine merkwürdige Stille im Dorf ein, es wurde der Bevölkerung ganz unheimlich. Obwohl im Dorf selbst keine Truppen mehr lagen, war es jetzt zur Gewißheit geworden, daß nur mehr ein überaus glücklicher Umstand unser Dorf retten konnte. Aber wehe unserm Dorf wenn von den besetzten Höhenrücken, die das Dorf umschließen, das Feuer eröffnet wird. Vor fieberhafter Erregung und Empörung über die beabsichtigte Verteidigung werden die wenigsten der Dorfbewohner in dieser Nacht geschlafen haben. Schneeflocken tanzten durch die stockfinstere Nacht und breiteten ein Leichentuch über die Landschaft. Was wird der neue Tag bringen? Auf jeden Fall die Entscheidung!

So kam der 1. Mai herauf. Bereits um 8 Uhr morgens erhielten wir Kenntnis von der Einnahme unseres Nachbarortes Krün. Das war für uns das endgültige Zeichen zur Hissung der weißen Fahne in Dorf. Bürgermeister und Volkssturm waren sich schon längst einig, das Dorf kampflos zu übergeben. Aber was soll werden wenn die Verteidiger auf den Höhen zu schießen beginnen? Das wäre unvorstellbar. Es wird neune, zehn – wir hören nichts von den Amerikanern. Die weißen Fahnen müssen auf Befehl wieder herein. Es wird uns ganz unheimlich zumute. Krün ist doch längst übergeben. Da wird die Abordnung, die den Ort übergeben soll, ungeduldig und telefoniert nach Krün. Und das war unser Glück. In Krün wurde den Amerikanern erklärt, Wallgau sei von SS besetzt und soll verteidigt werden. Sofort war diesen Männern die Gefahr in ihrer ganzen Größe klar, und sie handelten augenblicklich. Unverzüglich machten sie sich auf den Weg nach Krün den Amerikanern entgegen, um sie über die tatsächliche Lage im Ort aufzuklären und unnötige Zerstörungen zu verhindern.

Am Ortsrand von Krün stieß die Abordnung auf die ersten Panzerspähwagen und nahm sofort Verständigung mit dem erstbesten Amerikaner auf, der sie dann nach anfänglichem Mißtrauen zum Kommandanten vorließ. Es war allerhöchste Zeit, denn die Panzer schwärmten schon auf die beiderseits der Straße liegenden Felder aus. Die Rohre richteten sich drohend gegen Wallgau. Die Abordnung bat den amerikanischen Kampfkommandanten, das Dorf zu verschonen, einer sofortigen Übergabe stehe nichts im Wege. Der erwiderte kurz, daß seinem Wissen nach das Dorf von SS besetzt sei und er infolge dessen einen Teil des Dorfes unter Feuer nehmen muß, um erst die SS herauszutreiben. Auf die klare Schilderung der tatsächlichen Lage ließ er sich von einer Beschießung des Dorfes abbringen. Er nahm dafür die Höhenrücken und Waldstreifen am Nordausgang des Ortes unter schweres Feuer.

Während des Artilleriebeschusses rollten die ersten Panzer in den Ort. Noch lag das Feuer auf den Hängen, da plötzlich auch im Ort selbst lebhaftes Feuer der Panzer. Dazwischen das Geknatter der MG von der Bergseite her. Ein Haus wurde durch die Panzergranaten schwer getroffen. Eine Frau kam dabei ums Leben. Halb 1 Uhr wurde es, Wallgau war vollständig besetzt und bald darauf verhallten die letzten Schüsse. Gott hat uns gnädig beschützt. Auf den Straßen standen Panzer an Panzer. Jetzt kamen die Soldaten von ihren Ungetümen herunter und stürmten in die Häuser. Überall wurde nach SS gesucht, auch das Pfarrhaus erhielt Besuch. Eine kurze Frage: SS hier? Nein! Es ging durch alle Zimmer. Zum Schluß der Haussuchung sagte der Erste „Der Krieg ist schrecklich“ und stürmte wieder hinaus. Das wiederholte sich in den nächsten Stunden noch öfter. Am Spätnachmittag machte der Kampfkommandant im Pfarrhaus selbst einen Besuch und ließ durch seinen Dolmetsch sagen, daß religiöse Freiheit herrsche und die Gottesdienste könnten gehalten werden wie früher; allerdings müßten wir uns an die Ausgehzeiten halten, die in der ersten Woche von 7–9 und von 15–17 Uhr war.

Das ganze Dorf war ein einziges Heerlager geworden. Inmitten dieses kriegerischen Treibens war dann am Fest Kreuzauffindung der hl. Seelengottesdienst und die Beerdigung für das einzige Opfer, das der Kampf von der Bevölkerung gefordert hatte. Gerade diese Feier ergriff die Leute zutiefst. Jedes ging seinen eigenen Gedanken nach. Jedes ließ noch einmal die letzten Tage an sich vorüberziehen. Jedes war sich bewußt: Viele, sehr viele aus uns hätte um ein Haar das gleiche Los getroffen, wenn uns nicht der Herrgott so sichtlich beschützt hätte."

April 1945

April 1945:
Pfarrei Mittenwald; Berichterstatter: Pfarrvikar Michael Kell

"Die Pfarrei Mittenwald blieb während des ganzen Krieges vor ernsthaften Fliegerangriffen verschont. Nur im April 1945 wurden am südlichen Ortsausgang zwei Bomben geworfen, wobei die in der Nähe befindliche sogenannte Mühlkapelle leicht beschädigt wurde. Am 30. April versuchten die Amerikaner von Garmisch her Mittenwald einzunehmen. In den zur Pfarrei gehörenden Ortschaften Gerold und Klais wurde von deutschen Truppen Widerstand geleistet. Am Abend dieses Tages wurde Mittenwald zwei Stunden lang von der feindlichen Artillerie beschossen. Das Feuer war hauptsächlich auf den Ortsein- und -ausgang gerichtet. Mehrere Häuser kamen zu Schaden. Vier Frauen kamen dabei ums Leben, mehrere Personen wurden verwundet. Die Toten wurden im Friedhof beerdigt, und später wurde für sie ein feierlicher Gottesdienst gehalten. Die Kapelle in Klais wurde durch eine Brückensprengung von Seiten der Deutschen ziemlich beschädigt, desgleichen die umliegenden Häuser. Die im Abwehrkampf gefallenen deutschen Soldaten wurden in Klais beerdigt."

April 1945:
Pfarrei Jarzt; Berichterstatter: Pfarrer Johann Nepomuk Bauer

"Der Samstag, der 28. April, bringt morgens die überraschende Rundfunkmeldung von der Freiheitsbewegung in München. Alles atmet auf, doch bald ist die Freude dahin, die Nazis haben die Macht noch immer. Gegen 4 Uhr nachmittags hört man bereits Maschinengewehrfeuer, das immer stärker wird, und um 5 Uhr rollen die ersten Panzer der Amerikaner gegen den Stützpunkt Daxenberg. Die SS-Männer hauen ab, die 4 vor Fahrenzhausen aufgestellten Geschütze hatten bereits früher durch das Zureden des Bürgermeisters Rüdiger und der Fahrenzhauser Männer das Weite gesucht. Da rast noch ein deutscher Kraftwagen, von Dachau kommend, der Münchner–Ingolstädter Hauptstraße zu. Sofort wird er unter Feuer genommen, der Führer konnte sich noch retten, doch der Kraftwagen wie das Anwesen N.N. gingen in Flammen auf und das ganze Anwesen brannte nieder, da fast niemand zu Hilfe eilen wagte. Das Vieh wurde gerettet.

Um 7 Uhr abends war der amerikanische Durchmarsch, Panzer um Panzer, vollendet. Die Nacht verlief ruhig. Sonntags, den 29. April 1945, glichen Fahrenzhausen und Unterbruck einem gewaltigen Heerlager, 2 Flugplätze in Fahrenzhausen und Jarzt waren schnell in den Wiesen errichtet, von den Kirchtürmen wehten die weißen Flaggen. Die Gottesdienste um 9 bzw. 10.30 Uhr in Jarzt und Fahrenzhausen waren nur von Dorfbewohnern besucht. Am Montag, 30. April, kamen die ersten deutschen Gefangenen in Jarzt an, wo ein Sammellager mit 12000 Mann im Anger des N.N. entstand. 5 Tage waren die Soldaten unter freiem Himmel, verpflegt von den Dorfbewohnern mit Kartoffeln und Brot, soweit dies eben möglich war.

Plünderungen waren leider in Fahrenzhausen – Jarzt blieb verschont – groß, namentlich bei der Krämerei N.N. Der Bäcker N.N. wußte nicht mehr Brot genug für die Massen von Häftlingen herzubringen. Fahrräder wurden fast alle mitgenommen und beim Bäcker N.N. 2 Pferde und ein Wagen zum Fortschaffen der geraubten Waren gestohlen. Russen, Polen, Häftlinge von Dachau und Hersbruck und auch Deutsche waren reichlich an den Plünderungen beteiligt. Die Öffnung der Bekleidungslager in Unterbruck bei der Mühle von N.N. und der Gastwirtschaft dortselbst brachte einen Menschenzustrom von der Umgebung, der an die Menschenmassen zur Theresienwiese am Oktoberfest in München erinnerte."

April 1945:
Pfarrei Haindlfing; Berichterstatter: Pfarrer Georg Seifüssl

"Als die Hauptkampflinie immer näher rückte, wurde wider Erwarten die Abteilung – es war zuletzt eine Fahnenjunkerabteilung – versetzt. Dafür rollten am 27. April 1945 SS-Truppen mit Panzern und Kolonnen ein, um, wie sie sagten, den Widerstand auf den Amperhöhen zu organisieren. Noch mehr wurden die Häuser mit Mannschaften überschwemmt, bei Nacht wurden die Geschütze unweit des Pfarrhofes in Stellung gebracht. Ineinander vermischten sich Flüche, Kommandorufe, Kanonendonner und Panzergerassel. Die wildesten Gerüchte vom Feinddurchbruch, von Städtefreigabe, von Vermittlung Sr. Eminenz des Hochwürdigsten Herrn Kardinals und des General-Feldmarschalls Weichs jagten hin und her. Die Dorfbewohner hatten beizeiten sich durch Grabung von Bunkern eine Zufluchtsstätte geschaffen für den Fall einer längeren Beschießung durch Artillerie bzw. Fliegerangriffe.

Immer bedrohlicher gestaltete sich das freche Treiben der gefürchteten feindlichen Jagdflieger mit ihren wahllosen Bordwaffenbeschüssen. Die Leute konnten sich nicht mehr auf die Felder wagen. Da und dort stiegen Rauchwolken auf, erfolgten Detonationen. Der Feind rückte gegen das Ampertal vor. Am Sonntag, 29. April 1945, dröhnten gegen 5 Uhr morgens die ersten Schüsse von Panzergranaten wieder durch die Luft und deuteten auf kommende schwere Stunden hin. Der im Pfarrhof untergebrachte Regimentsadjutant einer Artillerieabteilung gab von hier aus seinem engeren Stab seine Anweisungen. Der auf 9 Uhr anberaumte Pfarrgottesdienst mußte wegen der Tiefflieger etwas verschoben werden. Begreiflicherweise wurde derselbe von nur wenigen Gläubigen besucht, da ein Teil wegen der Lebensgefahr in den Schutzräumen blieb, der andere Teil durch die Masseneinquartierung sowie durch dienstliche Beanspruchung (Volkssturm, Fuhrwerksgestellung, Bereitschaftsdienst als Meldegänger usw.) verhindert war. Trotz regster Fliegertätigkeit konnte die hl. Messe zu Ende gefeiert werden.

Um 11 Uhr sah man die ersten amerikanischen Panzerkolonnen auf den Straßen der nördlichen Amperhöhen in Richtung Osten fahren. Gleichzeitig setzte auch der gegenseitige Kampf ein, der bis abends 6 Uhr dauerte. Um diese Zeit erschienen die amerikanischen Panzer von Westen her im Dorfe, da die Zufahrt von Norden her durch die Sprengung der Amperbrücke bei Palzing durch unsere Truppen unmöglich gemacht wurde. Der damalige Bürgermeister und [der] Ortsbauernführer trugen den Siegern die weiße Fahne entgegen. Die Amerikaner eilten hierauf rasch in südlicher Richtung weiter und nahmen erst einige Tage später die Durchsuchung der Häuser vor. Dabei gingen die Suchkommandos korrekt vor. Klagen sind keine laut geworden. Kirche und Pfarrhof kamen bei der Beschießung heil davon, dagegen wurden 7 Häuser zum Teil schwer durch Panzergranatbeschuß beschädigt. Ein Bauer wurde durch Splitter im Gesicht verletzt und aus dem Stalle geschleudert und erlitt eine leichte Gehirnerschütterung.

In unserem Abschnitt fielen 2 deutsche Soldaten: Der Obergefreite Georg Zorn aus Oberzenn bei Niederansbach und der SS-Grenadier einer Sanitäts-Ersatz-Abteilung, Iwanschütz Hans, Volksdeutscher aus Gugelwitsch in Rumänien. Die beiden Kameraden wurden in einem gemeinsamen Grabe im Pfarrfriedhofe beigesetzt und ihre Namen in das Totenbuch eingetragen.

Auf dem Exerzierplatz steht der ehemals zur Pfarrei gehörige N.N.-Hof. Dort war, wie nachträglich bekannt wurde, ein Militär-Depot. Schon zu Beginn der Kampfhandlungen, also Samstags [und] Sonntags, wurde dort eingebrochen und geplündert. Es kann sich nur um Leute handeln, die davon Kenntnis hatten, in erster Linie um Soldaten. Erst am Montag Vormittag 9 Uhr wurde mir die Mitteilung hinterbracht, daß im N.N.-Hof eine allgemeine Verteilung der Lebensmittel stattfinde. Es war zufällig der Bürgermeister im Pfarrhaus, der auf mein Befragen, wer die Sachen verteile, keine Auskunft geben konnte. Ich entschloß mich, das an Ort und Stelle zu erfragen. Dabei wurde ich an 2 Feldwebel verwiesen, die erklärten, sie hätten den Auftrag gehabt, das gesamte Depot in die Luft zu sprengen, damit es nicht den Feinden in die Hände falle, sie hätten jedoch auf eigene Verantwortung diesen Befehl nicht ausgeführt und werden nun die Sachen an die Bevölkerung verteilen.

Nach allen Richtungen hin wurden Lebensmittel, meist Konserven und Militär-Kleider und später auch Militär-Wäsche verschleppt. 2 Schäfer geben an, Möbel und Kleider hinterstellt zu haben. Auch diese wurden entwendet. Ein großer Teil wurde nach Untersuchungen der Häuser durch die deutsche Hilfspolizei wieder sichergestellt, ein anderer Teil an in die Heimat entlassene Soldaten auf der Durchreise abgegeben. Weder in der Kirche noch im Pfarrhof wurde geplündert, auch kein Meßwein wurde weggenommen, obwohl ihn die amerikanischen Kontrollen in Augenschein genommen hatten."

April 1945:
Expositur Goldach (Pfarrei Hallbergmoos); Berichterstatter: Expositus Dr. Joachim Birkner

"Die letzten Kriegswochen und der Einzug der amerikanischen Truppen verliefen für die Kirchengemeinde Goldach im allgemeinen ruhig und ohne größere Zwischenfälle. In der Osterwoche kamen etwa 120 Flüchtlinge aus Oberschlesien in Goldach an, die zunächst in den beiden Schulsälen sowie im Saal des Gasthauses 'Alter Wirt' untergebracht wurden. Die Flüchtlinge waren mit wenigen Ausnahmen Katholiken, und diese wiederum mit geringen Ausnahmen eifrige Katholiken, die, solange sie nicht zur Landarbeit herangezogen wurden, auch werktags die Kirche besuchten. Ihre Beteiligung beim Empfang der hl. Sakramente, besonders an den Herz-Jesu-Freitagen, war rege; viele kamen auch täglich zur hl. Kommunion. Ein großer Teil der Flüchtlinge wurde noch im Laufe des Monats April in Privatquartieren untergebracht, so daß ein Schulsaal wieder für den Unterricht frei wurde.

Der Unterricht wurde nochmals aufgenommen, mußte aber nach wenigen Tagen wegen der fortwährenden Fliegeralarme wieder eingestellt werden. Ich selbst konnte nur noch zwei Religionsstunden in der Schule halten, alle anderen entfielen wegen Alarm. Die üblichen Bittgänge mußten wegen Fliegergefahr heuer unterbleiben. Auch nach dem Eintreffen der amerikanischen Truppen erschien die Abhaltung nicht tunlich.

Etwa seit 23. April durchzogen des Nachts deutsche Truppenkolonnen von Grüneck kommend in Richtung Erding den Ort, während des Tages herrschte wegen der Fliegergefahr Ruhe. Der Volkssturm wurde mit alten italienischen Karabinern bewaffnet, Munition wurde nicht verteilt. Am Mittwoch, den 25. April, überflogen fast den ganzen Tag Geschwader der feindlichen Luftwaffe unsere Gegend, abends um 5 Uhr war nochmals ein größerer Angriff auf den Flugplatz in Erding. In der darauffolgenden Nacht, während bereits wieder die ostwärts ziehenden deutschen Truppen die Straßen füllten, ging ein letzter Fliegerangriff auf Schleißheim nieder. In den darauffolgenden Tagen hörte jede Fliegertätigkeit auf. Vom Freitag, 27. April, bis zum Sonntag, 29. April, waren nun auch bei Tag die zurückflutenden deutschen Truppen auf der Straße. Am Samstag, den 28. April, wurde der Volkssturm in Goldach aufgefordert, die vor wenigen Tagen ausgegebenen Waffen wieder abzuliefern. Der Aufforderung kamen alle Volkssturmmänner nach.

In der Nacht vom 28. zum 29. April herrschte keine Stunde Ruhe, ununterbrochen zogen Truppen durch den Ort. Am Sonntag, 29. April, wurden zur gewohnten Stunde die Gottesdienste gehalten, jedoch nur stille Messen ohne Predigt. Die Gottesdienste waren nur sehr schwach besucht. Niemand wagte die Höfe zu verlassen. Am Nachmittag des Sonntag durchzogen etwa 30–40 Insassen des Zuchthauses Straubing, zum großen Teil politische Häftlinge, darunter Österreicher, Tschechen und Griechen, den Ort in Richtung Grüneck. Als sie sich den Isarauen näherten, bekamen sie MG-Feuer, so daß der Zug in Auflösung geriet. Die wenigen Wachmannschaften verschwanden, die Häftlinge kamen nach Goldach zurück. Der Bürgermeister verteilte sie auf verschiedene Höfe, wo sie sich in den Scheunen verbergen konnten, so daß sie bis zum Einmarsch der Amerikaner unbehelligt blieben. Nachmittags, etwa um 4 Uhr, wurde die Isarbrücke in Grüneck gesprengt. Bis zum Eintritt der Dunkelheit hatten alle deutschen Truppen den Ort verlassen; es trat völlige Ruhe ein. Nur von Ferne war Artilleriefeuer zu hören.

Eine Gruppe von Frauen aus Oberschlesien mit Kindern, die beim 'Alten Wirt' wohnten, bat an diesem Abend, im Pfarrhof übernachten zu dürfen, damit sie im Falle von Artilleriebeschuß den Keller des Pfarrhofes aufsuchen könnten. Der Bitte konnte um so lieber entsprochen werden, als es sich um Leute handelte, die nicht erst in dieser Stunde der Not mit Pfarrhof und Kirche Bekanntschaft machten. Die Nacht verlief völlig ruhig. Am Morgen des 30. April war aus großer Nähe, nämlich aus den nahen Isarauen, MG- und Panzerfeuer zu vernehmen. Der Sicherheit halber unterblieb daher der Gottesdienst an diesem Tag. Bald verbreitete sich die Kunde, daß die Isarbrücke in Grüneck von den Amerikanern behelfsmäßig wiederhergestellt worden sei. Die Bevölkerung wurde durch das Bürgermeisteramt aufgefordert, beim Herannahen des Feindes die weiße Flagge zu hissen.

Etwas später, um die Mittagszeit, erschien nochmals eine kleine Abteilung von etwa 25 Mann deutschen Militärs mit einem MG und einigen Panzerfäusten und setzte sich in dem außerhalb des Ortes an der Straße nach Eichenried gelegenen Anwesen des N.N. fest. Etwa um 13.30 Uhr näherte sich von Grüneck kommend eine erste amerikanische motorisierte Abteilung dem Orte Goldach. Schon außerhalb des Ortes feuerten sie einige MG-Salven gegen das Anwesen des N.N. – woher den Amerikanern bekannt war, daß dort noch eine Abteilung der Wehrmacht liegt, weiß ich nicht –, worauf sich die deutschen Soldaten in südlicher Richtung zurückzogen unter Hinterlassung eines Schwerverwundeten, der einstweilen in dem neben dem N.N.-Hof gelegenen Anwesen des N.N. untergebracht wurde. Die erste amerikanische Abteilung durchfuhr Goldach ohne Anhalten und nahm Richtung auf Zengermoos, Eichenried und [den] Reichssender München. Einem mit dieser Abteilung fahrenden Sanitätswagen wurde beim Anwesen des N.N. der schwerverwundete deutsche Soldat übergeben.

Wenig später kam eine zweite Abteilung, von der ein Teil in Goldach blieb, der Rest fuhr in Richtung Notzing / Erding weiter. Um 17 Uhr kam eine dritte Abteilung, die sofort nach Hallbergmoos weiterfuhr. Die Besetzung Goldachs ging ohne Zwischenfälle vor sich. Keines der Anwesen wurde beschädigt oder geplündert, auch Kirche und Pfarrhof trugen keinen Schaden davon."
 
April 1945:
Pfarrei Fürholzen; Berichterstatter: Pfarrer Georg Kolb

"Seit 12. April bis Kriegsende stets Einquartierung. Unter anderem kam am 28. April noch eine Abteilung SS, gegen 3 Uhr, die aber um 6 Uhr wieder abzog, als bereits in einer Entfernung von nur einer Stunde die feindlichen Kanonen donnerten; desgleichen war am historischen 29. April noch von 6–9 Uhr eine SS-Gruppe hier. 25./26. April 1945 brachten 600 russische Gefangene auf dem Wege Fürstenfeldbruck – Moosburg die Nacht in Fürholzen zu. Den Lastwagen hatten sie selbst zu ziehen. Voll Hunger eigneten sie sich nachts Kartoffeln an, um sie auf dem Marsch roh zu essen. Mit Schimpfen und Schlägen mit Gummiknüppeln wurden sie zum Zurückgeben genötigt.

Am 27. April zogen viele Hunderte von „KZ-lern“ von Weiden nach Dachau hier durch, auch eine Gruppe Frauen. Wer ermattet zusammensank, erhielt von der Mordkommission einen Schuß und wurde in den Straßengraben gerollt. „Es ist besser, diese Leute zu töten, als sie gesund zu pflegen, sie würden doch sofort wieder das Plündern und Morden beginnen“, hat man mir auf meinen Vorhalt geantwortet. Von hier bis Haimhausen ging ich dem traurigen Zuge nach und gab 3 Gefangenen, von denen 2 noch atmeten, Absolution und hl. Ölung. Die Erschossenen durften auf höheren Befehl nicht begraben werden, wurden aber doch am Fest Christi Himmelfahrt feierlich auf den Friedhof Günzenhausen überführt. 28. April 1945, 4 Uhr und 7 Uhr zogen noch je eine kleine Gruppe Lagerinsassen durch, aber unter guter Behandlung benachbarter Volksstürmler. Wer nicht mehr gehen konnte, durfte fahren.

28. April 1945, abends 6 Uhr fahren die feindlichen Panzer an auf der Staatsstraße München-Ingolstadt. Von Unterbrück her ist lebhaftes Maschinengewehrfeuer hörbar. Die ganze Nacht schießen die Kanonen. 29. April 1945 gedenke ich in Günzenhausen um 8.15 die Frühmesse zu halten, es kommt aber niemand, alles [hält sich] noch versteckt. Um 9 Uhr zelebriere ich in Fürholzen vor wenigen Personen. Um 1 Uhr erfolgt der Einmarsch der Amerikaner zu Fuß und zu Wagen, teils auf der Autostraße, teils auf der Landstraße. Weder der Kirche noch dem Pfarrhaus, noch einem andern Haus passierte etwas, auch keinem Menschen. Lediglich das Gasthaus mußte samt und sonders geräumt werden.

Im Pfarrhaus haben sich nach und nach 25 Amerikaner einlogiert, so daß dem Pfarrer nur mehr ein Lehnstuhl zum Übernachten verblieb. Jedes Zimmer, jeder Kasten, auch der eiserne Schrank wurde in Augenschein genommen. Abhanden kamen lediglich 20 Flaschen Meßwein, 18 Gläser Eingemachtes, Eier, 2 Uhren, 1 Feldstecher, 1 Pfanne. Nachts wurde die Küche noch untersucht; dabei fand man 2 Flaschen Cognac, die berauschten, und im Rausche gab einer im Hausflur 4 Schüsse ab. Gut, daß sie das große Treppenfenster nicht trafen. Als ich es mir verbat, den so notwendigen Wein zu nehmen, wurde mir der Revolver entgegengehalten und der Kellerschlüssel abgezogen.

NB: Am 30. April 1945, 8 Uhr rückte alles wieder ab. 4 Batterien waren um das Dorf aufgestellt und schossen, was [das] Zeug hielt. Abgesehen von Eiern, nach denen sofort gefahndet wurde, beklagen bloß 2 Häuser den Verlust verschiedener Sachen, auch von Geld und Wäsche durch Amerikaner. Ein Bauer hatte am 30. April früh große Verluste an Kleidern durch Lagerinsassen."

April 1945:
Pfarrei Eching b. Freising; Berichterstatter: Pfarrer Franz Josef Roßberger

"Die amerikanischen Truppen zogen hier ein in den ersten Nachmittagsstunden des 29. April. Schon am Vorabend desselben hörte man von Norden her aus der Gegend Unterbruck / Haimhausen immer näher kommend Geschütz- und Maschinengewehrfeuer. Gegen Abend erschienen einige kleinere Trupps SS-Mannschaften. Einige von ihnen begaben sich zum Schrecken der Bevölkerung in den Glockenraum des Kirchturms, um das Herannahen der Amerikaner zu beobachten. Nun war es klar, daß die Hissung der weißen Flagge, die bereits bereitgestellt war, ohne Lebensgefahr für die dazu sich bereithaltenden Männer nicht leicht möglich war. So unterblieb sie während der Nacht und am Morgen des Sonntags, da die SS-Männer den Kirchturm nicht verließen. Schon am Samstag, 28. April, fielen einige Granatschüsse in das Dorf, dessen Bewohner sich bereits bei anbrechender Dunkelheit in die Keller und Luftschutzräume begeben hatten. Offenbar hatten die Amerikaner die SS-Männer auf dem Kirchturm bemerkt. SS-Truppen waren zudem im benachbarten Walde in der Richtung Schleißheim eingesetzt. Einige kleinere Abteilungen standen auch im Dorfe selbst.

In der Nacht, welche die Dorfinsassen gänzlich in den Kellern zubrachten, war abgesehen von einigen Schüssen ziemlich Ruhe. Morgens 7 Uhr zogen die SS-Soldaten vom Kirchturm ab, während andere noch im Dorfe blieben, so daß es noch immer gefährlich war, die weiße Flagge auf dem Kirchturm zu hissen. Es erschien nun auch ein Aufklärungsflieger, der wahrscheinlich auf die Hissung wartete. Er umkreiste während des Vormittag[s], der ruhig verlief, immerfort das Dorf. Die Ruhe benützte der Pfarrer, um um 8 Uhr die Pfarrmesse zu halten. Es kamen natürlich nur wenige Leute, da kein Glockenzeichen gegeben wurde. Um 11 Uhr 30 fielen wieder Granaten ins Dorf. Die Beschießung wurde vermutlich veranlaßt durch einen Gewehrschuß, den ein noch im Dorf weilender SS-Soldat auf den in großer Tiefe fliegenden Aufklärer abfeuerte. Es waren ungefähr 20 Schüsse, welche die Amerikaner in den Ort abschossen. Ein polnischer Arbeiter, der gerade auf der Straße war, wurde am Unterschenkel schwer getroffen, er starb wenige Stunden nach der Verwundung. Sonst forderte die Beschießung keinerlei Todesopfer.

Dagegen wurde einiger Sachschaden angerichtet. In einigen Höfen fielen die Geschosse in den Hofraum, bei anderen wurden Dächer und einige Räume im Obergeschoß schwer beschädigt. Im Anwesen des N.N. ging eine Granate in den Stall und tötete zwei Kühe und verwundete den Bauern am Fuß. Zwei Geschosse fielen zwischen Kirche und Pfarrhaus; von denselben traf daseine das unmittelbar neben der Kirche im Friedhof stehende Leichenhaus und beschädigte es schwer. Ebenso wurden alle Fenster der Kirche und die meisten des Pfarrhauses zertrümmert. Andere Beschädigungen des Gotteshauses und der Pfründegebäude sind Gott sei Dank nicht zu verzeichnen. Auch das Schulhaus bekam seinen Teil ab: Zwar blieben die 2 Schulzimmer sowie die Lehrerwohnung unversehrt, dagegen wurden das Dach und der obere Schulgang eingedrückt.

Nun war es höchste Zeit, die weiße Flagge zu zeigen, wenn nicht noch größerer Schaden angerichtet werden sollte. Trotz der noch im Orte anwesenden SS wurde ungefähr nach 12 Uhr die Hissung vollzogen, worauf bald darauf das Feuer auf das Dorf eingestellt wurde. Schon kurz nach 12 Uhr erschien, auf der Autostraße von Richtung Fürholzen kommend, das erste amerikanische Auto mit Offizieren, um die Übergabe entgegenzunehmen. Ihm ging ein Vertreter des Dorfes entgegen mit der Meldung, daß kein bewaffneter Widerstand zu befürchten sei. Das amerikanische Militärauto fuhr zunächst ins Dorf, um sofort wieder auf der Autostraße weiterzufahren. Der Offizier bedeutete, daß er in kurzer Zeit wiederkommen werde, um die Übergabe entgegenzunehmen. Als der Parlamentär ein klein wenig außerhalb des Dorfes war, wurde auf ihn geschossen. Der Schuß scheint von den bewaldeten Höhen zwischen Fürholzen und Günzenhausen gekommen zu sein, wahrscheinlich aus einem versteckten SS-Nest. Zum Glück traf er anstatt des Parlamentärs eine auf der Weide befindliche Kuh.

Unterdessen näherten sich auf der Autostraße die amerikanischen Truppen. Der vorgenannte Offizier kam zurück und wurde am Ausgang der Ortschaft vom Bürgermeister, der vom Ortspfarrer, von einem Dolmetscher und dem obengenannten Parlamentär begleitet war, empfangen. Nun strömten die amerikanischen Truppen in das Dorf ein, so daß es bald wie ein Heerlager aussah. Die Einquartierung der Truppen ging nicht ganz ohne Härten ab. In manchen Häusern wurden die Eigentümer und Wohnleute aus den Zimmern vertrieben und zur Übernachtung in andere Häuser oder in die Keller verwiesen. Zum größten Teil waren aber die Truppen rücksichtsvoll, besonders auch im Pfarrhaus. Hier wurde weder etwas beschädigt noch genommen. Die im Pfarrhaus einquartierten Soldaten, zum Teil Katholiken, waren sehr entgegenkommend: Sie begnügten sich mit Lagern am Boden und ließen die Inwohner in ihren Zimmern.

Leider kamen auch Plünderungen durch die fremden Soldaten vor. Fahrräder, Radioapparate, Eier, Schmucksachen, auch Wäsche wurden fortgenommen. Besonders in einer Gastwirtschaft hausten sie übel. Bei einem Ausweichlager eines Münchener Geschäftes mit elektrischen Gegenständen wurden Apparate und Rundfunkgeräte im Werte von vielen tausend Mark weggenommen.

Dies [waren] die Geschehnisse in der Ortschaft Eching. Bedrohlicher sah die Sache aus in der Filiale Dietersheim. Dort waren am Tage des Einmarsches, also auch am 29. April, viele SS-Mannschaften anwesend, und was besonders gefährlich war, große schwere Geschütze der Flakbatterien standen zum Feuern bereit. Um 2 Uhr 30 kam noch eine Abteilung Infanterie. Als die Amerikaner von Eching her auf der Autostraße und über die Heide sich näherten, entspannen sich Kämpfe um das Dorf herum, namentlich gegen Norden der Ortschaft. Ein Maschinengewehr war in der Straßenkreuzung inmitten des Dorfes aufgestellt und feuerte. Zum großen Glück fiel kein Schuß ins Dorf hinein. Die Kämpfe spielten sich am Rande der Ortschaft ab, ungefähr 100 Mann deutsche Soldaten wurden gefangen genommen. 6 SS-Soldaten fielen und wurden nach einigen Tagen im Friedhof Dietersheim von P. Theodulph OP beerdigt.

Der Einmarsch erfolgte zirka um 4 Uhr 30. Bereits um 2 Uhr 30 kam ein einzelner Panzerwagen über die Heide her gegen die Straße Freising – München zu. Auf dieser Straße bewegte sich ein Zug von Häftlingen aus der Gefangenen-Anstalt Straubing, die über Freising her nach Dachau gebracht werden sollten. Sie waren total erschöpft; unmenschlich waren sie behandelt worden auf dem Wege, sie bekamen fast nichts zu essen, mußten manche Nacht im Freien, im Regen zubringen. Der herankommende Panzerwagen der Amerikaner war ihre Rettung. Sie winkten mit weißen Tüchern. Der Amerikaner bemerkte sie, drehte auf sie zu, nahm die rohen Wachmänner gefangen, und führte die 250 Häftlinge nach Eching, wo sie bei den Bauern untergebracht wurden, gute Verpflegung erhielten und aus geöffneten Militärlagern eingekleidet wurden. Unter ihnen waren auch viele politische Gefangene aus Österreich, darunter 3 Patres aus dem Zisterzienserstift Wilhering.

April 1945:
Pfarrei Allershausen; Berichterstatter: Pfarrer Franz Xaver Leeb

"Am 28. April 1945, dem Tag der Ewigen Anbetung, herrschte unbeschreibliche Aufregung in Allershausen, weil der Stab der SS-Division „Götz von Berlichingen“ hierher verlegt wurde und allgemein befürchtet wurde, der Ort werde verteidigt. Der Kommandeur nahm im Pfarrhof Quartier. In der Nacht von Samstag auf Sonntag rückte die SS jedoch ab, zur großen Erleichterung der Bevölkerung. Um 8.15 Uhr fuhr als letzter der Divisionskommandeur ab. Um 8.35 Uhr wurde die weiße Fahne am Kirchturm gehißt. Um 8.45 Uhr fuhren die amerikanischen Panzer in den Ort. Der Einmarsch ging ganz friedlich vonstatten. Lediglich 2 Stadel in Unterkienberg und Hagenau gingen durch Beschuß in Flammen auf. Fünf Soldaten kamen beim Einmarsch ums Leben, wie sie in voller Ausrüstung fliehen wollten. Drei wurden im Friedhof zu Allershausen in einem Grabe kirchlich beerdigt. Ein Soldat wurde im Friedhof zu Aiterbach begraben, ohne priesterliche Assistenz, weil er gottgläubig war. Der 5. der gefallenen Soldaten wurde auf Anordnung des damaligen Bürgermeisters in Leonhardsbuch auf der Wiese begraben, auf der er bei der Flucht erschossen worden war. Ich habe erst später davon erfahren. Plünderungen durch ausländische Arbeiter oder Amerikaner sind nicht vorgekommen, jedoch haben unsere eigenen Leute Lager mit Heeresbeständen und Parteigut ausgeräumt. Zum größten Teil wurden die Sachen wieder zurückgestellt."

April 1945:
Pfarrei Wasserburg-St. Jakob; Berichterstatter: Stadtpfarrer Josef Koblechner

"Während die Kriegsereignisse zwar seelisch schwer auf der Bevölkerung lasteten, aber doch das alltägliche Leben nicht allzu sehr aus dem Geleise warfen und durch die allmähliche Gewöhnung verhältnismäßig ruhig hingenommen wurden, versetzte die herannahende Front im April 1945 unser Städtchen in helle Aufregung. Am meisten Sorge verursachte der Bevölkerung die klare Erkenntnis, daß kampflose Übergabe die Rettung der Stadt, dagegen Verteidigung die sinnlose Zerstörung des schönen alten Wasserburg bedeute. Angstvoll wurde allenthalben die Frage erörtert, ob unsere Stadt wegen ihrer vielen Lazarette zu einer freien Lazarettstadt erklärt, dementsprechend alle Kampftruppen daraus zurückgezogen und die Stadt kampflos übergeben werde.

In den letzten Apriltagen schien diese Hoffnung Wirklichkeit zu werden. Bürgermeister Baumann, Landrat Dr. Moos und Oberstleutnant Puhl, der Kommandant des Wehrmeldeamtes, suchten die Lösung zu erreichen. Dagegen stemmten sich jedoch die SS, die militärisch die gesamte Gegend beherrschte, ferner einige Offiziere sowie vereinzelte verrückte Parteileute. Leider drang letztere Richtung durch, gestützt auf die Macht der Waffen. In ohnmächtigem Zorn mußte die Bevölkerung zusehen, wie einige bereits aufgestellte Tafeln, die Wasserburg zur unverteidigten Lazarettstadt erklärten, wieder entfernt wurden und die Stadt in Verteidigungszustand gesetzt wurde.

Nun wurde die SS-Artillerie auf dem rechten Innufer von Babensham bis Griesstätt aufgestellt, besonders massiert auf dem unmittelbar über der Stadt ansteigenden Kellerberg. Die erst um 1930 erbaute moderne und doch dem alten Stadtbild angepaßte Innbrücke wurde an 4 Stellen mit Sprengladungen versehen. Erst nachträglich erfuhr man, daß einige beherzte junge Soldaten die Zünddrähte zu 3 dieser Ladungen durchschnitten. An die 4. Stelle am östlichen Innufer jedoch konnten sie wegen der SS-Wachen nicht herankommen. Dadurch wurde wenigstens der größte Teil der Brücke gerettet. In der Stadt wurden Posten mit Panzerfäusten verteilt, freilich lächerlich wenigen in Anbetracht des modernen Materialkrieges, die Bevölkerung wurde zum äußersten Widerstand aufgefordert.

In dieser kritischen Lage nahm der Führer der Kommunisten, der jetzige Landrat Estermann, die Fühlung mit den Amerikanern auf und teilte diesen den Friedenswillen der Wasserburger Bevölkerung mit. Bei einer Gegenaktion der SS gegen die Bemühungen um kampflose Übergabe der Stadt wurden Dr. Moos und Oberstleutnant Puhl gefangen genommen, zum Tode verurteilt und entgingen knapp der Hinrichtung. Nun war der Kampf unvermeidlich geworden. In den letzten Tagen, bevor die Waffen sprachen, kam es noch zu Ereignissen, die das Herannahen der Front, aber auch die fortgeschrittene Auflösung der Ordnung und Moral deutlich zeigten. Verschiedene Vorratslager in Wasserburg und Umgebung wurden teils geräumt und ihre Bestände an die Zivilbevölkerung verteilt, teils geplündert. So in Reitmehring 5 Waggons mit Decken und Wollsachen der SS, in Wasserburg die Bestände des Wehrmachts-Zeughauses, im Baustadel Wasserburg Vorräte von Wehrmachtsdecken, Stiefeln, Wäsche usw.

Bei anderen Lagern nahm das Ausräumen die Formen regelrechter Plünderung an. Z.B. holte sich die SS aus dem großen Stofflager der Firma Knagge und Peitz jenseits der Brücke zuerst heraus, was ihr selbst gefiel und übergab dann der Bevölkerung das Lager zum Ausräumen. Geplündert wurde ferner ein unmittelbar daneben befindliches Lager mit Kondensmilch und besonders das größte von allen, das Verpflegungslager in Forsting, dessen Bestände eine ganze Division versorgen konnten oder im Notfall die Bevölkerung von ganz München auf 5 Wochen. Unter anderem enthielt es reiche Vorräte an Zucker und Spirituosen. Eine riesige Volksmenge wollte von den begehrten Dingen möglichst viel erjagen, Städter und Bauern, Einheimische und Evakuierte, Deutsche und Ausländer.

So verständlich es ist, daß nach der langen Zeit des Darbens jeder eine kleine Hilfe und Erleichterung der Notlage wünschte, so häßlich war die wilde Habgier vieler Leute, die nicht mehr genug bekommen konnten. In Forsting z.B. führten Bauern auf Wagen Lebensmittel, besonders Kaffee und Zucker, zentnerweise weg, in Wasserburg holten sich manche 10 Kisten Kondensmilch (zu je 100 Dosen) und mehr, selbst Bauern aus dem Stofflager oft mehrere ganze Ballen und große Haufen von Kinderanzügen. So kam es, daß die reichen Vorräte in ganz ungleicher Weise in den Besitz der Leute gelangten. Viele hatten im Überfluß, die meisten gar nichts. Als einige Wochen später die amerikanische Militärregierung und das Bürgermeisteramt dazu aufforderten, den Überschuß wieder abzugeben, leistete nur der kleinere Teil der Bevölkerung diesem Befehl Folge. Die meisten hatten ihre erbeutete Ware bereits irgendwohin in Sicherheit gebracht und trieben nun damit schwunghaften Tausch- und Schwarzhandel."

April 1945:
Pfarrei Schnaitsee; Berichterstatter: Pfarrer Martin Bauer

"Ab 23. April wurden das Pfarrdorf und die umliegenden Ortschaften mit starken Truppenkontingenten belegt. 25. April 1945: Regste Fliegertätigkeit während des ganzen Krieges. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend überflogen feindliche Bomberverbände die hiesige Gegend. Da und dort wurden in der Nähe vereinzelt Bomben geworfen. Keine Schäden und Verluste. 29. April 1945: Während des Pfarrgottesdienstes nördlich und westlich des Pfarrbezirkes feindliche Tieffliegerangriffe auf Fahrzeuge und Kolonnen. Der Pfarrgottesdienst kann ohne Störung beendigt werden. Stärkste Einquartierung. Pfarrhaus mit 15 Offizieren und Mannschaften belegt. Nur mit Mühe konnte der Pfarrer erreichen, daß das Pfarrarchiv nicht belegt wurde."

April 1945:
Pfarrei Rieden; Berichterstatter: Pfarrer Johann Huber

"Eine Insel im sturmgepeitschten Meere der Welt ist bis heute noch unsere Gegend gewesen. Der ruhende Pol von ganz Europa, möchte man sagen. Ja, der Pol, der jetzt alles anzieht, was auf der Flucht ist. Bald wird es auch bei uns vorbei sein mit der Ruhe. Eigentlich ist es schon vorbei mit ihr. Wenn man auch in Rieden und in den weltverlassenen Gefilden der Schlicht – jetzt den glücklichsten der Welt – noch kaum viel merkt, so braucht einer nur an die Straße Haag-Wasserburg zu kommen, so wird sich ihm ein völlig anderes Bild bieten. Eine Völkerwanderung,eine Völkerschau ist daseit Tagen zu sehen, die stündlich wächst. Dunkle Italiener wandern nach dem Süden. Trupps französischer Kriegsgefangener mit vollem Gepäck trotten müde daher. Wohin, das wissen sie selber nicht. Was sie wissen, ist, der „Endsieg“ ist ganz nahe, aber nicht für die Deutschen. Ganze Kolonnen von Wagen, bespannt mit dürren kleinen Pferden poltern daher, beladen mit wild und heruntergekommen aussehenden Menschen. Die Insassen sind Ungarn. Zigeuner von früher wären dem Äußeren nach noch noble Leute gewesen dagegen. Ein Treck mit halbverhungerten Flüchtlingen aus irgendwo rattert vorbei. Der Zug der Wandernden, Fahrenden reißt niemals ab. Alles zieht nach dem Süden, den Alpen zu. Deutsche Soldaten aller Dienstgrade traben zu Fuß auf der Straße, Offiziere mit dem Bündel auf dem Rücken. Auf Fahrrädern, Motorrädern bahnen sich die höchsten Offiziere der geschlagenen flüchtenden Wehrmacht irgendwohin den Weg. Auf holzgasgefahrenen, gegen Fliegersicht mit Tannengrün und Spreubündeln getarnten Lastwagen kommen die Reste der stolzen Wehrmacht, fahren dem Ende zu. In Luxuswagen mit eingeschlagenen Fenstern eilen hohe Parteileute vom Norden nach dem Süden. Alles nach dem Süden! Neben der Straße ist es so lebendig wie auf der Straße. Militär und Gefangene bauen in aller Eile Kabelleitungen. Am Rande der Straße liegen oder hocken in den unmöglichsten Stellungen Rastende. Feuer brennen in den Wäldern. Da wird abgekocht. Wenn einer noch was hat. Die Bauern neben der Straße sind nicht zu beneiden. Menschen, vom ungarischen Zigeuner bis zum Generalobersten der deutschen Wehrmacht betteln, fordern mitunter auch mit Gewalt Lebensmittel. So sieht es heute aus. Und morgen? In drei Säulen rückt der Amerikaner bereits über die Donau. Vom Bodensee her kommt der Franzose gegen Bayern. Je eher sie kommen, desto besser. Wenn nur einer nicht kommt: der Iwan! Lieber alle als der Russe. Wenn er auch schon sich Linz nähert, er wird nicht mehr herkommen zu uns. Es naht zu rasch das Ende.

Es ist wieder ruhiger geworden. Die Toten von Altensee liegen immer noch im Pfarrstadel, im Leichenwagen. Ihr Zustand ist schauerlich. Wir warten immer noch auf Särge, um ihnen ein würdiges Begräbnis geben zu können. Um alles muß sich der Pfarrer selber kümmern, auch um die Beerdigung des Knaben, der evangelisch ist. Ich werde ihn zusammen mit der katholischen Frau beerdigen. Von der Partei, der großen Wortführerin vergangener Tage kümmert sich kein Mensch um die Toten. Die Partei ist in Agonie. Man erlebt da tragikomische Dinge. Gestalten, die sich Götter dünkten, machen Gesichter, als hingen sie schon am Galgen. Ganz zusammengehauen schaut der Schulleiter darein. Noch am 3. April hat er seinen Lehrkräften bei einer Schulkonferenz wütend erklärt: „Ich bin 100% Nationalsozialist, auch heute noch, und verlange von meinen Lehrkräften, daß sie es ebenso sind. Auch der Pfarrer hat von den Kindern mit ‚Heil Hitler’ gegrüßt zu werden. Er ist auch kein anderer Mensch...

In der Frühmesse verkündige ich eben: „Auf vielseitiges Verlangen habe ich mich entschlossen, wegen Tieffliegergefahr den für heute angesetzten Markusbittgang nach Kirchreith nicht zu halten …“ In diesem Augenblick geht ein Gedröhn und Knattern los, wie wir es bislang noch nicht gehört haben. Ein Pfeifen und Fauchen, ein Poltern und Krachen von außen her erfüllt den Kirchenraum, als ginge die Welt unter. Ein massierter Tieffliegerangriff! Die Frühmesse ist gut besucht. Ein Verlassen des Gotteshauses ist unmöglich, wäre sinnlos. So zelebriere ich weiter. Die Nerven der Bauern sind bewundernswert. Die Leute gehen aus den Stühlen, drücken sich an die Wände und lesen in ihrem Gebetbuch weiter. Auch die hl. Kommunion wird noch ausgeteilt. An die 20 Personen kommunizieren, während es aussieht, als fiele die Kirche ein. Über eine Stunde kann kein Mensch aus der Kirche. Dann wird es leichter, obwohl immer noch vereinzelt Flieger über den Ort fahren und schießen. In kleinen Gruppen verschwinden die Menschen. Jeder weitere Gottesdienst ist für heute abgesagt. Nun heißt es für den Priester auf die Suche zu gehen, das will sagen, er muß die Gegend so rasch als möglich mit dem Fahrrad nach Toten und Verwundeten absuchen. Um Übersicht zu bekommen, fahre ich zunächst nach Kirchreith. Soweit man sieht raucht und dampft die Erde. Wieder kommen Jäger herangefaucht. Sie schießen, was die Rohre liefern. Vor dem Ziegleranwesen raucht es auf der Straße. In der Senke zwischen Berger und Altensee qualmt es schwarz und dick herauf. Soweit der Blick geht von der Kirchreither Höhe aus, rauchen die Straßen. Ein großer Brand lodert in Richtung Ebersberg. Zwischen Berger und Altensee liegen drei große Wehrmachtswagen in einem Flammenmeer auf der Straße. Dort finde ich auch einen Toten. Es ist der Soldat Johann Feichter aus Kappel a.d. Drau. Und – es ist kaum zu glauben – sonst fehlt in der ganzen Pfarrgemeinde nicht das Geringste. Der gefallene Soldat wird im Pfarrhof aufgebahrt wie die beiden Toten der vergangenen Woche, um in Rieden beerdigt zu werden. Die für den 1. Mai angesetzte Feier der Ersten hl. Kommunion muß natürlich unter gegenwärtigen Umständen auf ungewisse Zeit verschoben werden. Wir glauben, wenn erst einmal die Amerikaner wirklich da sein werden, dann können wir die Feier halten. Vom Abend an schweigt der Münchener Sender und auch die Befehlsstelle des Gauleiters. Die Amerikaner sind also schon in München. Überall liegt deutsches Militär herum mit Resten von Verbänden aller Nationen, die man im deutschen Heere mitgezogen hat. Sie alle haben nichts mehr zu tun als zu warten auf die Gelegenheit, sagen zu können „I surrender“. Der Streich mit der Münchener Senderwelle vom letzten Samstag hat doch seine Wirkung gehabt. Alles fällt ohne Kampf in die Hände der Amerikaner. Das ganze Volk hat genug, reichlich genug am Kriege und an den Nazis."

April 1945:
Pfarrei Pfaffing; Berichterstatter: Pfarrer Johann Nepomuk Seidl

"Nach mehreren Anzeichen des kommenden Zusammenbruches erschien der Vortrab der weichenden Wehrmacht im Dorfe Pfaffing am 27. April. Es waren rund 120 Arbeitsmänner, welche anderntags in Richtung Innsbruck, wie sie angaben, weiterzogen. Es geht zurück. Am 28. April kamen 6500 ungarische Soldaten einer Honveddivision, welche sich von der Pfarrei Rechtmehring aus weiter südwärts absetzte und Quartier suchte. Die Häuser der Pfarrei waren hochbelegt. Der kommandierende General und der Divisionsgeistliche und der Adjutant samt den Bedienten und dem Küchenpersonal nahmen im Pfarrhof Quartier. Es waren verbündete Truppen. Die etwas kalten Nächte und der Wunsch nach einem Dach trieben die Leute in die Häuser, wo sie sich, wo immer ein Plätzchen war, auf dem Boden lagerten. Das Gros lagerte in den Ökonomiegebäuden. Im Pfarrhof wurden die Küche und das große Wohnzimmer Offiziers-Küche und Kasino. Das Waschhaus Schlachthaus für Kleintiere. Sie blieben acht Tage bis zum 5. Mai. Immer war die bange Frage: werden sie das Dorf gegen die Amerikaner verteidigen oder nicht. Auf den doppeldeutigen Aufruf des Admirals Dönitz beschloß der kommandierende General nicht zu schießen."

April 1945:
Pfarrei Griesstätt; Berichterstatter: Jakob Christaller

"Die Auswirkungen des letzten Krieges sind in Griesstätt wohl die gleichen gewesen wie anderswo auf dem Lande. In Altenhohenau waren 70–80 Umsiedler aus Südtirol untergebracht, im Kloster befanden sich seit vorigem Jahre 28 evakuierte Klosterfrauen aus Aachen, Köln und auch aus Österreich. In Griesstätt war ein Lager, ungefähr 50 Personen, aus Südungarn, lauter Katholiken. Dazu waren bei den Bauern Arbeiter aus bald allen Ländern Europas. Ein Teil dieser Gefangenen, die Abwesenheit der Väter im Kriege, die destruierende Tätigkeit des Schulleiters in religiöser Beziehung haben vor allem auf die Jugend nicht den günstigsten Einfluß ausgeübt. Gottlob ist in den christlichen Familien noch ein Gegengewicht dagegen gewesen.

Schäden infolge von Fliegerangriffen an Personen, Kirchen und kirchlichen Gebäuden und Schulhäusern sind nicht vorgekommen. In den letzten Tagen des April glich Griesstätt einem Heerlager. Tag und Nacht zogen die Truppen durch. Jedes Bauernhaus war von Soldaten belegt. Im Pfarrhof war meist der Stab."

April 1945:
Pfarrei Edling; Berichterstatter: Pfarrer Anton Attenhauser

"Am 12. April 1945 kam ein ganz unerwarteter Gast vom Hochwürdigsten Erzbischöflichen Ordinariat München gesendet, H.H. Hennen Heinrich aus Münster in Westfalen, der aus dem KZ Dachau gerade entlassen war und als Hilfspriester in Edling angestellt wurde. Was dieser H.H. Confrater in den drei Monaten seines Hierseins von den Erlebnissen seiner dreieinhalbjährigen Haftzeit in Dachau erzählte, war grauenhaft. Er erholte sich schnell und setzte seine ganze Kraft in den Dienst der Pfarrseelsorge. Als der Krieg zu Ende war, konnte er am 7. Juli 1945 wieder in seinen alten Wirkungskreis nach Münster in Westfalen Stadtpfarrei Hl. Geist zurückkehren. Es mag nach vier Jahren ein frohes Wiedersehen gegeben haben mit den Pfarrkindern und seinen Angehörigen.

Der Krieg kam immer näher an München heran. Zur Bildung eines regelrechten Brückenkopfes mit Verschanzungen kam es nicht mehr, weil der Volkssturm nicht mehr mittat und die hiesige Bevölkerung schwer dagegen war. Immerhin aber war der westliche Teil von Wasserburg als Auffangstellung gedacht für die aus dem Westen, besonders von München her zurückflutenden Truppen. In München aber hatten sich nach Radiomeldung 36000 Mann den Amerikanern ergeben und was noch zurückströmte an Etappentruppen, an Artillerie und Pionieren und besonders an Infanterie gab ein klares Bild von dem totalen Zerfall des deutschen Heeres."

April 1945:
Pfarrei Attel; Berichterstatter: Pfarrer Kaspar Erl

"Durch Bombenabwurf (Notabwurf) wurden Fenster in der Pfarrkirche und in der Sakristei beschädigt; das Altarbild des Aloisiusaltares löste sich durch die Erschütterung aus dem Rahmen und mußte neu befestigt werden. Kleinere Schäden waren auch im Kloster zu verzeichnen. Eigentliche Kampfhandlungen fanden im Pfarrbereich Attel nicht statt. Da Attel als Lazarettort erklärt war, durfte es von Truppen entsprechend [der] Genfer Konvention nicht belegt werden.

Aber die Außenbezirke der Pfarrei hatten durch die zurückflutenden deutschen Verbände viel zu leiden. Besonders die SS-Truppen hausten wie in Feindesland und nahmen mit, was sie mitschleppen konnten. Die Straßen Richtung Wasserburg und Rosenheim waren in den letzten Apriltagen durch die vielen Kolonnen und Lastautos für den gewöhnlichen Verkehr fast ausgeschaltet. Die zurückgehenden Infanteristen hatten meist schon die Waffen weggeworfen."

April 1945:
Pfarrei Wambach; Berichterstatter: Pfarrer Paul Kapser

"Mit dem ersehnten Näherkommen der Front begannen die Einquartierungen. 13. April 1945 – 17. April 1945 lag in Wambach und Geiselbach eine Abteilung einer Sanitätsschule und Genesungskompanie, von Bad Kreuznach kommend nach Wasserburg ziehend. Im Pfarrhof ein angenehmer Oberleutnant und ein anspruchsvoller Oberarzt. 17./18. April ein Artillerie-Hauptmann mit Fahnenjunker angeblich mit Sonderbefehl auf Panzersuche, sie studierten aber die Route nach der Schweiz. 19. April bis 1. Mai 1945 eine kleine Truppe von Ungarn, deren Quartiermacher in den Pfarrhof zwei Hauptleute legen wollte, in Wirklichkeit kamen halb 2 Uhr nachts ein Hauptmann und ein „Mensch“ im Pelzmantel mit einem Sack voll gestohlener Stoffe und Leinwand. Auf Beschwerde beim Bürgermeister mußte das Mensch am 25. April den Pfarrhof verlassen, wurde aber am 2. Mai mit amerikanischem Auto wieder hieher zurück gebracht, feil für ein paar Franzosen und Amerikaner, bis ich sie am 6. Mai mit Hilfe von Franzosen endgültig hinausekeln konnte.

25./26. waren wieder zwei Oberleutnants im Pfarrhof, Führer eines Gefangenentrupps von Zürn bei Schönberg her, sich nach Gebensbach begebend, bitter beklagend, wie man die Wehrmachtshelferinnen nach Entlassung einfach auf die Straße setze. Eine solche kam hieher mit einer Fuhrwerksbagage in den Pfarrhofstadel vom 27.– 29. Mai mit Flakrohren. Wir erlösten sie und teilten sie dem Lager der Evakuierten zu. Sie war dankbar. Am 28. Mai wurde Wambach erstmals von der „SS“ beglückt. Sie hatte viel Schnaps und anderes, was die Wehrmacht nicht hatte, nahmen sich Weiber aus den Schlesiern, die sich wirklich als nicht hoch stehend in dieser Beziehung zeigten."
 
Theatinerstrasse mit der beschädigten Theatinerkirche und Feldherrnhalle am 4.Juli 1945 in München.
Die Theatinerstrasse mit der beschädigten Theatinerkirche und Feldherrnhalle am 4.Juli 1945 in München
April 1945:
Pfarrei Vilslern; Berichterstatter: Pfarrer Wolfgang Berger

"Die Schlußphase des Krieges brachte eine überaus große Wohnungsknappheit und ein Wohnungselend aus dem Reich und von außerhalb des Reiches. Evakuierte aus Hamburg wurden 1943 hier untergebracht, 1944 solche aus dem Saarland, vor allem aus der Stadt Saarlautern. Ende Februar, Anfang März 1945 kamen Flüchtlinge aus Ober- und Niederschlesien, Ende März Flüchtlinge aus Ungarn, Emigranten aus Rußland, und Evakuierte aus Berlin kamen Ende April. Die Gesamtseelenzahl der Pfarrei wuchs dadurch in kurzer Zeit um mehr als 60 % des Friedensstandes. Die starken Unterschiede der Lebensweise, der Ernährung, der Sitten und in manch anderer Hinsicht bedingen Spannungen. Es wäre wünschenswert, wenn ein Großteil der Evakuierten in absehbarer Zeit in ihre Heimat zurückgeführt werden könnte."

April 1945:
Pfarrei Velden; Berichterstatter: Pfarrer Johann Evangelist Maier

"Die weltentlegene Einsamkeit des verkehrsabgelegenen Vilstales hat für den Hauptort des oberen Vilstales – Velden – eine durchaus vorteilhafte Wirkung ausgeübt. Schon die politischen Vorfeldzeiten des Krieges trugen die Wellen der politischen Ereignisse nur in den abebbenden Ausläufern bis in diesen Winkel. Das Leben ging in all seinen Belangen im wesentlichen ungestört seine herkömmlichen Bahnen. Die religiösen Traditionen erlitten kaum eine Einbuße, erfuhren in der ernsten Entwicklung der allgemeinen Lage einen teilweise verstärkenden Antrieb. In der Betreuung der Jugend traten die zeitbedingten Einflüsse zuweilen störend und hemmend auf, konnten jedoch stets ausgeglichen und ins Positive geleitet werden.

Der Krieg mit seinen Zerstörungen blieb unseren stillen Gauen bis zuletzt mit seinen Zerstörungen fern. Es zogen zwar sehr häufig große Flugzeuggeschwader des Feindes über den hochgelegenen und richtungsweisenden Ort mit seinem weithin ragenden Kirchturm. Sie bildeten aber mit der Zeit für die Bewohner der Gegend mehr Schauspiel als Schrecken. Einige Luftkämpfe und Flugzeugabstürze mit der Einbringung von einmal zwei feindlichen Fliegern brachten das Bild des Krieges ziemlich harmlos nahe. Die Gefangenen wurden hier ehrenhaft behandelt. Die Bevölkerung war in dieser Zeit wie anderswo international gemischt durch fremdländische Arbeiter und Kriegsgefangene: Franzosen, Polen, Serben, Russen, später Ungarn und Italiener. Bei Einzug der Amerikaner gaben diese ausländischen Arbeiter das Zeugnis, durchaus gut behandelt worden zu sein.

Erst die letzten Kriegsmonate brachten militärische Einquartierung. Eine Wehrmachtsabteilung von 200 Mann – Westfalen –, die einen guten Eindruck auf die Bevölkerung machten, auch in der Kirche und bei den hl. Sakramenten gut vertreten waren und darum bei der Bevölkerung gern gelitten waren. In den letzten Kriegstagen waren auf eine Woche Ungarn in der Gegend und im Ort – eine SS Division, die sehr verschiedenartig zusammengesetzt war und dementsprechend auch sich verhielt. Es kamen lebende und ebenso beschwerdeführende Äußerungen von Seiten der Bevölkerung. Die Führung war gut und positiv katholisch eingestellt und ein feierlicher Soldatengottesdienst der Ungarn in der hiesigen Pfarrkirche gab ein eindrucksvolles religiöses Bild. Der Feldgeistliche – ein Ungarnschwabe – und der Major des Stabes – ein intelligenter und aktiv katholischer Budapester – waren im Pfarrhof einquartiert. Sie bezeichneten sich selbst als ungarische Zwangs-SS.

In der letzten Aprilwoche 1945 tauchte deutsche SS in der Gegend auf und wollte sich in Velden festsetzen. Nur dem Umstand, daß die Wehrmachtsabteilungen die Räumung ihrer Quartiere der SS verweigerten, ist es zu verdanken, daß sie nicht in den Ort kamen."

April 1945:
Pfarrei Seifriedswörth; Berichterstatter: Pfarrer Kaspar Sollnberger

"Seit 3. April 1945 war hier in Seifriedswörth eine Luftschutzkompanie einquartiert, meist wackere Westfalen, die fleißig zum Gottesdienst und auch zu den hl. Sakramenten kamen. Ein Teil freilich lebte nach 'allgemein militärischen Regeln'. Gut, daß die Zeit bald vorüberging!"

April 1945:
Kuratbenefizium Neufraunhofen (Pfarrei Velden); Berichterstatter: Kuratbenefiziat Georg Neumaier

"In Neufraunhofen hatten wir seit dem 2. Osterfeiertag [2. April] einen kleinen Stab eines Transportregimentes des Heeres einquartiert, der sich der Ortsbevölkerung gegenüber ohne jede Beanstandung und hilfsbereit verhielt. Gegen den 25. April bezog noch eine kleine Sanitätsabteilung hier Quartier, verließ jedoch die Gemeinde nach ein paar Tagen in südlicher Richtung. Zum größten Entsetzen der Ortsbewohner wurde diese Abteilung durch den Stab eines SS-Regimentes und Teilen eines SS-Artillerie-Regimentes abgelöst. Die Quartierbeschaffung geschah in rücksichtsloser Weise. Man sah Transporte mit Munition und sonstigen Waffen hier eintreffen und Vorbereitungen zur Verteidigung einer vor unserer Gemeinde verlaufenden, mir nicht näher bekannten Linie. Die Artillerie, soweit sie hier eingetroffen war, bezog Stellung auf den Anhöhen bei Hackelsberg usw.

Am 29. und 30. April war der Donner der Geschütze mehr und mehr zu vernehmen. Ich hörte, daß die SS nicht genügend Kraftstoffe zur Verfügung hatte, um noch mehr Waffen und Munition nach hier zu bringen. Die Bestätigung hierfür erhielt ich durch die Tatsache, daß sie versuchte Benzinvorräte im Orte zu requirieren, jedoch ohne Erfolg. Auch der Stab des Transport-Regimentes lehnte die Abgabe von Kraftstoff ab. Die Gemeinde war nun in Sorge, daß der Stab des Transport-Regimentes abziehen würde, so daß lediglich die SS hier geblieben wäre. Diese fing an, als sich die amerikanischen Truppen näherten, Zugochsen und Pferde für den Transport von Geschützen und Munition zum Teil mit vorgehaltenem Revolver zu requirieren.

Hier griff nun der damalige Oberleutnant der Reserve Lissack ein, der in meinem Hause im Quartier lag und der mich über alles auf dem Laufenden hielt. Er war Angehöriger des Stabes des Transport-Regimentes und hatte die gesamten Fahrzeuge des Regimentes unter sich, ebenso die Kraftstoff- und Ölverteilung. Dieser Stab hatte nun doch beschlossen, sich in südlicher Richtung abzusetzen und Neufraunhofen zu verlassen. Da befahl Oberleutnant Lissack seinen Fahrern, sich auf die Einöden zu verteilen und die Fahrzeuge soweit als möglich mitzunehmen. Als dann die Soldaten ihre Fahrzeuge zum Abmarsch fertig machen sollten, waren sie nicht mehr aufzufinden. Daraufhin stellte Oberleutnant Lissack der SS soviel Kraftstoff in letzter Minute zur Verfügung, daß sich der gesamte SS-Stab mit seiner Kampfeinheit und Teilen des Artillerie-Regiments in der Nacht vom 30. April zum 1. Mai absetzen konnte.

Um die Sprengung der auf der Straße nach Velden am Ortsrande liegenden schweren Munition durch die SS zu verhindern, ließ er diese durch LKWs abtransportieren. Hierdurch war für die Gemeinde schwere Gefahr und Verluste an Gut und Blut verhindert worden. Der Stab des Transport-Regimentes und Oberleutnant Lissack gingen in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Das Verhalten von Oberleutnant Lissack verdient höchste Anerkennung. Der Bürgermeister und ich haben Herrn Lissack schriftlich unseren Dank ausgesprochen."

März 1945

März 1945:
Pfarrei Moosen; Berichterstatter: Pfarrer Franz Seraph Maier

"Am 31. März, Karsamstag, Nachmittag 3 Uhr, stürzte ein amerikanischer Flieger mit seinem Flugzeug in Kalling ab infolge von Luftkämpfen. Er war sofort tot. In den fast verkohlten Kleidern wurde nur ein Personalausweis vorgefunden, ausgestellt für Frank und Wigth, USA. Geburtsdatum und Religionsbekenntnis und Heimatort konnten nicht festgestellt werden. Der Ausweis wurde dem Führer des Übernahmekommandos Fliegerhorst Erding Oberleutnant Hupfeld übergeben. Der Pilot wurde am Ostermontag nachmittags 2 Uhr im Friedhof der Filialkirche Johannrettenbach ohne Priester im Beisein von Polen, Serben und einigen hiesigen Leuten beerdigt."

März 1945:
Pfarrei Waging; Berichterstatter: Pfarrer Franz Ringmeir

"Im März – April verdichteten sich die Nachrichten, daß die Umgebung von Berchtesgaden bis zum Letzten verteidigt werden sollte. Die wildesten Gerüchte schwirrten umher: Es soll im Umkreis von 60 km um Reichenhall und Berchtesgaden mit einem neuen Mittel alles vergiftet werden und eine tote Zone geschaffen werden, die auch vom Feind nicht durchbrochen werden könne. Es soll alles evakuiert werden usw. Begreiflich, daß eine große Unruhe unter der Bevölkerung entstand, zudem man bald von Mühlberg aus das Donnern und Rauschen der nahenden Front hörte. Überall wurden an strategisch wichtigen Punkten Schützengräben aufgeworfen und Panzersperren an allen Ortsausgängen angelegt. Die Leute begannen wertvolle Sachen und Lebensmittel zu vergraben. Munition- und Lebensmitteldepots wurden angelegt, Nachrichtentruppen kamen und bald begann der Strom der zurückflutenden Truppen, die untereinander gar keine Verbindung hatten. Es begannen die riesigen Einquartierungen."

März 1945:
Pfarrei Bad Tölz; Berichterstatter: Stadtpfarrer Anton Seebäck

"Während der 6 Kriegsjahre waren in Tölz große Lazarette eingerichtet worden, so vor allem in der Schützenstraße (Neubau der NSDAP), ferner das Parkhotel, die Pensionen Ott und Madleiner, das Kurhaus, die Isarlust. Die Zahl der dort betreuten verwundeten Krieger war in den März- und Apriltagen auf fast 6000 gestiegen. Die Seelsorge in den oben genannten Lazaretten wurde von verschiedenen Herren des Pfarrklerus übernommen. Ein Teil des Schwabinger Krankenhauses München und auch ein Teil des Krankenhauses rechts der Isar waren in den Jodquellenhof verlegt worden. Auch dort wurde die Seelsorge vom Pfarrklerus übernommen. Das frühere Sanatorium Fruth diente als Ausweich-Krankenhaus des hiesigen Bezirks-Krankenhauses. Das Haus Rheinpfalz (Gabriel-Seidl-Weg) diente als Entbindungsheim für evakuierte und ausgebombte Frauen. Die dort geborenen Kinder wurden zu allermeist in der Franziskaner Kirche getauft, da die Leitung des NSV-Heimes die Taufe im Hause Rheinpfalz nicht gestattete.

209 Tölzer fielen für das Vaterland an den verschiedenen Kriegsschauplätzen oder starben an den Folgen der Verwundung. In den hiesigen Lazaretten erlagen etwa 60 auswärtige Soldaten ihren Verwundungen, die dann teilweise in ihre Heimat überführt wurden. Die anderen fanden im Tölzer Waldfriedhof (eigene Soldaten-Abteilung) ihre letzte Ruhestätte. In den Lazaretten hatten Barmherzige Schwestern, unterstützt von Rotkreuz-Helferinnen, die Betreuung der Soldaten und die Leitung übernommen."

März 1945:
Pfarrei Saaldorf; Berichterstatter: Pfarrer Joseph Niedermayer

"In unserer Gemeinde wurden wohl auch Bomben, meist mit sogenannten Zeitzündern abgeworfen; diese Abwürfe galten jedoch zumeist den Funkanlagen zwischen Saaldorf und Bahnhof Surheim; eigentlich bombardiert ward am 2. März 1945 nur die kleine Ortschaft Brünntal, anläßlich des aus Nordosten (Haunsberg) erfolgenden Angriffes. Brünntal, bestehend aus 2 größeren Bauernanwesen und 2 Kleinbauern, sogenannten „Söldnern oder Gütlern“. Die beiden Bauernanwesen wurden hauptsächlich durch eine zwischen ihnen einschlagende Bombe an den Dächern beträchtlich geschädigt; Schuppen und Backofen nebst Waschhaus in der Nähe wiesen auch schwere Schäden auf; teilweise wurden sie völlig vernichtet; die beiden innerhalb des Ortes abgeworfenen Boden rissen jede einen ca. 10 m langen, 3–5 m breiten und ca. 5–6 m tiefen Trichter auf; 6 Bomben waren südwestlich der Ortschaft, etwa 80–100 m entfernt, nahe beieinander in ein Feld geraten und verursachten dort mächtige Trichter. Gott sei Dank, Menschenleben kamen hierbei nicht zu Schaden; nur mehrere Kinder wurden durch die Fensterscherben-Splitter in den Stuben an den Füßen ziemlich schwer verwundet, genasen aber wieder nach einigen Tagen."

März 1945:
Pfarrei Gmund, Berichterstatter: Pfarrer Otto Heichele

"Bombenwürfe sind in der Pfarrei nicht vorgekommen. Wohl aber fiel einem Tiefflieger Franz Gilgenrainer, Obermairbauer von hier, zum Opfer. Am Samstag, den 24. März, abends besuchte er in Trautshofen bei Großhelfendorf seinen Vetter. Auf der Rückfahrt traf ihn auf seinem Sachsmotor die Geschoßgarbe eines feindlichen Tieffliegers. Als gesunder Mann verließ er seinen Hof; als Toter kehrte er am Palmsonntag vormittags wieder. Ein Feldwebel der Luftwaffe, der in entgegengesetzter Richtung ging, sah Gilgenrainers hell leuchtenden Scheinwerfer und hörte gleich darauf das Rattern des Maschinengewehrs. Nach wenigen Schritten fand er einen Leblosen. Gilgenrainer war Vater von fünf Kindern. Ein braver, treuer und fleißiger Mann ist mit ihm von hinnen gegangen. Überaus bedauerlich ist sein Tod."
 
München in Trümmern: Das zerstörte Siegestor und die Akademie der Bildenden Künste am 13. Juli 1945.
München in Trümmern: Das zerstörte Siegestor und die Akademie der Bildenden Künste am 13. Juli 1945
März 1945:
Pfarrei Bad Wiessee; Berichterstatter: Pfarrer Johann Gansler

"Im März/April dieses Jahres ist unsere Pfarrei zu einem wahren Zufluchtsort geworden. Zu den vielen Ausweichlagern – 3 Münchner Schulen, das städtische Waisenhaus, eine Münsterer Mittelschule, drei Münchner Mädchen-Volksschulklassen –, zum Ausweichkrankenhaus der Münchner gynäkologischen Klinik, des Münchner Kinderkrankenhauses an der Lachnerstraße, den 15 NSV-Entbindungsanstalten und Frauen- und Kinderheimen, zum Luftwaffenlazarett (10 Häuser) und dem Heereslazarett (1 Haus), zum Fliegererholungsheim und dem U-Boot-Erholungsheim kamen noch Flüchtlinge aller Art und Land, Flüchtlinge besonders von Norden, Angehörige der Partei und des Heeres, alles bei uns Rettung und Zuflucht suchend. Es sollen an 12.000 Menschen gewesen sein. In der seelsorglichen Betreuung war ich allein, für die Münchner Schulen Josef Klapfenberger, der den Löwenanteil an Arbeit hatte, dann Studienräte Hermann Schneller und Josef Weiß; von den Lazaretten hat Direktor Hermann Mayer 2 Häuser abgenommen."

März 1945:
Pfarrei Vogtareuth; Berichterstatter: Pfarrer Johann Nepomuk Schmid

"Die Auswirkungen des Krieges erstreckten sich in der Pfarrei Vogtareuth im allgemeinen auf die gleichen Gebiete wie sonst im Lande: Einberufung von immer mehr und immer jüngeren Männern, bis herab zu Fortbildungs-Schulpflichtigen, die noch über Knabenstimmen verfügten. Dem folgten die Heldengottesdienste in immer mehr beängstigender Zahl: In der ganzen Pfarrei bisher 39 Gefallene, davon in der kleinen Filiale Straßkirchen allein 12 Gefallene; 20–25 Vermißte kommen bis März 1945 noch dazu. Das Ergebnis der letzten Monate ist noch völlig unbekannt. Eine zweite, stark eingreifende Erscheinung waren die ständig wachsenden Ablieferungsmaßnahmen, die alle Arten von Lebensmitteln betrafen. Endlich noch die immerfort zunehmende Einquartierung von Evakuierten, zunächst aus Norddeutschland; dann auch aus München.

Die Erfahrungen, die mit ihnen gemacht wurden, waren großenteils nicht erfreulich. Die wenigsten waren positiv christlich und kirchlich eingestellt; und viele gaben in sittlicher Hinsicht schlechtes Beispiel, ja z.T. großes Ärgernis („Meine Wohnung steht allen Männern offen, bei Tag und Nacht“). Ein diesbezüglicher Appell an die Männer der Pfarrei wurde von den Frauen, die schon in größte Erregung gerieten, dankbarst begrüßt. Eine folgende zweite Welle von Evakuierten, und noch mehr eine dritte, war im Durchschnitt etwas besser. Jedoch bis zuletzt blieb der Eindruck: Der bessere Teil der Stadtbevölkerung blieb mutig zuhause. Und die Jugendvertretung aus der Stadt schnitt bezüglich ihrer religiösen Einstellung, in Theorie und Praxis oder in Schule, Kirche und Leben gegenüber der Landjugend nicht günstiger ab. Schäden durch Fliegerangriffe sind im Pfarrgebiet, abgesehen von einem kleinen Bauernhaus, das umgebaut werden muß, nicht entstanden."

März 1945:
Pfarrei Riedering; Berichterstatter: Pfarrer Peter Huber

"Am 31. März 1945, zwischen 11 und 12 Uhr, warf ein feindlicher Flieger bei Petzgersdorf seine gefährliche Last ab. Gleich unterhalb und östlich der Kapelle gähnten die 10 Trichter in den Feldern. Die Kapelle blieb seltsamerweise stehen. Die Fenster freilich waren zu Verlust gegangen; die kleinen Heiligenstatuen aber im Innern des Kirchleins wurden nicht einmal von ihren Postamenten gerückt."

März 1945:
Pfarrei Petershausen; Berichterstatter: Pfarrer Rudolf Filchner

"Der Religionsunterricht hat durch die vielen Alarme natürlich gelitten, die Erziehungsarbeit war aus den bekannten Gründen erschwert, manche Kinder wurden zu schwerster Feldarbeit herangezogen, die Männer in der Heimat waren zu wenig. Die Gottesdienste konnten regelmäßig abgehalten werden. Über 300 Evakuierte aus München und Schlesien waren in der Pfarrei untergebracht. Nur ein kleiner Teil derselben hat sich am religiösen Leben der Pfarrgemeinde beteiligt. Die Partei hat dem Ortspfarrer weder amtlich noch privat Schwierigkeiten gemacht. Die feindlichen Flieger waren fast täglich in unserer Gegend zu sehen. Am 13. März 1945 beschädigten sie das Bahngeleise in und um Petershausen, später den Bahnhof und die Bahnmeisterei, ferner einige Häuser leicht, dazu die Kistenfabrik."

März 1945:
Pfarrei Flintsbach; Berichterstatter: Pfarrer Alois Rieder 

"Noch ein Wort über den Schulbetrieb. War dieser schon den Winter hindurch infolge des häufigen Fliegeralarms vielfachen Unterbrechungen und Kürzungen ausgesetzt gewesen, so wurde in den Monaten März und April die Unordnung besonders groß. Wir sahen bei klarem Wetter die Massen der feindlichen Flieger, hörten sie auch bei Nebel und bei bewölktem Himmel, wenn sie über die Berge her den Inn entlang einflogen und wußten aus Erfahrung, welche verderbengefüllten Maschinen über uns schwebten. Noch mehr wurde der Unterrichtsbetrieb schlimm beeinflußt durch die Beschlagnahme der Schulsäle für die Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten.

Seit Mitte Oktober waren Ungarn im Schulsaal Fischbach einquartiert; der Unterricht wurde als Abteilungsunterricht bis Weihnachten in Flintsbach erteilt, dann in der Gaststube des Wirtes zu Einöden, weil dieses Lokal für die Schulpflichtigen zentraler gelegen war. In Flintsbach wurden die Schulsäle Ende März für Flüchtlinge aus Schlesien beschlagnahmt. Der Unterricht für die drei Schulabteilungen wurde in den Profanfächern erteilt beim Wirt in Oberflintsbach, in der Stube des Bauern in Unterflintsbach und auf dem Speicher des Schulhauses; den Religionsunterricht habe ich in der Pfarrkirche erteilt, ebenso den Religionsunterricht für die Klassen der hier untergebrachten Kinderlandverschickungslager."

März 1945:
Pfarrei Mühldorf-St. Nikolaus; Berichterstatter: Stadtpfarrer Johann Sterr

"Mühldorf ist die Stadt, die von den Provinzstädten der Erzdiözese München-Freising von den Schrecken des Krieges am schwersten betroffen wurde. Neben den allgemeinen Kriegsschäden wurde Mühldorf vor allem von zwei schweren Fliegerangriffen heimgesucht: am 19. März 1945 und am 20. April 1945. Besonders schwer war der 1. Angriff am 19. März 1945; ein Großangriff, der über 2 Stunden gedauert hat und der das zur Expositur St. Peter und Paul gehörige Bahnhofsviertel getroffen und größtenteils vernichtet hat. An Todesopfern hat die Stadt bei diesem Angriff 125 Personen zu beklagen. Kirchengebäude wurden nicht getroffen, wohl aber erhielt der Pfarrhof einen Volltreffer, der sowohl am Pfarrhofgebäude wie an der Einrichtung einen beträchtlichen Schaden angerichtet hat. Den Hauptschaden an der Einrichtung stellt der Paramentenschrank mit den darin geborgenen wertvollen Paramenten dar. Auch das Franziskanerkloster, damals als Wirtschaftsamt verwendet, erhielt einen Treffer, der aber nur eine kleine Ecke weggerissen hat. Einen Volltreffer erhielt auch das neue Schulhaus; es wurde sehr stark beschädigt, läßt sich aber wieder herstellen."

März 1945:
Pfarrei Mößling; Berichterstatter: Pfarrer Andreas Scharl

"Bei den Fliegerangriffen durch Bomber und bei den in der letzten Zeit des Krieges häufigen Tieffliegerangriffen wurden Personen weder verletzt noch getötet. Die kirchlichen Gebäude, Kirche und Pfarrhaus haben die Kriegszeit ohne Schaden überstanden. Beim Angriff auf den Bahnhof Mühldorf am 19. März 1945 wurden die Fenster der Pfarrkirche auf der Südseite durch den Luftdruck teilweise zerbrochen. Viele Bomben explodierten rundum auf den Feldern und Wiesen, in einem Fall auch ganz nahe an einem Hause, wodurch Dachschaden entstand. Das Schulhaus ist gleichfalls unversehrt."

März 1945:
Pfarrei Erharting; Berichterstatter: Pfarrer Heinrich Wandler

"Gegen Ende des Krieges machte sich der „Totale Krieg“ immer stärker fühlbar. Zwar glaubte schon fast kein Parteimensch mehr an den Sieg, doch durfte man erst recht kein offenes Wort mehr wagen. Die Anforderungen an Ablieferung und Zahlungen wurden immer lästiger. Seit Februar 1944 wurde die Gegend auch in den Bereich des Krieges gerückt, immer öfter erfolgten Angriffe der Jagdbomber. Der schwere Luftangriff auf Mühldorf am 19. März 1945 setzte auch unsere Gemeinde in Angst und Schrecken, der zweite Angriff schien noch bedrohlicher, da die Rauchbomben durch den Wind weit nach Osten getrieben wurden, jedoch blieb die Pfarrgemeinde verschont. Seit Mitte März war jedoch die Bahnlinie Mühldorf-Neumarkt tägliches Ziel der Tiefflieger. Die Ortschaft Rohrbach mit der Station hatte viel Angst auszustehen. Züge wurden täglich getroffen und außer Betrieb gesetzt. Auch kleinere Häuser- und Dachschäden waren unvermeidlich. Ein feindlicher Flieger stürzte am 16. März vor dem Bahnhof Rohrbach brennend ab und wurde auf dem hiesigen Friedhof beerdigt. Kirchliche Beerdigung war ausdrücklich verboten worden, doch wurde die Leiche am Abend durch den Pfarrer eingesegnet. (Im Juli 1945 wurde der Sarg des Gefallenen von den Amerikanern nach Ulm überführt.)"

März 1945:
Pfarrei Altmühldorf; Berichterstatter: Pfarrer Otto Gastager

"Während die Bevölkerung die ständig häufiger und ernster werdenden Fliegeralarme sehr leicht hinnahm und die oft zu Hunderten über die Ortschaft hinsurrenden feindlichen Flugzeuge neugierig von der Straße aus betrachtete, wurde es am letzten Josefitage, 19. März 1945, furchtbarer Ernst. Mittags 12 Uhr begann ein sehr schwerer Luftangriff amerikanischer Flugzeuge auf Mühldorf, 2 1/2 Stunden dauernd, durch den die Stadt Mühldorf überaus schwer bombardiert, insbesondere der Bahnhof total zerstört wurde. Dadurch kam auch der an die Stadt und das Bahnhofsviertel angrenzende Teil von Altmühldorf zu Schaden: Es waren 9 Tote in der Pfarrei zu beklagen; 5 Häuser aus der Pfarrei wurden gänzlich, andere mehr oder minder schwer beschädigt, Felder wurden verwüstet. In der Pfarrkirche Altmühldorf wurde ein Fenster im Presbyterium schwer, die beiden anderen Fenster der Nordseite leichter beschädigt. Im Pfarrhofe Altmühldorf wurden 9 Fensterscheiben zerschlagen und Mauerschäden verursacht."

Februar 1945

Februar 1945:
Pfarrei Priel; Berichterstatter: Pfarrer Georg Bachmaier

"Am 27. Februar 1945 erlebte die Pfarrgemeinde Priel das traurigste Kriegsgeschehen: nachmittags halb 2 Uhr überflogen Wellen von feindlichen Fliegern unsere Gegend. Ob Notabwurf oder Absicht? ist ungeklärt! Das Filialdorf Enghausen bekam 5 Bomben – (1 Splitterbombe und 4 schwere Bomben) – und 3 große Bauernanwesen wurden schwer verwüstet. Es kam kein Haus ohne Schaden davon. Das Dorf besteht aus 9 Höfen. Auch die Filialkirche hatte im Verhältnis gesehen kleinere Schäden: die Fenster besonders im Chor zersplittert, Risse im Gewölbe, die Dachplatten waren nur im geringen Ausmaße abgeworfen, jedoch lagen sie in Wellen durch- und übereinander auf den Dachlatten. Bis auf die Verglasung sind alle Schäden sachgemäß behoben unter Aufsicht des Landbauamtes Freising.

Schlimmer als all dies aber war das Unglück für die betroffenen Familien in persönlicher Hinsicht: Die Bäuerin Frau Anna Winbürger starb nach 25 Minuten an den Folgen innerer Verblutung; 6 Personen waren schwer verletzt, 3 Personen leichter verletzt. Inzwischen sind die Verletzten alle wieder genesen. Jegliche Hilfe war allseits schnellstens zur Stelle. Dank der Geistesgegenwart eines jungen Burschen von Oberpriel wurde sofort der Priester und Arzt gerufen; so konnte der Pfarrer die Frau Winbürger noch bei ihrem Bewußtsein auf den Tod vorbereiten und auch die schwer Verwundeten vor dem Abtransport an Ort und Stelle versehen.

Die Pfarrgemeinde und die politische Gemeinde halfen dann die kommenden Wochen mit Hand- und Spanndiensten den unglücklichen Familien, um die einstweilen zu behebenden Schäden nach Möglichkeit auszugleichen. Der Landrat Freising hat das Hilfswerk gefördert und viel ist in den letzten Monaten wieder instandgesetzt worden."

Februar 1945:
Pfarrei Finsing; Berichterstatter: Pfarrer Josef Forster

"Luftangriff am 25. Februar 1945 in Neu-Finsing auf die Flakstellung. Das Dienstwohngebäude der Kraftwerks-Ingenieure und das gegenüberliegende Gasthaus wurden zerstört, das Kraftwerk und ein Ökonomiegebäude beschädigt. Die in der Mitte liegende Kapelle erlitt nur leichte Beschädigungen. 1 Mann tot, 2 schwer, einige leicht verletzt. Sonst kamen während des Krieges keine schweren Fliegerangriffe in der Pfarrei vor. Bei gelegentlichen Tieffliegerangriffen im letzten Kriegsjahr entstanden keine Personen- oder Sachschäden."

Die zerbombten Häuser an der Arnulfstraße in München mit dem zerstörten Verkehrsministerium am 4. Juli 1945
Das zerstörte Verkehrsministerium in der Arnulfstraße in München am 4. Juli 1945; heute stehen nur noch der Südflügel und ein Tel des Westflügels, die Kuppel, ein Wahrzeichen der Stadt, wurde bereits 1959 abgetragen

Februar 1945:
Expositur Eichenried (Pfarrei Moosinning); Berichterstatter: Expositus Kooperator Josef Forster

"Bei einem Bombenangriff in der Nähe des Großsenders München erlitt das Haus Finsingermoos Nr. 197 durch Abwurf von ca. 16 Sprengbomben größere Luftdruckschäden, ebenso am 23. Februar 1945 das Haus Eichenloh Nr. 122. In den letzten Kampfeswochen wurden mehrmals im Zengermoos Fuhrwerke von Tieffliegern angegriffen, am 23. Februar 1945 ein Leichenwagen zwischen Moosinning und Eichenried. Personenschaden und größerer Sachschaden ist nicht entstanden. Durch auftretenden Luftdruck bei Bombenangriffen auf München wurde an der Kirche in Eichenried öfters der Verputz der Decke und Wände gelockert und erhielt Risse und Sprünge."

Februar 1945:
Pfarrei Obertaufkirchen; Berichterstatter: Pfarrer Jakob Engl

"Gebäude getroffen wurden am 27. Februar 1945 nach Mittag. Es fielen zwei Bomben hintereinander. Die eine schlug ein dicht am Stadel des Bauern in Stierberg. Der Stadel fiel zusammen. Das Dach wurde abgedeckt. Auch die Schäden bei den nächsten Nachbarn in Stierberg waren nicht unerheblich. Die andere Bombe fiel in der Nachbarschaft vor einem Wohnhaus in Öd in den Brunnenschacht. Hauptschäden wurden angerichtet durch Betonklötze der Brunnenanlage, die haushoch geschleudert wurden, das Dach des Wohnhauses durchschlugen und in einigen Zimmern des Obergeschosses Verheerungen anrichteten. Menschenleben waren wie durch ein Wunder nicht zu beklagen. Auch das Vieh kam nicht zu Schaden."

Februar 1945:
Pfarrei Oberdorfen; Berichterstatter: Pfarrer Josef Gammel

"Eigentliche Opfer von Luftangriffen hat die Pfarrgemeinde nicht zu beklagen. Über dem Pfarrbezirk fielen nur einmal 7 Bomben, und zwar am 5. Februar 1945 auf den Wiesen zwischen Esterndorf und Embach, die wohl auf den benachbarten Bahnkörper der Linie München-Simbach gezielt waren. Durch den Luftdruck wurden lediglich eine Anzahl von Fenstern in Esterndorf und Embach, darunter auch 31 Fensterscheiben an der Kirche in Esterndorf, zertrümmert. Am 22. Februar 1945 stürzte beim Bauer an der Pfarrgrenze Oberdorfen-Lengdorf ein feindliches Flugzeug ab. Ein Pole aus Embach nahm einige Bordgeschoße mit und hantierte mit ihnen am Samstag, 24. Februar 1945, herum. Ein Geschoß explodierte und verletzte ihn so schwer, daß er nach einer Stunde unter fürchterlichen Schmerzen starb. 2 kleine Polenkinder und eine weitere Polin wurden ebenfalls verletzt ins Krankenhaus Dorfen eingeliefert und kamen mit dem Leben davon. Die Beerdigung des 33jährigen Polen Adam Brela fand unter den Gesängen zahlreicher Polen in Esterndorf durch H.H. Kooperator Georg Grein am 27. Februar 1945 statt."

Februar 1945:
Pfarrei Bad Reichenhall-St. Zeno; Berichterstatter: Stadtpfarrer Eugen Abele

"Schon seit Februar-Anfang war täglicher Alarm, Tag und Nacht, die stehende Regel; von einem geregelten Schulbetrieb keine Rede mehr; oftmals wurden die Gottesdienste an Sonn- und Festtagen empfindlich gestört."

Februar 1945:
Pfarrei Trostberg; Berichterstatter: Pfarrer Jakob Moser

"Der erste größere Angriff war am 22. Februar 1945 mittags 11.55 Uhr. Ein Bombengeschwader von etwa einem Dutzend Bombern umkreiste die Stadt, flog erst Richtung Baumburg ab, kehrte aber dann wieder zurück und warf 110 Bomben. Der erste Bombenwurf ging auf die Bahnanlage, besonders die Fabrikgeleise der Bayerischen Stickstoffwerke und den dort auch untergebrachten BMW (Bayerischen Motorenwerken). Die Geleise wurden stark beschädigt, das Portierhaus und das Haus der Werkskrankenkasse total zerstört, an den Fabrikhallen viele Fenster eingedrückt. Das Schlimmste war, daß ein Luftschutzraum der Fabrik von einer Bombe durchschlagen wurde und dort 18 Personen getötet wurden.

Die zweite Bombenauslösung bei diesem Angriff folgte ein paar Sekunden später, wäre wohl auf das Wasserstauwerk abgezielt gewesen, verfehlte aber das Ziel und die Bomben gingen über einer Wiese und in die Siedlung Schwarzau nieder. Dort wurden zwei Häuser total zerstört und eine Reihe von Siedlungshäuschen mehr oder weniger stark beschädigt. Es gab in der Schwarzau einige leichter Verletzte, aber keine Todesopfer. Die eigentliche Stadt blieb vom Angriff verschont. Ein Glück war, daß in den Fabrikanlagen die „Linde“ mit Kompreßluft nicht getroffen wurde. Einen Tag später griffen Tiefflieger einen Sauerstoffwagen am Bahnhof an. Größerer Schaden entstand nicht."

Februar 1945:
Pfarrkuratie Lindach; Berichterstatter: Pfarrkurat Michael Huber

"Fliegeralarm war oft, manche Woche jeden Tag fast; viele Religionsstunden sind wegen Fliegeralarm ausgefallen; Februar, März und April 1945 wurden die Religionsstunden am späten Nachmittag nachgeholt. Der Sonntagsgottesdienst oder Werktagsgottesdienst mußte wegen Fliegeralarm nie unterbrochen werden oder ausfallen; die sonntägliche Nachmittagsandacht wurde Februar, März und April regelmäßig zu einer späteren Stunde angesetzt, nämlich um 4 Uhr.

Zu Beginn des Jahres 1945 kamen von allen Seiten her Flüchtlinge: aus Preußen (Berlin, Gotenhafen, Danzig), aus Litauen ca. 20 Personen, aus Österreich ca. 15 Personen, aus dem Rheingebiet (Bonn) ca. 10 Personen. Da schon viele Evakuierte da waren aus München und Münster i.W., aus Köln, Volksdeutsche aus Bulgarien, waren die Häuser überfüllt. Zu den Evakuierten und Flüchtlingen kamen noch die kriegsgefangenen Franzosen, ca. 25 an der Zahl und etwa 40–50 polnische Zivilarbeiter. Dazu kommen noch etwa 5–10 Ukrainer. Das kleine Lindach war also recht gemischt, die Zahl der Fremden war fast ebenso groß wie die die Einheimischen.

Den Polen habe ich jeden 1. Sonntag im Monat Gottesdienst gehalten, zu dem sie auch fast vollzählig gekommen sind (schlechte Schuhe, Kleidung hielten manche von Besuch ab); trotz des Verbotes besuchten die Polen immer auch vereinzelt den Pfarrgottesdienst. Die Franzosen hatten die letzten Jahre im Lager zu Benetsham alle 2 Monate Gottesdienst, gehalten von einem französischen kriegsgefangenen Priester, der von Thalham bei Baumburg, später von Roidham bei Seeon hierher kam. Die Franzosen besuchten nur spärlich ihren Gottesdienst, kaum die Hälfte.

Die Evakuierten und Flüchtlinge beteiligten sich nur wenig am religiösen und kirchlichen Leben der Pfarrei. Die Evakuierten und Flüchtlinge gehörten zum Teil dem evangelischen Bekenntnis an; die evangelischen Christen gehen zum Gottesdienst an den Sonntagen nach Trostberg (alle 14 Tage), andere besuchen regelmäßig unseren Pfarrgottesdienst, andere machen es wie die schlechten Katholiken, sie kümmern sich nicht um ihre Kirche."

Februar 1945:
Pfarrei Engelsberg; Berichterstatter: Pfarrer Stephan Winter

"Ende Februar warfen amerikanische Flieger im Notwurf auf freiem Felde schwere Bomben ab, wodurch in den Höfen von Glonneck und Weichslehen erhebliche Gebäudeschäden entstanden."

Februar 1945:
Pfarrei Haag a.d. Amper; Berichterstatter: Pfarrer Andreas Weingand

"Der Pfarrer selbst mußte 2mal während schwerer Fliegerangriffe, da die Leute in den Schutzkeller gingen, zu Versehgängen, am 25. Februar 1945 nach Untermarchenbach und am 21. April 1945 nach Inkofen (da der Pfarrer von Inkofen sich wegen eines Kriegergottesdienstes in Bergen befand). Im letzten Jahre, insbesonders seit der Landung englischer und amerikanischer Truppen auf französischem Boden schwand im Volk mehr und mehr der Glaube an den Sieg und zuletzt wünschte man nahezu den Einmarsch des Feindes als Erlösung von den Schrecken des Krieges und als Befreiung von der Herrschaft der verhaßten Partei."

Februar 1945:
Pfarrei Sauerlach; Berichterstatter: Pfarrer Lorenz Strobl

"Seit Mitte Oktober 1942 bis zum 25. April 1945 wurde dahier 192mal Flieger-Großalarm gegeben, außerdem noch vielmals Luftgefahrenmeldung. Sehr oft überflogen die Feindflugzeuge unseren Ort, wodurch, besonders durch erscheinende Tiefflieger, unsere Landleute beim Verrichten ihrer Feldarbeiten sehr behindert worden sind. Doch einzig nur am 28. Februar 1945 wurden vier Sprengbomben dahier abgeworfen, sehr wahrscheinlich beabsichtigt auf die  unweit dem am Westende des Ortes errichtete und betriebene Rüstungswerkzeugefabrik. Außer vier großen Sprengtrichtern entstand kein Schaden, weder an Menschen noch an Gebäuden."

Februar 1945:
Pfarrei München-Maria Schutz; Berichterstatter: Stadtpfarrer Dr. Johann Ev. Seitz

"Am 25. Februar 1945 fielen Bomben im Sporer-Block, wo das Gasthaus zur Linde arg beschädigt wurde. Brandbomben richteten in der Arnold-Färberei in der Münchner Straße bedeutenden Schaden an."

Februar 1945:
Pfarrei München-St. Wolfgang; Berichterstatter: Stadtpfarrvikar P. Dr. Alois Leinfelder SDB

"Viele Wohnungen hatten über Weihnachten kein Licht. Der Bagger kreischte 10 Tage lang, Tag und Nacht, auch am Weihnachtsfest. Am 25. Februar 1945 fielen einige Bomben in den Splittergraben am Orleansplatz und töteten dort etwa 15 Personen. Beim selben Angriff fiel eine Sprengbombe auch in den Hof der Wolfgangsanstalt und richtete an dem Gebäude ziemlich großen Schaden an. Menschenopfer waren hier nicht zu beklagen."

Januar 1945

Januar 1945:
Pfarrkuratie München Zu den hl. 12 Aposteln; Berichterstatter: Pfarrkurat Otto Endres

"Als Auswirkung des letzten Krieges kann als besonderes Merkmal festgestellt werden, daß sich der Leute in den letzten Monaten, da vor allem die Luftangriffe an Stärke und Häufigkeit zunahmen, eine gewisse Teilnahmslosigkeit oder Abgestumpftheit, vielleicht auch Müdigkeit, bemächtigte. Die Leute waren froh, wenn sie immer wieder mit dem Leben und ohne größeren Schaden davongekommen waren. Sie rechneten eigentlich nur mehr von einem Tag auf den andern oder besser gesagt von einem Angriff auf den andern. Es war das zu verstehen, wenn man bedenkt, daß seit Juli 1944 gerade unser Pfarrbezirk infolge seiner Lage an einem wichtigen Gleisdreieck der Bahnanlagen aber auch bei jedem Angriff betroffen wurde. So hatten die Leute tatsächlich nur mehr eine Sorge, wie werden wir durchkommen.

Als dann im Oktober 1944 unsere Notkirche fast gänzlich zerstört wurde, zeigte sich doch wieder das pfarrliche Interesse der Gemeinde. Ohne daß wir nur ein Wort zu sagen brauchten, brachten uns die Leute ganz aus sich selbst heraus ansehnliche Spenden ins Pfarrhaus, „daß wir doch unser liebes Kirchlein wieder aufbauen können.“ So haben wir dann auch unsere Notkirche wieder aufgebaut und das ganz mit freiwilligen Kräften aus der Gemeinde. Männer und Frauen halfen zusammen und opferten ihre ganze Freizeit.

Was das Bild der Pfarrei wesentlich veränderte, war der Umstand, daß ein ganz großer Teil der eigentlichen Pfarrangehörigen aus der Pfarrei weggezogen ist – der Mann war im Heeresdienst und die Frau und Kinder auf dem Lande evakuiert. Seit Herbst 1944 wurden dann die dadurch leerstehenden Wohnungen anderweitig besetzt durch Fliegergeschädigte, die aus anderen Pfarreien zuzogen und oft schon bald wieder wegzogen, wenn ihr eigenes Heim wieder einigermaßen hergestellt war oder sie eine andere mehr zusagende Unterkunft gefunden hatten. Dadurch wurde die Pfarrei richtig gesagt ein wahrer „Taubenschlag“.

Gewiß war ein guter alter Kern der Pfarrei allen Gefahren zum Trotz geblieben, sie waren auch unsere eifrigsten Kirchenbesucher und Helfer beim Wiederaufbau der Kirche. Alle andern aber haben sich nur ganz langsam in die für sie neuen Verhältnisse eingelebt. Trotz der schweren Angriffe auf unseren Pfarrbezirk sind aber doch verhältnismäßig sehr viele Wohnungen gut und zum großen Teil fast unbeschädigt erhalten geblieben, sodaß wir im letzten Halbjahr, wo die Wohnungsnot überall sehr groß wurde, regen Zuzug in die Pfarrei erhielten."

Außenansicht der durch Bombentreffer zerstörten Münchner Frauenkirche im Jahr 1945
Die durch Bombentreffer zerstörte Münchner Frauenkirche im Jahr 1945
Januar 1945:
Pfarrei München-Herz Jesu; Berichterstatter: Stadtpfarrer Georg Niggl

"Von den vielen Fliegerangriffen hat uns ungefähr die Hälfte getroffen. Die Angriffe im Juli, Oktober 1944, am 7. Januar 1945 trafen uns am schwersten. Großen Häuserschaden hatten wir in der Waisenhausstraße, Simeonistraße, Frundsbergstraße, Ysenburgstraße, Volkartstraße, Leonrodstraße, Blutenburgstraße, Winthirstraße, Ruffinistraße und am Rotkreuzplatz. In den anderen Straßen waren viele größere und kleinere Häuserschäden. Personen kamen zu Schaden: 170 Personen fanden den Tod. In den meisten Fällen trat der Tod sofort ein. Am Rotkreuzplatz, im Anwesen Jagdschloß, sind einige Personen lebendig verbrannt. Die Zahl der Verwundeten war zwischen 100 und 150. Einige Fälle davon waren sehr schwer.

Das Krankenhaus Rote Kreuz wurde am 7. Januar 1945 total zerstört. Die Hauskapelle wurde dabei zerstört, das Allerheiligste wurde gerettet, Personen kamen dabei nicht zu Schaden. Die Kuranstalt Neuwittelsbach wurde am gleichen Tage total zerstört, die Kapelle sehr schwer beschädigt, das Allerheiligste wurde gerettet. Das Blindenheim an der Winthirstraße wurde am 7. Januar 1945 durch Brandbomben total zerstört. Die Blinden waren bereits schon länger in Krumbad untergebracht.

Das Salvatorheim, Romanstraße 20, wurde am 7. Januar 1945 durch Brandbomben hart getroffen. Durch das Eingreifen der Patres konnte die Anstalt vor Zerstörung bewahrt werden. Das Haus ist wieder hergestellt, die Kapelle erhalten. Die Kapelle im Roten Kreuz, Nymphenburgerstraße 163, wurde durch Spreng- und Brandbomben total zerstört. Das Allerheiligste wurde gerettet, ebenso die kirchlichen Gewänder."

Januar 1945:
München, Marienstift; Berichterstatterin: Schwester M. Immaculata Schechtl

"Das Marienstift ist am 7. Januar 1945 durch Fliegerangriff total vernichtet worden. Die Insassen konnten alle geborgen werden, sämtliche Einrichtung ist dem Feuertod verfallen, sowie auch die Hauskapelle samt den Paramenten. Wegen der starken Rauchentwicklung war es unmöglich, noch etwas zu retten. Die Insassen wurden in den Reginabunker gebracht, von da teilweise zu den Angehörigen, Krankenhäusern, Pfarrhöfen oder selbstgewählten Unterkommen."

Januar 1945:
Pfarrei München-St. Bonifaz; Berichterstatter: Stadtpfarrvikar P. Ludger Rid OSB

"Am 7. Januar 1945 riß eine Luftmine, die vor den Resten des Hochaltares niederging, zwei Drittel aller Säulen um, die darauf ruhenden bis zu 23 m hohen Mauern schlugen im Sturz das Gewölbe der Unterkirche durch und vermurten Gruftkapelle und die Zugänge zu ihr. Das Feuer fraß sich durch die Böden in die Gruftgänge und vernichtete dort unter anderem die letzten Musikalien der Chorvereinigung St. Bonifaz."

Januar 1945:
München, Pfarrkuratie des Krankenhauses rechts der Isar; Berichterstatter: Pfarrer Moritz Schmid

"Es entstanden kleine Brände im Verwaltungsbau und im Verbindungsbau zwischen dem Verwaltungsbau und dem Bau 1, die aber rasch wieder gelöscht werden konnten. Die große Kapelle verlor abermals sämtliche Fenster, ein Teil der rückwärtigen Kapellenwand stürzte ein. Vorübergehend war eine Notkapelle im Luftschutzkeller und dann im Geschäftszimmer des Ordens eingerichtet. In ungefähr 14 Tagen waren diese Fenster- und Wandschäden durch Holzverschalungen wenigstens so weit behoben, daß die große Kapelle wieder benützt werden konnte. Die kleine Kapelle im Bau 7 verlor ebenfalls wieder sämtliche Fenster und konnte wegen Einsturzgefahr des Teiles des Bau 7, in dem sie sich befindet, nicht benützt werden. Vorsichtshalber wurde der Altar der kleinen Kapelle im Keller des Bau 7 untergebracht."

Januar 1945:
Pfarrei München-St. Johann Baptist/Haidhausen; Berichterstatter: Stadtpfarrer Dr. Alois Daffenreiter

"Durch Fliegerangriffe während des Krieges ist die katholische Stadtpfarrei St. Johann Baptist zwar auch stark in Mitleidenschaft gezogen worden, aber vielleicht doch nicht in dem Ausmaß wie andere Stadtgebiete. Die große Stadtpfarrkirche am Johannisplatz hat mehrmals durch Brandbomben und durch Luftdruck Schaden erlitten am Dachstuhl, an den Fenstern, der Orgel, der Inneneinrichtung; sie mußte aber nur in der Zeit vom 7.Januar 1945 – 1. April 1945 für den gottesdienstlichen Gebrauch gesperrt werden. Die kostbaren Glasgemälde der großen Fenster wurden rechtzeitig in Sicherheit gebracht.

Die alte Haidhauser Kirche hat nur kleinere Dach- und Fensterschäden erlitten. Stark beschädigt wurde die Nikolaikirche am Gasteig; ganz ausgebrannt ist die anliegende Altöttinger Kapelle am Gasteig und ebenso zerstört und ausgebrannt die Kirche der St. Josefs-Anstalt in der Preysingstraße. Das Pfarrhaus St. Johann Baptist erlitt nur mehrmalige kleinere Schäden in der Bedachung, an Türen und Fenstern. Das katholische Gesellenhaus, Kirchenstraße 6, ist in Wohnungen und Anstaltsräumen fast vollständig ausgebrannt, ebenso wie die St. Josefs-Anstalt in der Preysingstraße; stark beschädigt wurde auch die Maria Theresia-Anstalt am Johannisplatz.

Die beiden Schulhäuser an der Kirchen- und Wörthstraße sind schwer beschädigt und zum größten Teil ausgebrannt. Personen, die zum Kirchendienste gehören, sind durch Fliegerangriffe nicht zu Schaden gekommen; ca. 80 Personen aus der Pfarrei haben bei verschiedenen Fliegerangriffen das Leben verloren; ca. 100 Häuser sind vollständig zerstört, etwa 500 Familien obdachlos geworden."

Januar 1945:
Pfarrei München-St. Sylvester; Berichterstatter: Stadtpfarrer Franz Krieger

"Aber der Großangriff am 7. Januar 1945 traf die Pfarrei wieder sehr schwer. Nachdem durch die erste Angriffswelle das Wohlfahrtsamt (Haimhauserstraße 1) und ein Teil der Umgebung in Brand gesteckt wurde, ist durch die zweite Welle viel Schaden verursacht worden. 2 schwere Sprengbomben trafen das Lazarett (Antonienstraße). Ferner wurden die ganzen Häuser der Antonienstraße und Freystraße sowie die kleinen Häuser in der Kunigunden- und Marschallstraße in Brand gesteckt. Auch ein Haus der Hansaheime brannte ab. Ferner sind die Bedienstetenhäuser im Biederstein ganz ausgebrannt. Die Schule hatte auf der hinteren Seite schwere Fenster- und Türschäden. Die Kirche erhielt eine Stabbrandbombe in den Speicher der alten Kirche, die aber nicht zündete; etwa 40 Fensterscheiben waren kaputt. Die Zahl der Toten war 17 , die Zahl der Obdachlosen ca. 300."

Januar 1945:
Pfarrei München-St. Ludwig; Berichterstatter: Stadtpfarrer Karl Nißl

"Die Pfarrkirche hat große Schäden davongetragen. Sämtliche Fenster zumeist mitsamt den eisernen Rahmen sind zerbrochen und herausgerissen; sämtliche Türen und Portale teils schwer, teils leichter beschädigt. Dach und Dachstuhl des südlichen Seitenschiffes zerstört, dazu 2 Gewölbekuppen eingestürzt. Das Dach des Haupt- und Querschiffs mußte vollkommen umgedeckt werden und ist z.Z. zur Hälfte nur einfach gedeckt. Die alte Marienstatue, ein Weihegeschenk von Erzgießer Miller, wurde am 7. Januar 1945 zertrümmert, 2 große Fresken über Sakr[istei] und Kreuzaltar zum großen Teil abgefallen, die Orgel mindestens zur Hälfte unbrauchbar. Das Hauptgemälde über dem Hochaltar blieb ganz verschont, da die unmittelbar hinter der Kirche gefallene Bombe ein Blindgänger war, die Deckengemälde sind durch Brandbomben und besonders eindringende Nässe vielfach beschädigt. Die Außenfront besonders im Westen und Süden zeigt viele Splitterwirkungen. Einige Balken des Dachstuhles verkohlt. Die Kirche brannte nicht weniger als 4mal, am 13. Juli 1944 zugleich an 5 Stellen mit Pfarrhof und Mesnerhaus. Jedesmal ist es uns noch gelungen, der Brände Herr zu werden."

Januar 1945:
München, Kuratie der I. Universitäts-Frauenklinik; Berichterstatter: Pfarrer Dr. Johann Baptist Hartmann

"Die Flieger flogen überall umeinander. Oberdonau, Chiemseegebiet, Landshut, Tegernsee, Starnberg, Kempten, Innsbruck, Schrobenhausen, Tölz, Freising. Verbände flogen über München nach allen möglichen Richtungen. Hauptzweck: Bahnlinien zerstören und Züge bombardieren. Fast jeden Tag Einflüge nach den bereits obengenannten Orten und Richtungen."

Januar 1945:
Pfarrei Gröbenzell; Berichterstatter: Pfarrer Josef Auer

"Eine böse Nacht war vom Sonntag auf Montag, 7. zum 8. Januar 1945. Nach kurzer Vorentwarnung gegen dreiviertel 10 erfolgte neuer Alarm. Schon war ein schauerliches Brausen und Beben in der Luft. Weiße Leuchtkugeln über Lochhausen, Gröbenzell in westöstlicher und südwestlicher Richtung – die Nacht war zum Tag geworden. Das Trommeln der Einschläge kam immer näher. 3 bis 4 Wellen, von südwestlich kommend, streiften an unserem Ort vorüber und legten ihren „Segen“ ab. Alles erbebte und zitterte. Ein kurzer Blick ins Freie – Feuerpause von oben her – die ganze Umgebung leuchtete in magischem Licht – man hätte staunen mögen, wenn es nicht so grausamblutiger Ernst gewesen wäre! 2 große Brände in nächster Nähe – beim Bauern in der Olchingerstraße und beim Bauern in der Puchheimerstraße.

Noch surrten die Flieger bedrohlich über uns, aber alles rannte an die Brandstellen und griff mutig zu, zu retten, was noch zu retten war. Beim Bauer in der Olchingerstraße brannte der Heu- und Getreidestadel völlig nieder, ohne daß irgendwie geholfen werden konnte. Beim Bauer in der Puchheimerstraße waren ganze Garben von Brandbomben in und um den Stadel geflogen. Alle Vorräte sind verbrannt, das Vieh konnte mit Müh und Not gerettet werden. Das Wohnhaus blieb bis auf den Dachstuhl verschont.

Neben diesen beiden großen Bränden sind noch eine ganze Reihe von kleineren Dachstuhlbränden oder Zimmerbränden festgestellt worden, so besonders im sogenannten Ockumhaus, wo drei Wohnungen von Mietparteien fast völlig ausgebrannt sind. Von mehreren Sprengbomben fiel eine beim Grabenweg, die aber wegen des weichen Bodens wenig Schaden anrichten konnte. Die Gröbenzeller haben sich bei den Löscharbeiten sehr tapfer gezeigt – aber mit der bisherigen Ruhe und Geborgenheit war es vorbei. Menschenleben sind Gott sei Dank nicht gefordert worden."

Die Pfarrkirche Heilig Geist nach Einsturz des Gewölbes am 14. Juni 1944
Die Pfarrkirche Heilig Geist in München nach Einsturz des Gewölbes am 14. Juni 1944
Januar 1945:
Pfarrei Haindlfing; Berichterstatter: Pfarrer Georg Seifüssl

"Im Winter wurde seitens der Bevölkerung die Beschlagnahme der Wohnstuben und anderer guter Zimmer als einschneidende Maßnahme empfunden. Die Wohnungsfrage wurde noch bedrohlicher, als anfangs Januar 1945 auch 45 Wiener Flüchtlinge im Schulhaus untergebracht werden mußten. Der Schulraum wurde in die Gaststube des Wirtshauses verlegt für die Zeit, wo die Wehrmacht diesen Raum nicht benützte, später aber mußte ein etwas dunkler Schuppen eines Nebengebäudes des Haindlfinger Schlosses als notdürftiger Unterrichtsraum dienen, bis die Tiefflieger ein Eintreffen der Kinder unmöglich machten.

Tagtäglich widerhallte der Ort vom schneidigen Gesang marschierender Einheiten, wie auch vom Krachen der Granaten, da nicht allzuweit vom Pfarrhaus weg ein Übungspanzer für das Übungsschießen der Fahnenjunker eingebaut war. Die allgemeine Wehrmachtbetreuung schlug auch ihre Wellen in unser Dörflein, indem nicht nur regelmäßige Kinos stattfanden, zuerst im Schulsaal, zuletzt in einem Heustadel, wozu jedesmal auch die Dorfbewohner eingeladen wurden und auch zahlreich erschienen sein sollen (die Kinder hatten nachmittags eigene Vorstellungen), sondern auch gelegentliche interne militärische Feiern (Beförderungen, Abschied, Weihnachten, Silvester usw.) mit Einladungen an einen bestimmten Kreis durchgeführt wurden. Soweit es möglich war, suchte der Seelsorger mit den Soldaten in Verbindung zu kommen und mancher Theologe oder andere liebe Kamerad fand sich an der Seite des einquartierten Offiziers zu froher Unterhaltung im Pfarrhause ein."

Januar 1945:
Pfarrei Wasserburg-St. Jakob; Berichterstatter: Stadtpfarrer Josef Koblechner

"Im Dezember 1944 tauchte plötzlich von Berchtesgaden her eine Stabsabteilung des Oberkommandos der Luftwaffe unter Leitung eines Generalmajors in Gabersee auf, verließ aber schon Ende April diese Anstalt wieder wegen des Herannahens der alliierten Truppen. Noch eindrucksvoller als durch diese Truppeneinheiten kam den Wasserburgern der Ernst des Krieges durch die Lazarette zum Bewußtsein, die in unserer Stadt und Umgebung erstanden. Das Hauptlazarett wurde im Februar 1942 in der früheren Kreisirrenanstalt Gabersee (2 km von Wasserburg entfernt) mit etwa 700 Betten eingerichtet. Im Laufe des gleichen Jahres wurden in Wasserburg selbst 2 Teillazarette angegliedert, und zwar im Institut der Englischen Fräulein und im Kloster St. Maria Stern auf der Burg. Im Januar 1945 wurden auch die Oberschule und das Schülerheim in Lazarette umgewandelt."

Januar 1945:
Pfarrei Hechenberg; Berichterstatter: Pfarrer Wilhelm Sigl

"Das neue Jahr begann mit überaus starkem Schneefall, so daß es zum Gottesdienst viele Verspätungen und ganze Versäumnisse gab, leider auch von Seite der im Ort selbst wohnenden Fremden und Feriengäste, zum großen Ärgernis der tapferen Kirchenbesucher von auswärts, noch mehr zum großen Leid des Seelsorgers. Zum Christamt am 6. Januar um 7.45 Uhr kamen die Fremden überhaupt nicht, und auch sonst war der Besuch nur mittel, auch ein Zeichen der vielfach auftretenden seelischen Ermüdung. „Es hilft ja das Beten auch nicht mehr!“

Nach dem schweren Flieger-Angriff auf München am 7. Januar wurden die Ferien wegen Heizungsschwierigkeiten allgemein bis zum 29. Januar verlängert! Am 13. Januar Beginn der russischen Großoffensive von der Ostsee bis zu den Karpaten! Warschau, Lodz und Krakau fallen, am 20. Januar stehen die Bolschewisten vor Schlesien und in Ostpreußen! In diese Zeit der höchsten Spannung fällt die Feier der Ewigen Anbetung am 25. Januar, die sehr gut besucht wird. Die herkömmlichen Hindernisse seien übergangen! Schneestürme und verwehte Wege! Die Reichsgrenzen in Flammen! Am 30. Januar 1945 wieder Schulbeginn, nach 2 Tagen schon wieder Schluß mangels Heizmaterial! Die Russen in Pommern, die Anglo-Amerikaner im Rheinland! Die Franzosen im Elsaß!"

Januar 1945:
Pfarrkuratie Lindach; Berichterstatter: Pfarrkurat Michael Huber

"In einer kleinen Seelsorgsgemeinde von kaum 400 Seelen gibt es keine weltbewegenden Ereignisse. Der Krieg 1939–45 ist nicht spurlos an der Gemeinde vorübergegangen: es gab viel Aufregung, viel Einberufungen, viel Tränen und Leid im Laufe der Kriegsjahre. Rund 76 waren im Laufe der Zeit einberufen zum Heeresdienst, zuletzt auch einige 17 und 18jährige, die von der Christenlehre weg einrückten. Die Zahl der Toten und Vermißten kann hier nicht festgestellt werden, da die Berichte der letzten Kriegsmonate noch fehlen. Die jugendlichen Krieger verabschiedeten sich ausnahmslos vom Seelsorger und erhielten entsprechende Verhaltungsmaßregeln, die Erwachsenen kamen vereinzelt zuvor in das Pfarrhaus. Nach der Entlassung aus dem Heeresdienst besuchen die jungen Krieger wieder, wie es hier Brauch ist, die Christenlehre. An Kriegergottesdiensten hat die Pfarrgemeinde regen Anteil genommen.

Heimlich wurde von Gegnern des Regimes unheimlich viel kritisiert über den Nationalsozialismus, über die Partei, über die hiesigen Mitglieder der Partei, über manche öffentliche Ungerechtigkeiten und dörfliche Miß- und Übergriffe der Partei. Schon lange hat man das Kriegsende herbeigesehnt. Regelmäßig jeden Monat wurde an einem Sonntag nachmittags Kriegsandacht gehalten c[um] S[ancti]s[simo]. Je länger der Krieg dauerte und je näher der Krieg herankam, desto mehr wurde gebetet. 1943 wurden 25, 1944 und 1945 wurden 31 Maiandachten angegeben und auch fleißig besucht. Seit November 1944 war der Werktagsgottesdienst auffallend gut besucht; von Januar 1945 an wurde werktags während der hl. Messe am Dienstag und Donnerstag der Rosenkranz unter besonders großer Beteiligung gebetet. Fliegeralarm war oft, manche Woche jeden Tag fast; viele Religionsstunden sind wegen Fliegeralarm ausgefallen."
 
Zerstörter Kirchenraum von St. Michael in München nach Bombentreffern im Jahr 1945
Zerstörter Kirchenraum von St. Michael in München im Jahr 1945 nach Bombentreffern
Januar 1945:
Pfarrei München-St. Achaz; Berichterstatter: Stadtpfarrer Vinzenz Irger

"In den Spätabendstunden des 7. Januar hatte München wohl seinen schwersten Tag. 2 Angriffe im Abstand von 2 Stunden brachten über die Stadt ein furchtbares Leid. Beim 1. Angriff fielen Leuchtkugeln in den Pfarrgarten. Nur eine von 4 geriet in Brand. Ich war in größter Sorge. Eine Luftmine explodierte in der oberen Plinganserstraße nahe am Bahnkörper, ferner gab es einige Brände in der Pfarrei. Aber sonst ging noch alles gut vorüber.

Dagegen sollte der 2. Angriff durch einen Serienwurf von mindestens 11 Bomben unserer Pfarrei wieder großen Schaden bringen. Das Haus Plinganserstraße 85 wurde förmlich wegrasiert. Die anliegenden Häuser erlitten wieder schwere Druckschäden. Auch die Kirche wurde wieder hart mitgenommen. Das Dach war zum vierten Male nun abgedeckt. Die Notverkleidung der Fenster wieder herabgerissen. Auch das Pfarrhaus hatte schwer gelitten. Immerhin waren die Schäden nicht so groß wie am 27. November 1944. Der Einbruch der Kälte machte Ausbesserungen am Kirchendach unmöglich. Hilfskräfte bemühten sich, den Schnee auf dem Kirchendach zu entfernen. Es war gut, daß das gemacht worden war. Sonst wären die Schäden an der Kirche beim Wärmeeinbruch [am] 31. Januar noch größer geworden, als das tauende Schneewasser in die Kirche hineintropfte und dort unter der kalten Temperatur des Innenraumes zu einer Eisplatte erstarrte.

Glücklicherweise begünstigte das außerordentlich warme Wetter jener Tage, daß das Dach wieder zur Not gerichtet werden konnte und auch das Eis in der Kirche entfernt wurde. Nun kam die Zeit der vielen Tages- und Nachtalarme. Ein geregelter Schulbetrieb war kaum mehr möglich. Die Spätgottesdienste am Sonntag fielen gewöhnlich aus und machten einem Abendgottesdienst Platz."

8. Januar 1945:
Pfarrei München-St. Sebastian; Berichterstatter: Stadtpfarrer Otto Breiter

"Die Pfarrei erhielt noch am [Tag des Bombenangriffs am 31. Juli 1944] von der Wehrmacht die Erlaubnis, den unteren Turnsaal der Hohenzollernschule, die als Reservelazarett verwendet wird, als Notkirche zu benützen. Er wurde zu diesem Zwecke eingerichtet und diente der Pfarrei St. Sebastian, St. Josef (im August) und der evangelischen Gemeinde, der Kreuzkirche, die am gleichen Tag auch ihre Kirche durch Feuer verloren hatte, als sehr guter Behelfsraum, bis er am 17. Dezember 1944 an Türen und Fenstern schwer geschädigt wurde. Bis zum 24. Dezember wurde die Notkirche im Turnsaal wieder völlig hergestellt. Am 7./8. Januar 1945 wurde dieser Kirchenraum durch mehrere Bombentreffer in den Schulhof völlig demoliert. Der Saal hatte in den Weihnachtsfeiertagen bis zu 700 Personen Raum geboten. Bis zum 14. Januar 1945 wurde als 2. Notkirche der Lehrsaal Nr. 12 im Erdgeschoß des gleichen Schulhauses eingerichtet. Die 6 Sonntagsgottesdienste haben durch die Terrorangriffe während der ganzen Katastrophenzeit keine Unterbrechung erlitten."
 
Die am 7. Januar 1945 zerstörte Notkirche der Pfarrei München-St. Sebastian in einem Turnsaal der Hohenzollernschule. Photographie von Stadtpfarrer Otto Breiter.
Die am 7. Januar 1945 zerstörte Notkirche der Pfarrei München-St. Sebastian in einem Turnsaal der Hohenzollernschule. Photographie von Stadtpfarrer Otto Breiter.
7. Januar 1945:
Kuratie der I. Universitäts-Frauenklinik München, Berichterstatter: Pfarrer Dr. Johann Baptist Hartmann

"Wir begingen noch ganz feierlich Epiphanie mit Festamt und feiner Musik und abends dreiviertel 8 Uhr begann der Doppelterrorangriff, bei dem die Klinik einmal gleichzeitig an 6 Stellen brannte. Auch der schöne Kirchenturm sank zusammen. Eine Bombe durchschlug den Löschteich, der auslief. Zudem fror der Motor unserer mutigen Hausfeuerwehr immer wieder ein. Nach dem ersten schrecklichen Angriff eilte ich trotz Abratens in meine Wohnung durch den Südfriedhof, der taghell erleuchtet war durch den Brand des Gesundheitsamtes und benachbarter Häuser. In meiner Wohnung hatte der Luftdruck das seinige getan und die inneren Mauern, Fenster und Türen umgeworfen bzw. zersprengt. Aber es war keine Zeit zum Beraten.

Gegenüberliegende Brände trieben unsere Hauseigentümer zum Löschen. Dort war kurz vor Beginn ein Inwohner nach Krankheit gestorben und mit dem Haus beim Angriff als Leiche verbrannt. Sonst gab es Gott sei Dank dort keine Toten. Neuer Alarm. Ich eilte in die Klinik und kam gerade noch unter Dach, als die zweite Angriffsserie begann, die noch ärger war als die erste. Ich lief nach Vorentwarnung trotz Warnung vor Zeitzündern wiederum nach meiner Wohnung. Aber welches Bild auf dem Querweg durch den Südfriedhof! Vom Eingang bis zum Ausgang lag Baum an Baum über dem Weg, so daß man weite Umwege machen mußte, um hinaus zu kommen. Man durfte an die Gefahr der Zeitzünder nicht lange denken, die besonders groß war. Dazu die grimmige Kälte.

Als ich spät nach Mitternacht wieder in die Klinik kam, brannte sie noch an verschiedenen Stellen. Die Feuerwehr brachte wegen der großen Kälte den Motor nicht in Gang. Man mußte weiterbrennen lassen. Es war eine Situation zum Verzweifeln. Während des zweiten Angriffs kam binnen kurzer Zeit Welle auf Welle. Es war einfach fürchterlich. Ein Halbdutzendmal riß der Luftdruck die Eisentür zum Küchenvorraum auf. Ich zog sie immer wieder mit Beihilfe zu. Draußen heulte die Luft wie eine Meute Hunde. Es folgte Schlag auf Schlag, so daß der Boden und das ganze Haus zu wanken schien. Immer wieder neue Einschläge.

In der Pestalozzistraße standen Möbel an Möbel. Es wurden unter Lebensgefahr immer noch mehr herausgetragen, da oben brennende Stücke herabstürzten. Die dermatologische Klinik brannte oben, ebenso die pathologische Klinik und viele Häuser an der Waltherstraße. Meine Klinikzimmer Nr. 217/218 waren unbeschreiblich verwüstet und zerstört wie noch nie. Bücher hat es auf die Straße gerissen vom Schrank heraus. Fensterstockteile lagen über meinem Bett. Dazu überall unzählige Glassplitter. Die Schranktüren waren zerfetzt, die Zimmertüren zersprengt. Die Nacht war schlaflos. Ich lehnte mich im Rückraum der Notkapelle in einen Lehnstuhl und warf eine Decke übers Knie. Es war das Schrecklichste, was wir bisher erlebt hatten."
 
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Vortrag "Katholisches München? Die Kirche Bayerns nach 1945 zwischen Wiederaufbau und Kaltem Krieg"

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Stunde Null? Wie wir wurden, was wir sind“ des Kulturreferats der Landeshauptstadt München veranstaltet das Collegium Carolinum München am 20. Mai 2025 um 18 Uhr im Adalbert-Stifter-Saal einen Vortragsabend zum Kriegsende 1945, an dem auch Münchner Archive beteiligt sind.
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