Die Elternbriefe der katholischen Kirche geben Tipps für den Familienalltag Das aktuelle Thema: Wenn mein Kind geschlagen wird: Wie helfe ich?

Aua! Wenn das eigene Kind von einem anderen Kind gehauen oder häufiger geärgert wird, hilft es, dem Nachwuchs gewaltfreie Lösungen aufzuzeigen, ihn bei der Konfliktlösung zu unterstützen und sein Selbstwertgefühl zu stärken. Und nicht nur das: Indem man gemeinsam überlegt, warum sich der "Störenfried" so verhalten könnte und das Kind erkennt, dass es dem Aggressor  mit seinen Emotionen auch nicht gut geht, weitet dies den Blick auf das Gegenüber.
 
Auf dem Foto sind zwei kleine Jungen zu sehen. Der eine zwickt dem anderen in die Backe. Die beiden streiten.
Stopp! Hör auf! Zu wissen, wie sie sich in Konfliktsituationen angemessen verhalten können, stärkt auch das Selbstbewusstsein von kleineren Kindern.
 
„Papa, der Luis haut immer und nimmt uns die Spielsachen weg. Heute hat er die Svenja gebissen!“ Das war die Antwort meines Sohnes (4 Jahre), als ich ihn gefragt habe, wie es im Kindergarten war. Irgendwie klang das wie ein Hilferuf und ich war – ehrlich gesagt – damit überfordert. Wir haben schon mal darüber gesprochen, dass er andere Kinder nicht hauen darf und daran hat er sich ja auch gehalten. Aber wie soll ich meinem Sohn jetzt helfen? Soll ich ihm doch raten, sich zu wehren, also zurückzuhauen? (Moritz, 36 Jahre)

Solche Erfahrungen können uns tatsächlich an unsere Grenzen bringen. Da sind Werte betroffen, die uns sehr wichtig sind. Zunächst einmal ist es vollkommen richtig, dass Sie Ihren Sohn mit seinen Erlebnissen und Erfahrungen ernst nehmen.

Da sein und zuhören

Ich denke, Sie haben den versteckten „Hilferuf“ Ihres Sohnes gut gespürt. Er hat Angst, dass ihm auch wehgetan wird. Doch offenbar weiß er nicht, wie er sich selbst schützen kann. Das verunsichert ihn und macht den Gang in den Kindergarten nicht einfacher.

Stopp sagen

Als mein Sohn in einer solchen Situation war, habe ich ihn gefragt, wie er darauf reagiert hat. Er erzählte mir, er habe laut und deutlich „Stopp! Hör auf! Ich will das nicht! Du tust mir weh!“ zu dem anderen Kind gesagt. Ich fand sein Verhalten klasse und habe ihn in seinem Handeln bestärkt. Zu wissen, wie er sich verhalten kann, half ihm, klarzukommen. Das stärkte ihn auch in seinem Selbstbewusstsein. Nach längerer Zeit habe ich nachgefragt, wie es ihm denn mit dem „hauenden“ Kind ginge. Er berichtete, er sei selten betroffen und werde meistens in Ruhe gelassen.

Um Hilfe bitten

Natürlich kann Ihr Sohn sich auch an die Erwachsenen in seinem Umfeld wenden – in diesem Fall also an eine Erzieherin oder einen Erzieher. Nicht, um zu petzen, sondern um Unterstützung für die Lösung des Problems zu bekommen. Wenn solche Konflikte unter den Kindern häufig vorkommen und Ihren Sohn sehr belasten, könnten Sie auch selbst das Gespräch suchen und die Erzieherinnen um eine Einschätzung der Situation bitten.

Verständnis entwickeln

Zum anderen ist es meiner Meinung nach wichtig, Verständnis für das „hauende“ Kind zu entwickeln. Nicht, um das aggressive Verhalten zu rechtfertigen, sondern um zu verstehen, warum dieses Kind sich so verhält. Denn: Wenn Kinder andere Kinder hauen oder immer wieder beim Spielen stören, kann das zahlreiche Ursachen haben. Vorverurteilungen, Abwertungen und Ausgrenzungen gehen schnell über die Lippe. Unter Umständen verschärfen sie die Situation dieses Kindes nur.

Motive ergründen

Zusammen haben mein Sohn und ich überlegt, warum dieses eine Kind oft haut, anderen weh tut oder beim Spielen massiv stört. „Vielleicht ist er oft wütend und traurig und haut deswegen?“, brachte mein Sohn ein. Könnte sein. „Er kennt keinen anderen Weg, mit seiner Wut und seinen Kränkungen umzugehen, als zu hauen und anderen weh zu tun!“, ergänzte ich.

Vorurteile vermeiden

Spannend war, dass sich durch dieses Gespräch unser Blick auf das Kind geweitet hat. Es war nicht nur ein „Störer“. Wir haben ein Kind gesehen, dem es nicht gut ging und das Unterstützung dabei brauchte, seine Gefühle angemessen auszudrücken. Wir haben ein Kind gesehen, das auch freundlich und nett sein kann.

Möglichkeiten entdecken

Nach diesem Gespräch haben wir noch eine weitere Möglichkeit für uns entdeckt: Nämlich hin und wieder auf dieses eine „besondere“ Kind zuzugehen und es zum Spielen einzuladen. Vielleicht können wir ihm so dabei helfen, sich dazugehörig und wertgeschätzt zu fühlen.

Text: Sebastian Wurmdobler, Gemeindereferent und Kess-erziehen-Kursleiter

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