Kindererziehung: Zwischen Fürsorge und Verwöhnfalle Die Elternbriefe der katholischen Kirche geben Tipps für den Familienalltag

Verwöhnen in der Kindererziehung hat zwei Gesichter: Es kann positiv oder negativ erlebt und bewertet werden. Aber ab wann schadet es Kindern? Und wie kann es ein Kind stärken?
 
Mutter und Vater küssen ihren Sohn
"Kann ich mein Kind (drei Jahre alt) eigentlich zu sehr verwöhnen? Neulich wurde mir vorgeworfen: 'Du verziehst dein Kind, statt es zu erziehen.' Ich würde immer gleich springen, wenn mein Kind was will. So könne es nie lernen, Geduld zu haben oder sich unterzuordnen. Mir ist immer wichtig, dass mein Kind erlebt: 'Meine Mama ist für mich da, ich muss mir keine Sorgen machen!' Die Kritik verunsichert mich nun sehr."
(lrina, 32 Jahre)

Ihrem Kind zu helfen und es zu unterstützen, wenn es nötig ist, scheint Ihnen sehr wichtig zu sein. Darin kann ich Sie nur unterstützen. Denn so vermitteln Sie Ihrem Kind: „Ich nehme deine Bedürfnisse und Anliegen ernst.“ Das stärkt sein Vertrauen. Und es schenkt Ihrem Kind die Sicherheit, die es braucht, um mutig die Welt zu erkunden und eigene Erfahrungen zu machen. Ein Kind in diesem Sinne zu verwöhnen, darf auf jeden Fall sein.

Allerdings hat „Verwöhnen“ zwei Gesichter. Es kann positiv oder negativ erlebt und bewertet werden:

  • „Verwöhne Dein Kind!“  –  als Anregung gemeint, sich dem Kind liebevoll zuzuwenden, damit es spürt, dass es geliebt wird.
  • „Du verwöhnst aber Dein Kind!“ – im Sinne eines Vorwurfs, wie Sie ihn erlebt haben. Dabei werden bis heute beispielsweise das Einhalten von Stillzeiten, das Eingehen auf das Schreien des Kindes oder das Schlafen des Kindes im Elternbett diskutiert. Eltern, die – wann immer möglich – auf ihr Kind eingehen, sehen sich schnell dem Verwöhn-Vorwurf gegenüber.
Was aber macht den Unterschied aus? Wann – auf die Erziehung bezogen – schadet Verwöhnen Kindern? Und wann stärkt Verwöhnung das Kind?

Das Kind eng zu begleiten oder sehr schnell einzugreifen, vermittelt ihm zunächst das Gefühl: Ich werde gehalten und kann mich sicher fühlen. Doch auf Dauer wirkt das sehr entmutigend – selbst dann, wenn Eltern sich in bester Absicht einmischen. Sie nehmen dem Kind die Herausforderung ab und damit auch die Chance, daran zu wachsen. Eigeninitiative, Selbstverantwortung können sich nicht entwickeln. Verwöhnfallen tun sich auf, wenn Eltern ihr Kind daran hindern, selbstständig zu werden.

Verwöhnen richtig verstanden meint hingegen, das Selbsttun und Selbsthandeln zu ermöglichen. Grundsätzlich ist es ermutigend für ein Kind

  • sich selbst als handlungsfähig zu erleben.
  • oder zu spüren: Mit etwas Hilfe schaffe ich es.
Trauen Sie Ihrem Kind das Leben also ruhig zu. Geben Sie dabei so viel Unterstützung wie nötig, und so viel Freiraum wie möglich. Ganz nach dem Motto von Maria Montessori, einer italienischen Ärztin und Reformpädagogin: „Hilf mir, es selbst zu tun!“

Wenn ich mein Kind durch mein elterliches Verhalten verwöhne, damit es in stressigen Situationen wieder sein inneres Gleichgewicht herstellen kann, dann ja. Wenn ich mein Kind tröste, weil es sich verletzt hat, dann ja. Wenn ich mein Kind ermutige, damit es eine Herausforderung meistern kann, dann ja. Übrigens: Kinder werden niemals durch zu viel Beziehung und Zuwendung verwöhnt. Wenn es ein gutes Miteinander ist, gibt es kein zu viel.
 
Text: Sebastian Wurmdobler, Gemeindereferent und Kess-erziehen-Kursleiter

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