„Werkzeugkasten“ für schwere Zeiten Fünf Tipps für Resilienz in Krisenzeiten

Die psychische Gesundheit der Deutschen hat in den letzten Jahren massiv gelitten. Das belegen mehrere aktuelle Studien unter anderem des Robert Koch Instituts. Auch Anjeli Goldrian und Isabelle Überall von der Ehe-, Familien und Lebensberatung im Erzbistum München und Freising nehmen eine zunehmende Erschöpfung bei ihren Klienten war, einige zeigen sogar Symptome von posttraumatischen Belastungsstörungen. Die beiden Psychologinnen geben Tipps, was man für die eigene psychische Gesundheit in Krisenzeiten tun kann.
 
Frau auf Steg in Berglandschaft
"Sich auf das Hier und Jetzt besinnen"
Wie umgehen mit den ständigen Krisenmeldungen?

Besonders für Menschen, die besonders ängstlich sind oder schon psychische Vorerkrankungen haben, können die aktuellen Meldungen sehr belastend sein. Aber auch für jeden anderen gilt: Wenn die Bilder und Nachrichten in den Medien über den Ukraine-Krieg, die Klimakrise oder die Corona-Pandemie zu sehr auf die Stimmung drücken, dann sollte man den eigenen Medienkonsum dosieren. Eventuell macht es auch Sinn, bestimme Social Media-Angebote gar nicht mehr zu nutzen oder aus bestimmten Foren auszutreten. Wenn man aufgrund der aktuellen Meldungen dazu neigt, zu viel zu grübeln, dann hilft es, Entspannungsübungen wie autogenes Training, Muskelrelaxation-Übungen oder Meditation zu machen.
 
Was hilft, um eine akute schlechte Stimmung zu bekämpfen?

Sich auf das Hier und Jetzt zu besinnen. Die Glücksforschung hat immer wieder nachgewiesen, dass das eine gute Methode ist, Krisenzeiten zu überwinden. Das heißt, sich zum Beispiel Zeit zu nehmen für einen langen Spaziergang, ein gemeinsames Essen mit Freunden, oder um ein Buch zu lesen, ein gutes Gespräch zu führen. Auch kreative Beschäftigungen wie Malen oder Singen sind nachgewiesenermaßen gut für die Seele. Bewegung und Sport senken den Cortisol-Spiegel und verbessern damit die hormonelle Stressregulation. Zudem fördert Bewegung die Ausschüttung der körpereigenen Botenstoffe Serotonin oder Dopamin – den sogenannten Glückshormonen.
Isabell Überall (l.) und Anjeli Goldrian und Isabell Überall von der Ehe-, Familien und Lebensberatung  von der Ehe-, Familien und Lebensberatung
Isabelle Überall (l.) und Anjeli Goldrian
Was fördert die Resilienz?

Resilienz bedeutet, auch anzunehmen, was ist. Akzeptanz zu lernen und bewusst wieder den Blick auf das Positive im Leben zu lenken. Besonders wichtig, um die eigene Resilienz zu stärken, sind persönliche Beziehungen. Freundschaften zu pflegen, hilft in der Krise und für die nächste Krise. Jeder kann sich seinen eigenen „Werkzeugkasten“ für schwere Zeiten bauen. Das heißt, darauf zu achten, was hilft mir in schwierigen Zeiten, sei es Sport oder in die Natur zu gehen oder das Gespräch mit guten Freunden. Wer seine „Werkzeuge" kennt, kann diese in Krisenzeiten immer wieder auspacken. Die Resilienz der eigenen Kinder zu stärken, bedeutet, ihnen beim Aufwachsen stabile Bindungen zu ermöglichen. Eltern leben den eignen Kindern auch den Umgang mit Krisen vor und können ihnen so Wege, Möglichkeiten und Methoden für die Zukunft mitgeben.
 
Wie erkenne ich, ob ich externe Hilfe benötige?

Antriebslosigkeit, negatives Denken, Schlafstörungen, starke Niedergeschlagenheit, bis hin zu dem Gedanken, nicht mehr leben zu wollen, sind die typischen Anzeichen einer Depression. Wenn das mehr als zwei Wochen andauert, sollte man sich dringend Hilfe suchen. Aber auch übertriebene Ängste können ein Symptom für psychische Probleme sein. Angststörungen haben seit Beginn der Pandemie deutlich zugenommen. Diese zeigen sich auch durch Herzrasen, Panikattacken und Schlafstörungen.
 
Wo gibt es Hilfe?

Ein guter erster Schritt ist, mit seinem Hausarzt darüber zu sprechen. Dieser kann einen dann an einen Psychiater oder Psychologen überweisen. Viele Kliniken bieten auch Ambulanzen für akute psychische Probleme an. Oder man wendet sich an eine Beratungsstelle wie etwa die der Ehe-, Familien und Lebensberatung im Erzbistum. Beratungsangebote sind eine gute Möglichkeit, die lange Wartezeit auf einen Therapieplatz zu überwinden.
 
Text: Cathrin Schreiber, Redakteurin beim Sankt Michaelsbund, Januar 2023
 
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