Weniger Einzelpfarreien-mehr Pfarreiengemeinschaften

Neuer Strukturplan einschneidend aber mit großen Chancen
„Zukunftsforum“ des Erzbistums auf dem Weg einer Neuorientierung
Freising, 11. Oktober 2008 (ok) In der Erzdiözese München und Freising wird es bis zum Jahr 2020 nur noch 47 Einzelpfarreien und 232 Pfarreiengemeinschaften geben, die insgesamt 703 Pfarreien umfassen. Der Leiter des Referates für die pastoralen Dienste im Erzbischöflichen Ordinariat München, Domkapitular Wolfgang Schwab, stellte den Teilnehmern des ersten Treffens des von Erzbischof Reinhard Marx zur geistlichen Neuorientierung und Neustrukturierung des Erzbistums einberufenen „Zukunftsforums“ am Samstag, 11. Oktober, in Freising die neue Planung vor.

Sie sei mit Sicherheit ein gewaltiger Einschnitt, der nicht nur Strukturen, sondern auch die bisherige Seelsorge tangiere, sagte der Domkapitular unter Hinweis auf die Tatsache, dass der Personal- und Strukturplan 2010 noch 200 Einzelpfarreien und 200 Pfarrverbände mit insgesamt 550 Pfarreien vorgesehen hatte. Es wachse aber auch die Einsicht, dass größere Seelsorgsräume eine Chance in sich bergen könnten, das kirchliche Handeln in einer sich verändernden Situation effektiver zu gestalten. Schwab forderte die Teilnehmer des Forums und die Gläubigen des Erzbistums auf, bei der Diskussion und Umsetzung des Planes in erster Linie auf diese Chancen zu achten und sich damit auseinanderzusetzen.

Der Personal- und Strukturplan 2020 mit umfangreichem Kartenmaterial ist für die Gläubigen der Erzdiözese und andere Interessierte auch im Internet veröffentlicht: www.dem-glauben-zukunft-geben.de. Die vorgesehenen größeren Seelsorgseinheiten würden ein anderes kirchliches Leben zur Darstellung bringen, als es derzeit in Einzelpfarreien mit der Konzentrierung auf Kerngemeinden vorzufinden sei, sagte Schwab. Dabei dürfe nicht nur auf den Priestermangel geschaut werden. Es gebe ebenso einen „Gläubigenmangel“, einen zu erwartenden Finanzmangel wie auch einen Glaubensschwund bei Kirchenmitgliedern sowie in einer sich immer pluraler ausdifferenzierenden Gesellschaft einen Bedeutungsschwund der Kirche.

Der Domkapitular wies auf die Ergebnisse der Sinus-Milieu-Studie hin. Bei allen kritischen Anfragen an diese Untersuchung lasse sich festhalten, dass in den gängigen Pfarreien sieben von zehn festgestellten Lebenswelten der Menschen praktisch fehlten und die Pfarreien dadurch oft eine einseitige Prägung hätten. Insbesondere sogenannte „junge Milieus“, immerhin etwa 30 Prozent der deutschen Katholiken, hätten kaum noch Kontakt zu ihrer Pfarrei, in der sie sich auch nicht wohl und nicht angesprochen fühlten. Dies bedeute für die Pfarreien einen Verlust an Vielfalt heutiger Lebenskulturen. In dieser Situation könnten größere Seelsorgseinheiten eine Chance sein, „der Vielfalt wieder mehr Räume zu schaffen“.

Die angestrebten größeren Einheiten zwängen zu einem Blick über den eigenen Kirchturm hinaus, nötigten zur Zusammenarbeit mit anderen Pfarreien, Traditionen und Menschen und ermöglichten so unterschiedliche Angebote in der Seelsorge und auch neue Glaubensorte. Eine differenzierte Seelsorge könne in größeren Teams von hauptamtlich und ehrenamtlich tätigen Personen geplant, umgesetzt und auch mit vielen außerpfarrlichen kategorialen Diensten, etwa in der Jugend-, Alten- und Krankenhausseelsorge wie auch der Caritasarbeit und der kirchlichen Beratungstätigkeit, vernetzt werden. Bessere Vernetzung sei auch mit Orden und geistlichen Gemeinschaften, kirchlichen Schulen und den Personalgemeinden der fremdsprachigen katholischen Missionen möglich. Insgesamt sieht Schwab große neue Möglichkeiten, „wirksamer, werbender und ansprechender missionarisch in die Gesellschaft hinein zu wirken“. Er betonte jedoch ebenso, dass auch in größeren Einheiten kleinere Orte erhalten bleiben müssten, an denen Christen „ihre Heimat vor Ort“ finden könnten. (wr)