Ein Abschied und zwei Neuanfänge
Das Kloster Beuerberg entwickelt sich weiter - neben einer Unterkunft für Flüchtlinge gibt es viele Ideen

 
Im Chorgestühl liegt alles bereit. Am Sitz der Oberin steht die kleine Handglocke, die zum Beginn des Gebets erklingt. Darüber lächelt die Muttergottes aus einem runden Fenster herab: Winterliches Sommerlicht strahlt durchs Glas. Auf einzelnen Stühlen liegen persönliche Sitzkissen oder wärmende Filzunterlagen der Schwestern. Doch sie werden hier nie wieder gemeinsam beten. Die dreizehn letzten Salesianerinnen von Beuerberg haben, und das bei einem Durchschnittsalter von 86 Jahren, voll Gottvertrauen einen neuen Aufbruch gewagt. Sie haben nicht nur den Ort – und alles was dazu gehört – verlassen, an dem ihre Gemeinschaft seit fast 170 Jahren kontemplativ und in strenger Klausur lebte. Sie haben auch eine neue, klösterliche Heimat gefunden.

Wie die Schwestern den Beschluss fassten, zu gehen; wie sie im Vertrauen auf Gott eine neue Heimat suchten und eine solche bei den Vinzentinerinnen in Bad Adelholzen und bei den Franziskanerinnen in Schönbrunn fanden: Das alles „gleicht einem Wunder“, sagt heute Föderationsoberin Schwester M. Lioba Zezulka. Sie wurde als Oberin für Beuerberg eingesetzt, um den Schwestern zu einem würdevollen Leben im Alter zu verhelfen. Die pragmatische Ordensfrau neigt weder zu Übertreibungen noch mystischer Spekulation. Tatsächlich war und ist die Geschichte des Weggangs der Schwestern ein Abenteuer, und „alles andere als ein Trauermarsch“, wie Schwester Lioba, die lange Jahre Oberin des Klosters Zangberg war, betont. Ausgangspunkt dieses Abenteuers war der Mut und die Aufbruchsstimmung der Schwestern, aber wichtige Rollen spielten dabei auch die Unterstützung befreundeter Orden und die Erzdiözese München und Freising.

Die Schwestern haben geweint vor Freude
Nachdem Versuche, die Klosteranlage zu veräußern, gescheitert waren, wandte sich die Ordensfrau an den Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, und seinen Generalvikar, Peter Beer – eigentlich „nur um ein geschwisterliches Gespräch“ über ihre schwierige Situation zu führen. Doch heraus kam beim ersten Treffen noch viel mehr. „Der Generalvikar sagte: Wir helfen ihnen. Nach drei Tagen hatten wir ein Gespräch im Ordinariat, und dann kam zum Schutzengelfest die Frage: ‚Was sagen Sie dazu, wenn die Erzdiözese das Kloster übernimmt und die Schwestern ein Leben lang versorgt?‘“ Die Föderationsoberin kann es bis heute noch nicht fassen. „Die Schwestern haben geweint vor Freude, als sie diese positive Wendung erfuhren“. Kurze Zeit später war die Übergabe beschlossen.

Ein ganzer Trakt für Flüchtlingsfamilien
So wie die Geschichte des Ordens und der Schwestern weiter geht, so wird auch die Geschichte des Klosters weiter geschrieben, das nun in einer Phase des Übergangs ist – und für das die Schwestern weiter beten, wie Schwester M. Lioba berichtet. Welche Formen dieser weitere Neubeginn findet: Das entwickelt die Ordinariatsdirektorin Dr. Gabriele Rüttiger. „Ich arbeite mit einigen Kollegen an neuen Ideen“, bestätigt die rührige Leiterin des Ressorts für Grundsatzfragen und Strategie im Erzbistum. Sie ist dazu im Gespräch mit den Gemeinden und natürlich der Seelsorgeeinheit. Auch wenn vieles noch unklar ist, so gibt es doch schon ein paar handfeste Ideen für die Nutzung des Klosters.

Zum Beispiel der Josefstrakt: Hier wohnten bis 2007 noch Spätaussiedler. Bald könnte der seitdem leer stehende Gebäudeteil eine  Rolle in der Flüchtlingsarbeit spielen, die eine weitere weibliche Führungskraft der katholischen Kirche im Erzbistum leitet, Ordinariatsdirektorin Dr. Elke Hümmeler. Im Ordinariat wird geplant, hier 60 Flüchtlinge unter zu bringen, ihnen zusammen mit den Maltesern zudem Hilfestellungen zu bieten, sei es im Umgang mit Behörden, beim Erlernen der deutschen Sprache oder im Aufarbeiten etwaiger traumatischer Erfahrungen. In den kommenden Tagen wird ein Architekt eine erste Kostenschätzung für die Renovierung des Gebäude-Flügels aufsetzen, erklärt Dr. Rüttiger. Mit politischen Vertretern, insbesondere mit dem Bürgermeister von Eurasburg/Beuerberg und dem Dekan des Dekanats Bad Tölz führt sie zeitgleich Gespräche über das weitere Vorgehen.

Was mit dem eigentlichen Klausurbereich geschieht, der um vieles größer als der Josefstrakt ist, steht noch nicht genau fest. Neben Überlegungen, hier eine regionale Verwaltung unter zu bringen, um die Verwaltung in den Seelsorgeeinheiten zu unterstützen, gilt es, Beuerberg auch als spirituellen Ort und Stätte der Erinnerung zu erhalten. Bis es soweit ist, bleibt die Uhr im Kloster Beuerberg buchstäblich stehen; solange wird der Pendel der alten Wanduhr im Flur des Klausurtraktes zumindest stillstehen.
 
Anian Christoph Wimmer, Münchner Kirchenzeitung Ausgabe 7/2015